Sie kamen im selben Jahr zu Red Bull Salzburg und spielten beide schon gegen Villarreal.
Andreas Ulmer (29) und Christian Schwegler (30) sind nach Christoph Leitgeb, der bereits 2007 und damit zwei Jahre zuvor in die Mozartstadt wechselte, die längstdienenden Spieler der Red-Bull-Ära.
Im Dezember 2009 waren alle drei dabei, als in Villarreals „Madrigal“ ein 1:0-Erfolg gefeiert wurde und das die erste perfekte Europa-League-Gruppenphase der Salzburger bedeutete.
„Fünf Jahre im Fußball sind mehrere Jahrzehnte“, sagt der Schweizer Schwegler, der wie der Oberösterreicher Ulmer und der Steirer Leitgeb abseits zu den ruhigeren Zeitgenossen gehört.
LAOLA1 traf sich mit den beiden verlässlichen Außenverteidigern zum Doppelpass.
LAOLA1: Am Platz lauft ihr euch positionsbedingt ja eher selten über den Weg.
Andreas Ulmer: Das holen wir dann abseits nach, weil wir uns auch sehr gut verstehen.
LAOLA1: Inwieweit schaut ihr im Spiel ganz genau hin, was der andere auf der anderen Seite macht?
Christian Schwegler: Wir müssen zwangsläufig aufeinander schauen, denn es können nicht beide blind nach vorne laufen. Das ist auch ein Zusammenspiel. Blöd gesagt: Der eine geht, der andere muss bleiben. Auch wenn es natürlich Situationen gibt, in denen beide einmal vorne oder hinten sind.
LAOLA1: Wer hat denn mehr Offensivdrang?
Ulmer: Ich denke, es ist eine gute Mischung. Es kommt auch immer auf den Gegner an und welchen Gegenspieler du auf deiner Seite hast. So ist einmal der eine offensiver, mal der andere. Es macht aber einfach sehr viel Spaß, es so zu spielen. Wir sind auf der Seite sehr aktiv und das kommt unseren körperlichen Voraussetzungen, etwa der Schnelligkeit, entgegen.
LAOLA1: Seid ihr von der Kondition her auch die Ausdauerndsten?
Schwegler: (lacht) Nein, ich eigentlich eher weniger, wenn man die Tests hernimmt. Zum Glück zeigen die auch nicht das gesamte Bild. Ich denke, am Ende ist es eine Willenssache, wie viel man über die Grenze hinausgeht. Eine gewisse Basis hat jeder, danach zählt nur die Bereitschaft. Da sind wir beide schon ziemliche Vorzeige-Profis.
LAOLA1: Bei dir wurde es damals als Rückschritt gesehen, nach Österreich und zu Salzburg zu gehen.
Schwegler: Ich hätte es nicht gemacht, wenn ich es als Rückschritt gesehen hätte. Und jetzt im Nachhinein war es auch die absolut richtige Entscheidung für mich. Die Schweizer sehen Österreich natürlich hinter sich gelegen, mittlerweile sehen sie aber auch, was Red Bull Salzburg für eine Entwicklung nimmt. In der Schweiz liegt vielleicht Basel vor Salzburg, aber sonst keiner.
LAOLA1: In Österreich ist das Ausland immer ein Thema für die guten Spieler. Muss man gehen?
Ulmer: Ich glaube nicht, wenn man sieht, welchen Fußball wir hier in Salzburg spielen. Der macht richtig Spaß. Wir haben vergangene Saison international gut mitgespielt. Mal schauen, wie weit es heuer noch geht. Das macht Spaß und es ist das Wichtigste, dass du Freude daran hast. Keiner weiß, was die Zukunft bringt. Momentan bin ich froh, dass ich hier dabei sein darf.
LAOLA1: Was kann Österreich von der Schweiz anhand von Christian Schwegler lernen?
Ulmer: Er ist sehr präzise und sehr genau. Auch von der Art her. Er ist sehr geradlinig und ein angenehmer Zeitgenosse. Er macht keinen Kasperl, fällt nicht unangenehm auf. Auf und abseits des Feldes ist er ein sehr toller Mensch.
LAOLA1: Was kann die Schweiz von Österreich anhand von Christian Ulmer lernen?
Schwegler: Andi könnte von seiner Art her ein Schweizer sein (lacht). Wir sind wirklich ähnliche Typen. Er ist auch zuverlässig, egal ob auf oder neben dem Platz. Das zeichnet ihn aus. Zuverlässigkeit und Natürlichkeit, das sind für mich wichtige Merkmale im Leben. Ich glaube nicht, dass die Schweizer das noch lernen müssen, aber ich finde es gut, dass es auch in Österreich diese Gegebenheiten gibt.
Das Gespräch führte Bernhard Kastler
LAOLA1: Der Wille kommt auch immer dann zum Vorschein, wenn neue Konkurrenten dazukommen.
Schwegler: Das hat zum einen mit Willen zu tun, aber natürlich schon auch mit Qualität. Vor manchen Saisonen wurde immer wieder einmal gemunkelt, dass wir nicht mehr erste Wahl seien, aber wir haben immer wieder das Gegenteil bewiesen – und das auch zu Recht. Das Gerede geht ohnehin links rein und rechts raus, das beeinflusst mein Leben ganz und gar nicht.
Ulmer: Wir gehen stets auf den Platz, um unsere Leistung abzurufen. Konkurrenzkampf ist sicher gut, man entwickelt sich auch weiter und in den vergangenen Jahren haben wir das immer wieder getan.
LAOLA1: Was sind denn die Qualitäten von Christian Schwegler auf dem Platz?
Ulmer: Er ist sehr dynamisch, schnell, zweikampfstark und spielt einen guten Pass.
LAOLA1: Und was sind die Qualitäten von Andreas Ulmer auf dem Platz?
Schwegler: Er ist ebenfalls dynamisch, schnell und im Zweikampfverhalten sehr gut. Offensiv hat er einen guten Zug und kann so viele Tore vorbereiten. Das ist ein ganz gutes Anforderungsprofil für einen Außenverteidiger.
LAOLA1: Beneidest du Andreas um eine seiner Qualitäten?
Schwegler: Ich bin kein Mensch, der von Neid besessen ist (grinst).
LAOLA1: Umgekehrt, Andreas? Christians Einwurf vielleicht?
Ulmer: Nein, das passt schon so, wie es ist (lacht).
LAOLA1: Einzig im Nationalteam will es für euch beide nicht so recht klappen.
Ulmer: Ich würde mich freuen, wenn es noch mehr Einsätze werden würden. Ich war dann oft einmal wegen Verletzungen nicht dabei. Zuletzt hatte ich aber wieder einige Einsatzminuten und der Teamchef konnte mich eine ganze Woche besser kennenlernen.
LAOLA1: Warum denkst du, Christian, dass Andreas mehr Einsätze im Nationalteam verdient hätte?
Schwegler: Wenn man sieht, was er national aber auch international für Red Bull Salzburg leistet. Da glaube ich schon, dass Österreich öfters auf so einen Spieler zurückgreifen sollte.
LAOLA1: Warum sollte die Schweiz einmal auf Christian Schwegler zurückgreifen, Andreas?
Ulmer: Weil er es sich verdient hat, so wie er national und international schon aufgetreten ist.
LAOLA1: Ist man als Schweizer auch bei einem Klub wie in Salzburg einfach zu weit weg vom Fokus?
Schwegler: Das ist sicher auch ein Faktor. Und die Schweiz hat mit Stephan Lichtsteiner einen sehr gestandenen Spieler auf dieser Position. Dahinter will man eher einen jüngeren Spieler für die Zukunft aufbauen, das sind eben die Gegebenheiten.
LAOLA1: Apropos Gegebenheiten: Ihr seid beide zurückhaltende Menschen. Peter Ankersen und Benno Schmitz sind auch nicht gerade Lautsprecher. Müssen das die Außenverteidiger gar nicht sein?
Schwegler: Nach außen nicht, aber auf dem Platz ist das anders und das sehen die Gegner auch etwas anders. Ich glaube nicht, dass die sagen würden, ich sei zurückhaltend (lacht).
LAOLA1: Und wie sieht es innerhalb des Teams aus? Ihr seid im Mannschaftsrat, das ist aber der sehr zurückhaltende Kapitän Jonatan Soriano auch. Erhebt ihr eure Stimme?
Schwegler: Wir haben sicher mittlerweile ein Wort mit Gewicht. Wir wirken vielleicht nach außen zurückhaltend, aber ich bin schon einer, der seine Meinung klar kundtut und nicht zurücksteckt.
Ulmer: Wir sind keine Spieler, die ein großes Tam Tam machen, sondern Dinge konkret ansprechen. Das Tam Tam brauchen wir nicht unbedingt, wir freuen uns wirklich, wenn wir als Team Erfolg haben.
LAOLA1: Salzburg hat im Winter mit Kevin Kampl und Alan zwei Stars verloren. Deswegen sehen viele die Chancen gegen Villarreal stark gemindert. Ist das nicht gerade mit dieser Philosophie auffangbar?
Schwegler: Das sind natürlich zwei individuell sehr starke Spieler, da geht individuelle Qualität verloren, aber wenn wir als Mannschaft mit dem System funktionieren, dann können wir das auffangen. Wenn wir das nicht schaffen, dann ist das ein Verlust, ganz klar. Und im Hinblick auf Villarreal ist das doch schön, wenn uns die Leute schon totschreiben. Das nehmen wir zur Kenntnis und versuchen dann, den Leuten den Mund zu stopfen.
LAOLA1: Es ist fünf Jahre her, als ihr in Villarreal gewonnen habt, und es stehen sich nun zwei „neue“ Teams gegenüber. Ist es dennoch gut zu wissen, dort schon einmal gewonnen zu haben?
Schwegler: Das ist komplett egal. Fünf Jahre im Fußball sind mehrere Jahrzehnte. Das ist einfach eine neue Konstellation. Villarreal ist ein anderes Team, wir sind ein anderes Team und es ist eine K.o.-Phase – das sind alles andere Gegebenheiten.
LAOLA1: Salzburg hat sich in diesen fünf Jahren einige Male von der Philosophie her verändert. Von all den unterschiedlichen Richtungen: Ist Salzburg jetzt da, wo es sein soll?
Schwegler: Ich denke schon, dass sich das in die richtige Richtung entwickelt hat. Aber man muss auch diesen Weg weitergehen. Es hat schon verschiedene Richtungen gegeben, jetzt hat es eine gute Entwicklung genommen und die Strukturen sind so, dass man hier so weitermachen kann.
LAOLA1: Ihr habt es mit vielen sehr jungen Spielern zu tun. Ist das manchmal schwierig?
Ulmer: Natürlich gibt es abseits vom Platz andere Interessen, die verfolgt werden. Aber auf dem Platz geht es nur darum, nach vorne zu kommen. Das wollen die jungen Spieler auch.
Schwegler: Sie bekommen am Platz unsere Anerkennung, wenn sie sich entsprechend verhalten und auf dem Platz ihre Leistung bringen. Dass wir uns jetzt nicht fünf Stunden am Abend mit ihnen zusammensetzen, ist aber auch selbstredend. Ich bin mittlerweile Familienvater und habe logischer Weise andere Interessen als ein 18-, 19-jähriger Teamkollege.
LAOLA1: Ihr habt hier auch schon einige Trainer erlebt. Wie bewertet ihr Adi Hütters Arbeit?
Schwegler: Er hat sich hier gut eingefunden, hat die gesamte Philosophie gut verinnerlicht und vom Menschlichen her ist er auch super. Man kann mit ihm über alles reden. Er ist ein guter Trainer.
Ulmer: Er war ja schon einmal hier in Salzburg, damals als Trainer der Juniors. Seit damals hat er sicher einiges dazugelernt und sich auch dieses halbe Jahr weiterentwickelt. Er lebt die Spielphilosophie sehr gut vor, so dass die Neuen das sehr gut verinnerlichen können.
LAOLA1: Man nimmt bekanntlich von jedem Trainer etwas mit. Von wem am meisten?
Schwegler: Ganz klar Roger Schmidt. Es war erstens unter ihm die erfolgreichste Zeit hier und ich habe mich unter ihm als Mensch und Spieler noch einmal weiterentwickelt.
Ulmer: Ich habe mich auch unter Roger Schmidt sicher fußballerisch noch einmal weiterentwickelt.
LAOLA1: Ihr seid um die 30 Jahre alt. Schwebt euch nochmal ein richtiger Tapetenwechsel vor oder könnt ihr euch auch vorstellen, so lange wie es körperlich geht, bei Salzburg zu spielen?
Schwegler: Langfristig gesehen gehen meine Tendenzen zurück in die Schweiz, aber das ist nicht auf das Fußballerische bezogen. Im Sommer habe ich noch ein Jahr Vertrag, bin dann schon 31 Jahre alt. Dann muss man sich schon seine Gedanken machen, wie es weitergeht. Ich fühle mich auf der einen Seite wohl hier, sportliche Reize hat man auch. Auf der anderen Seite könnte ich mir vorstellen, noch einmal etwas anderes zu sehen.