Ein Desaster.
Anders ist das, was die vorliegende LAOLA1-Recherche rund um die Stadthallenbad-Renovierung zu Tage bringt, nicht zusammenzufassen. Sie macht deutlich, woran es im Wiener Sport tatsächlich krankt:
Nämlich an der völligen Fehlbesetzung diverser Schlüsselrollen.
Wie jene der Sandra Hofmann, die als vormalige Vorsitzende des Sportstättenamts sowie nunmehrige Geschäftsführerin der Wiener Sportstättenbetriebs-GmbH eine Spur der Verwüstung nach sich zieht.
Eine fragwürdige Klags-Flut auf dem Rücken des Steuerzahlers, eine Verwicklung in den Schwimmverbands-Skandal – und das alles ohne den Mut, sich den Medien zu stellen. Zugelassen wird das Ganze durch die Stadt Wien. Ein Armutszeugnis.
Ein Desaster.
Anders ist das, was die vorliegende LAOLA1-Recherche rund um die Stadthallenbad-Renovierung zu Tage bringt, nicht zusammenzufassen. Sie macht deutlich, woran es im Wiener Sport tatsächlich krankt:
Nämlich an der völligen Fehlbesetzung diverser Schlüsselrollen.
Wie jene der Sandra Hofmann, die als vormalige Vorsitzende des Sportstättenamts sowie nunmehrige Geschäftsführerin der Wiener Sportstättenbetriebs-GmbH eine Spur der Verwüstung nach sich zieht.
Eine fragwürdige Klags-Flut auf dem Rücken des Steuerzahlers, eine Verwicklung in den Schwimmverbands-Skandal – und das alles ohne den Mut, sich den Medien zu stellen. Zugelassen wird das Ganze durch die Stadt Wien. Ein Armutszeugnis.
Aber der Reihe nach
Selbst wenn Sportstadtradt Christian Oxonitsch nicht müde wird, immer wieder aufs Neue zu versichern, dass Wien eines der größten Sportangebote aller europäischen Metropolen bieten würde und „eh alles“ so toll wäre – die Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Ein paar Beispiele:
- Peinlich: Wien ist das einzige (!) österreichische Bundesland, in dem ohne bauliche Vorlaufzeit keine Leichtathletik-Staatsmeisterschaft stattfinden kann.
- Veraltet: Obwohl das Happel-Stadion für die Heim-EURO 2008 renoviert wurde, entspricht es nicht mehr den Standards der UEFA. Eine Bewerbung für die in ganz Europa ausgetragene EM 2020 war nicht möglich. (Debatte über neues Nationalstadion)
- Dilettantisch: Die Sanierung des Wiener Stadthallenbades, die sich über viereinhalb Jahre samt einem satten Kostenanstieg zog. Die Schwimmer mussten im Winter in die zeitweise regelrecht verwahrloste Traglufthalle im Stadionbad ausweichen.
…eine Liste, die sich weiter fortsetzen ließe.
Das Geld ist eben knapp, lautet eine oft bemühte Begründung.
Um der Richtigkeit dieser Behauptung nachzugehen, sah LAOLA1 bei der Sanierung des Stadthallenbads genauer hin – und fand Erschreckendes vor.
Der Wasserschlacht folgte ein juristischer Kampf, der nach wie vor tobt. Dieser offenbart, in welch bedenklicher Art und Weise die Stadt Wien bzw. die Wiener Sportstättenbetriebs-GmbH samt ihrer Geschäftsführerin Sandra Hofmann vorgingen und nach wie vor werken.
Die wesentlichen Punkte einer schauderhaften Aufarbeitung:
Selbst wenn Sportstadtradt Christian Oxonitsch nicht müde wird, immer wieder aufs Neue zu versichern, dass Wien eines der größten Sportangebote aller europäischen Metropolen bieten würde und „eh alles“ so toll wäre – die Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Ein paar Beispiele:
- Peinlich: Wien ist das einzige (!) österreichische Bundesland, in dem ohne bauliche Vorlaufzeit keine Leichtathletik-Staatsmeisterschaft stattfinden kann.
- Veraltet: Obwohl das Happel-Stadion für die Heim-EURO 2008 renoviert wurde, entspricht es nicht mehr den Standards der UEFA. Eine Bewerbung für die in ganz Europa ausgetragene EM 2020 war nicht möglich.
- Dilettantisch: Die Sanierung des Wiener Stadthallenbades, die sich über viereinhalb Jahre samt einem satten Kostenanstieg zog. Die Schwimmer mussten im Winter in die zeitweise regelrecht verwahrloste Traglufthalle im Stadionbad ausweichen.
...auf Kosten anderer
Den Anfang der juristischen Auseinandersetzung machte der Generalplaner der Stadthallenbad-Sanierung, das Architektur-Büro Driendl. Dieser forderte von der Stadt Wien das noch ausstehende Honorar in Höhe von 800.000 Euro ein. Anstatt dem nachzukommen, ging die Stadt Wien aber zum Gegenangriff über, klagte den aus Tirol stammenden Unternehmer wegen Fehlern und nicht erbrachten Leistungen zunächst auf 5,6 Millionen Euro. Ein großer Betrag. „Für uns eine existenzbedrohende Situation“, verdeutlicht Architekt Georg Driendl gegenüber LAOLA1 den Ernst der Lage.
Damit nicht genug, wurde die Summe weiter ausgedehnt. „Aktuell sind es 13 Millionen Euro“, bestätigt Petra Rindler, die Anwältin Driendls. Zur Erinnerung: 13 Millionen Euro bei einem Gesamtvolumen von 17 Mio. – das erscheint viel. Deutlich zu viel, wenn es nach Rindler geht. Weil:
- Überhöhte Klagssumme: „Diese Summe setzt sich aus einigen absurden Forderungen zusammen“, führt Rindler näher aus. Die Wiener Sportstätten behaupten, dass ihnen durch die verspätete Wiedereröffnung 3 bis 4 Mio. Euro an Einnahmen entgangen seien. Ein laut der Anwältin aus der Luft gegriffener Vorwurf. Erstens weil der Verzug nicht von Driendl verschuldet wurde und zweitens da hier Umsätze mit Einnahmen gleichgesetzt. Rindler: „Frau Hofmann tut so, als hätte sie bei einem geschlossenen Bad gleich hohe Kosten wie für ein Bad im Betrieb."
- Umsatzsteuer miteingerechnet: Darüber hinaus klagt die Sportstätten-Betriebs-GmbH überall 20 Prozent Umsatzsteuer mit ein, obwohl diese im Zuge des Vorsteuerweges abgezogen werden konnten. Demnach sind die Forderungen zusätzlich um ein Fünftel zu hoch.
- Bei mehreren Parteien Schaden angemeldet: Damit nicht genug, wenden die Sportstätten diese Strategie nicht nur beim Generalplaner, sondern auch noch bei anderen Sanierungs-Beteiligten an. „Hofmann hat auch der örtlichen Bauaufsicht eine Forderung geschickt“, weiß Rindler. In einem 70-seitigen Konvolut werde erklärt, dass diese für einen Schaden in Höhe von 26 Mio. Euro verantwortlich sein soll. Zuzüglich der 13 Mio. des Architekten würde man auf einen entstandenen Schaden von 39 Mio. Euro kommen. Und das bei einem Projekt mit einem 17 Mio.-Budget.
Dieses Aufblähen der Schadenssumme ist nicht ohne Konsequenz. Es verursacht massive Kosten. Bei einem Streitwert von 13 Mio. Euro kostet ein Anwalt für einen einzigen Verhandlungstag (acht Stunden) nach Tarif knapp über 20.000 Euro. „Die Strategie dahinter ist, den Kostendruck zu erhöhen“, sagt Rindler. Um diese Ausgaben nicht weiter tragen zu müssen, könnte für die Versicherung ein Vergleich als relativ billiger Ausweg erscheinen. Schließlich kann sich ein derartiger Prozess auch über zehn Jahre ziehen.
Angesichts der überhöhten Forderungen, scheint es, als ob die Sportstättenbetriebs-GmbH versuchen würde, Driendl ausbluten zu lassen. Finanziert wird diese Taktik, die das Gleichheitsprinzip vor dem Gesetz aushöhlt, bislang mit Steuergeldern.
Denn die Klags-Ausdehnungen sind nicht billig.
Gemäß Rindler haben die Erhöhungen bereits zwischen 300.000 und 400.000 Euro an Gebühren gefressen. Am Ende wird dies der Verlierer zahlen müssen, wobei ein Fünftel aufgrund der fälschlicherweise eingerechneten Umsatzsteuer ja ohnehin verloren ist.
Wie aus einem Schriftsatz hervorgeht, drohten die Sportstätten zwischendurch sogar mit einer Ausdehnung auf über 200 Mio. Euro. Kein Scherz! Die zugrundeliegende Argumentation war, dass dies der Schaden an Volksgesundheit und folglich an der Volkswirtschaft sei, der durch die verzögerte Wiedereröffnung entstanden sei. Das setzt voraus, dass alle potenziellen Stadthallenbad-Besucher keinerlei Ersatz-Sport während der verlängerten Sperre betrieben hätten. Eine abenteuerliche Argumentations-Linie.
Zurück zu Driendl: Dieser verfügt wie die meisten Architekten über eine Haftpflichtversicherung, die einen Teil der Kosten deckt. Für das Unternehmen eine schwere Zeit, denn neben der Klage kommt der durch die Medien-Berichte verursachte Image-Schaden hinzu. Öffentlich wurde der Generalplaner für das tropfende Becken an den Pranger gestellt.
„Es ist falsch, hier überhaupt von einer General-Sanierung zu sprechen“, räumt Driendl mit einem Irrtum auf und verweist dabei auf die Vertrags-Punkte, welche die Wieder-Instandsetzung des Stadthallenbades umreißen. Wesentliche Bereiche waren darin ausgenommen. „Das war nur eine technische Sanierung“, bestätigt Heinz Zabinsky, der von 2008 bis 2012 Einkaufsleiter in der Stadthalle war.
Driendl machte im Zuge der Arbeiten jedoch manch überraschende Entdeckung in Bereichen, die nicht Teil der Sanierung waren: „Als wir ein Lüftungsrohr aufgemacht haben, ist uns das Grausen gekommen. Man kann sich nicht vorstellen, wie es da drinnen ausgesehen hat. Dort hatte noch nie zuvor jemand hineingeschaut.“ Oder etwa Beton-Decken, die aufgrund ihrer Beschaffenheit ebenfalls eine Sanierung dringend nötig hatten. Kurzum: Der Zustand des Gebäudes, bei dem obendrein die Bestandspläne nicht mehr stimmten, war erbärmlich.
Normalerweise wird vor einer Sanierung evaluiert und geprüft. Im Falle des Stadthallenbades wurde dies jedoch verabsäumt. Das wahre Ausmaß der Mängel wurde erst im Laufe der Arbeiten ersichtlich. Da an vielen Ecken und Enden wahrhaftig Gefahr in Verzug war, gab es kein Wegschauen. Neue Arbeiten, die nicht Teil des Vertrags waren, wurden ebenfalls angepackt. Da das beantrage Budget freilich eingehalten werden musste, wurden ursprünglich ungeplante Arbeiten nur in Absprache mit der Bauleitung rund um den damaligen Stadthallen-Direktor Helmut Jerabek angegangen.
Kommen wir zur eigentlichen Crux an der vorliegenden Klage. Nämlich dem Generalplaner die Schuld für das lecke Becken zu geben, ist gemäß der Ansicht Rindlers schlichtweg falsch. Denn schließlich sei das Becken nicht einmal Teil des Sanierungsvertrages. Um die Dichtheit des seit Jahrzehnten (!) leckenden Beckens zu verbessern, sei lediglich die Überarbeitung der Schweißnähte veranlasst worden. Die Firma dazu suchte sich die Stadthalle aus und für die Überprüfung der Arbeiten war die örtliche Bauaufsicht verantwortlich.
„Wo soll da der Fehler des Generalplaners sein, wenn dieser weder mit der Ausführung noch der Überprüfung zu tun hatte?“, lautet Rindlers Kernfrage, die sie bereits vor Gericht Hofmann gestellt hat. Diese habe entgegnet, dass sie ein fertiges Bad bestellt hätte und wenn es nicht in Ordnung wäre, dann müsse der Generalplaner schuld sein. „Sie verwechselt hier den Generalplaner mit dem Total-Übernehmer“, artikuliert Rindler den Fehler in der Grundannahme. Bei anderen Mängeln wie heruntergefallenen Fliesen verhalte es sich ähnlich.
Im Zuge der Beweissicherung sprach Wien-Holding-Sprecher Wolfgang Gatschegg gegenüber den Medien indes von „festgestellten 300 Planungsfehlern des Generalplaners“. Für Rindler angesichts der Verantwortungsbereiche eine vorschnelle sowie unrichtige Behauptung.
Auch Hofmann meldete sich öffentlich zu Wort. „Weder Generalplaner noch Bauaufsicht haben uns über Probleme informiert, sondern versichert, dass der Eröffnungstermin 3. Februar hält“, wird sie zitiert. Eine Aussage, die sowohl bei Driendl, als auch Stadthallen-Einkaufsleiter Zabinsky auf Unverständnis stößt. Beide erklären unabhängig voneinander, dass Hofmann über jeden Schritt informiert und eingebunden gewesen wäre.
Um die geheime Hauptdarstellerin dieser Causa besser zu verstehen, lohnt sich ein genauerer Blick. Die Juristin hatte 2005 die Leitung des Wiener Sportamtes (MA 51) übernommen. Dort trat sie in die Fußstapfen des mächtigen Ferdinand Podkowicz. Die MA 51 fungierte bei der Sanierung als Bauherr, die Projekt-Abwicklung hatte die Stadthalle inne.
2012 wechselte Hofmann aus dem Magistrat in die Geschäftsführung der Stadthalle. Allerdings nicht lange.
Im Juni 2013 wurde sie abkommandiert und zur Chefin der neu gegründeten Wiener Sportstättenbetriebs-GmbH gemacht. Mit Sitz unter dem Sektor B des Prater Stadions hat diese die Betriebsführung und Instandhaltung des Happel-Ovals, des Dusika-Stadions, der Stadthalle sowie des Stadthallen- und Stadionbades über.
Die politische Opposition im Gemeinderat stößt sich schon länger an der grundsätzlichen Betrachtungsweise Hofmanns in der Stadthallenbad-Causa. So meinte Isabella Leeb, Wiener ÖVP-Abgeordnete, im Juli 2014 gegenüber der „Presse“ etwa: „Gerade zu erfrischend naiv ist zunächst Hofmanns Aussage: ‚Ich habe das Stadthallenbad am 1. Februar 2012 als Geschäftsführerin übernommen. Davor war ich in der MA 51, diese hatte aber lediglich die Funktion des Bezahlers.‘ Darf ich Frau Hofmann höflich darauf hinweisen, dass der Bezahler der Pleiten-, Pech und Pannenshow im Stadthallenbad einzig und allein der Eigentümer und zwar der Wiener Steuerzahler ist.“
Im Verfahren gegen Driendl sorgt Hofmann gewollt oder ungewollt für die eine oder andere Neben-Anekdote, die einen tiefen Einblick geben, wie die Geschäftsführerin tickt. „Im Zeugenstand hat sie auf unangenehme Fragen von mir geantwortet, dass sie auf einmal nichts dazu sagen könne“, schildert Rindler.
Hofmann ist in den LAOLA1-Recherchen kein unbeschriebenes Blatt. Rund um den skandalumwobenen Österreichischen Schwimm-Verband (OSV) taucht ihr Name mehrfach auf. Was womöglich der Nähe zu ihrem Vorgänger in der MA 51 geschuldet ist. Besagter Ferdinand Podkowicz wirkte unter OSV-Präsident Paul Schauer lange Jahre im Verband mit, wurde für kurze Zeit auch offiziell als Rechtsreferent geführt.
In den Untersuchungen im Fördermittel-Skandal um die Traglufthalle im Wiener Stadionbad gab Hofmann in einer Einvernahme durch das Sportministerium (LAOLA1 liegt die Sachverhaltsdarstellung vor) an, dass die Abrechnungsbelege des OSV von Seiten der Stadt Wien nicht geprüft wurden. Im Pacht-Vertrag, den die ihr damals unterstehende MA 51 aufsetzte, steht freilich, dass dies aber nach spätestens sechs Monaten zu tun sei, was auch einem gängigen Usus entspräche. Erst in diesem Jahr wurde bei einer neuerlichen Prüfung durch die MA 51 eine Rückzahlung für den OSV schlagend.
Warum diese nicht gleich geprüft wurden, darüber kann nur gemutmaßt werden.
Einen möglichen Erklärungsansatz könnte hierbei das Gutachten der Staatsanwaltschaft bieten, welches im Fall des organisierten Förderbetrugs im OSV angefertigt wurde. Laut diesem hat Hofmann im Jahr 2007 gemeinsam mit dem mittlerweile zurückgetretenen OSV-Generalsekretär Thomas Gangel, der in der Causa als Beschuldigter geführt wird, sowie einem Dritten (Name der Red. bekannt) ein Konto eröffnet, welches in der sehr undurchsichtigen OSV-Buchhaltung aufscheint. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
Die Frage, welche Gelder hier von wo kamen und wohin flossen, ließ Hofmann gegenüber LAOLA1 bislang unbeantwortet. Nach über 20 vergeblichen Anrufen, mehreren unbeantworteten E-Mail-Anfragen und einem gescheiterten Versuch, im Büro der Sportstätten-GmbH vorstellig zu werden, erhärtet sich der Verdacht, dass Hofmann nicht mit Medien sprechen möchte.
In der Geschäftsführung der Wien Holding stoßt man beim Stichwort Hofmann auf ähnliche Gesprächsbereitschaft. Konzernsprecher Gatschnegg lässt lediglich ausrichten, man möge sich doch mit Hofmann direkt in Verbindung setzen. Und das Büro von Sportstadtrat Oxonitsch sieht die Sportstättenbetriebs-GmbH ohnehin außerhalb seiner Zuständigkeit. Gleiches kommt aus dem Büro von Vize-Bürgermeisterin Renate Brauner, in deren Bereich die Wien Holding fällt.
Fazit: Es braucht einen Wechsel
Das nun erschienene erste gerichtliche Teil-Gutachten liegt in vielerlei Punkten auf der Argumentationslinie Driendls. Es spricht einerseits von Versäumnissen in der Evaluierung, anderseits davon, dass viele nun bekrittelte Mängel außerhalb des Generalplaners gelegen sind.
Um zur Ausgangsfrage des Artikels zurückzukehren, sei betont, dass Hofmann freilich nicht für den Zustand der Wiener Sport-Infrastruktur verantwortlich gemacht werden kann. Zumindest nicht alleine.
Nichtsdestoweniger illustriert das Beispiel Stadthallenbad erschreckend gut, dass es Schlüssel-Positionen im Wiener Sport gibt, deren Besetzung – vorsichtig gesagt – nicht ideal erscheinen.
Mangelnde Rücktritts-Kultur gepaart mit einer Brise „Geht mich nix an“-Beamtentum machen es möglich.
Reinhold Pühringer
Der Wasserschlacht folgte ein juristischer Kampf, der nach wie vor tobt. Dieser offenbart, in welch bedenklicher Art und Weise die Stadt Wien bzw. die Wiener Sportstättenbetriebs-GmbH samt ihrer Geschäftsführerin Sandra Hofmann vorgingen und nach wie vor werken.
Die wesentlichen Punkte einer schauderhaften Aufarbeitung:
...auf Kosten anderer
Den Anfang der juristischen Auseinandersetzung machte der Generalplaner der Stadthallenbad-Sanierung, das Architektur-Büro Driendl. Dieser forderte von der Stadt Wien das noch ausstehende Honorar in Höhe von 800.000 Euro ein. Anstatt dem nachzukommen, ging die Stadt Wien aber zum Gegenangriff über, klagte den aus Tirol stammenden Unternehmer wegen Fehlern und nicht erbrachten Leistungen zunächst auf 5,6 Millionen Euro. Ein großer Betrag. „Für uns eine existenzbedrohende Situation“, verdeutlicht Architekt Georg Driendl gegenüber LAOLA1 den Ernst der Lage.
Damit nicht genug, wurde die Summe weiter ausgedehnt. „Aktuell sind es 13 Millionen Euro“, bestätigt Petra Rindler, die Anwältin Driendls. Zur Erinnerung: 13 Millionen Euro bei einem Gesamtvolumen von 17 Mio. – das erscheint viel. Deutlich zu viel, wenn es nach Rindler geht. Weil:
- Überhöhte Klagssumme: „Diese Summe setzt sich aus einigen absurden Forderungen zusammen“, führt Rindler näher aus. Die Wiener Sportstätten behaupten, dass ihnen durch die verspätete Wiedereröffnung 3 bis 4 Mio. Euro an Einnahmen entgangen seien. Ein laut der Anwältin aus der Luft gegriffener Vorwurf. Erstens weil der Verzug nicht von Driendl verschuldet wurde und zweitens da hier Umsätze mit Einnahmen gleichgesetzt. Rindler: „Frau Hofmann tut so, als hätte sie bei einem geschlossenen Bad gleich hohe Kosten wie für ein Bad im Betrieb."
- Umsatzsteuer miteingerechnet: Darüber hinaus klagt die Sportstätten-Betriebs-GmbH überall 20 Prozent Umsatzsteuer mit ein, obwohl diese im Zuge des Vorsteuerweges abgezogen werden konnten. Demnach sind die Forderungen zusätzlich um ein Fünftel zu hoch.
- Bei mehreren Parteien Schaden angemeldet: Damit nicht genug, wenden die Sportstätten diese Strategie nicht nur beim Generalplaner, sondern auch noch bei anderen Sanierungs-Beteiligten an. „Hofmann hat auch der örtlichen Bauaufsicht eine Forderung geschickt“, weiß Rindler. In einem 70-seitigen Konvolut werde erklärt, dass diese für einen Schaden in Höhe von 26 Mio. Euro verantwortlich sein soll. Zuzüglich der 13 Mio. des Architekten würde man auf einen entstandenen Schaden von 39 Mio. Euro kommen. Und das bei einem Projekt mit einem 17 Mio.-Budget.
Dieses Aufblähen der Schadenssumme ist nicht ohne Konsequenz. Es verursacht massive Kosten. Bei einem Streitwert von 13 Mio. Euro kostet ein Anwalt für einen einzigen Verhandlungstag (acht Stunden) nach Tarif knapp über 20.000 Euro. „Die Strategie dahinter ist, den Kostendruck zu erhöhen“, sagt Rindler. Um diese Ausgaben nicht weiter tragen zu müssen, könnte für die Versicherung ein Vergleich als relativ billiger Ausweg erscheinen. Schließlich kann sich ein derartiger Prozess auch über zehn Jahre ziehen.
Angesichts der überhöhten Forderungen, scheint es, als ob die Sportstättenbetriebs-GmbH versuchen würde, Driendl ausbluten zu lassen. Finanziert wird diese Taktik, die das Gleichheitsprinzip vor dem Gesetz aushöhlt, bislang mit Steuergeldern.
Denn die Klags-Ausdehnungen sind nicht billig.
Gemäß Rindler haben die Erhöhungen bereits zwischen 300.000 und 400.000 Euro an Gebühren gefressen. Am Ende wird dies der Verlierer zahlen müssen, wobei ein Fünftel aufgrund der fälschlicherweise eingerechneten Umsatzsteuer ja ohnehin verloren ist.
Wie aus einem Schriftsatz hervorgeht, drohten die Sportstätten zwischendurch sogar mit einer Ausdehnung auf über 200 Mio. Euro. Kein Scherz! Die zugrundeliegende Argumentation war, dass dies der Schaden an Volksgesundheit und folglich an der Volkswirtschaft sei, der durch die verzögerte Wiedereröffnung entstanden sei. Das setzt voraus, dass alle potenziellen Stadthallenbad-Besucher keinerlei Ersatz-Sport während der verlängerten Sperre betrieben hätten. Eine abenteuerliche Argumentations-Linie.
Zurück zu Driendl: Dieser verfügt wie die meisten Architekten über eine Haftpflichtversicherung, die einen Teil der Kosten deckt. Für das Unternehmen eine schwere Zeit, denn neben der Klage kommt der durch die Medien-Berichte verursachte Image-Schaden hinzu. Öffentlich wurde der Generalplaner für das tropfende Becken an den Pranger gestellt.
„Es ist falsch, hier überhaupt von einer General-Sanierung zu sprechen“, räumt Driendl mit einem Irrtum auf und verweist dabei auf die Vertrags-Punkte, welche die Wieder-Instandsetzung des Stadthallenbades umreißen. Wesentliche Bereiche waren darin ausgenommen. „Das war nur eine technische Sanierung“, bestätigt Heinz Zabinsky, der von 2008 bis 2012 Einkaufsleiter in der Stadthalle war.
Driendl machte im Zuge der Arbeiten jedoch manch überraschende Entdeckung in Bereichen, die nicht Teil der Sanierung waren: „Als wir ein Lüftungsrohr aufgemacht haben, ist uns das Grausen gekommen. Man kann sich nicht vorstellen, wie es da drinnen ausgesehen hat. Dort hatte noch nie zuvor jemand hineingeschaut.“ Oder etwa Beton-Decken, die aufgrund ihrer Beschaffenheit ebenfalls eine Sanierung dringend nötig hatten. Kurzum: Der Zustand des Gebäudes, bei dem obendrein die Bestandspläne nicht mehr stimmten, war erbärmlich.
Normalerweise wird vor einer Sanierung evaluiert und geprüft. Im Falle des Stadthallenbades wurde dies jedoch verabsäumt. Das wahre Ausmaß der Mängel wurde erst im Laufe der Arbeiten ersichtlich. Da an vielen Ecken und Enden wahrhaftig Gefahr in Verzug war, gab es kein Wegschauen. Neue Arbeiten, die nicht Teil des Vertrags waren, wurden ebenfalls angepackt. Da das beantrage Budget freilich eingehalten werden musste, wurden ursprünglich ungeplante Arbeiten nur in Absprache mit der Bauleitung rund um den damaligen Stadthallen-Direktor Helmut Jerabek angegangen.
Kommen wir zur eigentlichen Crux an der vorliegenden Klage. Nämlich dem Generalplaner die Schuld für das lecke Becken zu geben, ist gemäß der Ansicht Rindlers schlichtweg falsch. Denn schließlich sei das Becken nicht einmal Teil des Sanierungsvertrages. Um die Dichtheit des seit Jahrzehnten (!) leckenden Beckens zu verbessern, sei lediglich die Überarbeitung der Schweißnähte veranlasst worden. Die Firma dazu suchte sich die Stadthalle aus und für die Überprüfung der Arbeiten war die örtliche Bauaufsicht verantwortlich.
„Wo soll da der Fehler des Generalplaners sein, wenn dieser weder mit der Ausführung noch der Überprüfung zu tun hatte?“, lautet Rindlers Kernfrage, die sie bereits vor Gericht Hofmann gestellt hat. Diese habe entgegnet, dass sie ein fertiges Bad bestellt hätte und wenn es nicht in Ordnung wäre, dann müsse der Generalplaner schuld sein. „Sie verwechselt hier den Generalplaner mit dem Total-Übernehmer“, artikuliert Rindler den Fehler in der Grundannahme. Bei anderen Mängeln wie heruntergefallenen Fliesen verhalte es sich ähnlich.
Im Zuge der Beweissicherung sprach Wien-Holding-Sprecher Wolfgang Gatschegg gegenüber den Medien indes von „festgestellten 300 Planungsfehlern des Generalplaners“. Für Rindler angesichts der Verantwortungsbereiche eine vorschnelle sowie unrichtige Behauptung.
Auch Hofmann meldete sich öffentlich zu Wort. „Weder Generalplaner noch Bauaufsicht haben uns über Probleme informiert, sondern versichert, dass der Eröffnungstermin 3. Februar hält“, wird sie zitiert. Eine Aussage, die sowohl bei Driendl, als auch Stadthallen-Einkaufsleiter Zabinsky auf Unverständnis stößt. Beide erklären unabhängig voneinander, dass Hofmann über jeden Schritt informiert und eingebunden gewesen wäre.
Um die geheime Hauptdarstellerin dieser Causa besser zu verstehen, lohnt sich ein genauerer Blick. Die Juristin hatte 2005 die Leitung des Wiener Sportamtes (MA 51) übernommen. Dort trat sie in die Fußstapfen des mächtigen Ferdinand Podkowicz. Die MA 51 fungierte bei der Sanierung als Bauherr, die Projekt-Abwicklung hatte die Stadthalle inne.
2012 wechselte Hofmann aus dem Magistrat in die Geschäftsführung der Stadthalle. Allerdings nicht lange.
Im Juni 2013 wurde sie abkommandiert und zur Chefin der neu gegründeten Wiener Sportstättenbetriebs-GmbH gemacht. Mit Sitz unter dem Sektor B des Prater Stadions hat diese die Betriebsführung und Instandhaltung des Happel-Ovals, des Dusika-Stadions, der Stadthalle sowie des Stadthallen- und Stadionbades über.
Die politische Opposition im Gemeinderat stößt sich schon länger an der grundsätzlichen Betrachtungsweise Hofmanns in der Stadthallenbad-Causa. So meinte Isabella Leeb, Wiener ÖVP-Abgeordnete, im Juli 2014 gegenüber der „Presse“ etwa: „Gerade zu erfrischend naiv ist zunächst Hofmanns Aussage: ‚Ich habe das Stadthallenbad am 1. Februar 2012 als Geschäftsführerin übernommen. Davor war ich in der MA 51, diese hatte aber lediglich die Funktion des Bezahlers.‘ Darf ich Frau Hofmann höflich darauf hinweisen, dass der Bezahler der Pleiten-, Pech und Pannenshow im Stadthallenbad einzig und allein der Eigentümer und zwar der Wiener Steuerzahler ist.“
Im Verfahren gegen Driendl sorgt Hofmann gewollt oder ungewollt für die eine oder andere Neben-Anekdote, die einen tiefen Einblick geben, wie die Geschäftsführerin tickt. „Im Zeugenstand hat sie auf unangenehme Fragen von mir geantwortet, dass sie auf einmal nichts dazu sagen könne“, schildert Rindler.
Hofmann ist in den LAOLA1-Recherchen kein unbeschriebenes Blatt. Rund um den skandalumwobenen Österreichischen Schwimm-Verband (OSV) taucht ihr Name mehrfach auf. Was womöglich der Nähe zu ihrem Vorgänger in der MA 51 geschuldet ist. Besagter Ferdinand Podkowicz wirkte unter OSV-Präsident Paul Schauer lange Jahre im Verband mit, wurde für kurze Zeit auch offiziell als Rechtsreferent geführt.
In den Untersuchungen im Fördermittel-Skandal um die Traglufthalle im Wiener Stadionbad gab Hofmann in einer Einvernahme durch das Sportministerium (LAOLA1 liegt die Sachverhaltsdarstellung vor) an, dass die Abrechnungsbelege des OSV von Seiten der Stadt Wien nicht geprüft wurden. Im Pacht-Vertrag, den die ihr damals unterstehende MA 51 aufsetzte, steht freilich, dass dies aber nach spätestens sechs Monaten zu tun sei, was auch einem gängigen Usus entspräche. Erst in diesem Jahr wurde bei einer neuerlichen Prüfung durch die MA 51 eine Rückzahlung für den OSV schlagend.
Warum diese nicht gleich geprüft wurden, darüber kann nur gemutmaßt werden.
Einen möglichen Erklärungsansatz könnte hierbei das Gutachten der Staatsanwaltschaft bieten, welches im Fall des organisierten Förderbetrugs im OSV angefertigt wurde. Laut diesem hat Hofmann im Jahr 2007 gemeinsam mit dem mittlerweile zurückgetretenen OSV-Generalsekretär Thomas Gangel, der in der Causa als Beschuldigter geführt wird, sowie einem Dritten (Name der Red. bekannt) ein Konto eröffnet, welches in der sehr undurchsichtigen OSV-Buchhaltung aufscheint. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
Die Frage, welche Gelder hier von wo kamen und wohin flossen, ließ Hofmann gegenüber LAOLA1 bislang unbeantwortet. Nach über 20 vergeblichen Anrufen, mehreren unbeantworteten E-Mail-Anfragen und einem gescheiterten Versuch, im Büro der Sportstätten-GmbH vorstellig zu werden, erhärtet sich der Verdacht, dass Hofmann nicht mit Medien sprechen möchte.
In der Geschäftsführung der Wien Holding stoßt man beim Stichwort Hofmann auf ähnliche Gesprächsbereitschaft. Konzernsprecher Gatschnegg lässt lediglich ausrichten, man möge sich doch mit Hofmann direkt in Verbindung setzen. Und das Büro von Sportstadtrat Oxonitsch sieht die Sportstättenbetriebs-GmbH ohnehin außerhalb seiner Zuständigkeit. Gleiches kommt aus dem Büro von Vize-Bürgermeisterin Renate Brauner, in deren Bereich die Wien Holding fällt.
Fazit: Es braucht einen Wechsel
Das nun erschienene erste gerichtliche Teil-Gutachten liegt in vielerlei Punkten auf der Argumentationslinie Driendls. Es spricht einerseits von Versäumnissen in der Evaluierung, anderseits davon, dass viele nun bekrittelte Mängel außerhalb des Generalplaners gelegen sind.
Um zur Ausgangsfrage des Artikels zurückzukehren, sei betont, dass Hofmann freilich nicht für den Zustand der Wiener Sport-Infrastruktur verantwortlich gemacht werden kann. Zumindest nicht alleine.
Nichtsdestoweniger illustriert das Beispiel Stadthallenbad erschreckend gut, dass es Schlüssel-Positionen im Wiener Sport gibt, deren Besetzung – vorsichtig gesagt – nicht ideal erscheinen.
Mangelnde Rücktritts-Kultur gepaart mit einer Brise „Geht mich nix an“-Beamtentum machen es möglich.
Reinhold Pühringer