Die ersten Einheiten in der Vorbereitung auf die neue Saison hat Rapid-Trainer Goran Djuricin versäumt.
Aufgrund seiner Verpflichtungen bei der Trainerausbildung konnte er erst am Mittwochnachmittag zur Mannschaft stoßen.
Im Interview mit der APA spricht der 47-Jährige über die Doppelbelastung zwischen Pro-Lizenz-Kurs und Rapid-Training, seine Lehren aus der letzten Saison und seinen Umgang mit dem derzeit zu großem Kader, in dem einige Wackelkandidaten wenig Wechselambitionen an den Tag legen.
Frage: Wie schwierig ist es die Doppelbelastung zwischen Trainerausbildung und Trainerjob zu meistern?
Goran Djuricin: Wenn du einen guten Trainerstaff hast, dann ist es leichter. Mit dem 'Butre' (Anm.: Martin Bernhard) habe ich einen Top-Co-Trainer, der mir sehr viel hilft. Man muss halt mehr delegieren. Es ist der vorletzte Kurs gewesen und daher nicht mehr so schlimm. Im September ist der letzte Kurs und im Oktober die Prüfung. Die Ausbildung war wichtig für mich.
Frage: In der fußballfreien Zeit hatten Sie Zeit, noch einmal die Saison Revue passieren zu lassen. Was waren die Gründe für das schwache Abschneiden?
Djuricin: Die Gründe waren in meinen Augen die vielen Trainerwechsel und vielen Verletzungen. Die zwei Sachen haben uns ganz einfach nicht in die Karten gespielt. Drei Trainerwechsel sind ganz schwer zu verkraften für eine Mannschaft. Es ist körperlich, mental und was die taktische Disziplin betrifft, ganz schwierig.
Frage: Welche genauen Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Djuricin: Ich kümmere mich nur um sachliche Dinge, das heißt körperlich waren wir nicht gut, und dadurch auch mental. Das heißt wenn wir körperlich zulegen in gewissen Bereichen, werden wir auch im Spiel besser sein und effizienter sein. Da bin ich mir sicher. Ich glaube, die letzten zehn Spiele seit ich Trainer war, ist der Schnitt von Toren extrem in die Höhe geschossen, und ich hoffe, dass das mit mir etwas zu tun hat. Und wenn das so weitergeht, wird das sicher nicht schlecht ausschauen nächste Saison.
Frage: Wurde aufgrund der angesprochenen körperlichen Defizite mit Anton Beretzki ein neuer Athletiktrainer installiert?
Djuricin: Das stimmt so nicht ganz. Es ist immer der Trainer verantwortlich für die Fitness, der steuert das Training. Dadurch dass wir aber vier Trainer in kurzer Zeit gehabt haben, kann man sich vorstellen, was da passiert ist. Ein Athletiktrainer ist vielleicht mit zehn Prozent beteiligt an dem Ganzen, der Rest gehört dem Trainer, das ist einfach so. Aber wir wollten neue Reize setzen und mit dem Alex (Anm.: Steinbichler) haben wir einen Topmann, der sich jetzt auch um den ganzen Nachwuchs inklusive SK Rapid II kümmert, und das ist auch sehr wichtig, weil wir kriegen die Spieler ja nach oben und die müssen auch körperlich besser ausgebildet werden als bisher.
Frage: Erwartet die Spieler rund um Kapitän Steffen Hofmann eine härtere Vorbereitung als in den Jahren zuvor?
Djuricin: Die Leute glauben immer, dass man, wenn man härter trainiert oder mehr trainiert auch besser wird. Es mag das eine oder andere Mal auch so sein. Aber es ist auch so, dass, wenn du effizienter trainierst oder andere Reize setzt, auch sehr viel herauszuholen ist. Wir gehen eher in diese Richtung. Es muss mit Kopf gemacht werden und schön langsam. Wir können uns auch in den fünf Wochen nicht um so viel verbessern im Vergleich zum vergangenen Jahr. Fünf Wochen sind zu wenig, die Konstitution des Körpers ist nicht so geschaffen, dass du in fünf Wochen top drauf bist. Aber bis in den Winter will ich eine Mega-Steigerung sehen. Auf jeden Fall.
Frage: Was sind neben der körperlichen Arbeit die Schwerpunkte in der Vorbereitung?
Djuricin: Wir müssen an der Defensive und Offensive arbeiten. Es ist so, dass wir oft nicht geschlossen attackiert und nicht geschlossen angegriffen haben. Da waren immer wieder Löcher drinnen. Da heißt es konzentrierter und kompakter an die Sache herangehen. Das ist eine Trainingssache und eine Sache die man den Spielern auch jeden Tag sagen muss. Das ganze Paket gehört einfach geschlossener. Und wichtig ist auch, dass wir noch kreativer werden in der Spieleröffnung und im Positionsspiel auch kreativer und effizienter werden.
Frage: Bis jetzt mussten keine neuen Spieler integriert werden, was sagen Sie dazu?
Djuricin: Die Mannschaft kennt mich schon seit einem halben Jahr als Co-Trainer und jetzt fast seit zwei Monaten als Cheftrainer, das ist ein Riesenvorteil für die Mannschaft und für mich denke ich.
Frage: Wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Kader?
Djuricin: Letzte Saison ist es leider nicht der Fall gewesen, dass alle fit sind und jetzt wieder nicht. Aber man muss es annehmen wie es ist. Aber wenn Kvilitaia, Schobesberger und Mocinic zurückkommen, dann haben wir einen sehr guten Kader. Und ein Linksverteidiger wird wahrscheinlich kommen.
Frage: Bei den Innenverteidigern und Torleuten gibt es etwa ein Überangebot, wie gehen Sie damit um?
Djuricin: Wir wollen bis zum Trainingslager schauen, ob der eine oder andere gesprächsbedürftig ist. Nach dem Trainingslager wird es dann zu einem Schnitt kommen, im Trainingslager muss und kann sich jeder beweisen, und danach weiß man sicher mehr. Es wird eine Rangliste geben, dann müssen sich die Spieler überlegen, was sie machen.
Frage: Eine Saison ohne Europacup ist für Rapid ungewöhnlich, gibt es da Motivationsprobleme bei den Spielern?
Djuricin: Ich denke nicht. Der Konkurrenzkampf wird relativ groß sein, und die Spieler sind Profis. Die wissen genau, worum es geht. Und wenn ich das Gefühl habe, dass einer nicht motiviert ist, dann werde ich ihm schon sagen, was los ist. Ganz einfach. Die Mannschaft hat aber eine sehr professionelle Einstellung, ich glaube nicht, dass das ein Problem ist.
Frage: Drücken Sie im Herbst den ÖFB-Europacup-Startern zwecks langer Doppelbelastung stark die Daumen?
Djuricin: Ich bin ein Typ, der sich nicht viel kümmert um andere Vereine. Es ist vielleicht ein kleiner Vorteil, dass die anderen eine Doppelbelastung haben, muss aber nicht sein. Wir schauen nur auf uns, alles andere ist egal.
Frage: Was ist von Rapid zu erwarten?
Djuricin: Wir haben einen guten Ansatz gezeigt, die letzten sieben Wochen eine gute Tendenz gehabt in der Offensive und sind teilweise sehr gut aufgetreten. Wenn wir das jetzt so oft wie möglich im Herbst zeigen können wie in drei, vier Spielen zum Schluss, dann werden wir ganz oben mitreden können.
Frage: Wie lautete die konkrete Zielsetzung für die Saison?
Djuricin: Das bestimmt die Mannschaft, die Zielsetzung werden wir im Trainingslager erarbeiten.
Frage: Was stimmt Sie zuversichtlich, dass der Kader der vergangenen Saison jetzt viel besser reüssieren kann?
Djuricin: Weil man aus gewissen Sachen lernt. Die Mannschaft war genauso euphorisch wie der ganze Verein das letzte Jahr, man hat von dem Meistertitel gesprochen, so was bringt automatisch Druck. Ich glaube, dass wir jetzt ganz anders in die Saison gehen, und der Kopf, weiß man, bewirkt sehr, sehr viel. Außerdem bin ich guter Dinge, dass die Mannschaft mit mir einen Trainer hat, der sehr viel Einflussvermögen hat für die Mannschaft. Ich schaue, dass ich das meiste raushole aus der Mannschaft. Ich glaube, dass das eine Stärke von mir ist und das muss ich jetzt beweisen.
Frage: Was erwarten Sie von Ihren Spielern?
Djuricin: Es muss jeder wissen, dass es wichtig ist, demütig zu bleiben und in jedes Training und Match mit 100 Prozent reinzugehen. Sie müssen ihre Hausaufgaben erledigen und Vollgas, Vollgas geben.
Frage: Zum Schluss eine persönliche Frage. Ist der Aufstieg vom ASK Ebreichsdorf zu Rapid in kürzester Zeit manchmal noch immer wie ein Traum für Sie?
Djuricin: Es ist ein Wahnsinn, wie ein kleines Märchen. Es ist jetzt Realität, und ich bin jetzt schon aufgewacht, weiß was zu tun ist, welche Verantwortung ich habe, welche Herausforderung vor mir steht. Aber ich liebe Herausforderungen. Ich möchte so lange wie möglich bei Rapid bleiben und meine Ziele mit dem Verein zusammen erreichen, ganz einfach.