Paul Gludovatz wird heuer 70 Jahre alt.
Das soll für den Burgenländer 2016 aber nicht der einzige Grund zum Feiern sein.
Am 15. Mai, wenn die Bundesliga ihre aktuelle Saison beschließt, soll bereits gejubelt werden, nämlich über den Klassenerhalt, der nach der Herbstsaison das klare Ziel der Innviertler ist.
Dieser wird ein schwieriges Unterfangen, schließlich liegt Ried vor Beginn des Frühjahrs nur drei Punkte vor Schlusslicht WAC und verlor mit Oliver Kragl und Thomas Murg zwei Schlüsselspieler.
Im LAOLA1-Interview spricht Gludovatz über seine zweite Ära und eine mögliche Zukunft in Ried.
LAOLA1: Herr Gludovatz, was machen Sie am 10. Juni dieses Jahres?
Paul Gludovatz: Sie werden sicher rausgefunden haben, dass ich an diesem Tag meinen 70. Geburtstag feiere, das Eröffnungsspiel der EURO werde ich mir aufnehmen. Vor Ort werde ich da auch noch nicht sein, eher schon am 14. Juni bei Österreich gegen Ungarn in Bordeaux.
LAOLA1: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?
Gludovatz: Schaue ich schlecht aus? (lacht) Nein, ich habe einen guten psycho-physischen Status, diese für mich schwierigste Aufgabe anzutreten. Ich fühle mich dieser auch körperlich gewachsen.
LAOLA1: Im Dezember war es etwas unklar, ob Sie im Frühjahr weitermachen würden. Woran lag es?
Gludovatz: Gerhard Schweitzer und ich haben im August gesagt, wir helfen gemeinsam aus. Es wurde allseits angenommen, dass ich auch aufhören würde, wenn Gerhard aufhört. Dass ich mich bewusst „breitschlagen“ habe lassen, um eine gute Übergangszeit zu schaffen, liegt auch daran, dass mir das Präsidium das vorgeschlagen hat. Ich habe es aber natürlich sehr gerne gemacht.
LAOLA1: Sie haben jahrelang mit Gerhard Schweitzer zusammengearbeitet. Warum sind die Würfel auf Mario Posch als Nachfolger gefallen?
Gludovatz: Mario hat mit mir bei den AMS-Kursen gearbeitet und da hat man auch natürlich mit einem Auge auf seine Arbeit hinschauen können. Die Kontakte haben sich vertieft, Mario kann selbstständig arbeiten und die Aufgabenverteilung bleibt gleich. Er ist momentan der richtige Mann.
LAOLA1: Ist er auch irgendwann als Chef der richtige Mann?
Gludovatz: Das habe ich nicht zu entscheiden. Es kann ja sein, dass wir die ersten Spiele verlieren und dann wird man sehen, ob er der richtige Mann ist. Wenn ich nach dem 15. Mai aber immer noch Lust und Laune habe, kann es auch sein, dass es weiterhin einen Gludovatz in Ried geben wird. Ich habe keinen Vertrag unterschrieben, das ist meine absolute Stärke gegenüber jedem Verein bisher gewesen und das möchte ich auch beibehalten.
LAOLA1: Die Entscheidung hinsichtlich Ihrer Zukunft fällt also erst nach dieser Saison.
Gludovatz: Ich kann es alleine wegen meines fortgeschrittenen Alters nicht jetzt schon sagen. Wenn etwas passiert und ich mich unwohl fühle, werde ich mich zurückziehen müssen. Ebenso, wenn man mehrfach verliert. Dann ist es ähnlich. Ich stehe wie jeder andere Trainer auch unter Erfolgsdruck.
Im zweiten Fall war es so, dass ich eine aggressive Forderung wahrgenommen habe. Es scheint üblich geworden zu sein, nicht mehr so zum Vertragsverhältnis zu stehen.
LAOLA1: Wie blicken Sie auf den Herbst zurück?
Gludovatz: Wir haben überraschend mit einem Sieg gegen Sturm begonnen und gegen Ende unerwartet vier der letzten fünf Partien gewonnen. Das war so auch nicht vorauszusehen. Vielleicht lag es an der physischen Stärke, natürlich gehört auch ein wenig Glück dazu. Aber die anderen haben auch gewonnen, so gehen wir mit einer Pattstellung ins Frühjahr.
LAOLA1: Was erwarten Sie für einen Kampf gegen den Abstieg?
Gludovatz: Ich denke, es wird bis zum Schluss für die Öffentlichkeit interessant bleiben, für uns aber mit viel Bauchweh bis zum Ende der Saison gehen. Es geht einzig und allein darum, so viele Punkte zu machen, um bei mir am 15. Mai ein Lächeln feststellen zu können.
LAOLA1: Oliver Kragl und Thomas Murg haben den Verein verlassen. Welcher Abgang tut mehr weh?
Gludovatz: Ich bin Realist, da tut nichts weh, ich kann auch nicht herumjammern und schaue nach vorne. Oliver Kragl wird sicher auch als Antreiber abgehen. Wir haben uns Kandidaten angesehen, aber aus verschiedenen Gründen hat es nicht geklappt. Dass wir zwei junge Spieler geholt haben, ist darauf zurückzuführen, dass wir Druck auf die Arrivierten ausüben wollen. Im zweite Fall war es so, dass ich eine aggressive Forderung wahrgenommen habe. Es scheint üblich geworden zu sein, nicht mehr so zum Vertragsverhältnis zu stehen. Aber jeder Spieler ist zu ersetzen. Als wir Spiele verloren haben, hat keiner nach Murg gefragt. Erst, nachdem wir gegen Ende gewonnen haben. Wenn wir im Frühjahr gewinnen, wird keiner nach Murg fragen. Wenn nicht, wird man in der Öffentlichkeit darauf zurückkommen. Aber an der Ausgangsposition hat sich ohnehin nicht viel geändert: Es geht vor allem um physische Stärke, die wir bis zum Ende brauchen. Wir haben 16 Partien in drei Monaten, da braucht man auch die entsprechenden Spieler dazu.
LAOLA1: Was bringen Michael Brandner und Mathias Honsak mit?
Gludovatz: Brandner besticht durch hohe Passqualität, Honsaks Waffe ist die Schnelligkeit. Wie sie uns als Alternative in den 16 Spielen helfen können, entscheidet sich im Laufe des Frühjahrs.
LAOLA1: Kann man im Kampf gegen den Abstieg Spieler überhaupt weiterentwickeln?
Gludovatz: Das ist sicher einer der großen Unterschiede zu meiner ersten Zeit in Ried. Da haben wir im gesicherten Mittelfeld den einen oder anderen heranziehen können. Die Brutalität trifft nun die Spieler, auch ich muss mich da umstellen. Es geht einzig und allein um das Spiel und dessen Resultat.
LAOLA1: Thomas Fröschl wurde als Angreifer dazu geholt. Hat man das Stürmer-Problem aus dem Herbst damit quantitativ und qualitativ gelöst?
Gludovatz: Das Problem bezog sich auf die geschossenen Tore. Da haben die Stürmer im Herbst zurückhaltend gearbeitet. Wenn ich daran denke, dass bis zu vier Stürmer auf der Bank gesessen sind und Dieter Elsneg an vorderster Stelle gespielt hat, dann wissen Sie, dass das nicht nur eine Quantitäts- sondern vor allem eine Qualitätsfrage war. Es geht um Tore und Assists, daran werden Stürmer gemessen. Das Frühjahr wird zeigen, ob es gelöst wurde.
Das Interview führte Bernhard Kastler