Fredy Bickel ist derzeit nicht zu beneiden.
Rapid hat das Training für die neue Saison aufgenommen, bezüglich Personalplanung hat sich für den Geschäftsführer Sport der Status quo seit dem Ende der völlig verkorksten Spielzeit jedoch kaum geändert:
Er will den Kader adaptieren, kann jedoch nicht. Mangels Abgänge sind ihm die Hände gebunden.
Deshalb bittet der Schweizer um Geduld: "Ich denke, dass wir dieses Jahr die ganze Transferperiode abwarten müssen, sprich bis Ende August. Das bin ich so nicht gewohnt."
Bickel droht mit Ronaldo:
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
"Ich hätte dem Trainerteam gerne zum Saisonstart die Mannschaft, so wie sie in der Meisterschaft stehen sollte, zur Verfügung gestellt. Aber das ging jetzt nicht so einfach", so Bickel weiter.
Noch diese Woche ein neuer Linksverteidiger
Die Devise lautet unverändert: Bevor der bestehende Kader nicht verkleinert wird, kann selbigem kein frisches Blut zugeführt werden - und die meisten Wackelkandidaten haben derzeit nur wenig Ambition, ihren Vertrag bei Grün-Weiß aufzulösen.
Eine Ausnahme könnte es jedoch schon in den kommenden Tagen geben: "Wir haben immer ein Auge auf den Markt, was Neuzugänge betrifft. Ich denke speziell an den linken Außenverteidiger, das haben wir immer offen gesagt und den Spielern auch so kommuniziert. Ich hoffe, dass wir noch diese Woche etwas abschließen können."
"Wir möchten Schnelligkeit, viel Spielverständnis, einen Spieler mit Offensivdrang, der auch noch nicht so alt ist. Er kann hier die Erfahrung sammeln", beschreibt der Sportchef das Anforderungsprofil für den gesuchten Kandidaten und begründet den Vorgriff damit, dass man potenzielle Anwärter nicht ewig hinhalten könne:
"Das ist genau das Problem, daher auch das Tempo beim Außenverteidiger. Es gibt drei, vier Spieler, die interessant sind, die sind aber auch für andere Vereine interessant und wollen Entscheidungen. Daher müssen wir hier vielleicht entgegen dem Wunsch, dass wir vor Neuzugängen den Kader verkleinern wollen, zuerst den ersten Schnritt machen. Aber nochmals: Für alles andere denke ich schon, dass wir die Zeit bis Ende August brauchen."
Selbsterkenntnis das Gebot der Stunde
Dass links hinten nach einer Verstärkung gefahndet wird, sei übrigens "kein Misstrauensvotum gegen Thomas Schrammel, im Gegenteil." Der sei jedoch der einzige Spieler im Verein auf dieser Position: "Denn aus dem Nachwuchs können wir auch nichts nachziehen. Also müssen wir dort handeln, das weiß er auch."
Dass die Spieler über ihre eigene Situation Bescheid wissen, ist Bickel wichtig. Selbsterkenntnis lautet das Gebot der Stunde und bis diese beim einen oder anderen einsetzt, könnte noch einige Zeit vergehen.
"Uns ist wichtig, dass wir gute Lösungen für alle finden. Es wird sicher nicht so sein, dass wir zu irgendeinem Spieler hingehen: 'Du hast jetzt keinen Platz mehr, such' dir irgendwas!' Das geht so nicht", betont der 52-Jährige, dem der Respekt vor bestehenden Verträgen wichtig ist.
Zudem sei angesichts der zahlreichen Verletzungen der Handlungsbedarf im Moment nicht so groß: "Wir haben immer noch vier Spieler, bei denen wir nicht genau wissen, wann sie wieder einsteigen können. Ich habe immer gesagt, wir müssen mit 23 fitten Spielern in die Saison gehen. Im Moment sind es nur 23."
Überschuss in der Innenverteidigung
Irgendwann werden die Verletzten zurückkommen, und dann könnte es für diverse Kadermitglieder eng werden. Beispiel Innenverteidigung: Maximilian Wöber, Maximilian Hofmann und Christopher Dibon gelten als gesetzt, bei den beiden Routiniers Mario Sonnleitner und vor allem Christoph Schösswendter gilt das nach derzeitigem Stand weniger.
Mit Schösswendter hat Bickel die Situation schon vor der Sommerpause besprochen, für Sonnleitner findet er lobende Worte: "Mario tut der Mannschaft sehr gut, er ist unglaublich professionell und es würde mir nie in den Sinn kommen, ihm nahezulegen, sich etwas zu suchen. Ganz sicher nicht."
Trainer Goran Djuricin muss seine Auswahl treffen, am Ende wird es Verlierer geben: "Mir ist einfach wichtig, dass alle wissen, dass im Moment fünf Innenverteidiger hier sind, und es sieht so aus, als würden alle fünf bleiben. Da wird es für den einen oder anderen schwierig. Aber ich will ihnen diese Entscheidung nicht abnehmen. Sie müssen spüren: 'Sehe ich eine Chance, oder sehe ich sie nicht?' Denn man kann davon ausgehen, dass eigentlich jedes Mal zwei auf der Tribüne sitzen werden. Ob diese zwei damit leben können, darüber müssen sie sich Gedanken machen."
Gespräche mit Traustasons Berater
Stichwort Selbsterkenntnis. Ein ähnlicher Fall ist Arnor Ingvi Traustason. Der Isländer hat in seiner ersten Saison in Hütteldorf maßlos enttäuscht, ergo zählt auch er zu den vielen Personalien, bei denen sich etwas tun könnte, aber nicht zwingend etwas tun muss.
Bickel: "Traustason weiß, dass er in der ersten Saison nicht so glücklich war. Er wird sich jetzt sicher Gedanken machen - er ist ja noch länger weg, weil er mit der Nationalmannschaft unterwegs war. Ich hatte mit seinem Berater einigen Kontakt, mit ihm selber bis jetzt noch nicht."
Einigen Kontakt mit einem Berater hat man bezüglich eines bis 2020 unter Vertrag stehenden Profis tendenziell nur, wenn es einen Abgang vorzubereiten gilt. Geht der 24-Jährige, könnte eine andere Planstelle frei werden.
"Wir haben fünf Außenspieler. Ich hole sicher keinen sechsten, bevor wir das nicht gelöst haben. Vielleicht lässt es sich auch nicht lösen, dann werden wir damit leben", stellt der Sportchef klar.
"Dann wird es schwierig für den weiteren Verlauf der Karriere"
Auf Bickel wartet also ein Geduldsspiel in Sachen Transfers. Im Moment setzen die meisten der angezählten Akteure darauf, Djuricin doch noch von ihren Qualitäten überzeugen zu können. Dass es diesbezüglich Enttäuschte geben wird, liegt auf der Hand.
Bis Mitte August dürfe es laut Meinung des Eidgenossen nicht dauern, bis besagte Selbsterkenntnis einsetzt. Dies müsse noch im Laufe der Vorbereitung passieren. Von Vereinsseite her werde man offen mit den Spielern über ihren internen Status kommunizieren. Daraus die Schlüsse zu ziehen, liegen dann an den Spielern.
Bickels Verständnis, wenn sich Spieler trotz Perspektivlosigkeit dafür entscheiden würden, ihren Vertrag auszusitzen, anstatt eine neue Herausforderung zu suchen, hielte sich übrigens in Grenzen - trotz zugesicherter Vertragstreue:
"Das würde ich nicht verstehen, ganz klar. Ich kann auch nicht in jeden hineinsehen. Es kann ja auch so sein, dass sich der eine oder andere trotzdem Chancen ausrechnet, zu spielen. Dann soll er diese Chance auch packen und zeigen, dass er seinen Platz verdient hat. Aber wenn er selber sieht, dass es schwierig wird und dann an seinem Vertrag festhält, hilft er dem Klub nicht, aber noch weniger sich selbst. Denn dann wird es schwierig für den weiteren Verlauf der Karriere."