Eine schwarz-weiße Weisheit besagt, dass dem SK Sturm Graz auch Niederlagen verziehen werden, wenn Kampf und Leidenschaft stimmen, beziehungsweise genügend Spieler aus dem eigenen Nachwuchs auf dem Feld stehen.
Aus dieser Perspektive war das 1:2 im Heimspiel gegen Fenerbahce Istanbul ein kleiner Sieg, stemmten sich doch mit Sandi Lovric, Dario Maresic und Romano Schmid insgesamt gleich drei Teenager gegen die individuelle Klasse der mit überwiegend Routiniers angetretenen Türken.
Alle drei konnten auf ihre Art und Weise überzeugen.
Umsetzen, was Foda will
Vor allem das Dauer-Thema Lovric muss man kaum einem Grazer Fußball-Fan erklären. In dieser Saison scheint es so, als hätte sich der vielerorts als "Jahrhunderttalent" gepriesene Mittelfeldspieler vorerst ein Stammleiberl gesichert - zumindest in den drei Europacup-Spielen stand er jeweils in der Startformation, in Cup und Bundesliga wurde er geschont.
Was macht der schon seit längerer Zeit von Experten wie Fans geforderte 19-Jährige derzeit anders, um endlich nachhaltig eine Chance zu bekommen?
"Sandi Lovric hat verstanden, was ich will", klärt Trainer Franco Foda auf. Der Deutsche musste sich bereits als Blockierer des Talents kritisieren lassen, ehe nun möglicherweise beide Parteien rechtzeitig die Kurve kriegen.
Gegen Fenerbahce hätte Lovric laut Foda in der ersten Halbzeit Probleme gehabt: "Nach der Pause hat er sich aber extrem gesteigert. Er befindet sich auf einem sehr, sehr guten Weg. Und genau das will ich von jungen Spielern: Dass sie immer wieder weiter an sich arbeiten, wissbegierig bleiben, sich weiterentwickeln wollen. Diesbezüglich sind alle unsere Jungen auf einem guten Weg. Wenn sie das umsetzen, was ich will, bekommt auch jeder seine Möglichkeiten zu spielen."
Bei Maresic gerät Foda ins Schwärmen
Man darf gespannt sein, wie viele Möglichkeiten für Einsatzzeit es für die Sturm-Youngster geben wird, wenn so mancher verletzter Akteur wieder fit ist. Dass Lovric derzeit gegenüber James Jeggo die Nase vorne hat, begründet Foda auch mit dem Engagement des Australiers beim Confed-Cup und der dadurch verpassten Vorbereitungszeit.
Maresic wiederum profitiert davon, dass er der einzig fitte Innenverteidiger im Kader ist. Eine Chance, die der erst 17-Jährige eindrucksvoll zu nutzen weiß. Sicher sieht man ihm in der einen oder anderen Szene seine Unerfahrenheit an, aber alles in allem beeindruckt die Kaltschnäuzigkeit des zuletzt bereits in die U21 aufgerückten ÖFB-Junioren-Teamspielers.
"Man sollte sie nicht zu viel loben, denn sie wissen, wie gut sie sind - deswegen: Immer schön am Boden bleiben!"
Das unglückliche Eigentor wäre gegen Fenerbahce quasi eine Einladung für Nervenflattern gewesen - Fehlanzeige. Maresic steckte es weg und ließ sich nichts anmerken.
Foda gerät ins Schwärmen: "Er muss sich auch nicht lange verrückt machen wegen des Eigentors, so eine Situation kann einfach passieren. Er hat bis jetzt alle unsere Spiele über 90 Minuten absolviert, und das mit 17 Jahren. Wenn man sieht, wie er spielt, ist das schon sehr beachtlich. Hut ab, das ist außergewöhnliche Qualität. Er hat in den letzten Monaten eine außergewöhnliche Entwicklung genommen."
So steckt man ein Eigentor weg
Hüte, die auch im Kollegen-Kreis gezogen werden - gerade was den Umgang mit einem Schockerlebnis wie dem Eigentor betrifft. "Das spricht für ihn und seine mentale Verfassung. So tickt er", lobt Stefan Hierländer.
Marvin Potzmann ergänzt: "Das zeugt von einer gewissen Abgeklärtheit. Fehler passieren überall im Fußball, selbst im Finale der Champions League. Warum soll man sich da groß einen Kopf machen? Man kann es eh nicht mehr ändern, der Fehler ist passiert. Es hilft nicht, wenn man dann den Kopf in den Sand steckt und aufhört, Fußball zu spielen."
Wobei genau genommen den Fehler in dieser Situation Maresic-Nebenmann Charalampos Lykogiannis begangen hat, der sich gegen Alper Potuk nicht zu wehren wusste. Und welche Schnitzer auch Innenverteidiger-Routiniers unterlaufen können, zeigte Christian Schulz beim Hinspiel gegen Mladost Podgorica bereits nach wenigen Sekunden.
Schmids Unbekümmertheit
Zu guter Letzt lieferte mit Schmid, der vergangenen Sonntag den siegbringenden Elfmeter gegen St. Pölten herausgeholt hatte, auch noch ein 2000er-Jahrgang eine weitere Talentprobe ab, nachdem er nach 75 Minuten Lovric ablöste. Der Teenager ließ immer wieder seine hohe technische Veranlagung aufblitzen. Dass ihm körperlich auf diesem internationalen Niveau noch die Durchsetzungskraft fehlt, liegt in der Natur der Sache.
"Nachdem Romano reingekommen ist, hat man seine Unbekümmertheit gesehen, wie er Fußball spielt. Er hat einfach Spaß und Freude", geht Foda beinahe schon das Herz auf.
"Gegen solche Gegner sieht man, was sie draufhaben. Unsere Jungen sind für ihr Alter schon sehr weit. Wir sind froh, dass wir sie in der Mannschaft haben", zollt Potzmann den drei Jungstars Respekt.
Hierländers Warnung
"Das ist unser Weg, und den gehen wir weiter", verspricht Foda, der mit Michael John Lema einen weiteren 17-Jährigen auf der Bank sitzen hatte.
Dieses Motto muss auch für das Talente-Trio gelten. Während aller Anfang gerade bei Maresic und Schmid doch nicht so schwer zu sein scheint, heißt es dranzubleiben. Man denke an Lovric - er weiß bereits, wie sich ein Karriereknick anfühlt.
Weshalb auch mahnende Stimmen, wie jene von Hierländer wichtig sind: "Dario, Sandi und 'Schmidl' machen das sehr gut. Unsere Jungen geben Gas, das sieht man auch im Spiel. Nur müssen sie auf diesem Weg bleiben, dürfen jetzt nicht abheben. Sie sollen arbeiten! Man sollte sie nicht zu viel loben, denn sie wissen, wie gut sie sind - deswegen: Immer schön am Boden bleiben! Aber so wie sie zurzeit drauf sind, bin ich auch sehr zufrieden mit ihnen."
VIDEO
Word-Rap mit Sturm-Trainer Franco Foda: