Marco Knaller steht im Fokus.
Endlich, ist man fast verleitet zu sagen. Denn der ehemalige ÖFB-Nachwuchs-Keeper zählt mittlerweile 28 Jahre.
Einige Rückschläge kosteten dem gebürtigen Kärntner, der aber in der Nähe von Wien aufwuchs, wertvolle Jahre. Nun hat er beim SV Sandhausen Einser-Status erreicht (hier geht's zum Interview).
Bei jenem Verein, der aufgrund von Lizenzverstößen mit drei Minuspunkten in die Saison startete und sich trotz allem zum Überraschungsteam mauserte. Aktuell liegen die Baden-Württemberger auf dem hervorragenden fünften Tabellenplatz, am Freitag (18:30 Uhr) empfangen sie den Karlsruher SC.
Beim deutschen Zweitligisten ist er derzeit ein sicherer Rückhalt, einer der den Unterschied ausmacht. Ganz nach dem Geschmack seines Vaters Wolfgang Knaller, nebenbei sein schärfster Kritiker.
Wenn der Vater mit dem Sohne
„Für mich ist das alles positiv. Marco freut sich, dass das funktioniert und möchte so weitermachen“, verrät Knaller senior im Gespräch mit LAOLA1.
Der Ex-Profi war ebenfalls Torhüter, absolvierte 705 Liga-Spiele in Österreich (519x Bundesliga, 186x 1. Division) und spielte 26 Mal im ÖFB-Nationalteam.
Der 54-Jährige ist derzeit als Tormann-Trainer bei Erste-Liga-Klub St. Pölten engagiert, analysiert die Leistungen des Sandhausen-Legionärs und kennt das Geschäft – die schönen, aber auch die Schattenseiten.
Schon 2009 äußerte sich Knaller gegenüber LAOLA1 kritisch über Seilschaften im rot-weiß-roten Fußball, Auslöser war die Ausbootung seines Sohnes von Paul Gludovatz vor der U20-WM 2007.
Kritik an Fußball-Business, um Wachzurütteln
Ausgerechnet als Marco in den letzten Spielen zum Leistungsträger in Deutschland avancierte, nützte Wolfgang die Möglichkeit, um auf Facebook einiges klarzustellen:
Die Meldung verbreitete sich über Social Media und entwickelte eine Eigendynamik. Knaller will aber nicht seinen Sohn im Mittelpunkt dieser „Richtigstellung“ wissen.
„Es war keine Schadenfreude. Ich wollte generell wachrütteln, weniger wegen Marco, sondern generell, dass wir etwas falsch machen, wenn wir so arbeiten – alle miteinander“, erläutert Wolfgang seine Absichten. Dies musste er auch seinem Sohn erklären, der nicht unnötig Staub aufwirbeln wollte.
„Er hat gesagt: Papa, bitte – ich genieße das nur. Ich habe ihm aber versichert, dass es nicht um ihn geht, sondern um die Arbeit von Leuten in Spitzenpositionen.“
Noch nicht an der Zeit, Schmutzwäsche zu waschen
Einige Entscheidungen und alte Geschichten haben auch Marcos Karriere gefährdet. Etwa jene mit Gludovatz, seine Suspendierung beim WAC oder, dass es österreichische Vereine nicht einmal Wert fanden, ihn trotz Empfehlung zu testen – alles Dinge, die Wolfgang nicht aus dem Kopf gehen.
Zum Wohle seines Sohnes steigt er aber auf die Bremse und bekräftigt: „Ich will mich nicht von den negativen Geschichten runterziehen lassen.“
Zu erzählen hat er viel, auch LAOLA1 verschafft er einen Überblick. Allerdings sei es noch nicht an der Zeit, mit der großen Abrechnung an die breite Öffentlichkeit zu gehen – was er unter anderem auch in seinem Posting ankündigte: „Was beim WAC unter Bjelica passiert ist, wird zum richtigen Zeitpunkt auch noch ans Tageslicht kommen!“
Denn Knaller senior meint: „Ich bin überzeugt, dass es andere Spieler auch gibt, denen es so ergangen ist. Nämlich, dass es ein Spieler nicht oder erst Jahre später geschafft hat, was er schon viel früher schaffen hätte können.“
Mit Trapp auf Augenhöhe
Anstatt Wolfgang als Kenner der Branche zu akzeptieren, wurde oft die Vaterrolle in den Vordergrund gestellt.
„In Österreich hat kein Mensch auf Marco Knaller zurückgegriffen – von Bekannten, ehemaligen Spielern und aktuellen Trainern habe ich alle angerufen. Nicht einer hat ihn in Österreich zumindest angeschaut“, kritisiert der Vater.
In Deutschland war man da aufgeschlossener. In Kaiserslautern matchte sich Marco mit dem damaligen DFB-U21-Keeper Kevin Trapp („Die waren auf Augenhöhe. Nur ist Trapp heute bei PSG und Marco in Sandhausen"), der große Durchbruch blieb ihm aber auch aufgrund einer Ellbogen-Verletzung verwehrt.
Allerdings lernte er Trainer Alois Schwartz kennen, der ihm Jahre später auch bei Sandhausen wieder eine Chance gab und sein Potenzial erkannte.
Sohn Marco überzeugt mit Leistung
Während der Vater den vielen Stolpersteinen und der verzögerten Entwicklung auf der Karriereleiter nachtrauert und seine Meinung gerne kundtut, ist sein Sohn der ruhigere Typ, der im LAOLA1-Interview zugab: "Es gibt ja solche und solche Spieler. Einige fordern Dinge extrem ein, ich bin aber keiner, der große Sprüche klopft und immer zum Trainer rennt. Vielleicht wäre es anders gelaufen, wenn ich öfters den Mund aufgemacht hätte, aber ich will es einfach immer mit Leistung auf dem Platz zeigen.
Sein Vater zeichnet Marcos Spiele auf und analysiert diese, wenn er nicht vor Ort sein kann.
Die bisherigen Saison-Leistungen stimmten ihn zufrieden. In den letzten sechs Spielen in der 2. deutschen Bundesliga kassierte Marco nur drei Gegentore (davon zwei beim 1:2 in Leipzig), spielte in dieser Liga-Saison schon sechs Mal zu Null und avancierte trotz Pokal-Aus gegen Heidenheim zum Elferkiller.
Der „kicker“ wählte ihn zudem vor dem Spiel in Leipzig zwei Mal in Folge zum „Man of the Match“.
Als Typen verschieden, als Torhüter ähnlich
Die starken Leistungen werden auch in seiner Wahlheimat wahrgenommen. Trotzdem sieht er noch viel Luft nach oben.
„In der Spieleröffnung kann und will ich mich noch steigern. Über Stärken und Schwächen will ich öffentlich aber nicht sprechen. Das sollen andere beurteilen. Ich versuche mich in jedem Training zu verbessern, in allen Bereichen."
Sein Vater kennt seine Stärken von Kindheit an. Stark auf der Linie und trotz seiner Größe von 1,92 Metern sehr beweglich. In gewisser Weise erkennt Wolfgang sogar Parallelen.
„Er erinnert mich schon ein bisschen an mich, auch wenn sich das Tormannspiel im Laufe der Jahre verändert hat“, lacht der Ex-Profi.
„Wäre ein Traum, für Österreich zu spielen“
Die sportlichen Gene liegen bekanntlich in der Familie. Auch Onkel Walter war Fußball-Profi,Admira-Trainer und coacht aktuell Rapids U15. Die Onkeln Bernhard und Erich kickten ebenso, wie Cousin Christoph und Bruder Stefan (beide Katzelsdorf).
Wolfgang und Walter durften sich beide das Trikot der Nationalmannschaft überstreifen. Ein Ziel, das auch Marco verfolgt. Eine Nominierung würde möglicherweise noch zu früh kommen, allerdings ist Marcel Koller aufgrund der Verletzung von Robert Almer derzeit auf der Suche nach einem dritten Keeper.
"Es ist natürlich ein Traum, aber ich beschäftige mich im Moment noch nicht damit. Ich habe 16 Pflichtspiele in dieser Saison gemacht. Das sind mehr als in den letzten drei Jahren zusammen. Ich weiß natürlich, dass es nur über Leistung im Verein geht. Wenn dann einmal der Anruf kommen sollte und ich gebraucht werde, werde ich auf jeden Fall da sein", gibt Sandhausens Nummer eins die Hoffnung nicht auf.
Auch Vater Wolfgang will nicht vorgreifen, auch wenn er hofft, seinen Sohn irgendwann einmal für das ÖFB-Team auflaufen zu sehen.
„Ich bin froh, dass er jetzt in der 2. Deutschen Bundesliga gelandet ist, gute Leistungen bringt und ich hoffe, er kann den Weg jetzt auch so weitergehen“, schließt der Torwart-Trainer. Seine Abrechnung hebt er sich zum Wohl seines Sohnes für einen späteren Zeitpunkt auf.
Alexander Karper