Das Nationalteam-Leben kann bisweilen kurios sein.
Während der sportlichen Talfahrt mit dem VfB Stuttgart war Martin Harnik bei Teamchef Marcel Koller zumeist gesetzt. Bei Hannover 96 ist der 29-Jährige wieder in die sportliche Erfolgsspur eingebogen, findet sich dafür aber im ÖFB-Team vermehrt auf der Bank wieder.
So auch beim 2:0 gegen Moldawien, bei dem er jedoch mit seinem Joker-Tor ein lautstarkes Lebenszeichen von sich gegeben hat.
"Es ist keine neue Erfahrung für mich", sagt Harnik.
"Öfter bewiesen, dass ich ein guter Joker sein kann"
"Ich habe in der Vergangenheit schon öfter bewiesen, dass ich ein guter Joker sein kann. Aber jeder, der auf der Bank sitzt, will es nicht unbedingt sein", so der gebürtige Deutsche weiter.
Zuletzt schlug im Konkurrenzkampf mit Marcel Sabitzer das Pendel ein wenig in Richtung des Leipzig-Legionärs aus. Beim Sieg in Georgien zum Auftakt in die WM-Qualifikation stand Harnik noch in der Startformation.
Die beiden darauffolgenden Duelle mit Wales und Serbien verpasste er jedoch wegen Wadenproblemen. Gegen Irland und nun gegen Moldawien ereilte ihn das Reservisten-Schicksal. Nur im Test gegen die Slowakei, in dem Koller eine verstärkte B-Elf aufbot, durfte er von Beginn an ran.
Umso günstiger das Timing seines bereits 15. Länderspiel-Tors - dem ersten seit fast auf den Tag genau einem Jahr, als er Ende März 2016 beim 2:1 gegen Albanien traf.
Respekt für die Konkurrenz
Wie verwunderlich es für ihn sei, trotz seiner bereits 13 Liga-Tore für Hannover 96 nur auf der Bank zu sitzen?
"Ich glaube, dass wir momentan einige Spieler in unseren Reihen haben, für die es beim Verein und vor allem beim Toreschießen gut funktioniert - allen voran kann man da Guido Burgstaller hervorheben, bei dem es am besten rennt. Marcel Sabitzer spielt eine super Saison. Auch Marc Janko sitzt trotz seiner zehn Saison-Tore für Basel auf der Bank. Also die Konkurrenz ist groß, und ich glaube, der Trainer hat die aufgestellt, die in letzter Zeit sehr gute Leistungen gezeigt haben", zollt Harnik seinen Konkurrenten Respekt.
Bezüglich guter Leistungen kann der 64-fache Teamspieler zurzeit jedoch definitiv ein Wörtchen mitreden. Fünf Treffer hat er in den letzten sechs Spielen für Hannover erzielt - kein Vergleich zum spürbaren Frust seiner Schlussphase beim VfB Stuttgart.
Der aktuelle Höhenflug beim Aufstiegsaspiranten würde gut tun: "Das Leben eines Fußballers steht und fällt mit dem sportlichen Erfolg, dementsprechend geht es mir gerade sehr gut. Ich habe immer schon betont, dass ich ein Spieler bin, der sich wohl fühlen muss, um seine Topleistung zu zeigen. Bei Hannover stimmt da zurzeit vieles, dementsprechend läuft es auch. Ich habe es auch in dieser Woche hier zeigen können - gegen Moldawien waren es zwar nur zehn Minuten, aber auch da war ich dann da, als ich gebraucht wurde. Das spiegelt einfach so eine Situation wider."
Harniks Platz in diesem System?
Am Freitagabend draußen zu sitzen und der Kollegenschaft beim Vergeben diverser Chancen zuzusehen, war dennoch nicht die angenehmste Erfahrung: "Definitiv. Man möchte natürlich mitwirken. Wir alle haben den Anspruch und den Ehrgeiz zu spielen, und wenn es dann lange 0:0 steht, brennt man als Stürmer natürlich auf seinen Einsatz."
Wobei Harnik bezüglich Effizienz die schützende Hand über seine Mitspieler hält: "Also ich fand, dass vor allem in der ersten Halbzeit die Chancen im Grunde genommen nicht wirklich vergeben wurden, sondern einfach auch das nötige Glück gefehlt hat - beim Lattenschuss, beim Abseitstor oder es war immer ein Bein dazwischen. Es war ja keine Chance dabei, wo man sagt, die wurde kläglich vergeben. Deswegen war es ein sehr nervenaufreibendes Spiel."
Welche Position ihm eigentlich im 3-4-3-System am ehesten zusagen würde?
"Bei 96 habe ich eigentlich nur noch Stürmer gespielt, das aber in einem System mit zwei Stürmern. Im 3-4-3 war 'Burgi' mehr oder weniger Mittelstürmer, auf dieser Position fühle ich mich nicht hundertprozentig wohl. Da denke ich schon, dass die Einwechslung auf der rechten Seite mir noch am besten entgegenkam."
"Das System hat definitiv Zukunft"
Flexibilität ist ohnehin das Gebot der Stunde. "Ich finde, wir waren immer schon relativ flexibel, aber wir haben halt lange ein System gespielt, mit dem wir sehr erfolgreich waren. Wenn es erfolgreich ist, brauchen wir auch nicht viel ändern. Wir haben gegen Moldawien auf den Gegner reagiert und dieses System auch noch mal erfolgreich geprobt", betont Harnik.
Das System habe perfekt zum Gegner gepasst, weil "wir sehr viel Ballbesitz hatten und enge Räume bespielen mussten. Da hat es gut getan, dass wir mit David Alaba und Valentino Lazaro zwei Spieler hatten, die immer wieder nach vorne angeschoben haben - vor allem die linke Seite war wieder sehr stark und präsent. Das System hat definitiv Zukunft, aber es ist auch immer wieder ein gutes Zeichen, wenn wir flexibel bleiben, denn es kann sein, dass wir schon in Irland ein anderes System brauchen."
Vielleicht eines, in dem Harnik seine gute Form von Anfang an unter Beweis stellen darf.