Plötzlich ging alles ganz schnell.
Am Sonntag wurde Florian Grillitsch nachnominiert, am Dienstag debütierte er beim 1:1 gegen Finnland im Nationalteam - und das zur Zufriedenheit von Teamchef Marcel Koller.
Viel Zeit zum Überlegen blieb da nicht - "ein Vorteil", wie der Werder-Legionär bekundet: "Ich habe zwei Trainings mitgemacht, dann gleich das Spiel. Das ist alles ein bisschen sinnbildlich für meine bisherige Karriere. Es geht alles ziemlich schnell momentan."
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(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Das Debüt als Riesen-Erlebnis
Wenn der 21-Jährige die nächste Sprosse der Karriereleiter erklimmt, dann zumeist in einem gewissen Tempo - das war schon beim SV Werder Bremen so:
"Ich bin letzte Saison zu den Profis gekommen und habe direkt in der ersten Pokal-Runde mein erstes Spiel von Anfang an gemacht. Am Wochenende danach am ersten Bundesliga-Spieltag bin ich auch gleich eingewechselt worden. Jetzt bin ich kurzfristig beim Nationalteam dabei gewesen und habe auch gleich mein Länderspiel-Debüt feiern können. Ich freue mich riesig."
Der Moment, an dem er kurz vor Beginn der zweiten Halbzeit bei seiner Einwechslung die Spielfeldlinie am Innsbrucker Tivoli übertrat und sich ganz offiziell A-Nationalspieler nennen konnte, wird für den Niederösterreicher unvergessen bleiben: "Jeder kleine Junge, der einmal mit Fußball anfängt, träumt vom Nationalteam. Das war natürlich ein Riesen-Erlebnis für mich."
Dem Teamchef Argumente liefern
Wobei man das mit dem Tempo auch anders sehen könnte, zumindest von außen betrachtet. Grillitsch ist ein gutes Beispiel für den Fortschritt, den Österreich in Sachen Spieler-Qualität in den vergangenen Jahren gemacht hat.
Bereits in seiner ersten Saison in der deutschen Bundesliga etablierte er sich als Stammspieler - für die EURO war er jedoch kein Thema, auch die Öffentlichkeit forderte seine Nominierung nicht spürbar. Während der aktuellen Spielzeit fixierte er seinen Wechsel zu Champions-League-Aspirant Hoffenheim.
So lange ist es noch nicht her, dass ein Kandidat mit solch einem Lebenslauf wesentlich früher seine A-Team-Chance bekommen hätte. Grillitsch indes musste Geduld beweisen, fand sich meist "nur" auf der Abrufliste wieder. Bei Koller heißt es, zuerst im Verein längerfristig konstante Leistung zu bringen.
Ob seine ÖFB-Chance nicht trotzdem schon überfällig gewesen sei? Auf diese Diskussion möchte sich Grillitsch nicht einlassen: "Nein, das würde ich nicht sagen. Ich habe versucht, dass ich bei Werder meine Leistungen bringe und Argumente liefere, damit mich der Teamchef einberuft. Jetzt bin ich nachnominiert worden, ich wollte mich anbieten und dem Teamchef jetzt die Argumente liefern, dass er mich wieder einberuft. Ich hoffe, ich konnte einen bleibenden Eindruck hinterlassen."
"Ich bin eher ein spielstarker Sechser"
Denn ein einmaliges Erlebnis soll die ÖFB-Premiere natürlich nicht bleiben. In der Regel funktionierte es bei Koller in der Vergangenheit so: Wenn man die Chance bekam, in den Kader zu rücken, war es stets ratsam, nicht zu viel Anlaufzeit zu brauchen. Wer beim ersten Kennenlernen auf Anhieb zu überzeugen wusste, bekam zumeist weitere Gelegenheiten. Für andere wurde bezüglich Nationalteam-Abenteuer schnell einmal die Pause-Taste gedrückt.
Dies soll Grillitsch nicht passieren. "Ich hoffe, dass der Teamchef meine Spielart mag", sagt er im Wissen, dass er gewisse Vorzüge einbringen kann: "Ich bin eher ein spielstarker Sechser, der im Passspiel präzise ist."
Am Ende des Tages würde jedoch Koller entscheiden. Der Schweizer hatte in der jüngeren Vergangenheit gerade im zentralen Mittelfeld wenig Handlungsbedarf. Mit David Alaba und Julian Baumgartlinger waren zwei absolute Leader gesetzt, Stefan Ilsanker stand als treue und verlässliche Alternative zur Verfügung. Eher offensiv orientiert haben Zlatko Junuzovic und Alessandro Schöpf ihre Kaderplätze sicher.
Durch Ilsankers Sperre und die Option eines anderen Systems könnten aber auch im Mittelfeld-Zentrum im Hinblick auf das Irland-Spiel die Karten neu gemischt werden.
Junuzovic eine Hilfe
Grillitsch scheut jedenfalls nicht davor zurück, den Konkurrenzkampf aufzunehmen: "Du hast ja nicht nur beim Nationalteam Konkurrenz, das ist bei jedem Verein so. Das belebt auch das Ganze, jeder will seine Leistung bringen."
Dass er gegen Finnland mit Junuzovic einen aus dem Verein gewohnten Nebenmann hatte, war aber definitiv eine Hilfe: "Das war natürlich sehr schön. Zladdi an meiner Seite bin ich schon gewohnt, wir ergänzen uns ganz gut. Das hat ganz gut geklappt."
Und vielleicht schließt sich ja auch der Teamchef weiterhin dem Urteil von Junuzovic an, der über seinen Landsmann sagt: "Er hat einfach Qualität."
Konzentration auf den Klassenerhalt
Bevor sich im Sommer durch den Wechsel von Grillitsch die Wege des Duos zumindest auf Vereinsebene trennen, steht in Bremen noch eine Mission an.
"Jetzt heißt es mit Werder im Abstiegskampf die nötigen Punkte zu holen, damit wir am Ende der Saison über dem Strich stehen. Das ist jetzt einmal das primäre Ziel", betont der zukünftige Hoffenheimer.
Und vielleicht geht ja dann auch bei seinem zukünftigen Arbeitgeber alles ganz schnell.