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Die Happel-Absage: Kurzsichtige Stadt

Die Absage an einen Neubau ist ein Armutszeugnis für die Stadt Wien und für den ÖFB.

Die Happel-Absage: Kurzsichtige Stadt

Der Wiener Sportstadtrat Andreas Mailath-Pokorny erteilt dem Neubau eines Nationalstadions eine Absage. Maximal soll das Happel-Stadion saniert werden. Ein Armutszeugnis für die Stadt und auch ein bisschen für den ÖFB.

Es ist gar nicht lange her, da hat ÖFB-Präsident Leo Windtner verlautbart, er sei sehr guter Dinge für ein neues Nationalstadion in Österreich. Bevorzugt sei ein Neubau im Prater, am aktuellen Standort des Ernst-Happel-Stadions. Der Sportminister Hans-Peter Doskozil wäre da auch voll dahinter und die Gespräche mit der Stadt Wien würden sehr konstruktiv laufen. Also entweder hat der Präsident da etwas falsch verstanden oder man hat ihm bei diesen konstruktiven Gesprächen nicht den ganz reinen Wein eingeschenkt.

Der zuständige Sportstadtrat in Wien hat nämlich am Donnerstag in einem Interview mit der Tageszeitung "Der Standard" diesem Neubau eine Absage erteilt. "Wir müssen und wollen mit dem Happel-Stadion weitermachen", sagt Andreas Mailath-Pokorny. Man hätte ja ein Stadion und das sei darüber hinaus noch denkmalgeschützt. Dass im Ernst-Happel-Stadion in seinem derzeitigen Zustand keine europäischen Finalspiele mehr ausgetragen werden können, geschweige denn das Stadion kein Standort für die Euro 2020 sein konnte, wischt der Stadtrat vom Tisch. "Wenn es sinnvoll und finanzierbar ist, dann soll das Stadion umgebaut werden. Wenn die Studie ergibt, dass das zu teuer ist, wird man es nicht machen." Soll heißen: Theoretisch könnte die alte Schüssel auch bleiben wie sie ist.

"Es zeigt sich wieder einmal das wahre Gesicht der Politik hinsichtlich Stellenwert des Sports in diesem Land. Im Erfolgsfall auf der Ehrentribüne sitzen, wenn es darum geht diesen Erfolg nachhaltig zu unterstützen, ist keiner mehr zu sehen."

Diese Aussage von Mailath-Pokorny ist eine schallende Ohrfeige für alle regelmäßigen Besucher dieses Stadions und insbesondere für die Fans der Nationalmannschaft, dem Hauptbespieler der Arena. Sie ist außerdem ein Armutszeugnis für die Sportstadt Wien und sie ist an Kurzsichtigkeit nicht zu überbieten. Es zeigt sich wieder einmal das wahre Gesicht der Politik hinsichtlich Stellenwert des Sports in diesem Land. Im Erfolgsfall auf der Ehrentribüne sitzen, wenn es darum geht diesen Erfolg nachhaltig zu unterstützen, ist keiner mehr zu sehen. Außerdem gibt es mittlerweile unzählige Beispiele in ganz Europa, von den USA gar nicht zu reden, wie sehr sich eine neue, moderne Infrastruktur mittel- und langfristig rechnet. Und solche, wo man sieht, wie sehr der Sport als Ganzes leidet, wenn diese langsam verfällt. Als es durchaus relevante Unterstützung der Stadt für Rapid und die Austria bei ihren Stadionprojekten gegeben hat, glaubte man schon an einen Paradigmenwechsel. Bis zum Thema Nationalstadion hat der Mut dann nicht gereicht.

"Lieber Herr Mailath-Pokorny, das Kostenargument gilt hier nicht. Wenn es für die Hauptstadt eines der reichsten europäischen Länder nicht möglich ist, die Kohle für ein solches Stadion aufzustellen, dann sperren Sie den Laden bitte zu."

Schon im Zuge der Europameisterschaft hat es die Stadt Wien verpasst, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und einen Neubau in den Prater zu stellen. Jetzt, wo man die Euphorie rund um die Euro 2016 nutzen hätte können und ein solches Projekt auch dem Wähler schmackhaft gemacht werden könnte, lässt man die nächste Chance sausen. Abgesehen von sportlichen Themen könnte man durch einen architektonisch mutigen Bau auch Imagepflege betreiben, von der vielseitigen Nutzbarkeit einer Multifunktionsarena gar nicht erst zu reden. Und lieber Herr Mailath-Pokorny, das Kostenargument gilt hier nicht. Wenn es für die Hauptstadt eines der reichsten europäischen Länder nicht möglich ist, die Kohle für ein solches Stadion aufzustellen, dann sperren Sie den Laden bitte zu. Das ist einzig und allein eine Frage des Nicht-Wollens, keine des Nicht-Könnens. Es gilt hier, diese, meiner Meinung nach voreilige, Absage an einen Neubau noch einmal zu überdenken. Hier ist auch der ÖFB gefragt, weiter Druck zu machen. Und wenn der Sportminister, selbes politisches Couleur wie Mailath-Pokorny, so sehr hinter der Idee steht wie Herr Windtner betont hat, kann doch nicht das letzte Wort von einem Stadtpolitiker gesprochen werden, oder? Aber offenbar sind die beiden Wiener Klubs in Fragen des Netzwerkens mit Politik und Wirtschaft besser aufgestellt als der Fußballdachverband.

Jürgen Pucher war Gründungsmitglied der Plattform „Sturm12.at“ und hat dort über Jahre hinweg mit seiner Kolumne „12 Meter“ die Diskussionen rund um den Grazer Verein und den österreichischen Fußball extrem bereichert. Nun beschäftigt er sich als Betreiber der Podcast-Plattform "blackfm.at" mit den Geschehnissen bei den Schwarz-Weißen. Bei LAOLA1 verfasst er in regelmäßigen Abständen Gastkommentare zum Geschehen im heimischen Kick.

Kontakt: blackfm1909@gmail.com

VIDEO: Die Stadionfrage - ÖFB-Präsident Windtner klang vor kurzem noch zuversichtlich:

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