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Maserati: Fangio-Erbe strahlt in rot-weiß-rot

Max Günther trat in die Fußstapfen der Motorsport-Ikone. Dennoch fliegt er hierzulande unter dem Radar. Warum das so ist und was die Formel E der F1 voraus hat.

Maserati: Fangio-Erbe strahlt in rot-weiß-rot Foto: © GEPA/getty

Maserati - beim Namen dieses Fahrzeugbauers werden Fans hellhörig. Die Marke steht für Luxus, Speed, elegant-sportliche Linien und bisweilen auch für Racing.

Seit rund einem Jahr tritt vor allem Letzteres wieder verstärkt in den Lichtkegel der öffentlichen Wahrnehmung.

Denn die Kultmarke kehrte nach einer Ewigkeit wieder in den Monoposto-Motorsport zurück. Allerdings nicht in der Formel 1, wo man in den 50ern große Erfolge feierte, sondern in der aufstrebenden Formel E.

Es sollte dort nach einem holprigen Saisonstart am Ende ein passables Debütjahr für die italienische Luxusmarke werden. Zu Buche stehen unter dem Strich WM-Rang sechs und ein Rennsieg.

Erfolge mit rot-weiß-rotem Anstrich

Das Gros dieser Leistung geht auf das Konto eines Mannes mit österreichischem Pass: Maximilian Günther. Der Papa Deutscher, die Mama Österreicherin und vor allem das Racing im Blut.

Er ist letztlich ihm zu verdanken, dass Maserati im Juni über den ersten Sieg im Motorsport seit 66 Jahren jubeln durfte. Da gewann Günther den E-Prix in Jakarta und stellte sich damit in eine Reihe mit der Legende schlechthin: Juan Manuel Fangio.

Der Argentinier war der bis dahin letzte Rennsieger in einem Maserati-Boliden, als er am 4. August 1957 beim Grand Prix von Deutschland auf dem Nürburgring gewann.

Sein Nachfolger als Maserati-Rennsieger führte den Rennstall in der abgelaufenen Saison fast im Alleingang auf Rang sechs der Team-WM. Von den 140 Zählern holte Günther 101, Teamkollege Edoardo Mortara nur 39.

Als Draufgabe gab’s für Günther ein Podium bei Maseratis Hitze-Heimrennen im Juli in Rom. Dort nahm sich Günther Zeit für ein Gespräch mit LAOLA1.

Schwerer Stand in Günthers zweitem Heimatland

Die Elektro-Serie konnte in Österreich noch nicht so richtig Fuß fassen, obwohl der Anteil an neu zugelassenen Elektrofahrzeugen in der Alpenrepublik (plus 44 Prozent im Jahr 2022) deutlich höher ist als in den meisten anderen Ländern Europas. Es lässt sich also nicht behaupten, dass die Technologie für Herr und Frau Österreicher nicht interessant genug ist.

Die Rennen werden zudem vom ORF übertragen, über die Qualität darf und soll freilich diskutiert werden. Beim heimischen TV wirkt alles ein wenig wie eine lästige Pflicht und daher oftmals halbherzig.

Heimische Seher wechseln daher gerne zu ProSieben, wo bei "Ran" eine Vor- und Nachberichterstattung geboten wird, zudem ist man bei den Deutschen meist mit einem Team vor Ort - was natürlich auch eine Geldfrage ist. Dies vom ORF zu verlangen, wäre auch vermessen. Dennoch: Da ist mehr drinnen, so wird man die kommende Generation Motorsportfans nicht von der Elektroserie begeistern können.

In der zweiten Saisonhälfte gab's für Max Günther jede Menge Grund zur Freude.
Foto: © GEPA

Dabei hat die Formel E viel zu bieten, wie Günther erklärt: "Ich glaube, das Tolle in der Formel E ist, dass wir mit den neuesten Technologien von Elektrofahrzeugen Motorsport auf allerhöchstem Niveau betreiben", so der Deutsch-Österreicher.

Der daran erinnert, dass dies ja seit jeher das eigentliche Ziel des Motorsports ist: Technologien (weiter) zu entwickeln, "die relevant für die Straße und somit uns alle sind. Und dieser Technologietransfer ist hier gegeben", betont Günther.

Enger, enger, Formel E

Doch auch sportlich hat die Serie einiges zu bieten. Die Rennen sind in den allermeisten Fällen bis zur Ziellinie spannend, der Sieg entscheidet sich regelmäßig erst auf den letzten Metern. Vor allem das einzigartige Qualifying-Format bietet mit den K.O.-Duellen zwischen jeweils zwei Fahrern bisher nie Dagewesenes im Motorsport.

"Die Rennen sind durch das Energiemanagement super spannend", hebt Günther einen weiteren Aspekt hervor.

Und vor allem: "Der WM-Kampf ist bis zum Schluss mit drei, vier Fahrern offen. Das würden sich in der Formel 1 wohl einige wünschen", spielt er auf die seit Ewigkeiten bestehende Dominanz von Einzelnen an. Zunächst stellte dort Sebastian Vettel alle in den Schatten, danach folgte Lewis Hamilton und in den letzten Jahren setzt Max Verstappen neue Maßstäbe. Nicht ganz zu Unrecht sprechen F1-Fans gerne überspitzt von der "Formel Fad".

"Der WM-Kampf ist bis zum Schluss mit drei, vier Fahrern offen. Das würden sich in der Formel 1 wohl einige wünschen."

Günther erklärt, wo die Formel E gegenüber der "Königsklasse" ihre Vorzüge hat.

Hier läge eine Menge Potenzial, um zukünftige Motorsportfans von der Formel E zu begeistern. Dies passiert bereits vielerorts, in Österreich herrscht noch Aufholbedarf und auch die Organisation selbst muss sich Kritik gefallen lassen.

So stehen immer wieder Entscheidungen der Jury um Renndirektor Scott Elkins in der Kritik, weil diese inhaltlich oder aufgrund mangelnder Transparenz für viele Fans nicht nachvollziehbar sind. Auch das Reglement hält manchen ab, sich auf die Serie einzulassen. Dieses ist zwar grundsätzlich einigermaßen klug ausbalanciert, aber für den gemeinen Zuseher oftmals zu kompliziert.

Kein Wiener Walzer mit der Elektroserie

Vor einigen Jahren war auch ein Rennen in Wien im Gespräch, daraus wurde aber schließlich nichts. Max Günther würde sich ein zweites Heimrennen neben Berlin allerdings sehnlichst wünschen. Im Vorjahr meinte er, gefragt nach einer Wunschdestination für einen neuen Austragungsort ganz klar: "Wien!"

Der 26-Jährige betont:"Meine Mama kommt ja aus Österreich, ich bin sehr stolz, halber Österreicher zu sein und habe früher viel Zeit hier verbracht. Es wäre toll, wenn es in Österreich mehr Fans gäbe." Ein Wien-Rennen wäre da natürlich ein unschätzbarer Multiplikator.

Ein Formel-E-Rennen im Schatten der Gloriette bleibt für Günther vorerst ein Traum.
Foto: © GEPA

Es wäre "genial", ein Wien-Rennen - etwa vor der Kulisse Schönbrunns - zu haben, wie Günther meint. "Weil es eine Hammer-Stadt ist und ein toller Austragungsort. Hoffentlich in Zukunft", so der gebürtige Oberstdorfer. Wobei auch er selbst freilich helfen könnte: Ein WM-Titel für den vierfachen Rennsieger würde dem Standing der Formel E in der Alpenrepublik ebenfalls einen deutlichen Schub verleihen.

Formel E & Formel 1: (K)ein Vergleich

Dennoch sollte man die Formel E nicht zu sehr mit klassischem Motorsport vergleichen. Denn die Formel E ist individuell und anders, hat auch gar nicht den Anspruch "klassisch" zu sein, sondern mit ihrem Angebot vielmehr eine neue Facette einzubringen.

Das Ziel der Organisation ist es, Menschen zu unterhalten und dabei nachhaltig zu sein. Zweiteres gelingt deutlich besser als in allen anderen Motorsportarten, aber nicht so gut, wie es die Formel E selbst gerne darstellt.

Man wirbt zwar mit der berühmten "Netto-Null", ganz zutreffend ist dies aber wohl nicht. Ein Drittel des Energiebedarfs wird noch immer durch fossile Brennstoffe gedeckt und durch Klimaprojekte ausgeglichen. Dabei werden beispielsweise Mangrovenbäume in Indonesien gepflanzt, ein Teil davon fällt aber regelmäßig dem Monsun zum Opfer, wird aber nicht mehr nachträglich aus der Klimabilanz herausgerechnet.

Hier könnt ihr den Nachhaltigkeitsbericht der Serie nachlesen>>>

Hinsichtlich Unterhaltung schlägt sich die Formel E seit Jahren durchaus gut. Es gibt, auch aufgrund der Einheitlichkeits-Regelungen hinsichtlich der Fahrzeuge (mehr Infos>>>), keine Dauerdominatoren und Seriensieger. Kaum ein Pilot, der mehr als drei oder vier Siege in einer Saison feiert.

Die Formel E ist kein klassischer Motorsport und sollte aus Fan-Sicht auch nicht mit der Formel 1 verglichen werden. Denn tut man das, werden keiner der beiden Seiten so schnell die "Ja, aber"-Argumente ausgehen und man diskutiert aneinander vorbei.

Für Antonio Giovinazzi wurde der Wechsel von der F1 in die Elektroserie zum Fehlschlag.
Foto: © getty

Günther: "Anderes Anforderungsprofil" an die Fahrer als in der F1

Auch die Verantwortlichen in beiden Serien sehen hier vielmehr den Weg der erfolgreichen Koexistenz, denn der fortlaufenden Konkurrenz. "Wenn man sich das Fahrerfeld ansieht, sind beide Rennserien hochkarätig", betont Max Günther.

"Das Anforderungsprofil (in der Formel E, Anm.) ist aber ein bisschen anders", erklärt der 26-Jährige. Dies betrifft vor allem das Energiemanagement, welches in der Formel 1 so nicht existiert. Die Fahrer müssen stets darauf achten, durch das Nutzen von Windschatten, Lift & Coast sowie Rekuperation (Energierückgewinnung durch Rückwärtsdrehen des Motors) mit der Energie hauszuhalten.

Wie herausfordernd der Umstieg ist, zeigte nicht zuletzt das Beispiel von Antonio Giovinazzzi. Der Italiener wechselte 2021 aus der Formel 1 (Alfa Romeo) in die Formel E zu Nachzügler Dragon. Dort hatte er gegenüber Teamkollege Sergio Sette Camara (BRA) deutlich das Nachsehen, als ihm regelmäßig die Energie ausging und er ins Ziel kullerte oder Rennen aufgeben musste.

Aber auch andere Komponenten spielen eine wichtige Rolle, wie Günther erklärt. "In der Formel 1 hast du extrem viel Downforce, extrem viel Grip von den Reifen und die Kurvengeschwindigkeiten sind einfach richtig hoch. Bei uns ist es so, dass wir durch das Elektroauto eine unglaublich starke Beschleunigung haben. Aber das Konzept ist anders", führt er aus.

"Ich bin der Meinung, dass ein guter Formel-E-Fahrer auch ein guter Formel-1-Fahrer ist und umgekehrt. Aber du musst dich jeweils anpassen und im Endeffekt sind es zwei paar Schuhe."

Maximilian Günther

Einheitsreifen als "Alleskönner"

"Bei uns geht es ja um das Thema Nachhaltigkeit und Effizienz. Deshalb haben wir eigentlich so gut wie gar keine Downforce und auch weniger Grip von den Reifen", schildert der Austro-Beitrag zur Elektroserie. Denn dort nutzt man Einheitsreifen von Hankook. Dieser sei "ein Alleskönner, der bei allen Bedingungen funktionieren muss", wie Hankook-Manager Manfred Sandbichler bei "e-formel.de" erklärt.

"Es sollte ein profilierter Reifen werden, wodurch sich das Gripverhalten komplett ändert. Dann kam noch die Mammutaufgabe hinzu, den Reifen im Regen fahrbar zu machen. Die Messlatte für den Nassgrip wurde dabei so gelegt, dass auch in den letzten zehn Rennminuten noch so viel Grip drauf ist, dass die Autos bei einem Wolkenbruch nicht aufschwimmen", erklärt Sandbichler die Anforderungen, die von der Formel E im Vorfeld gestellt wurden.

Wie 2022 in New York, als es zu einem schweren Massencrash kam:

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

Aus den genannten Gründen sei es als Fahrer in der Formel E "immer eine Gratwanderung und du bist immer auf der Rasierklinge unterwegs", wie Günther festhält. "Ich bin der Meinung, dass ein guter Formel-E-Fahrer auch ein guter Formel-1-Fahrer ist und umgekehrt. Aber du musst dich jeweils anpassen und im Endeffekt sind es zwei paar Schuhe", weiß der Maserati-Pilot.

Der Vorteil gegenüber der Formel 1 aus seiner Sicht: "Dafür kannst du als Fahrer halt mehr Unterschied machen, was cool ist. Das ganze Feld ist viel enger zusammen."

Wo liegt Günthers Zukunft?

Bereits im Oktober starten die Testfahrten für die Jubiläumssaison der Elektroserie. Denn dann wird es zehn Jahre her sein, dass es in einem Formel-E-Rennen erstmals hieß: "And we go green".

Traditionell werden die Tests wieder in Valencia abgehalten. In Spanien wird auch Max Günther wieder im knallblauen Maserati-Overall zu sehen sein.

Sein Vertrag bei den Italienern wurde verlängert, allerdings bekommt er einen neuen Teamkollegen zur Seite gestellt: Jehan Daruvala. Der Gesamt-Siebente der abgelaufenen Formel-2-Saison ersetzt Edo Mortara, der künftig für Mahindra an den Start gehen wird.

In den Wochen zuvor gab es Gerüchte, wonach Günther durch den in der F1 bei Alpha Tauri geschassten Formel-E-Weltmeister 2021, Nyck de Vries, ersetzt werden könnte. Der Niederländer unterschrieb aber wie Mortara bei Mahindra.  

Und Günther? Der ist nach Mortaras Abgang nun der Teamleader und will seinen Aufwärtstrend mit dem "Dreizack" fortsetzen.

Damit stehen die Chancen gut, dass er seinen Fans in Österreich auch in der Jubiläumssaison der Formel E mit Top-Ergebnissen Freude bereiten kann.


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