Bis wenige Minuten vor Ende des Qualifyings für den Grand Prix von Australien (Sonntag, ab 7:10 Uhr im LIVE-Ticker) sah es tatsächlich nach einem engen Kampf um die Pole Position aus.
61 Tausendstel lagen vor den entscheidenden Runden der Top-Fahrer zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen auf Platz drei, doch dann machte der Weltmeister ernst und fuhr Ferrari und Red Bull in Grund und Boden.
0,664 Sekunden lagen am Ende der Quali zwischen Hamilton und dem Rest der Welt - eine kleine Ewigkeit in der Formel 1 auf einer Runde.
Dass Mercedes im Qualifying unter normalen Bedingungen nur schwer zu schlagen sein wird, war zu erahnen, eine derartige Dominanz setzt Ferrari und Red Bull aber unter Schock.
Haben die Silberpfeile erst vor dem letzten Abschnitt den berühmten Qualifying-Modus in ihrem Auto aktiviert, der zusätzliche Power bringt?
Nein, sagt Hamilton.
Rosberg sicher: "Das war der Lewis-Faktor"
"Es gibt keinen extra Knopf. Ich bin ab dem Q2 bis zum Q3 den gleichen Modus gefahren. Es ging eher darum, die Reifen auf die richtigen Temperaturen zu bringen und die Sektoren zu erwischen", erklärt der Brite.
Dass es keinen "Party Modus" gibt, stimmt aber nicht. "Den gibt es und wir haben ihn in Q3 aktiviert. Aber von seiner ersten zur zweiten Runde dort war kein Unterschied. Er hat einfach alles zusammenbekommen", klärt Motorsportchef-Toto Wolff auf.
"Beim zweiten Run hatte er die besten Reifen und das beste Auto - da kommt der Abstand her", erklärt Aufsichtsrats-Chef Niki Lauda. Tatsächlich fiel auf, dass der Mercedes vor dem entscheidenden Run des Weltmeisters unruhiger auf der Strecke lag. Als es drauf ankam, war das Fahrverhalten des W09 perfekt.
Und Hamilton auch. Ex-Teamkollege und Neo-RTL-Experte Nico Rosberg meint: "Das war der Lewis-Faktor. Das war die Perfektion, Lewis in seiner Bestform." Alle wollen das aber nicht glauben.
Hamilton stichelt gegen Vettel
"Was hast du denn vorher gemacht?", fragt Sebastian Vettel den Pole-Setter in der Pressekonferenz nach dem Qualifying. Hamiltons Antwort mit breitem Grinsen: "Ich habe darauf gewartet, eine gute Runde zu fahren - damit dir dein Lächeln vergeht." Das hat gesessen!
Vettel kontert: "Alles kommt irgendwann zurück. Aber wir sind schließlich hier, um Spaß zu haben. Wenn er das am Samstag so genießt, macht er das ganz gut."
"Das war ja nur ein Scherz", versucht Hamilton seinen Rivalen zu beruhigen. Vettel ist nicht zu Späßen aufgelegt: "Ich weiß, er hat heute Abend frei zum Party machen, hoffentlich können Kimi und ich morgen eine Party schmeißen."
Vettel glaubt Hamilton nicht
Dabei muss der Deutsche aber aufpassen, dass sein Teamkollege am Sonntag nicht mehr zu feiern hat als er. Am Samstag war der "Iceman" der schnellere der beiden Ferrari-Piloten und startet daher als Zweiter.
Vettel erklärt das mit einem Fehler in seiner finalen Runde: "In Kurve 13 ist mir ein kleines Malheur passiert - da habe ich extrem spät gebremst. Für ganz vorne hätte es aber nicht gereicht."
Dass auf Mercedes derart viel fehlt, überrascht den vierfachen Weltmeister. Er will aber nicht glauben, dass Hamilton in Q3 keinen Extra-Boost bekam: "Dann hätte er mit Sicherheit den größten Teil des Qualifyings verschlafen."
Der Glaube an einen Sieg zum Auftakt wie im Vorjahr ist bei Ferrari also intakt. "Das Tempo auf den Longruns war dicht beisammen. In den vergangenen vier Jahren waren alle im Rennen immer näher an Mercedes dran", sagt Vettel.
Ricciardo lässt Frust freien Lauf
Auch Red Bull muss die Mercedes-Dominanz erst einmal verdauen. "Es ist frustrierend. Ich habe das satt. Ich glaube, jeder will sehen, dass Mercedes mehr gefordert wird. Das war also ein Schlag in die Magengrube", meint Daniel Ricciardo, der nach seiner Strafe am Freitag als Achter starten wird.
"Es ist frustrierend. Ich habe das satt. Ich glaube, jeder will sehen, dass Mercedes mehr gefordert wird. Das war also ein Schlag in die Magengrube."
"Es ist so, als ob Mercedes allen anderen einen Kuchen ins Gesicht geworfen hätte. Ich weiß, für sie ist es schön, aber für alle anderen ist es beschissen", lässt der Australier seinem Frust freien Lauf.
Der Optimismus auf eine Trendwende am Sonntag hält sich in Grenzen: "Hoffentlich können wir aufholen und Mercedes hat nicht auch diese Power. Der Modus ist schon ein bisschen beängstigend."
Die größeren Red-Bull-Hoffnungen am Sonntag ruhen auf Max Verstappen, der als Vierter hinter den beiden Ferraris ins Rennen gehen wird.
Im Gegensatz zu den Piloten vor ihm wird der Niederländer, wie Ricciardo, das Rennen auf Supersofts beginnen, da beide Red-Bull-Piloten ihre schnellste Zeit in Q2 damit fuhren, während Silber und Rot auf Ultrasofts setzten.
"Mit der richtigen Strategie können wir im Rennen mitkämpfen. Ob es auch für Mercedes reicht, weiß ich nicht, aber mit Ferrari auf jeden Fall. Durch unsere Reifenwahl wollen wir länger fahren können. Wenn wir uns am Start also keinen Ärger einhandeln, können wir ein starkes Rennen haben", glaubt Verstappen an seine Chance.