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Der König will zurück auf seinen Thron

Robert Weber winkt in der deutschen Bundesliga ein Aufstieg in einen erlesenen Kreis.

Der König will zurück auf seinen Thron

Tore erzielen können viele.

Doch sich die Führung in der Torschützenliste ZWISCHEN den Spieltagen zu holen, grenzt schon fast an Kunst.

Robert Weber ist das vor dem letzten Spieltag der deutschen Handball-Bundesliga gelungen. Jedoch war im Falle des Vorarlbergers weniger irgendeine Kunst, als vielmehr eine technische Panne schuld. Die statistische Erfassung hatte dem 30-Jährigen nämlich im Match gegen Flensburg vor wenigen Wochen vier Tore unterschlagen, die ihm am Donnerstag nachgereicht wurden.

Damit führt der ÖHB-Nationalspieler vor dem abschließenden Heimspiel seines SC Magdeburg am Sonntag gegen Gummersbach mit 219 Toren vor Petar Nenadic (218), der mit Berlin zeitgleich bei Nachzügler Balingen ran muss.



Dabei könnte Weber sogar mit zwei Toren führen. Denn laut Magdeburger Recherchen wurde beim Auswärtsspiel im Mai Berlin eines seiner insgesamt zwölf Tore fälschlicherweise einem Teamkollegen gutgeschrieben. Da der Spielbericht jedoch schon unterschrieben wurde, sei da nichts mehr zu machen.

Schon abgeschrieben

Weber winkt ein Eintrag in die Geschichtsbücher der deutschen Elite-Liga. Denn bisher gelang es erst vier Spielern, den Torschützen-Titel zu verteidigen.

Der Letzte, der dieses Kunststück vollbrachte, war Yoon Kyung-shin und das liegt mit 14 Jahren bereits eine ganze Weile zurück. Der Südkoreaner setzte in Sachen Bundesliga-Tore Maßstäbe: Im Dress von Gummersbach holte er die Krone sieben Mal, darunter auch der Allzeit-Rekord 2000/01 mit 324 Toren.


Dabei ist Weber gar nicht im Titelverteidigungs-Modus. Das mit den vier gutgeschriebenen Treffern habe der Ex-Harder nur eher beiläufig mitbekommen. „Natürlich wäre eine Titelverteidigung etwas Besonderes, weil das nicht viele geschafft haben, aber ich sehe das Rennen mit Nenadic nicht so eng, weil ich ehrlich gesagt nicht mehr damit gerechnet habe“, gibt Weber im Gespräch mit LAOLA1 zu.

Denn vor einigen Wochen deutete nicht mehr viel darauf hin, dass Weber um die Vergabe der Krone noch ein Wörtchen mitreden könnte. Zu groß war der Abstand zur Spitze schon geworden. Doch dann setzte der trickreiche Linkshänder zu einem unglaublichen Höhenflug an. „Ich habe praktisch reihenweise zwölf oder 13 Tore pro Partie erzielt.“

"Wenn ich nur den Torjäger-Titel im Kopf habe, ergeht es mir so wie vor ein paar Jahren."

Robert Weber

Ein Highlight darunter war etwa das 33:31 vor einer Woche in Lemgo, als Weber zwölf Mal auf das gegnerische Tor feuerte und der Ball auch zwölf Mal im Netz zappelte. 100 Prozent Wurfquote! Für Statistik-Liebhaber Weber ein Wert zum Zungeschnalzen.

Funfact: Holt Weber neuerlich die Torjägerkrone, stellt Österreich in diesem Jahrtausend dreimal so viele Bundesliga-Torschützenkönige wie Deutschland selbst. Konkret 3:1 - zweimal Weber und einmal Conny Wilczynski (2008) stehen einmal DHB-Kapitän Uwe Gensheimer (2012) gegenüber.

Jäger und Gejagte

Mitverantwortlich für Webers Lauf der letzten Wochen war der notwendige Fokus. Und genau die gilt es, nicht durch ein Nachlaufen irgendwelcher Treffer-Zahlen zu gefährden. „Wenn ich nur den Torjäger-Titel im Kopf habe, ergeht es mir so wie vor ein paar Jahren“, spielt er auf 2010/11 an, als er sich unter der Saison bereits einen komfortablen Vorsprung erarbeitet hatte. Am allerletzten Spieltag wurde er aber noch vom Dänen Anders Eggert abgefangen.

„Der hat zu Saisonende einen ähnlichen Lauf geschoben wie ich jetzt“, spricht er von umgekehrten Vorzeichen.

Zumal Weber als Flügelspieler ohnehin nichts erzwingen könne. „Es klingt vielleicht blöd, aber als Rückraumspieler wie Nenadic kannst du im Prinzip draufbolzen, wann immer du willst. Aber als Flügel bekommst du halt nicht so viele Gelegenheiten oder bist auch abhängig von der Zahl der Siebenmeter.“ Darum wolle er gegen Gummersbach lediglich versuchen, einen schönen Saisonabschluss zu feiern.

Unterschrift in der Sommerpause

In der Liga blieb Weber heuer von Verletzungen beinahe verschont. Eine Fersenprellung rund um den Jahreswechsel setzte ihn für das Nationalteam außer Gefecht und einen Muskelfaserriss im Februar übertauchte er einfach und spielte trotzdem.

Der SC Magdeburg holte heuer mit DHB-Pokal seinen ersten Titel seit 2007

„Mit guter Therapie und dem notwendigen bisschen Geisteskrankheit geht das schon“, grinst der sprintstarke Tempogegenstoß-Spezialist.

Wie lange er noch im Magdeburger Dress zu sehen ist, soll sich schon bald weisen. Der Vertrag des Jung-Vaters läuft zwar noch ein Jahr, eine erste Verhandlungsrunde zwecks einer Verlängerung verlief jedoch im Sand. Nun wurden die Gespräche wieder aufgenommen. „Sowie auch mit anderen Klubs“, ergänzt Weber. „Bevor die Vorbereitung auf die neue Saison losgeht, möchte ich schon wo unterschrieben haben. Ich will das nicht mit in die neue Saison nehmen müssen.“

Szilagyi sollte auf alles vorbereitet sein

Nach dem Saisonabschluss gegen Gummersbach rückt Weber beim Lehrgang des ÖHB-Nationalteams nahe Wien ein. Dort holt sich die Truppe von Teamchef Patti Johannesson den letzten Schliff für die WM-Quali-Playoffspiele gegen Dänemark am 12. Juni in Odense und drei Tage später in der Wiener Albert Schultz Halle.

Da sich zuletzt auch noch die beiden Hermann-Brüder verletzten – Max ist mit Gesichtsfrakturen out, Alex mit einer Sprunggelenks-Blessur fraglich – ist die Ausgangslage gegen den zweifachen Europameister alles andere als rosig.

„Gut, Dänemark ist sowieso der haushohe Favorit. Und ich kenne solche Situationen vom Klub, da haben wir auch mit einer Rumpftruppe Kiel überraschend geschlagen“, sagt Weber. Allerdings räumt er ein, dass bei Hin- UND Rückspiel die Chancen auf eine Sensation dann doch geringer sind.

Aufgrund von Viktors Szilagyis Abschiedsspiel erwartet er ohnehin ein sehr emotionales Match. Was die Mannschaft mit ihrem Kapitän anstellen wird, wisse er noch nicht, „aber da fällt uns bestimmt noch etwas ein“, schmunzelt Szilagyis Zimmer-Kollege vielsagend.

 

Reinhold Pühringer


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