Obwohl es im sechsten Anlauf der erste Sieg über Novak Djokovic war, wog die Tatsache, zum zweiten Mal in Folge das Halbfinale der French Open erreicht zu haben, für Dominic Thiem höher.
"Im Vordergrund war sicher die Freude, dass ich zum zweiten Mal in Folge hier das Semifinale erreicht habe. Ich hätte mich nicht weniger gefreut, wenn es gegen irgendjemand anderen gewesen wäre", erklärt der Niederösterreicher nach seinem Sensations-Sieg im großen Interviewraum des Stadions Philipp Chatrier.
"Aber es ist ein sehr nettes Nebengeräusch. Er war der letzte absolute Topspieler, den ich noch nicht geschlagen habe, das hat sich jetzt geändert."
Erster Major-Sieg über Top-Ten-Spieler
Der größte Sieg seiner Karriere war es aber dennoch auch wegen des Schauplatzes und der Turnierphase. "Das war definitiv mein größter Sieg, weil es war der erste über einen Top-Ten-Spieler bei einem Grand Slam. Das ist natürlich ein großer Unterschied, weil es auf 'best of five' geht. Und es war ein Viertelfinale", meinte der Lichtenwörther.
Der Sieg sorgt auch in den sozialen Medien weltweit für Aufsehen, schließlich hat Thiem auf großer Bühne den Titelverteidiger aus dem Turnier genommen. "A new star is born" war da zu lesen: "Damit kann ich nicht viel anfangen", meinte der bescheidene Thiem lächelnd.
Thiem wehrt zwei Satzbälle ab
Auch Thiem sah natürlich den ersten Satz, aber auch die guten Starts in die Sätze zwei und drei als Schlüssel für seinen ersten Erfolg über Djokovic im sechsten Anlauf. Vor den beiden Satzbällen bei 5:4 im ersten Satz für den Serben sei ihm einiges durch den Kopf gegangen.
"Da laufen sehr viele Szenarien ab im Kopf, auch was passiert, wenn man den Satz jetzt verliert. Aber es waren sicher einige Schlüsselmomente in dem Match. Das war einer davon und dann das lange, bisserl komische Tiebreak und Starts jeweils im zweiten und dritten Satz."
So richtig geglaubt habe er erst bei 3:0, 4:0 im dritten Satz, dass es tatsächlich klappen wird. "Da merkt man dann ein bisserl, dass er nicht mehr auf seinem Toplevel spielt. Aber gerade gegen solche Leute ist das halt so gefährlich, wenn man selbst nur ein bisserl nachlässt. Dann steht es sehr schnell wieder 4:4."
Darum war Thiem besonders zufrieden, wie er trotz des Spielstands unbeirrt weitergespielt hat. "Ich habe es von Anfang bis zum Ende, obwohl ich klar vorne war, gut durchgespielt."
Djokovic erteilte er damit eine historische "Watsch'n".
Thiem: "Ein Witz, wie schwer es ist"
Eine Frage durfte freilich nicht fehlen: Fühlt sich Dominic Thiem bereit, auch erstmals einen Grand-Slam-Titel zu holen? "Das ist eine harte Frage. Bisher habe ich im Match nach einem Sieg über einen Topspieler immer viel schlechter gespielt. Also ich hoffe, dass ich das verbessern kann", erklärte Thiem.
Dennoch ist der Weg zum zweiten Major-Einzel-Titel eines Österreichers nach Thomas Muster 1995 noch ein sehr weiter. "Es ist ein Witz, wie schwer es ist, einen Slam zu gewinnen. Jetzt habe ich Novak geschlagen, am Freitag ist es Nadal und im Finale wartet noch ein Topstar. Deswegen ist es so schwer einen Slam zu gewinnen."
"Sehe mich auf jeden Fall als Außenseiter"
Nun wird Thiem am Freitag endlich auf dem größten Court Philippe Chatrier spielen, wo er erst einmal - 2014 ebenfalls gegen Nadal - gespielt hat. Obwohl Thiem der einzige Spieler in diesem Jahr ist, der Nadal auf Sand geschlagen hat, sieht er sich nicht als Favoriten.
"Nein, ich sehe mich auf jeden Fall als Außenseiter. Das Match in Rom war sehr gut natürlich, aber ich habe dort ein bisserl über dem Limit gespielt und das wird so schnell kein zweites Mal aufgehen", glaubt Thiem.
"Ich denke nicht, dass ich jetzt vor allem über drei Sätze jede Rückhand wegnageln kann. Es wird sicher anders als in Rom."