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"Es kommt mir vor wie zwei Leben": Die Wandlung der Lara Gut

Zum zweiten Mal nach 2015/16 gewinnt Lara Gut-Behrami den Gesamtweltcup. In den acht Jahren hat sie sich gewandelt, als Skifahrerin und vor allem als Mensch.

Foto: © GEPA

Lara Gut-Behrami ist das, was sie immer sein wollte: Eine der besten Skifahrerinnen der Gegenwart.

Acht Jahre nach ihrem ersten Gesamtweltcupsieg 2015/16 fixierte die Schweizerin am Sonntag beim Weltcup-Finale in Saalbach-Hinterglemm neben ihrer ersten Riesentorlauf-Kugel auch ihre zweite große Kristallkugel.

Mit knapp 33 Jahren fährt Gut-Behrami so stark wie noch nie. In Abfahrt und Super-G könnte sie zum Saison-Abschluss noch zwei weitere Kugeln einheimsen.

In den acht Jahren zwischen ihren beiden Gesamtweltcup-Siegen ist viel passiert. Lara Gut-Behrami hat sich gewandelt, als Skifahrerin und vor allem als Mensch.

"Ich hatte das Gefühl, dass ich nichts wert bin, wenn ich nicht gewinne"

Im Dezember 2007 gab Gut in Lienz im zarten Alter von 16 Jahren ihr Debüt im Weltcup. Die Schweizerin galt als Wunderkind, wurde diesem Ruf auch bald gerecht.

Bei ihrer ersten WM räumte sie mit 17 Jahren zwei Silbermedaillen ab. Schon bald war sie in einem Privatteam unterwegs.

Im Leben der Tessinerin war lange Zeit alles auf den Sport und Erfolg ausgerichtet.

"Ich wollte schnell Skifahren, das war das Wichtigste. Ich kannte nichts anderes. Und wenn ich gewann, dachte ich, dass ich tags darauf wieder liefern muss, es jedes Mal beweisen muss. Ich hatte das Gefühl, dass ich nichts wert bin, wenn ich nicht gewinne", sagt Gut-Behrami am Sonntag in Saalbach.

Rückblickend meint die heute 32-Jährige: "Mir hat damals die Ruhe gefehlt, um mich als Persönlichkeit zu entwickeln."

"Irgendwann habe ich den Sinn verloren"

Gut-Behrami eckte in der Vergangenheit oft mit dem Schweizer Verband und den Medien an, die sie eiskalt abblitzen ließ, wenn sie keine Lust auf Fragen hatte. Andererseits sagte die Allrounderin nicht selten offen, was sie denkt.

"Es war dann schwierig gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien. Ich wollte mich beschützen, ich wusste aber nicht genau, vor was", erklärt Gut-Behrami.

Sie sei oft mit dem Erwachsenwerden beschäftigt gewesen und hätte die falschen Prioritäten gesetzt. "Ich habe am Anfang viel links und rechts geschaut und unbewusst versucht, etwas zu kopieren. Ich habe gedacht, Hauptsache Sieg, Sieg, Sieg. Irgendwann habe ich den Sinn verloren."

"Früher habe ich gedacht, ich existiere nur über meine Siege. Ich wusste selbst nicht, was für ein Mensch ich bin. Sportlerin zu sein hatte Priorität, Lara als Mensch nicht."

2017 erlebte Gut-Behrami mit einem Kreuzbandriss den größten Einschnitt in ihrer Karriere. In dieser sportlich schwierigen Zeit fand sie mit dem Schweizer Fußballer Valon Behrami ihr privates Glück.

Und damit auch zu sich selbst als Mensch. Sie löschte ihre Social-Media-Accounts und fokussierte sich mehr auf das Innere als auf die Einflüsse von außen.

"Früher habe ich gedacht, ich existiere nur über meine Siege. Ich wusste selbst nicht, was für ein Mensch ich bin. Sportlerin zu sein hatte Priorität, Lara als Mensch nicht. Durch die Verletzung habe ich gemerkt, dass der Mensch entscheidend ist", sagt die Super-G-Olympiasiegerin.

Jetzt, so sagt Gut-Behrami, sei sie als Mensch unterwegs. Und sie genießt es, die Entscheidung getroffen zu haben, Ski zu fahren.

"Klar stehe ich am Start und will ein Rennen gewinnen, aber ich messe mich nicht mehr daran. Innerlich habe ich eine andere Ruhe, ich bin mit mir im Reinen."

"Das ist meine Kugel, mein Gesamtweltcup."

Auch deshalb sei ihr zweiter Weltcup-Gesamtsieg für sie "viel befriedigender" als der erste 2015/16. Damals hatte sie das Gefühl, "dass ich diese Kugel gewinnen musste. Oft war die Rede davon, dass ich die Kugel zurück in die Schweiz holen sollte."

Jetzt weiß Gut-Behrami: "Das ist meine Kugel, mein Gesamtweltcup."

"Acht Jahre lieben zwischen den beiden Kugeln, es kommt mir vor wie zwei Leben."

Rücktritt? "Vielleicht wache ich im Sommer auf und..."

Einen Rücktritt nach der Saison plant die bald 33-Jährige übrigens nicht. Bei der WM im nächsten Jahr in Saalbach-Hinterglemm will sie auf jeden Fall am Start stehen.

"Vielleicht wache ich auf im Sommer und denke, es macht keinen Sinn mehr für mich, ich will zu Hause bleiben. Aber im Moment plane ich für noch eine Saison."

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