„Im Juli ist Frauen-EM! Das ist ja noch schlimmer als einfach nur eine normale Sommerpause..."
Mit einem einzigen Tweet hat sich Mario Basler blitzschnell in die Schlagzeilen katapultiert und ordentlich Staub aufgewirbelt.
Vor dem anstehenden Großereignis in Schweden von 10. bis 28. Juli nimmt sich auch LAOLA1 des Themas an und befasst sich in der „abnormalen Sommerpause“ ausführlicher mit Frauenfußball.
Österreichs Zweiklassen-Gesellschaft
Die ÖFB-Frauenliga ist das heimische Aushängeschild auf Vereinsebene und in den letzten Jahren stets Domäne des SV Neulengbach.
Seit elf Jahren geht der Titel immer an die Niederösterreicherinnen, wenngleich es in der abgelaufenen Spielzeit eng wie nie war.
Der erste Verfolger und spätere Cupsieger Spratzern wurde nur aufgrund der besseren Tordifferenz hinter sich gelassen. „Es ist nur ein Klub, der uns fordert“, hielt Neulengbach-Coach Johannes Uhlig im Interview mit LAOLA1 fest.
Das soll sich in der kommenden Spielzeit allerdings ändern. In der Steiermark schickt sich nämlich mit McDonald’s LUV Graz ein Klub an, die Lücke der restlichen Liga zum Top-Duo zu verkleinern und sich auch sportlich im Spitzenfeld festzusetzen. In anderen Bereichen ist man dort nämlich schon angelangt.
LUV Graz in den USA ein Begriff
Durch die Verpflichtung der kanadischen U23-Teamspielerin Molly Allen im Frühjahr und der Etablierung eines eigenen Web-TV-Channels gehen die Grazer im Marketing völlig neue Wege.
„Wir sind bestrebt, dem Sport ein Gesicht zu geben. Dank Molly waren wir sogar in Nordamerika in den Medien vertreten und auch unser Testspiel gegen das US-U17-Team im vergangenen Jahr hat uns in Nordamerika auf die Fußball-Landkarte gebracht. Zudem ist unsere ehemalige Stürmerin Simona Koren, die für die ETSU aufläuft, unter NCAA-Spielerinnen schon ein Begriff“, hält Sportdirektor Andreas Neubauer erfreut fest.
Der ehemalige Pressesprecher des LASK erweist sich durch seine langjährige Tätigkeit im Profifußball und das dadurch erworbene Know-How als Glücksgriff für LUV Graz und für die Frauenliga im Allgemeinen.
ÖFB ist gefordert
Aus Eigeninitiative wurde dem ÖFB und den Klubs ein Vermarktungskonzept für die gesamte Liga, das derzeit im Fußball-Verband behandelt wird, präsentiert.
„Innerhalb des Klubs wird ein mehrjähriges Konzept im sportlichen Bereich umgesetzt, das darauf abzielt, junge Spielerinnen zu fördern und Erfolge zu bringen“, erklärt Neubauer. Aus diesem Grund fanden auch in diesem Sommer bereits viele steirische Talente wie Melissa und Melanie Soos (Ex-Leoben) den Weg an die Mur.
Das heißt, der Weg der Jugend – im vergangenen „Übergangshalbjahr“ unter Neo-Trainer Berghold lief verletzungsbedingt teilweise eine verstärkte U18 auf – wird weiterhin verfolgt.
Daneben sollen Legionärinnen für eine qualitative Aufwertung sorgen und den Mädchen zugleich einen Einblick geben, wie der feminine Sport jenseits des Tellerrands funktioniert.
Scouting und Hospitieren bei den BestenEinige Verstärkungen für 2013/14 kommen nämlich aus den USA, wo der Sportdirektor der Grazer nicht nur das Hauptaugenmerk des Scoutings positionierte, sondern auch wochenlang hospitierte, um von den Besten zu lernen. Etwas, das er im Vorjahr schon beim FC Arsenal und FC Bayern München gemacht hat.
Besuche bei Washington Spirit, aktuell Siebenter in der Women’s Soccer League, oder der W-League, wo viele College-Spielerinnen in der Sommerpause spielen, sorgten für sensationelle Eindrücke über die Trainingsbedingungen und den Stellenwert des Frauenfußballs im Land des Vizeweltmeisters.
„Die Spielerinnen sind Stars im lokalen Fernsehen, spielen in 5.000er-Arenen und geben nach den Spielen Autogramme“, erzählt Neubauer von „völlig anderen Dimensionen.“
Drei neue Legionärinnen kommen
Diese werden nun vorerst drei Spielerinnen hinter sich lassen und stattdessen das Abenteuer Österreich wagen.
Wie es einem „kleinen Verein“ aus der Steiermark gelingt, Top-Talente aus der US-College-Liga zu verpflichten und sich damit in eine Reihe mit dem FC Chelsea oder Blackburn zu stellen?
„Profi-Verträge wie bei anderen Klubs können wir natürlich keine bieten, aber dafür ein interessantes Gesamtpaket“, spricht der LUV-Mastermind das professionelle Umfeld in Graz mit einem umfangreichen Betreuer-Team, organisierter Logie und Möglichkeiten zur kulturellen und sprachlichen Weiterbildung der Amerikanerinnen an. „Für sie ist es im Grunde wie ein durchorganisiertes Auslandsstudienjahr, das sie mit Reisen und Fußballspielen verbinden können.“
Gemeinsam mit der österreichischen Neuverpflichtung Isabella Posch, derzeit noch mit Kreuzbandriss außer Gefecht, „wird die US-amerikanische Achse die Gegnerinnen vor neue Herausforderungen stellen“, so Neubauer.
Grazer Derby wartet
Einer der angesprochenen Kontrahenten in der neuen Saison hat es dabei besonders in sich – der SK Sturm. Die „Blackies“ sicherten sich Anfang Juni den Titel in der 2. Frauenliga und steigen nach Verzicht des designierten Relegationsgegners Heeres SV Wals in die oberste Spielklasse auf.
Das trägt zwei bedeutende Folgen mit sich: Einerseits ist damit nach dem FC Wacker Innsbruck ein weiterer Klub bei Männern und Frauen in der österreichischen Bundesliga vertreten, andererseits wird den Fans etwas geboten, was es bei den Herren wohl über Jahrzehnte nicht mehr geben wird:
Ein Grazer Derby!
Christian Eberle