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Teil 3: Stärken und Schwächen des Objektiven Systems

Teil 3: Stärken und Schwächen des Objektiven Systems

Die Geschichte des Systems, dessen Stärken und Schwächen

In Teil 3 sollen die Stärken und Schwächen der "Objektiven" Punkteregelung aufgezeigt werden:

 

EBEL fortschrittlicher als NHL?

Der Name sagt es schon – das System ist objektiv, kein Spieler oder Verein wird bevorzugt oder benachteiligt. Überhaupt ein Kompliment an die Ligaverantwortlichen, ein solches System musste ohne Erfahrungswerte aus anderen Ligen einmal entwickelt werden.

Ist damit die EBEL gar den nordamerikanischen Analysten zuvorgekommen, die mittels Corsi- (alle Schüsse aufs Tor) oder Fenwick- (alle Schüsse ohne den geblockten) Zahlen Spieler quantifizieren und so ihren derzeitigen und zukünftigen Wert für ihr Team festhalten wollen?

Das wäre der Komplimente zuviel, die EBEL könnte aber zumindest aus Amerika lernen, dass Corsi- und Fenwick-Zahlen dort schon längst die weit zufälligere Plus/Minus-Statistik abgelöst hat.

Mehr Paramter wären wünschenswert

Gerade in der EBEL, wo Statistiken aufgrund des Punktesystems so wichtig sind wie in keiner anderen Liga der Welt, sollten nicht Parameter gestrichen (wie der Nationalteamfaktor), sondern  zusätzliche gefunden werden.

Doch während Corsi- und Fenwick-Zahlen nur schwer zu beschaffen sind, gilt das für die Eiszeit jedes Spielers nicht: Diese wird in der EBEL nicht erfasst und spielt daher im Punktesystem überhaupt keine Rolle.

Dabei kann gerade aus dieser der Wert eines Spielers für den Coach sehr gut herausgelesen werden. Auch das Gerede von einer ersten, zweiten oder dritten Linie (meist nur vom Spielbericht abgelesen) oder der angeblichen Förderung von Jugendspielern hätte dann Hand und Fuß.

Wieviel Zeit verbringt ein Spieler auf der Bank, wieviel auf dem Eis?

Eiszeit-Statistik das Um und Auf

Ohne „TOI“-Statistik („Time on ice“) macht das „Objektive Punktesystem“ derzeit nämlich keinen Unterschied zwischen den beiden folgenden Spielern:

Verteidiger A spielt 25 Minuten pro Spiel, wirft sich in alle Schüsse, meldet die Starstürmer des Gegners im Alleingang ab und macht das Unterzahlspiel zum besten der Liga. Trotz Verletzungen spielt er jedes Spiel der Saison. Zum Punkten kommt er als reiner Defensivverteidiger ohne Powerplay-Zeit die ganze Saison nicht, steigt aber mit einer Plus/Minus von 0 nach der Saison aus.

Verteidiger B dient seine Zeit auf der Bank ab, spielt keine Minute, aber sein Name steht auf jedem Spielbericht. Logisch: Keine Punkte, Plus/Minus Null.

Am Ende der Saison ist ihr „D2D“-Wert der gleiche, da ihre Eiszeit nicht erfasst wird – skurril, oder?

EBEL verweist auf andere Ligen 

Der Gegeneinwand der Liga, dass die Eiszeit auch in manch anderen Ligen nicht erfasst würde und daher bei einigen Spielern nicht einfließen könnte, ist verständlich, aber nur bis zu einem gewissen Grad valid.

Nicht nur, dass die EBEL trotzdem damit anfangen sollte, könnte dieser Einwand auch für die Plus/Minus-Statistik (in einem geringeren Maße) verwendet werden. Schweden, Finnland, Tschechien und die KHL verfügen in Europa über Eiszeiterfassung, es gibt hier ein schönes und gar nicht teures Tool für das iPad.

Klar, auch so hochangesehene Ligen wie die AHL oder SNLA (Schweiz) erfassen die Eiszeiten nicht, aber diese brauchen ja auch keine Parameter zur Spielerbewertung.

Statistik-Wüste EBEL

Doch auch die bereits verwendeten Statistiken sind natürlich anzuweifeln: Zwar läßt die Liga seit neuem wieder nachträgliche Korrekturen am Spielbericht zu, der Grundsatz „Was liegt, das pickt“ gilt nicht mehr.

Doch außer dem KAC, der alle Spielberichte durchforstet und korrigiert, pfeifen sich die meisten Klubs eher wenig um die Statistiken. Vor allem „Phantomassists“ gibt es weiter zuhauf, der Plus/Minus-Statistik ist noch weniger zu trauen.

So ausgefeilt kann das „Objektive Punktesystem“ gar nicht sein, wenn das zugrundeliegende Zahlenmaterial fehlerhaft ist.

Jan Lattner wurde lange als Verteidiger geführt

Nur der Grunddurchgang zählt

Ebenfalls ein Problem: Da die Klubs (verständlicherweise) die Punkteliste für die folgende Saison so früh wie möglich benötigen, werden nur die Statistiken nach 44 Runden bzw. die der Grunddurchgänge der ausländischen Ligen berücksichtigt. Playoff-Stats haben daher keinerlei Belang.

Auch rätselhaft: Warum führte die Liga Stürmer wie Jan Lattner oder Christoph Hörtnagl lange hartnäckig als Verteidiger?

Vor allem bei Lattner, der in der Vorsaison aus allen Rohren schoss und nur zu Beginn als Verteidiger aushalf, ergibt das mit seinen 36 Punkten in 44 Spielen ja völlig verzerrte Grundlagen. Der Tscheche wurde immerhin für die nächste Saison korrigiert, Hörtnagl nicht.

Zahlen alleine reichen nicht aus

Doch selbst wenn mehr und korrektere Statistiken zur Anwendung kämen: Können Zahlen wirklich alleine den Wert eines Spielers darstellen?

Scouts, die Zahlenmaterial grundsätzlich misstrauen, sprechen oft von „Intangibles“, jenen nicht zu messenden Stärken wie Herz oder Führungsqualitäten, die in die Bewertung eines Spielers eingehen. Das ergibt natürlich höchst subjektive und divergierende Ansichten, der gute alte „Eye Test“ gehört aber sicher zum Gesamtbild eines Spielers.

Doch wie bereits gesagt: Bei allen Schwächen eines Systems, das Spieler nur aufgrund weniger Statistiken bewerten will – eventuelle Mängel betreffen alle Spieler gleichermaßen.

Die Stärken und Schwächen der Punkteregelung an sich

Das „Objektive Punktesystem“ betrifft ja nur einen Teil der EBEL-Cracks. Folgende Spielergruppen sind davon gar nicht betroffen:

Legionäre – automatisch vier Punkte. U20-Legionäre mit zwei Punkten (zwei pro Team wären zugelassen) gibt es in der Realität keine mehr.

Torhüter – diese sind entweder Nullpunkter (U24), Legionäre oder werden als U28-Spieler mit 1.5 Punkten, darüberhinaus automatisch mit zwei Punkten bewertet.

Wer bleibt dann über? Wenn wir die derzeit 20 besten angemeldeten Feldspieler aller Teams zum heutigen Datum hernehmen sieht es folgendermaßen aus:

Mit anderen Worten: 93 von 240 Feldspielern sind mit Punktewerten belegt, das sind knapp 39 Prozent. Wenig überraschend sinkt diese Zahl noch ab, wenn man nur die österreichischen Teams hernimmt: 58 von 160 Spielern, das sind knapp 36 Prozent.

Ein Drittel mit Punkten belegt 

Es geht also um knapp mehr als ein Drittel der EBEL-Feldspieler, dessen Wert durch das System bemessen wird.

Heikel ist dabei natürlich der Übergang vom Nullpunktestatus zum erstmaligen Aufscheinen in der Bewertungsliste. Der Großteil dieser Spieler erhält den Punktewert 1.5, darunter liegen eigentlich nur Spieler, die zuvor etwa aus Verletzungsgründen kaum zum Einsatz kamen, darüber vor allem Cracks, die schon Leistungsträger sind und dementsprechend punkten.

Gerade um diese 24-jährigen Spieler geht es in den meisten Diskussionen: Fallen Spieler wie Christoph Draschkowitz, Markus Pirmann, Peter Schweda oder Fabian Scholz aus der Liga, weil sie eben hier erstmals Punkte einnehmen oder weil es ihnen ganz einfach an Talent oder Einstellung mangelt?

War das System für sie mit dem Status als Nullpunktespieler ohnehin zu lange eine Stütze?

Ist Oraze ein Opfer der Punkteregelung?

Ex-Teamspieler wegen Punkteregel arbeitslos?

Auch öfters diskutiert: Das Schicksal einiger österreichischer Ex-Teamspieler.

Fanden Spieler wie Martin Oraze, Andre Lakos oder Gregor Baumgartner deswegen vor oder während der Saison keine Aufnahme in EBEL-Kadern, weil ihre Punktewerte (zwischen 3 und 3.5) fast jenen von (billigeren oder besseren) Legionären entsprachen?

Oder mussten sie sich aufgrund ihrer Leistungen bzw. Gehaltsvorstellungen verabschieden?

Fragen, die natürlich nur die Vereine beantworten können. Die Punktewerte gehören aber selbstverständlich zu den elementaren Kriterien bei der Kaderzusammenstellung.

U24-Regel Hilfe oder Hürde?

Ein weiterer Punkt, mit dem sich die EBEL befassen muss: Wie sehr ist die U24-Regelung eine Hilfe oder ein Hindernis für die Entwicklung des österreichischen Eishockeys?

Dass Spieler mit 23 Jahren echten Juniorenspielern (U20) gleichgestellt werden, ist natürlich diskussionswürdig. Aber bitte, vielleicht brauchen unsere Cracks etwas länger in der Entwicklung, körperlich hinken wir im Nachwuchsbereich der Konkurrenz unbestritten nach.

Doch diese Spieler sollten ja irgendwann für das Nationalteam ein Thema sein. Ist also der Pool an jüngeren bis schon etwas älteren Teamkandidaten in den letzten Jahren angewachsen oder gesunken?

Denn ein Argument bei der Einführung der Punkteregelung war ja, dass neben den Legionären und höher bewerteten Einheimischen mehr Nachwuchsspieler zum Einsatz kommen sollen, um so die notwendige Kadertiefe herzustellen.

Entwickelten sich diese Spieler also zu Teamkandidaten oder werden die U24-Spieler einfach von Jahr zu Jahr nur ausgewechselt, um so genügend Nullpunkter aufbieten zu können?

 

Soviel zum ersten Themenblock "Die Geschichte des Systems sowie dessen Stärken und Schwächen", in Teil vier, fünf und sechs der großen Reportage von Bernd Freimüller geht es um die finaziellen Aspekte und die Auswirkungen der Punkteregelung auf die Österreichs Eishockey.

Die Geschichte des Systems sowie dessen Stärken und Schwächen

Teil 1: Die Geschichte der Punkteregelung

Teil 2: Das objektive System – Die Parameter

Teil 3: Die Stärken und Schwächen des Systems

Die finanziellen Aspekte sowie die Auswirkungen auf Österreichs Eishockey

Teil 4: Die Punkteregelung als Salary Cap?

Teil 5: Schaden Legionäre Österreichs Eishockey?

Teil 6: Die Internationalität der EBEL – Fluch oder Segen?

Andere Systeme und deren Auswirkungen

Teil 7: Die Alternativen zur Punkteregelung

Mannschaft Spieler mit Punktewert Mannschaft Spieler mit Punktewert
Bozen 11 Salzburg 8
Innsbruck 10 Linz 7
Znojmo 9 Ljubljana 6
Fehervar 9 VSV 6
Capitals 8 Graz 6
KAC 8 Dornbirn 5