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So verbesserst du deinen Schlaf - und Performance

Wie wichtig Schlaf für die sportliche Leistung ist - und wie du ihn verbesserst:

So verbesserst du deinen Schlaf - und Performance Foto: © Unsplash

Wie wird man im Tennis technisch besser? Wie verbessert man seine Rückhand oder sogar die Präzision des Aufschlages?

Was hier der beste Weg ist, wir sowohl im Hobby- als auch im Profisport intensiv diskutiert. 

Techniktraining ist natürlich unumgänglich, um sich zu verbessern. Es braucht viele Stunden am Platz, idealerweise mit einem Profi in einem persönlich abgestimmten Training. So kann man am eigenen Stil arbeiten, Fehler erkennen und diese korrigieren. Fortgeschrittene versuchen ihre Stärken herauszuarbeiten, Schwäche auszumerzen und eine eigene Strategie für Wettkämpfe zu erarbeiten.

Aber reicht Techniktraining wirklich aus, um irgendwann zu den Besten zu zählen? Oder braucht es dafür viel mehr? 

Was macht den Amateur zum Profi?

Wenn man Tennisprofis oder -Trainer danach fragt, welche Disziplinen und Fähigkeiten man als Tennisprofi zusätzlich zu den eigentlichen Technik-Skills erarbeiten muss, dann kommen meist sehr viele Antworten. 

Koordination, um den eigenen Körper zu beherrschen. Kraft- und Kondition, um das Spiel auch körperlich zu meistern. Auch eine gesunde Ernährung und eine gute Nährstoffversorgung ist mittlerweile Standard unter den Profis. 

Sogar ein Stab an Physiotherapeuten, Ärzten, Masseuren und sonstigen Helfern ist mittlerweile normal, zumindest im Leistungssport.

Aber ein Thema wird leider allzu oft sehr nebensächlich behandelt, sogar als selbstverständlich gesehen: Der Schlaf! Und doch steckt in unserer Nachtruhe wohl das größte noch ungenutzte Potenzial. Ja, wir schlafen alle, aber wie gut ist die große Frage. Und verbessert guter Schlaf meine sportliche Leistung oder sogar meine Technik?

Voll konzentriert oder nur halb bei der Sache?

Geh schlafen und erhol dich gut! Ein gut gemeinter Rat vieler Betreuer im Leistungssport. Aber hinter diesen einfachen Worten steckt viel mehr. Ohne ausreichend Schlaf wäre sportliche Leistungsfähigkeit auf hohem Niveau einfach nicht möglich. 

Studien zeigen, dass unzureichender Schlaf die Konzentration und Aufmerksamkeit maßgeblich vermindert. Erschreckenderweise beurteilen laut einer Studie aus dem Jahr 2019 etwa 40 Prozent der ÖsterreicherInnen ihren Schlaf als schlecht oder sogar sehr schlecht. 

Natürlich äußert sich dies nicht nur negativ im Büroalltag, sondern auch am Tennisplatz. 

Tennis gehört zu den Sportarten, in denen Konzentration und Fokus spielentscheidend sind. Man ist alleine am Platz, niemand gibt einem Rückendeckung, wenn man einen schlechten Tag hat, wie etwa im Fußball.

Wie Schlaf die sportliche Leistung beeinflussen kann

Bevor wir uns die Vorzüge von guten Schlaf im Tennis ansehen, machen wir noch einen kleinen Ausflug in andere Ballsportarten.

Beispielsweise wurde eine interessante Studie zum Einfluss von längerem Schlaf auf die Performance im Rugby veröffentlicht. Die Spieler wurden animiert ihren Schlaf zu verlängern. Im Durchschnitt betrachtet verlängerte sich der Schlaf zwar nur um 18 Minuten, aber die Interventionen verkürzten die Einschlafzeit von 13 auf etwa acht Minuten. 

Das Ergebnis war eine verbesserte Reaktionszeit um etwa 8ms, was im Profisport über Sieg und Niederlage entscheiden kann. Weiters senkte man mit der besseren Schlafqualität die Fehlerhäufigkeit im Spieltraining gravierend (von 2,6 auf 0,8).

Im Basketball gab es eine ähnlich angelegte Studie. Die Spieler wurden angeregt, ihre Schlafdauer nach Möglichkeit auf 8,5 Stunden zu steigern. Dieser Versuch lief über etwa sechs Wochen, also relativ lange. 

Das Ergebnis kann sich auch sehen lassen. Die durchschnittliche Sprintzeit hat sich von 16,2 auf 15,5 Sekunden verbessert. Auch die Ballwürfe wurden präziser. Korbwürfe und Dreipunktewurf wurden im Vergleich zum Kontrollzeitraum um neun Prozent besser. Weiters entwickelte sich die Reaktionszeit der Spieler positiv. Die Athleten berichteten auch von einer gesteigerten Laune und einer um 80 Prozent verbesserten Müdigkeit im Alltag. 

Das sind sehr beeindruckende Zahlen! Aber sind sie auf den Sport Tennis übertragbar? Am Ende sind es doch ganz andere Disziplinen. Aber aus meiner Sicht ist ein Vergleich definitiv möglich. 

Schlaf steigert laut diesen Studien Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, die Performance im Alltag bzw. im Sport und hat auch positiven Einfluss auf unseren Gemütszustand. Dies gilt aus meiner Sicht für alle Athleten, egal ob im Fußball, Fechten oder gar Segeln

Wie sich die Präzision im Tennis durch guten Schlaf verändert 

Wenn man im Tennis als SpielerIn oder BetreuerIn tätig ist, will man natürlich Informationen, die direkt zum eigenen Sport passen. Und die gibt es für Tennis. In einer Studie, in der die Schlafdauer der TeilnehmerInnen von durchschnittlich sieben auf fast neun Stunden angehoben wurde, kam es zu sehr spannenden Ergebnissen. 

Die subjektive Müdigkeit der Teilnehmer nahm nennenswert ab. Aber viel interessanter ist, dass die Genauigkeit des Aufschlages um über 14 Prozent zunahm. Das ist eine unglaubliche Verbesserung und kann massiven Einfluss auf den Spielverlauf nehmen. 

Ich habe selbst sehr viele TennisspielerInnen betreut - unter anderem Katharina Sopkova oder den mehrfachen Staatsmeister und Paralympics-Teilnehmer im Rollstuhltennis, Nico Langmann. Alle haben sich unglaublich viele Stunden am Platz mit der Optimierung des Aufschlags beschäftigt.

Was glaubt ihr, wieviele Technikeinheiten und wieviel Aufschlagversuche notwendig sind, um die Präzision um 14 Prozent zu steigern? Doch mit nur 60-90 Minuten zusätzlichem, qualitativ guten Schlaf ist es möglich. 

Aber wie nutzen wir dieses Potenzial? 

Viele AthletInnen, die ich betreue, beklagen sich darüber, dass sie gar nicht so lange schlafen können. Viele wachen schon vor dem Wecker auf und können nicht weiterschlafen. Andere haben nicht so viel Zeit, um jede Nacht acht bis zehn Stunden zu schlafen.

Ich möchte euch hier ein paar Tipps geben, wie ihr bei diesen Problemen euren Schlaf optimieren könnt. 

In meinem letzten Blog-Beitrag (HIER nachlesen>>>) habe ich über unseren biologischen Rhythmus und die Notwendigkeit von Sonnenlicht gesprochen. Heute sehen wir uns Themen an, die euch helfen sollen, seltener aufzuwachen oder einfach länger zu schlafen. 

Weiters gebe ich euch einen Tipp, wie ihr zu kurze Nächte ausgleichen könnt.

Mach das Schlafzimmer zu deiner Höhle

Viele von uns denken: Wenn ein Bett in einem Zimmer steht, ist es ein Schlafzimmer. Aber so einfach ist es nicht. In den meisten Schlafzimmern, die ich gesehen habe, gibt es viel zu viele Störfaktoren. Vom TV-Gerät bis zum Wäschetrockner habe ich bei AthletInnen schon alles gesehen.  

Du kannst mit einfachen Veränderungen dein Schlafzimmer zu einem nächtlichen Performance-Center machen. Bereit?

Erinnern wir uns an meinen letzten Blog-Beitrag und wie essentiell Licht am Morgen für unsere Aktivierung ist. In der Nacht ist aber das genaue Gegenteil der Fall. Wir sollten Licht meiden, um eine gute Nachtruhe genießen zu können. Also sich im natürlichen Verlauf mit Sonne und Mond mitbewegen, und nicht die Nacht zum Tag machen.  

Hier meine Top-10-Tipps, wie du aus deinem Schlafzimmer ein Schlaf-Performance-Center machst:

Tipp 1: Sorge für nahezu vollkommene Dunkelheit im Zimmer. Lichtdichte Jalousien und/oder Vorhänge sind ein absolutes Muss. Jeder Lichtstrahl, egal ob Sonne oder Straßenbeleuchtung, kann dein Schlafverhalten negativ beeinflussen. 

Tipp 2: Meide starke Lichtquellen wie Deckenlampen und Spots. Versuche abends mit schwacher indirekter Beleuchtung auszukommen. Idealerweise unter Kopf-Niveau. So vermeidest du eine unnötige Aktivierung in deinem Gehirn. Es klingt verrückt, aber nur Kerzenlicht und Lagerfeuer beeinträchtigen unseren Schlaf nicht. Ihre Farbtemperatur wird als warm und angenehm eingestuft. 

Tipp 3: Mache dir Gedanken über Nachtlicht. Falls du mal auf die Toilette musst, solltest du auf keinen Fall die normale Beleuchtung einschalten. Ein Deckenlicht kann deinem Gehirn vortäuschen, dass die Sonne bereits aufgeht und aktiviert dich unnötig. Es gibt sehr schwache Nachtlichter mit Bewegungssensor, die du direkt an die Steckdose anschließen kannst. Sie strahlen zum Boden und geben ausreichend Licht, um dich sicher zur Toilette zu geleiten. 

Tipp 4: Dreh die Heizung runter! Ja, sogar die Temperatur in deinem Schlafzimmer hat einen Einfluss auf deine Schlafqualität. Die Schlafwissenschaft sieht etwa 18 Grad Celsius für erholsamen Schlaf als ideal an. Weit darunter oder darüber wirkt sich meist negativ aus. Finde deine ideale Schlaftemperatur!

Tipp 5: Mach das Schlafzimmer zu deiner Höhle. Du musst dich wohlfühlen. Herumstehende Kartons, ein Wäscheständer oder verstreutes Gewand fördern das Wohlbefinden nicht wirklich. Dasselbe gilt auch für verrückte Farben und Bilder an den Wänden. Entscheide dich besser für Pastellfarben und wenige unauffällige Bilder oder Poster. Das Schlafzimmer sollte angenehm und minimalistisch eingerichtet sein. Der Fokus liegt hier nur auf dem Schlaf. 

Tipp 6: Oft werde ich nach der idealen Matratze gefragt. Meine Antwort ist immer dieselbe. Du kannst viel Geld in eine teure Matratze investieren, aber wenn du das Setting herum nicht beachtest, wird sich wenig verbessern. Ich kann dir hier nur eines mitgeben: Wechsle spätestens alle zehn Jahre deine Matratze und wähle ein Matratzenstudio, welches die Möglichkeit eines Umtausches bietet. Eines ist aber gewiss, Metall hat in Bettgestell und Matratze nichts verloren. Ein Bettgestell sollte aus Holz sein und eine Matratze aus Kaltschaum oder ähnlichem Material. 

Tipp 7: Arbeiten im Schlafzimmer? Dein Laptop und berufliche Unterlagen haben im Schlafzimmer nichts verloren. Das Schlafzimmer ist zum Schlafen da. Es ist kein Arbeitszimmer. Im Bett zu arbeiten, ist eine sehr schlechte Einschlafhilfe und schafft leider falsche Gewohnheiten. Dein Gehirn verbindet sonst das Bett mit dem beruflichen Stress. Verbinde das Schlafzimmer lieber bewusst mit Ruhe und Schlaf. Wenn du es betrittst, geht es nur um eines - Erholung! 

Tipp 8: Filme und Serien schauen im Schlafzimmer? "The Rock" und "Triple X" sind wohl das falsche Betthupferl. TV-Geräte und Netflix gehören ins Wohnzimmer. Wie in meinem letzten Beitrag erwähnt, aktiviert dich blaues Licht und hält wach. Aber auch der Inhalt, den wir uns ansehen, ist relevant. Actionfilme und spannungsgeladene Thriller wenige Minuten vor dem Einschlafen können deine Schlafhormon-Produktion negativ beeinflussen. Und auch hier gilt: Ab der Schwelle zum Schlafzimmer ist der Eintritt für Actionhelden verboten. 

Tipp 9: Das Smartphone - unser ständiger Wegbegleiter. Für viele ist ein Leben ohne Smartphone mittlerweile unvorstellbar. Im Schlafzimmer findet es als Entertainment-Center mit Online-Games, YouTube oder einfach als Wecker seinen Platz. Nach Tipp 6 kannst du dir vorstellen, dass auch das Smartphone keinen Platz in deinem Schlafzimmer haben sollte. Spätestens bei der Tür heißt es: "Eintritt verboten!". Besorge dir bitte einen herkömmlichen Wecker (ja, die gibt es noch). Achte darauf, dass es einer ist, der nur leuchtet, wenn du eine Taste drückst. Sogar das permanente Leuchten des Weckers bewirkt eine Aktivierung in dir.

Tipp 10: Achte auf eine niedrige Geräuschkulisse in deinem Schlafzimmer. In den nicht zu heißen Jahreszeiten kannst du am Abend für 5-10 Minuten Durchlüften und die Fenster dann geschlossen halten. So vermeidest du, in der Nacht von hupenden Autos oder sonstigem Straßenlärm geweckt zu werden. Tickende Uhren und sonstige Störenfriede müssen das Schlafzimmer verlassen.

Druck dir diese Liste aus und versuche, über mehrere Wochen die einzelnen Tipps umzusetzen. Starte mit dem einfachsten Schritt und nimm dir dafür ausreichend Zeit! Nur so schaffst du neue Gewohnheit!

Von Powernaps und Nachmittagsschlaf

Wie bereits erwähnt, können viel meiner AthletInnen in der Nacht keine acht bis zehn Stunden schlafen. Dafür gibt es verschiedene Gründe, oft sehr persönlich. Viel wichtiger ist, wie wir damit umgehen. Mit einem Mythos muss ich gleich aufräumen.

Du kannst nicht "nachschlafen", zum Beispiel am Wochenende. Das ist leider ein Märchen. Was du heute nicht geschlafen hast, kannst du nicht aufholen. Zumindest nicht, was die bereits erwähnten Fähigkeiten wie Reaktion und Konzentration etc betrifft. Aber du kannst das Idealmaß von acht bis zehn Stunden Schlaf pro Tag auch aufteilen. 

Beispielsweise mit einem Nachmittagsschläfchen. Für ProfisportlerInnen ist dies zeitlich oft kein Problem. Nach dem ersten Training und einer Mahlzeit geht es wieder ins Bett, für etwa eineinhalb Stunden.

Bitte achte darauf, dass du dich vor dem Schläfchen für die Länge entscheidest. Entweder ein kurzer Powernap von 15-20 Minuten, oder ein ganzer Schlafzyklus von etwa 90 Minuten. Nach allem anderen fühlt man sich oft ein wenig gerädert. Denn der Körper und das Gehirn "schlafen" in Zyklen von etwa 90 Minuten. 

Aber davon erzähle ich dir ein anderes Mal mehr.

 

Viel Spaß bei der Umgestaltung deines Schlaf-Performance-Centers! 

Dein Performance Optimizer

 

Richard Staudner

Richard Staudner ist High-Performance Coach und betreut seit vielen Jahren die Elite im österreichischen Profi-Sport. Er hat sich auf die Bereiche Ernährung, Bewegung und Erholung spezialisiert, denn dort vermutet er das größte Entwicklungspotenzial. Richard hat den Blick aufs Detail und bringt mit seinem Konzept seine Athleten auf ihr persönliches Optimum.

https://richardstaudner.at/

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