Wir ÖsterreicherInnen lieben unseren Schlaf! Zählt er doch zu den angenehmsten Tätigkeiten des Alltags. Nach einem anstrengenden oder vielleicht regnerischen Tag unter die Decke schlüpfen und sich den eigenen Träumen hingeben.
Es ist eine ganz einfache Sache. Wir legen uns in unser Bett, schließen die Augen und erwachen morgens erholt und fröhlich, um tatkräftig in den Tag zu starten.
Mehr oder weniger. Denn Studien zeigen ein deutlich anderes Bild, wenn es um die entspanntesten Stunden der ÖsterreicherInnen geht. “How does Austria sleep” heißt eine der aussagekräftigsten Studien, die in Österreich über unsere Nachtruhe durchgeführt wurde.
Fast 1.000 Teilnehmer gaben Antworten auf Fragen über ihre Schlafgewohnheiten, und natürlich auch über ihre Zufriedenheit mit der nächtlichen Erholungszeit.
Ein erschreckendes Bild über die Schlafqualität in unserem Land
Über 45 Prozent der ÖsterreicherInnen geben an, mit regelmäßigen Schlafproblemen zu kämpfen. Das ist in der Tat erschreckend, den wer schon einmal eine schlechte Nacht hatte, weiß, wie unangenehm und kräftezehrend das sein kann.
Aber das ist noch nicht einmal die Speerspitze der schlechten Schläfer. Die Studie ergab auch, dass über 50% der TeilnehmerInnen Schwierigkeiten haben, einzuschlafen. Und über 70% können nicht durchschlafen! Das sind unglaubliche, aber leider realistische Zahlen.
Laut eigenen Angaben der Befragten liegt dies an der hohen Belastung durch Job und Studium oder an zu hoher körperlicher Belastung und sozialen Problemen. Das sagen zumindest 57% der TeilnehmerInnen.
Das eigentliche Übel an der Sache
Diese Zahlen sind sicherlich erschreckend. Aber wir müssen uns die Frage stellen, welche weiterführenden Probleme das mit sich bringt. Welche Auswirkungen hat schlechter Schlaf auf unseren Alltag, auf unsere Performance oder die Fähigkeit, konzentriert und fokussiert zu arbeiten?
Hat unzureichender Schlaf mitunter sogar weitreichende gesundheitliche Folgen?
Die Folgen dieses nächtlichen Dilemmas
Es ist natürlich schon ausreichend, dass wir selbst spüren, wie uns eine wenig erholsame Nacht ein bis zwei Tage aus der Bahn werfen kann. Aber nachdem dieses Thema weltweit hohes Interesse aufwirft, gibt es hier schon sehr viele Studien, die uns die Probleme aufzeigen, die schlechter Schlaf mitbringen kann.
Die Liste ist leider sehr lang, deshalb zähle ich nun nur die interessantesten Punkte auf.
Unzureichender Schlaf beschleunigt unsere Alterung. Tief in unserem Körper auf Zellebene - und leider auch gut sichtbar an der Oberfläche. Unsere Haut leidet leider sehr unter zu wenig Schlaf und altert frühzeitig. Ja, es gibt ihn tatsächlich, den sogenannten "Schönheitsschlaf".
Eine für mich als Berater, Autor und Bücherwurm wichtige Fähigkeit ist Konzentration. Und diese wird durch zu wenige Stunden Schlaf stark beeinträchtigt.
Generell alle Funktionen des Gehirns leiden darunter. Auch das Abspeichern von Gelerntem, egal ob im Studium oder Sport. Selbst einstudierte koordinative Techniken, beispielsweise im Ball- oder Kampfsport, brauchen die Nacht, um gefestigt zu werden. Unser Gehirn muss neue Verbindungen herstellen, erst dann funktioniert zum Beispiel die neue Schlagkombination “wie im Schlaf”.
Musiker können davon ein Lied singen (oder spielen). Egal, wie lange man ein Stück probt und immer wieder über die selbes Passage stolpert: Es braucht eine gute Nachtruhe, um im Gehirn aufzuräumen, das neue Wissen oder die Fähigkeit einzusortieren und dem Nutzer zur Verfügung zu stellen.
Egal, wieviel Ehrgeiz du aufbringst - das gilt für uns alle.
Schlechte Konzentrationsfähigkeit schadet nicht nur unserer Performance. Sie erhöht sogar das Unfallrisiko im Straßenverkehr. Um satte 33%, wenn wir statt den empfohlenen 7-8 Stunden nur 6 Stunden schlafen.
Aber besonders unsere allgemeine Gesundheit leidet langfristig unter den Folgen von unzureichenden Schlaf.
Beispielsweise entsteht ein deutlich höheres Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck und sogar Diabetes. Sogar eine Störung der Immunfunktion ist möglich. Das bedeutet: Guter Schlaf unterstützt unser Immunsystem! In Zeiten wie diesen sicherlich ein wichtiges Thema.
Mehr Hüftspeck durch Schlafentzug?
Jetzt kommt es aber ganz dick! Im wahrsten Sinne des Wortes.
Ein sehr aufwendige Studie zeigt nämlich, dass wir durch weniger Stunden Schlaf tatsächlich zunehmen!
Ein Gruppe von Männern wurde für dieses interessante Experiment mehrere Tage in ein Labor gesperrt. Keine Sorge, die Jungs hatten ein Fernseher und auch ihre Smartphones mit. Aber rausgehen oder Sport machen ging nicht.
Über mehrere Tage durften sich die Teilnehmer am Kühlschrank ihres Zimmers nach Lust und Laune bedienen. Jedes Essen und jedes Lebensmittel war vorportioniert und kalorisch berechnet. So wusste die Studienleitung immer, was an Kalorien verbraucht wurde. Bei einem normalen Schlafverhalten entsprach die Kalorienaufnahme auch ungefähr der Erwartungshaltung des normalen Verbrauchs. Wohlgemerkt: Die Probanden durften etwa acht Stunden schlafen.
Aber dann wurde es spannend!
Bei akutem Schlafentzug veränderte sich das Essverhalten gravierend. Die Teilnehmer schraubten ihre Kalorienaufnahme um satte 22% hoch. Auch wurde häufiger zu ungesunden Snacks gegriffen.
Der Auslöser war der kürzere Schlaf. Die jungen Männer wurden bereits nach fünf Stunden Schlaf geweckt.
Ich muss zugeben, dass ist mir auch schon passiert. Nach einer schlechten Nacht ist mein Hunger meistens größer.
Von unserem Bio-Rhythmus - und was uns ins Bett treibt
Es ist ganz einfach: Die Sonne gibt den Takt vor.
In einem 24-Stunden-Rhythmus signalisiert sie unserem Körper, wann er aktiv sein soll und wann Ruhe angesagt ist. Dafür haben wir aber idealerweise "Augenkontakt" mit ihr.
Denn dort sitzen bei uns Rezeptoren, die das Sonnenlicht und seine spezifische Wellenlänge registrieren und in unserem Gehirn den Startknopf drücken. Dann beginnt eine genetische innere Uhr zu ticken und erlaubt uns, aktiv zu werden.
Wenn diese Uhr zu ticken beginnt, fängt unser Gehirn auch an, den Stoff Adenosin zu produzieren. Wenn dieser Stoff seine Höchstwerte erreicht, sind wir bereit für's Bett. Dieser Prozess dauert bis etwa 15 Stunden. Somit kannst du dir ausrechnen, wann du "ready for sleep" bist.
Den Vorhang nur einen Spalt zu öffnen und nur wenige Sonnenstrahlen reinzulassen, reicht leider nicht. Selbst ein Fensterglas ist schon ein zu starker Filter für Sonnenlicht.
Idealerweise machst du das Fenster direkt nach dem Wachwerden auf und siehst für kurze Zeit direkt zurSonne. Es reichen tatsächlich wenige Sekunden, zumindest im Sommer, um deine Uhr zu aktivieren. An wolkigen Tagen oder im Winter benötigt es natürlich etwas länger. Besser wäre es dann, raus ins Freie zu gehen und zum Beispiel ein paar Straßenbahnstationen auszulassen, um in der Morgensonne zu Fuß zu gehen. Das aktiviert gleich doppelt.
Du kannst auch Zuhause künstliches Licht einsetzen. Moderne LED-Leuchten kommen dem Sonnenlicht von der Wirkung schon sehr nahe.
Dies ist Tatsächlich die Grundlage, um deinen Bio-Rhythmus in den Einklang mit der Natur zu bringen und ein gesundes Schlafverhalten möglich zu machen.
Der Abend und das blaue Licht
Was dir am Morgen hilft, in die Gänge zu kommen, solltest du abends vermeiden. Die Sonne ist wahrscheinlich schon untergegangen, aber helle LED-Lampen können deinen Rhythmus und deinen Wunsch, gut zu schlafen, tatsächlich boykottieren. Durch das sogenannte Blaulicht nimmt dein Gehirn an, dass die Sonne noch am Himmel steht, was aber nicht mehr der Fall ist.
Meide abends alle hellen Lichtquellen. Dazu zählen natürlich auch Smartphone, Laptop und das TV-Gerät. Ideal verbannst du diese aus deinem Schlafzimmer und nutzt sie in den letzten zwei Stunden vor dem Zubettgehen nicht mehr.
Ja, ich weiß! Das ist schwer. Aber versuche es mal und schau, ob es einen Unterschied macht.
Es gibt sehr schlaue Hilfsmittel, um das blaue Licht der Geräte zu unterdrücken. Moderne Smartphones verfügen über einen Abendmodus, hier wird das blaue Licht reduziert. Eine bessere Idee wäre, eine Blaulicht-Filterbrille zu nutzen. Die bekommst du im Online-Handel. Dies bietet einen relativ wirksamen Schutz, wenn du dir abends einen Film ansiehst oder am Smartphone bist.
Aber weder die Einstellung am Smartphone, noch die moderne Blaulicht-Filterbrille sind ein verlässlicher Schutz bei der Nutzung dieser Geräte. Du kannst die Blaulichtwirkung leider nicht zur Gänze einschränken.
Ich empfehle dir auch, sparsam mit herkömmlichen Lichtquellen in deiner Wohnung umzugehen. Schalte unnötiges Licht abends ab. Jeder Lichtquelle, egal wie klein sie ist, beeinflusst die hormonelle Arbeit in deinem Körper und kann negative Auswirkungen auf deinen Schlaf haben.
Wie sieht es mit Kaffee aus?
Kurz gesagt: Kaffee hemmt die Wirkung von Adenosin! Jeder Espresso oder Energy Drink stoppt deinen Adenosin-Anstieg und greift so in deinen Rhythmus ein. Wie bereits gesagt, braucht es einen hohen Adenosinspiegel, um einen ausreichenden Schlafdruck zu erzeugen.
Abhängig davon, ob du Koffein schnell oder langsam verstoffwechseln kannst, wirkt dieses Stimulanz bis zu 15 Stunden in deinem Körper nach.
Überleg dir gut, wieviele Espressi du morgen trinkst, und ob du tatsächlich einen Booster vor dem abendlichen Fitnesstraining brauchst. Das kann tatsächlich einen gravierenden Einfluss auf dein Einschlafverhalten haben.
Ein bewegtes Leben hält fit und macht schläfrig
Ich freue mich immer besonders, wenn ich Studien, lese die folgendes Aussagen: "Regelmäßiges Laufen...
...senkt das Risiko, frühzeitig zu sterben, um 30%
...senkt das Risiko, an einer Herzkreislauf-Erkrankung zu sterben, um 27%
...senkt das Risiko, an Krebs zu leiden, um 23%."
Aber regelmäßige Bewegung verbessert auch eindeutig den Schlaf. Wir sind von natur aus programmiert, uns zu bewegen. Stress und Hektik in der Arbeit sind kein adäquater Ersatz dafür.
Natürliche Bewegung in der Natur, aber auch im Gym, ist nicht nur ein Segen für deinen Stoffwechsel und deine Muskulatur. Regelmäßiger Sport hilft dir auch beim ein- und durchschlafen. Nicht umsonst nennen wir unseren Körper auch Bewegungsapparat.
Übermotivation ist aber niemals gut! Ein sehr intensives Krafttraining spätabends oder generell zu viel Training kann uns auch den Schlaf rauben.
Ein voller Bauch schläft nicht gerne
Auch wenn Essen müde macht, bedeutet das nicht, dass wir unser Dinner als Einschlafhilfe verwenden sollten. Es ist natürlich eine sehr individuelle Sache, wann du das letzte Mal am Tag isst.
Viele Menschen lieben das sogenannte “Dinner Cancelling”, verzichten somit auf das Abendessen und leben prima damit. Auf der anderen Seite wird in Italien traditionell spätabends gegessen. Wie so oft gibt es keine eindeutige Wahrheit. Aber man kann sagen, dass die meisten ÖsterreicherInnen besser beraten sind, spätestens etwa zwei Stunden vor dem Zubettgehen die letzte Mahlzeit zu essen.
Unser Verdauungssystem hat kein Problem, wenn es in der Nacht noch Nahrung in sich trägt. Unser Darm ist ja auch nie wirklich leer. Aber schwere, fettige Kost ist nicht besonders hilfreich, um gut einzuschlafen.
Auch Alkohol stört zumindest die zweite Nachthälfte, die sogenannte REM- oder Traumphase. Auch wenn er uns vielleicht leichter einschlafen lässt, ist er erwiesenermaßen ein Qualitäts-Killer unserer Nachtruhe.
Die Basis ist die Basis ist die Basis
Es gibt noch sehr viele andere Möglichkeiten, deinen Schlaf zu optimieren, und gern werde ich in weiteren Blog-Artikeln darauf eingehen. Aber es ist besonders wichtig zu verstehen, dass wir Menschen, so wie nahezu alle Lebewesen, von einem geregeltem Tagesablauf profitieren.
Im Takt mit deiner inneren Uhr zu gehen, ist die Grundlage für gesunden Schlaf. Also lass die Sonne rein!
Tracker, Apps, Gadgets und Supplements sind nur das Sahnehäubchen, um die Qualität deiner Nachtruhe zu optimieren.
Schlaf gut und bis bald!
Dein Performance Optimizer
Richard Staudner ist High-Performance Coach und betreut seit vielen Jahren die Elite im österreichischen Profi-Sport. Er hat sich auf die Bereiche Ernährung, Bewegung und Erholung spezialisiert, denn dort vermutet er das größte Entwicklungspotenzial. Richard hat den Blick aufs Detail und bringt mit seinem Konzept seine Athleten auf ihr persönliches Optimum.