Tabula Rasa im Waldviertel - wieder einmal.
Der finanziellen Schieflage des Klubs geschuldet, muss der SV Horn in der neuen Saison der ADMIRAL 2. Liga wesentlich kleinere Brötchen backen und folglich die Saisonziele weit nach unten korrigieren.
Der Ausfall der einst zugesicherten Sponsorengelder des ehemaligen Klub-Obmanns Robert Mang zieht einen drastischen Kader-Umbruch nach sich, der an die Chaos-Saison 2020/21 erinnert und damit nicht allzu lange her ist. Aufgrund des besonders harten Sparkurses stand der Klub in diesem Sommer vor einer weiteren eminenten Herausforderung.
Dieser stellte sich Geschäftsführer Andreas Zinkel, der dem Klub aufgrund der monetären Sachlage voraussichtlich nur bis 30. September erhalten bleibt.
Exodus der Stammspieler
Den Unruhen und Schwierigkeiten rund um den niederösterreichischen Verein muss auch Cheftrainer Philipp Riederer ins Auge sehen und sich anpassen.
"Ich bin prinzipiell ein positiv denkender Mensch. Ich nehme die Situationen so an, wie sie sind und versuche immer das Bestmögliche rauszuholen", gibt sich der 32-Jährige im Gespräch mit LAOLA1 diesbezüglich kämpferisch.
Die angesprochene aktuelle Situation beinhaltet den Verlust zahlreicher Stammspieler und Leistungsträger der vergangenen Saison:
Kapitän Andree Neumayer hat sich dem Projekt Wiederaufstieg beim SKN St. Pölten angeschlossen. Mit Patrik Mijic (Zlate Moravce), Maximilian Pronichev (Rot-Weiß Erfurt), Okan Yilmaz (vereinslos), Burak Yilmaz (SKU Amstetten) und Albin Gashi (Admira) bestreiten obendrein gleich fünf der sechs besten Torschützen der Vorsaison ihre Zukunft andernorts.
Hektische Vorbereitung
In die Sommer-Vorbereitung musste der Horn-Coach folglich mit einem Rumpfkader und einem kleinen Stamm rund um Alexander Joppich, Niklas Hoffmann und dem neuen Kapitän Benjamin Mulahalilovic starten.
Ein reges Kommen und Gehen bei den Trainingseinheiten wurde zur Normalität in den vergangenen Wochen. Zahlreiche Testspieler kamen zum Schaulaufen nach Horn – Bedingungen, die "einen im sportlichen Alltag natürlich beeinflussen", so Riederer.
Noch dazu wurde es dem Trainer, der nebenbei an der HTL Krems als Lehrer praktiziert, dadurch erschwert, seine Spielidee in die Köpfe der Spieler zu übertragen. "Das war mit Sicherheit das schwierigste und größte Unterfangen, da die Spieler zu unterschiedlichen Zeitpunkten ins Training eingestiegen sind."
Zunächst galt es die Trainingsintensität hochzuschrauben, "um die Spieler auf das notwendige körperliche Niveau zu bringen. Sobald die Mannschaft vollständig ist, kann man vermehrt an den inhaltlichen Dingen arbeiten", meint Riederer.
Mehr als ein Dutzend neue Gesichter
Mittlerweile ist der Kader deutlich angewachsen, gleich 14 Neuankömmlinge verzeichnen die Niederösterreicher. Zuletzt wurde ÖFB-U21-Torwart Nikolas Polster als Kooperationsspieler vom LASK an Land gezogen.
Vorwiegend nahm Horn junge österreichische Spieler, die in den Regionalligen und teilweise noch in diversen Akademien gespielt haben, unter Vertrag. "Das hat natürlich auch wirtschaftliche Gründe", kommentiert Riederer die Horner Transferpolitik.
Darüber hinaus sollen Neuzugänge wie Paul Gobara (kam von Rapid Wien II) und Florian Fischerauer (kam von den Young Violets) Erfahrung aus der zweithöchten Spielklasse ins Team bringen. Zusammen hat das Duo bereits 115 Zweitligapartien in den Beinen.
Letzterer "zählt mit seinen 24 Jahren schon zu den Routiniers bei uns", spricht Geschäftsführer Andreas Zinkel über seine jüngste Neuverpflichtung. Von Fischerauer erwartet man, dass er sich mit seiner "Dynamik und Laufbereitschaft" zu einer tragenden Säule im zentralen Mittelfeld entwickelt, so der Horn-Funktionär.
"Der Kader in der vergangenen Saison war hervorragend, nicht nur sportlich - es waren super Charaktere dabei. Es ist sehr schade, dass die nicht mehr bei uns sind. Aber so ist der Fußball leider."
Horn gräbt "Rohdiamanten" hervor
Neben Neo-Anführer Mulahalilovic sollen auch Kilian Bauernfeind (kam von WSG Tirol) und Emilian Metu (kam von Bayern München II) eine gewichtige Rolle in der Horn-Zentrale einnehmen.
Trainer Riederer sieht im "bodenständigen" Tiroler Bauernfeind einen fleißigen Arbeiter, der sich nicht zu schade ist, vor und nach dem Training "Extra-Schichten in der Kraftkammer" einzulegen. Der 21-Jährige soll zum "Führungsspieler heranwachsen".
In Metu meint Zinkel unterdessen einen "Rohdiamanten" gefunden zu haben. In der vergangenen Spielzeit war der 20-Jährige von der Zweitvertretung der Bayern an Austria Klagenfurt verliehen, wo er hauptsächlich in der Kärntner Liga zum Einsatz kam. Seine fußballerische Ausbildung genoss der gebürtige Niederösterreicher in der AKA St. Pölten.
"Emilian hat ein unglaubliches Auge für die entscheidenden Situationen und ein sensationelles Passspiel. Zusätzlich verfügt er über eine sehr gute Physis", gerät Zinkel über den ehemaligen ÖFB-U19-Nationalspieler ins Schwärmen.
Alle bisherigen Horn-Zugänge im Überblick:
Name | Alter | Nationalität | Position | Ehemaliger Klub |
---|---|---|---|---|
Nikolas Polster | 21 | Österreich | Torhüter | LASK (Kooperationsspieler) |
Luka Wimhofer | 19 | Österreich | Innenverteidiger | LASK (Leihe) |
Filip Drljepan | 20 | Österreich | Innenverteidiger | SKN St. Pölten |
Paul Gobara | 23 | Österreich | Innenverteidiger | Rapid Wien II |
Alexander Weigand | 18 | Österreich | Rechtsverteidiger | Karlsruher SC U19 |
Julian Hinterleitner | 18 | Österreich | Rechtsverteidiger | AKA St. Pölten U18 |
Niklas Alozie | 20 | Österreich | Linksverteidiger | ASV Siegendorf |
Leon Corcovic | 18 | Kroatien | Mittelfeld | AKA St. Pölten U18 |
Amar Hot | 18 | Österreich | Mittelfeld | AKA St. Pölten U18 |
Pascal Eidher | 19 | Österreich | Mittelfeld | SV Horn II |
Emilian Metu | 20 | Österreich | zentrales Mittelfeld | Bayern München II |
Kilian Bauernfeind | 21 | Österreich | zentrales MItelfeld | WSG Tirol |
Florian Fischerauer | 24 | Österreich | zentrales MIttelfeld | Young Violets |
Matija Mendelski | 19 | Kroatien | Offensives Mittelfeld | Slaven Belupo Koprivnica U19 |
Bernhard Hahn | 22 | Österreich | Offensives Mittelfeld | SV Leobendorf |
Charaktere sind verlorengegangen
Trotz des hinzugekommenen Talents trauert Coach Riederer seiner alten Truppe ein wenig hinterher: "Der Kader in der vergangenen Saison war hervorragend, nicht nur sportlich - es waren super Charaktere dabei. Es ist sehr schade, dass die nicht mehr bei uns sind. Aber so ist der Fußball leider."
Der Altersdurchschnitt innerhalb der Mannschaft ist derweil im Vergleich zur vergangenen Saison insgesamt um mehr als zwei Jahre gesunken. "Eine Führungsperson, wie zum Beispiel Andree Neumayer würde uns in der Kabine guttun", befindet der Horner Übungsleiter und nimmt zeitgleich seine aktuellen Spieler in die Pflicht: "Das müssen jetzt andere auffangen."
Selbstredend spielt der Faktor Zeit dabei eine übergeordnete Rolle. Dass sich die aufgezwungene Verjüngungskur zumindest anfänglich auf die Ergebnisse niederschlagen wird, sei dem Verein "bewusst", so Riederer.
"Die ersten Runden, wahrscheinlich auch die ganze Hinrunde, werden die ganzen jungen Spieler noch nicht auf dem Level agieren können, wie das erfahrene Spieler würden."
Liga-Auftakt gegen einen alten Bekannten
Das Saisonziel wurde der stark veränderten Ausgangssituation angepasst: Über allem steht nun der Klassenerhalt, den Riederer seiner jungen Mannschaft "absolut zutraut".
Gleich zum Liga-Auftakt muss Horn den ersten Härtetest gegen den Aufsteiger DSV Leoben (Freitag, ab 17:45 Uhr im LIVE-Stream>>>) bestehen. Während die Generalprobe in der 1. Runde des ÖFB-Cups gegen den Regionalligisten SV Leobendorf (2:3 n.V.) im bitteren Aus endete, erhoffen sich die Waldviertler, nun gegen einen alten Bekannten punkten zu können.
Leoben-Trainer Carsten Jancker führte den SV Horn einst in der Saison 2017/18 aus der Regionalliga Ost in die 2. Liga - bis heute haben sich die Waldviertler trotz wiederkehrendem Gegenwind in der zweithöchsten Spielklasse gehalten.