Schwarz Weiss Bregenz Schwarz Weiss Bregenz SWB
SC Austria Lustenau SC Austria Lustenau ALU
Endstand
1:1
1:1, 0:0
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Das größte Derby, das im Ländle je gespielt wurde

SW Bregenz und Austria Lustenau treffen im Vorarlberg-Derby der ADMIRAL 2. Liga aufeinander. In der Bundesliga sprengte das Duell einst Rekorde. Ein Rückblick:

Das größte Derby, das im Ländle je gespielt wurde

Das Reichshofstadion ist nicht ausverkauft – sondern übervoll. Am vierten Spieltag der Saison 1999/2000 treffen erstmals zwei Vorarlberger Mannschaften in der Bundesliga aufeinander. Nie davor und nie danach elektrisiert ein Fußballspiel das Bundesland so, wie es dieses Spiel tat.

"Das war damals DAS Derby - und das war schon etwas Spezielles", sagt Erik Regtop rückblickend über die vier Duelle zwischen Memphis Austria Lustenau und Casino SW Bregenz in der max.Bundesliga. 

Am Samstag treffen die beiden Traditionsvereine Bregenz und Lustenau erstmals seit 2000 in einem Ligaspiel wieder aufeinander (ab 20.30 Uhr im LIVE-Stream >>> sowie im LIVE-Ticker >>>). Das weckt Erinnerungen an die ganz großen Zeiten.

Heimsieg über der Kapazitätsgrenze

Lustenaus damaliger Präsident Hubert Nagel erzählte in einem Beitrag der "Bundesliga-Website" einmal über die Bundesliga-Derby-Premiere: "Es war verrückt, ich hatte schon ein bisschen Angst. Manche kraxelten mit Leitern aufs Dach, aus jeder Ecke schauten Köpfe heraus."

Die Stahlrohrtribünen waren mehr als ausgelastet
Foto: © GEPA

Auf dem Dach, rund ums Spielfeld, unter den Stufen der Stahlrohrtribünen, die ohnehin überfüllt waren – es wimmelte nur so von Zuschauern, erzählen jene, die beim ersten Spiel dabei waren. Alle wollten einen Blick auf das Spielfeld erhaschen. 

14.000 sollen es gewesen sein, heißt es offiziell. Die Polizei ging von 15.000 Zuschauern aus, es dürften tatsächlich noch einmal etwas mehr gewesen sein, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten. So oder so ein Zuschauerrekord im Ländle, der wohl auch nie mehr übertroffen werden wird.

Armand Benneker (33.), Tamás Tiefenbach (88.) und Markus Schneidhofer (90.) bescheren den Grün-Weißen einen Heimsieg. Die Stimmung sei ohnehin schon super gewesen, "vor allem, weil wir auch 3:0 gewonnen haben, war die Stimmung noch besser", erinnert sich Regtop.

Der Offensivspieler kam einst unter Johan Cruyff bei Ajax zum Einsatz, spielte bei Bradford, St. Gallen und kam ins Ländle. Derbyerfahrung brachte er vom SC Heerenveen mit - gegen Cambuur-Leeuwarden. Das Friesland-Derby sei immer ausverkauft gewesen, es sei das Spiel des Jahres für die Vereine gewesen. "So war es auch bei Lustenau und Bregenz."

Die Suche nach der Nummer eins

"Was ich speziell fand, war das Duell: das Dorf Lustenau gegen die große Stadt Bregenz", so Regtop. "Es war einfach geil." Wieso damals so viele Zuschauer kamen, wie später bei weitem nicht mehr? "Es ist unerklärlich", so Regtop. 

Vermutungen hat er dennoch. Lustenau habe ohnehin immer viele Zuschauer gehabt, das zu Ruhm gekommene Austria-Dorf habe die Jungen angezogen, "weil es einfach eine riesige Party nach dem Spiel gegeben hat. Die Älteren wissen genau: So ein Match um halb fünf am Samstag in Lustenau war ein Highlight." In Bregenz habe man einfach schönen Fußball gezeigt, auf beiden Seiten seien Vorarlberger im Team gestanden.

Das Austria-Dorf hinter der Nord - nach den Spielen war es hier bummvoll
Foto: © GEPA

Schon Tage vorher habe sich das Derby bemerkbar gemacht. "Wenn du gegen Tirol gespielt hast, war alles normal. Wenn das Derby zur Sprache gekommen ist, sind die Medien gekommen, die Leute, die Zuschauer, alle wollten das Spiel anschauen. Dann wird das Drumherum spezieller und spezieller, das ist etwas ganz Schönes."

"Es ging immer darum: Wer ist die Nummer eins im Ländle?", so Regtop. Nichtsdestotrotz sei die Rivalität eine weitgehend faire gewesen.

"Ich war bei Lustenau, Jeff Geiger war bei Bregenz und wir waren immer gemeinsam fort", erzählt er. Vor und nach dem Spiel sei man befreundet gewesen, während dem Spiel sei das anders gewesen. "Du willst das Spiel gewinnen, weil wenn du verlierst, kriegst du das einige Monate zu hören."

"Es ging immer darum: Wer ist die Nummer eins im Ländle? Wenn du verlierst, kriegst du das einige Monate zu hören."

Erik Regtop, über ein Prestige-Duell

Das zweite Derby der Saison geht an Bregenz, im Casino-Stadion sehen 10.800 Zuschauer Anfang Oktober einen 2:0-Heimsieg.

Nur wenige Wochen später kommt es zum dritten Aufeinandertreffen zwischen Schwarz-Weiß und Grün-Weiß, mit dem Ausgleichstreffer in Minute 24 rettet Regtop Lustenau ein Remis, zu diesem Zeitpunkt stehen die Austrianer vor Bregenz auf dem zweitletzten Tabellenrang. 

Gut besucht - auch in Bregenz lockte das Derby
Foto: © GEPA

An das 1:1 habe er nicht mehr allzu viele Erinnerungen, gibt Regtop zu. Vor dem Interview hat er extra nachgegoogelt, in den letzten Tagen hätten sich die Nachrichten zu den guten alten Tagen nämlich gehäuft.

Umso besser erinnert sich der Niederländer an das bis dato letzte Liga-Duell zwischen Bregenz und Lustenau. Bei allen vier Spielen stand er in der Startelf, im finalen allerdings für Bregenz. 

Mit Stronach-Millionen zum Rivalen

In Lustenau wollte Neo-Trainer Goran Stanisavljevic den Offensivspieler im Winter nicht mehr. "Ich wollte bleiben, wir hatten ja noch vier Holländer. Er hat aber gemeint, der Erik kann gehen", so Regtop. Die Millionen von Frank Stronach, die damals an viele Vereine geflossen waren, machten einen brisanten Transfer möglich – ausgerechnet zum Lokalrivalen.

Der damals 31-Jährige wurde neben Hans Kogler und Jan Ove Pedersen im Winter verpflichtet. Regtop meint: "Damit hat man natürlich das Herz der Mannschaft geholt. Kogler auf der Sechs, Pedersen auf der Zehn und ich. Da hat man schon Qualität geholt; Typen, die zur Mannschaft gepasst haben."

Regtop wechselte an den See - und lief dort zu Bestform auf
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In Lustenau glaubte man indes, keinen allzu großen Verlust erlitten zu haben. Der Regtop-Verkauf brachte Geld, und die Hoffnung, dass der damals als nicht unkompliziert geltende Regtop für Unruhe beim direkten Konkurrenten sorgen könnte. Der Name sei größer als die gezeigten Leistungen, meinte Stanisavljevic etwa. Und: "Das Schicksal wollte es eben so."

"Natürlich, wenn du das hörst, dann liegt der Druck auf dir", so Regtop. Ein Problem war das für ihn nicht: "Ich habe schon gemerkt: Viele Augen sind auf mich gerichtet gewesen. Das war für mich etwas Positives, damit kann ich gut umgehen."

Man sieht sich immer zweimal

Das Schicksal wollte es so, am 29. April 2000. In einer ganz schlechten ersten Hälfte ist Lustenau zunächst aktiver, sieht in Minute 31 aber eine umstrittene Rote Karte.

Nach der Pause ist Erik Regtop - der in Bregenz sofort einschlägt - zur Stelle. Er wurde zuvor als "Erzfeind", "Judas" oder "Verräter" bezeichnet, mit Pfiffen wird er zurück im Reichshofstadion begrüßt. Per Nachschuss bringt er die Gäste in Minute 57 in Führung, den Doppelpack erzielt Regtop per Flugkopfball in Minute 71.

Kurz darauf sieht auch Lustenaus Alex Pastoor Gelb-Rot, in zweifacher Unterzahl stellen Friesenbichler (84.) und Pedersen (88.) den 0:4-Endstand her.

Regtop klärt die Abstiegsfrage

Spätestens durch die Regtop-Galavorstellung ist der Gang in die 2. Liga für die Austria Gewissheit. Lustenau ist am Boden, Bregenz feiert.

Lustenaus Fans sehen eine furchtbare Rückrunde, ausgerechnet Regtop macht den Klassenerhalt quasi fix
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Im Auswärtssektor ist unter anderem ein Doppelhalter mit Lustenau-Schriftzug über der Schweizer Flagge zu finden. Die Grenze ist nur wenige Meter entfernt, die Botschaft simpel: Jetzt ist Schwarz-Weiß die Nummer eins im Land.

"Die Abstiegsfrage ist jetzt geklärt. Wenn man 20 Spiele nicht gewinnt, hat man es nicht verdient, in der Bundesliga zu bleiben. Meine Mannschaft war in den letzten Spielen immer am Limit, aber die Qualität hat nicht gereicht", meinte Stanisavljevic nach dem Spiel.

Lustenau holt auch die restlichen fünf Spiele keinen Punkt mehr, nach der Winterpause schaut nur ein Remis heraus. Der Wiederaufstieg in die Bundesliga gelingt erst 22 Jahre später. 

"Natürlich wollte ich gegen Lustenau gewinnen. Aber ich wollte nicht, dass sie absteigen. Weil die Derbys, die waren etwas Spezielles."

Erik Regtop, im Dilemma

Genugtuung habe er keine verspürt, meint Regtop über den Abstieg seines Ex-Klubs. Spätestens, wenn man in der neuen Saison wieder auswärts gefahren sei, etwa zum GAK, hätten die Lokalduelle gefehlt. "Natürlich wollte ich gegen Lustenau gewinnen. Aber ich wollte nicht, dass sie absteigen. Weil die Derbys, die waren etwas Spezielles."

Alle Bundesliga-Absteiger der letzten 30 Jahre

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