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Liefering und Rangnick: Wie Cinel seine Doppelrolle trennt

Er arbeitet mit den größten Talenten der "Bullen"-Schule und den besten Spielern Österreichs. Warum es für ihn kein Motiv ist, ein "Red-Bull-Trainer" zu sein.

Liefering und Rangnick: Wie Cinel seine Doppelrolle trennt Foto: © GEPA

Talente-Förderer beim FC Liefering und einer der Assistenten von Ralf Rangnick.

Es ist durchaus eine spannende Doppelrolle, auf die sich Onur Cinel eingelassen hat.

Der Co-Trainer des ÖFB-Nationalteams begleitet ab dieser Saison die größten Hoffnungsträger aus dem "Bullen"-Nachwuchs bei ihrem erhofften letzten Schritt zum FC Red Bull Salzburg.

Im LAOLA1-Interview erklärt der 38-jährige Deutsche, wie er den Fortschritt von Talenten bemisst, warum er seine Mannschaften als Familie interpretiert und was Rangnick schon früh zu einem Vorbild machte.

Rangnick war früh ein Vorbild von Cinel
Foto: © GEPA

LAOLA1: Wie kommentieren Sie Christoph Freunds Wechsel zum FC Bayern München?

Onur Cinel: Es war auch für mich sehr überraschend, ich habe es erst am Tag des Wechsels von unserem Teammanager Daniel Ernemann erfahren. Ich habe ihn als tollen Menschen kennengelernt, und genau das ist es, was die meisten Leute über ihn sagen: In erster Linie ist er ein toller Mensch und dann auch noch ein toller Sportdirektor. Ich denke, das sagt ganz viel über jemanden aus.

LAOLA1: Ralf Rangnick hat im Zuge Ihrer Bestellung zum Trainer des FC Liefering von einer Win-Win-Situation gesprochen, da Sie weiterhin einer seiner Co-Trainer beim ÖFB-Team bleiben. Wie viel Win-Win sehen Sie?

Cinel: Gerade innerhalb des Klubs fühlt es sich aus meiner Perspektive nach einer ganz großen Win-Win-Situation an. Ich hatte großes Glück bei der Zusammenstellung meines Staffs, hier hat Bernhard Seonbuchner eine super Arbeit geleistet. Ich fühle mich beim FC Liefering von meinen Trainerkollegen und dem gesamten Umfeld sehr unterstützt. Ich komme in sehr professionelle Rahmenbedingungen, man spürt jedoch sofort, dass es erst mal um den Menschen geht.

LAOLA1: Rangnick hat bestimmt auch einen Gewinn für den ÖFB gemeint. Wo sehen Sie die Anknüpfungspunkte, die beide Aufgaben verbinden?

Cinel: Aktuell sind diese Aufgaben voneinander getrennt zu sehen. Das eine ist die Arbeit in der Nationalmannschaft, mit der wir die EM-Qualifikation erfolgreich absolvieren wollen. Ich denke, darauf hofft das ganze Land. Das andere ist die Arbeit beim FC Liefering. Hier geht es um junge Talente, die hoffentlich irgendwann auch das Ziel erreichen, für die A-Nationalmannschaft zu spielen.

LAOLA1: Die EURO 2024 findet in Ihrem Heimatland Deutschland statt. Ist das eine Extramotivation?

Cinel: Klar. Das gilt genauso für viele Spieler, die in Deutschland aktiv sind oder waren, und andere Leute im Staff, die so wie ich in Deutschland aufgewachsen sind. Das wäre etwas ganz Besonderes und macht die Geschichte noch mal ein bisschen spannender.

"Tatsächlich habe ich mich schon als junger Trainer – für mich ging es schon früh mit 23 Jahren los – sehr intensiv mit Ralf Rangnick beschäftigt."

Onur Cinel

LAOLA1: Ralf Rangnick hat im österreichischen Fußball einst schon in Salzburg viel bewegt, aktuell ist er drauf und dran, mit dem ÖFB-Team viel zu bewegen. Wofür steht er für Sie?

Cinel: Tatsächlich habe ich mich schon als junger Trainer – für mich ging es schon früh mit 23 Jahren los – sehr intensiv mit Ralf Rangnick beschäftigt. Ich fand die Art und Weise, wie er Fußball gesehen hat und ihn auch spielen ließ, schon immer sehr spannend. Das beginnt schon mit seiner Zeit in Ulm Ende der 90er. Insofern war er für mich eine sehr polarisierende Person, mit der ich gerne einmal über Fußball sprechen wollte. Als ich U17-Trainer beim FC Schalke 04 war, wurden wir miteinander vernetzt. Wir haben uns auf Anhieb zwischenmenschlich richtig gut verstanden und bemerkt, dass wir sehr viele Gemeinsamkeiten in der Art und Weise haben, wie wir den Fußball sehen. Am Beginn seiner Arbeit beim Nationalteam kam die Idee auf, dass ich vielleicht dazu kommen könnte. Es hat damals schon in Verbindung mit Schalke geklappt, dass ich das so wie jetzt auch mit dem FC Liefering parallel machen durfte.

LAOLA1: Für Sie ist eine lange Zeit im Schalke-Nachwuchs zu Ende gegangen. Muss man Ja sagen, wenn ein Hot-Spot in Sachen Talente-Entwicklung ruft?

Cinel: Es waren elf tolle Jahre auf Schalke. Ich war dort unfassbar glücklich und durfte nicht nur sportliche Erfolge feiern, sondern habe auch viele zwischenmenschliche Beziehungen aufgebaut, die nach wie vor sehr eng sind. Im Fußball ergeben sich immer wieder Möglichkeiten, eventuell einen Wechsel zu machen. Bei mir ist zuvor nie das Gefühl aufgekommen, dass ich das unbedingt machen möchte. Nach den ersten Gesprächen mit Bernhard Seonbuchner, Manfred Pamminger und Christoph Freund habe ich jedoch gespürt, dass sie nicht nur großen Wert darauf legen, einen guten Trainer zu holen, sondern auch einen guten Menschen. Es hat sich alles sehr richtig angefühlt, sodass ich das erste Mal nach elf Jahren gesagt habe: Ja, das will ich unbedingt machen!

Cinel im Gespräch mit Ex-Liefering-Kicker Nicolas Seiwald
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LAOLA1: Salzburg und der FC Liefering stehen ja nicht nur für gute Spielerentwicklung, sondern auch für gelungene Trainerentwicklung. War das auch ein Beweggrund, hier anzudocken?

Cinel: Für mich persönlich nicht. Ich fand einfach die Aufgabe sehr spannend. Ich arbeite mit sehr ambitionierten Spielern mit einem hohen Anspruch – und der Klub hat einen sehr hohen Anspruch an diese Spieler. Mit diesem Anspruch kann ich mich persönlich sehr identifizieren, und natürlich auch mit der Tatsache, dass man sehr initiativen, proaktiven und intensiven Fußball spielt. Das waren gepaart mit den Gesprächen mit den Verantwortlichen die Hauptmotive.

LAOLA1: Dass der "Bullen"-Nachwuchs ein ideales Sprungbrett für beispielsweise Bo Svensson oder Marco Rose war, löst gar nichts in Ihnen aus?

Cinel: Aktuell nicht.

LAOLA1: Diverse Klubs suchen immer wieder "Red-Bull-Trainer". Das war überhaupt kein Motiv?

Cinel: Nein, weil das vor allem etwas mit der Spielweise zu tun hat. Ich glaube, dass diese Spielweise nicht nur sehr attraktiv, sondern auch sehr erfolgreich sein kann, wenn man sie gut umsetzt. Das dann nicht nur Trainer, sondern auch andere Personalien, die wissen, wie man diesen Spielstil implementiert, im Weltfußball Interesse auf sich ziehen, ist für mich nachvollziehbar.

LAOLA1: Diverse Spieler bei großen Vereinen haben den Red-Bull-Nachwuchs durchlaufen. Welchen Status hat diese Talenteschmiede international inzwischen erreicht?

Cinel: Als ich auf Schalke gearbeitet habe, habe ich den FC Liefering von dort aus beobachtet. Denn natürlich hat man mitbekommen, welche Spieler hier erfolgreich durchgehen und welches Konzept mit sehr, sehr jungen Spielern in einer Männer-Liga verfolgt wird. Wenn man Interviews mit Spielern hört, die mittlerweile große Karrieren hingelegt haben, sprechen sie immer sehr wertschätzend und positiv über ihre Zeit beim FC Liefering. Das sagt ganz viel über die Arbeit hier sowie den Stellenwert in Österreich und darüber hinaus aus. Man bekommt das auch in Europa mit.

Cinel wurde mit Schalke 2022 deutscher U17-Meister
Foto: © getty

LAOLA1: Wie ist es als Trainer, wenn das eigentliche Ziel ist, dass ein Spieler nur möglichst kurz bei einem ist und so schnell wie möglich den nächsten Step macht?

Cinel: Total spannend und auch völlig in Ordnung. Ich freue mich, wenn die Spieler den nächsten Schritt machen. Ich lebe es in meinen Mannschaften und meinem Staff so ein bisschen als Fußball-Familie. Nur weil ein Spieler diese Familie verlässt, ist er ja nicht komplett entfernt, sondern man hat ja weiter Kontakt. Eigentlich sind es die schönsten Momente, wenn man miterlebt, wie ein Spieler diese Schritte gemacht hat, danach noch weitere Schritte geht und man sich später in die Augen schaut, über diese Zeit redet und lacht, viele gemeinsame Erinnerungen hat. Diese Karrieren zu begleiten und zu beobachten, macht diesen Job sehr besonders.

LAOLA1: Der FC Liefering hat eine eher schwächere Saison hinter sich. Was soll diesmal rausspringen?

Cinel: Ehrlich gesagt, ist das für mich noch schwierig zu beurteilen. Mit der Vorbereitung bin ich sehr zufrieden, aber ich bin trotzdem schon sehr gespannt, denn das eine ist das Potenzial, das andere die Leistung. Es ist eine Riesen-Kompetenz, dann der Beste zu sein, der man sein kann, wenn es wirklich darauf ankommt. Das fängt erst am ersten Spieltag an, dann kann ich es auch erst bewerten.

LAOLA1: Zeteny Jano gilt als eines der größeren ÖFB-Talente. Startet jene Saison, in welcher der Sprung nach oben angepeilt werden muss?

Cinel: So wie ich ihn kennengelernt habe, hat er an sich und seine Karriere einen sehr hohen Anspruch, also ist es auch sein Ziel. Dafür wird in erster Linie er selbst am meisten sorgen. Wir als Trainer-Team wollen ihn dabei bestmöglich begleiten.

LAOLA1: Mit Matteo Schablas wurde ein ÖFB-Linksverteidiger aus dem Nachwuchs des FC Bayern München verpflichtet. Was zeichnet ihn aus?

Cinel: Er ist ein junger Spieler, der in der U19 von Bayern gespielt hat und im ÖFB-U18-Nationalteam spielt. Seine Stärken liegen vor allem im Spiel mit dem Ball. Er freut sich total, ein Teil der Familie des FC Liefering zu sein. Diesen Spaß und diese ansteckende Freude merkt man ihm auch an.

"Mir geht es immer darum, bei jedem Spieler zu sehen: Bis wohin kann ich ihn entwickeln? Am Ende der Saison ist das losgelöst vom Ergebnis der größte Messgrad."

Onur Cinel

LAOLA1: Messen Sie Erfolg in erster Linie daran, wie viele Spieler Sie nach oben bringen, oder am Ende schon auch an den klassischen Kriterien wie Tabellenplatz und Punkte?

Cinel: Der Messgrad ist total individuell. Jeder Spieler hat seine Waffen, in bestimmten Bereichen ganz großes Entwicklungspotenzial und in anderen vielleicht gewisse Limits. Mir geht es immer darum, bei jedem Spieler zu sehen: Bis wohin kann ich ihn entwickeln? Am Ende der Saison ist das losgelöst vom Ergebnis der größte Messgrad – natürlich im Wissen, dass man mehr Spiele gewinnt als nicht gewinnt, wenn man eine gewisse Siegermentalität entwickeln möchte.

LAOLA1: Nicht jeder Spieler eines Jahrgangs schafft es zum FC Red Bull Salzburg. Das heißt, Sie messen es auch daran, ob und wo sich ein Spieler andernorts im Fußball durchsetzt?

Cinel: Klar. Jeder Spieler hat seine eigene Geschichte und Karriere. Es gibt ja auch Situationen, in denen Spieler den Verein vielleicht einmal verlassen, weil es der perfekte Entwicklungsschritt ist, und nach ein paar Jahren wiederkommen. Ich bin der Erste, den das freuen würde.

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