Mit der Bestellung von Rolf Landerl als neuem Trainer glückte dem SV Horn ein durchaus überraschender Coup. Der Wandervogel, als Spieler unter anderem lange Jahre in den Niederlanden, in Portugal oder Ungarn tätig, soll die lang gesuchte Konstante auf der Trainerbank im Waldviertel sein.
Dass er die richtigen Voraussetzungen dafür mitbringen könnte, zeigen seine bisherigen Trainerstationen. Bei der zweiten Mannschaft der Admira agierte er drei Jahre, ehe es ihn für fünf Jahre zum VfB Lübeck nach Deutschland zog.
Der "Trainer-Friedhof" Horn bereitet dem 45-Jährigen jedenfalls keine schlaflosen Nächte, wie er im Gespräch mit LAOLA1 selbstbewusst erklärt: "Ich habe keine Angst, Trainer beim SV Horn zu sein."
Erlebt hat der gebürtige Wiener auf seiner Fußball-Reise durch Europa mit Sicherheit genug. LAOLA1 mit einem Porträt eines Wandervogels, der eigentlich nie einer sein wollte.
Erste Schritte im Ausland und Erinnerungen an einen Bondscoach
Nachdem es in den heimischen Gefilden nicht wie gewünscht laufen wollte, wagte Landerl schon mit 19 Jahren den Sprung ins Ausland. Erste Station: Inter Bratislava in der Slowakei, wo er zweieinhalb Jahre verbrachte, ehe er in die Niederlande weiterzog. Acht Jahre zog er bei AZ Alkmaar, Fortuna Sittard und dem FC Groningen in der Mittelfeldzentrale die Fäden.
Besonders in Erinnerung geblieben ist dem einfachen ÖFB-Teamspieler die niederländische Trainer-Legende Bert van Marwijk, unter dem er in Sittard spielte.
"Das ist einfach ein cooler Typ gewesen, an den ich mich gerne erinnere. Man hat immer genau gewusst, wann er der Herr Trainer ist, aber genauso, wann kann man sich hinsetzen, 'Bert' zu ihm sagen und ein Bier mit ihm trinken. Dieses Zwischenspiel hat er perfekt beherrscht", schwärmt der jetzige Horn-Trainer von van Marwijk, der unter anderem Bondscoach und BVB-Trainer war und aktuell Teamchef der Vereinigten Arabischen Emirate ist.
(Text wird nach VIDEO fortgesetzt)
Wechsel aus den Niederlanden als Fehler?
Warum er die Niederlande nach acht durchaus erfolgreichen Jahren verließ, weiß Landerl selbst nicht so genau.
"Manchmal war ich vielleicht auch zu ungeduldig, vor allem als junger Spieler, aber es war nie meine Intention so viele Vereine zu haben. Ich war insgesamt fast acht Jahre in Holland. Im Nachhinein war es dann wahrscheinlich nicht so glücklich nach Portugal zu wechseln, aber gut, das weiß man später immer besser", sagt Landerl heute über diese Zeit.
Konkret spricht er den Wechsel zum FC Penafiel vor der Saison 2004/05 an. Der Klub aus dem Norden Portugals war gerade in die höchste Spielklasse aufgestiegen, glücklich wurde Landerl, der auch die finnische Staatsbürgerschaft besitzt, auf der iberischen Halbinsel aber nie.
Über den ungarischen Klub Sopron, Zwischenstopps in der Heimat bei der Admira und dem GAK landete er noch einmal im Ausland bei Dunajska Streda. Das Abenteuer in der Slowakei war aber bereits nach einem halben Jahr beendet.
Nach einem Gastspiel beim ASK Schwadorf landete er schließlich beim VfB Lübeck in der deutschen Regionalliga. Dem Klub in der Hansestadt sollte eine besondere Rolle im Trainer-Werdegang von Landerl zukommen.
Lübeck als zweite Heimat
Manchmal war ich vielleicht auch zu ungeduldig, vor allem als junger Spieler, aber es war nie meine Intention so viele Vereine zu haben. Ich war insgesamt fast acht Jahre in Holland, im Nachhinein war es dann wahrscheinlich nicht so glücklich nach Portugal zu wechseln, aber gut, das weiß man später immer besser.
Denn schon in seinem letzten Vertragsjahr als Spieler betreute er eine Jugendmannschaft des VfB an der Seitenlinie, legte also den Grundstein für die spätere Karriere.
Der Kontakt riss nie ab, auch nicht als Landerl nach Österreich zurückkehrte und für St. Margarethen das letzte Mal seine Schuhe zerriss. Den Burgenlandligist coachte er etwas mehr als ein halbes Jahr, ehe es im Juli 2013 zur zweiten Mannschaft der Admira ging. Der Zweiervertretung des Bundesligisten hielt er drei Jahre die Treue, dann folgte er dem erneuten Ruf aus Lübeck.
Fünf Jahre sollten es als Cheftrainer des Regionalligisten werden. "Eine richtig schöne Zeit", sagt der Österreicher im Nachhinein, nur: "Natürlich hätte ich mich nach fünf Jahren gerne anders, sportlich besser, verabschiedet."
Bevor es in der Saison 2020/21 zum Abstieg aus der 3. Liga kam, war Landerl mit dem Klub aber durchwegs erfolgreich. Dass es mit dem langersehnten Aufstieg nicht schon früher klappte, lag unter anderem an Mutter Natur.
Spiele im Drei-Tages-Rhythmus und der langersehnte Meistertitel
Immense Regenfälle sorgten in der Saison 2017/18 nämlich für etliche Spielabsagen in der Regionalliga Nord. Lübeck trafen die Wassermassen am schlimmsten – von Ende März bis Mitte Mai spielte Landerls Team 17 Spiele im Zwei- bis Drei-Tages-Rhythmus durch.
"Das war eine hochintensive Spielzeit, von einer englischen Woche in die nächste. Du kommst nicht mehr zum Regenerieren, der Kader war nicht riesig groß. Wir haben eigentlich nur gespielt, regeneriert und wieder gespielt. Damals hatten wir eigentlich noch die Chance anzugreifen und eventuell Meister zu werden, aber mir war von vornherein klar, dass es mit dieser Dichte an Spielen nicht funktionieren wird. Eine unglaublich intensive Zeit", erklärt Landerl.
Obwohl damals nur Regionalligist, waren die meisten Spieler des Kaders Profis, trotzdem gab es einige Akteure die nebenbei "normal gearbeitet haben". Landerl: "Ich glaube wir haben damals sogar einen Rekord aufgestellt, an Spielen in einer kurzen Zeit. Wir haben damals teilweise Samstag, Dienstag, Donnerstag, Samstag gespielt und das dreimal hintereinander."
Platz vier am Ende der Saison kann anhand der Umstände sicher als Erfolg gewertet werden. Auch im Folgejahr sollte der Aufstieg trotz erneuter Präsenz im Vorderfeld nicht gelingen. Erst 2019/20 durfte der Östereicher in seinem vierten Jahr auf der Lübecker Trainerbank über den langersehnten Erfolg jubeln.
Einziger Haken: Corona. "Leider war es dann 'nur' ein Corona-Meistertitel, weil die Euphorie und die Freude der Stadt dadurch schon gebremst wurde. 16 Jahre haben die Fans und die ganze Stadt auf den Aufstieg gewartet, das war dann schon schade, dass wir nicht wirklich gemeinsam feiern konnten", blickt Landerl in den Rückspiegel.
Traurige Episode in Lübeck endet vor Gericht
Dass die fünfjährige Amtszeit im Norden Deutschlands nicht nur von Erfolg gekrönt war, zeigt neben dem sofortigen Wiederabstieg in der Saison 2020/21 eine weitere Episode.
Vize-Kapitän Florian Riedel wurde in der Abstiegssaison gegen Landerl handgreiflich und in weiterer Folge dauerhaft vom Spielbetrieb ausgeschlossen.
Auch für den Trainer keine alltägliche Situation: "Das war natürlich eine ungewohnte Situation, vor allem, weil es ein verdienter Spieler, ein Vertrauensmann von mir war. Im Moment als das passiert ist, waren wir alle ziemlich perplex. Ich möchte dazu auch nicht viel sagen, was ich aber daraus mitnehme, ist, wie man so etwas angeht und welche Dynamik sich entwickeln kann."
Die Mannschaft blieb auch nach dem Vorfall, der vor dem Arbeitsgericht enden wird, intakt, sei danach sogar "noch enger zusammengerückt." Sicher eine Stärke des empathischen Übungsleiters, der das Kollektiv über alles stellt. Trotzdem wurde der Klassenerhalt in Deutschlands dritthöchster Spielklasse schlussendlich verpasst – sechs Punkte fehlten auf das rettende Ufer.
Und jetzt Horn!
Von einer Pause nach der intensiven Zeit will Landerl nichts wissen. Sein Fokus richtet sich auf den SV Horn. Warum er sich für die Waldviertler entschieden hat?
Andi Zinkel ist ein echter Waldviertler. One-Man-Show ist es sicher keine – zumindest nicht, was ich bisher erlebt habe. Wir haben einen sehr ehrlichen Austausch, so wie ich das haben will.
"Die Gespräche waren von Anfang an gut. Die infrastrukturellen Bedingungen sind top, auch deshalb macht es jeden Tag Spaß, auf dem Trainingsplatz zu stehen. Die Idee, einen kleineren Kader aufzustellen, der eine bessere Performance als in der letzten Saison zeigt, hat mich einfach gereizt. Kurzum, das Gesamtpaket hat gestimmt."
Das Gesamtpaket um im "Trainer-Friedhof" Horn bestehen zu können, bringt wohl auch Landerl mit. Das Zusammenspiel mit dem streitbaren Sportchef Andreas Zinkel passt bisher. Der Trainer über seinen Vorgesetzten: "Andi Zinkel ist ein echter Waldviertler. One-Man-Show ist es sicher keine – zumindest nicht, was ich bisher erlebt habe. Wir haben einen sehr ehrlichen Austausch, so wie ich das haben will."
Der Start verlief vielversprechend. Obwohl der Auftakt im Cup in Schwaz gründlich in die Hose ging, lachen die Waldviertler nach drei Spieltagen ungeschlagen von Tabellenrang sechs.
Einen Gang zurückschalten wird Landerl trotzdem nicht. Dafür ist er nicht der Typ und hat im Laufe seiner Karriere schon zu viel erlebt. Sollte seine Mannschaft in den nächsten Wochen aber an die bisher gezeigten Leistungen anschließen, könnte etwas durchaus Überraschendes passieren: Ein Wandervogel könnte in Horn sesshaft werden.