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Standfest: Als Trainer ist das Ausland der Traum

Der Amstetten-Coach über Ansprachen, Vorbilder und Voraussetzungen.

Die Zeit, dass Spieler aufhören und glauben, sie seien gute Trainer, sei längst vorbei.

Sagt Joachim Standfest.

Sein Karriereende als Fußball-Profi ist erst drei Jahre her. Als Trainer hat der 34-fache Nationalspieler bereits den Sprung in die 2. Liga zum SKU Amstetten geschafft, und auch bereits Stationen als Chefcoach der Sturm-Amateure beziehungsweise Co-Trainer beim SK Sturm und der Admira hinter sich.

Im LAOLA1-Interview macht er kein Geheimnis aus seinem großen Ziel: "Der große Traum wäre natürlich, irgendwann im Ausland zu arbeiten und mir diesen Wunsch zu erfüllen, den ich als Spieler nicht mitgenommen habe."

Der Steirer verrät, warum er als Spieler nie ins Ausland gegangen ist. Zudem erklärt der 40-Jährige, warum der fliegende Wechsel von der Spieler- in die Trainer-Karriere nicht dramatisch war, wie wertvoll Guardiola-Inputs von Heiko Vogel waren und warum er Gutes und Schlechtes von seinen vielen Trainern mitnimmt.

LAOLA1: Was macht den SKU Amstetten zum idealen Einstieg als Cheftrainer im Profibereich?

Joachim Standfest: Der Verein ist aufsteigend, inzwischen schon ein paar Jahre in der 2. Liga, hat sich dort etabliert, ist jedoch gleichzeitig immer noch auf dem Weg, ein gestandener 2. Liga-Verein zu werden. In den vergangenen Jahren hat der Klub immer wieder jüngeren Trainern die Chance gegeben. Da füge ich mich jetzt nahtlos ein. Ich glaube, dass der Verein wirklich gut für den ersten Schritt passt.

"Walter Schachner und Franco Foda haben ihre Mannschaften extrem weitergebracht. Für andere wie Karl Daxbacher oder 'Hicke' wäre ich durchs Feuer gerannt."

LAOLA1: Wie groß ist diese Chance? Anfang des Jahres warst du ein sehr konkretes Thema beim SV Lafnitz. War die 2. Liga also generell dein Plan?

Standfest: Natürlich. Meine Zeit als Trainer dauert noch nicht so lange, ich habe als Spieler erst vor drei Jahren aufgehört. Mein Start bei den Sturm Amateuren in der Regionallga Mitte war gut. Der nächste Schritt war Co-Trainer in der Bundesliga (beim SK Sturm und der Admira; Anm.d.Red). Das nächste Ziel war, wieder selbst Cheftrainer zu werden. Dass es in der 2. Liga funktioniert hat, ist ein perfekter Karriere-Schritt für mich.

LAOLA1: Den Spieler Joachim Standfest kennt man nach 508 Bundesliga-Spielen und 34 Länderspielen in- und auswendig. Wofür steht der Trainer Joachim Standfest?

Standfest: Für aktiven Offensiv-Fußball, natürlich mit der nötigen taktischen Disziplin. Ich bin der Überzeugung, dass es immer mehr über die athletische Komponente geht. Man muss also topfit sein, um bei mir spielen zu können. Ich habe mich in den vergangenen drei Jahren enorm entwickelt, hatte dabei auch die idealen Chefs, von denen ich mir viel abschauen konnte. In meiner Spieler-Karriere hatte ich rund 20 Trainer. Bei jedem hat mir etwas gefallen, bei jedem hat mir aber auch etwas nicht gefallen. Da versuche ich, mir die Scheibchen runterzuschneiden und meinen eigenen Weg zu finden.

LAOLA1: Du hattest tatsächlich eine illustre Runde an Trainern. Die meisten Einsätze hattest du unter Walter Schachner, gefolgt von Didi Kühbauer, Karl Daxbacher, Franco Foda, Heimo Pfeifenberger, Georg Zellhofer und Werner Gregoritsch. Die Liste ließe sich noch fortsetzen.

Standfest (lacht): Alles, was in Österreich herumgelaufen ist, habe ich mitgenommen.

Erfolgreiche Jahre beim GAK mit Walter Schachner
Foto: © GEPA

LAOLA1: Bei wem hast du am meisten abschauen können?

Standfest: Das ist ganz schwer zu sagen. Natürlich orientiert man sich an jenen Trainern, mit denen man erfolgreich war – und das waren ja einige. Aber wenn man etwas Prägendes hernehmen will: Walter Schachner und Franco Foda haben ihre Mannschaften extrem weitergebracht. Für andere wie Karl Daxbacher oder „Hicke“ (Ex-Teamchef Josef Hickersberger, Anm.d.Red.) wäre ich durchs Feuer gerannt. Es trifft tatsächlich auf alle meine Trainer zu, dass ich mir gesagt habe: Das möchte ich übernehmen, das ist gut. Es hatten aber auch alle etwas, wo ich mir gedacht habe, so kannst du es nicht machen. Da möchte ich meinen Weg finden.

LAOLA1: Kannst du ein, zwei Beispiele dafür nennen, was du in deiner Trainer-Karriere vermeiden möchtest?

Standfest: Es hat sich einfach die Zeit geändert, auch schon während meiner Zeit als Fußballer. Ganz am Anfang, als ich dazu gekommen bin, gab es eine Hierarchie in der Mannschaft. Wenn du dich als Junger mal massieren hast lassen, haben sie dich gefragt, ob du nicht ganz sauber bist. Das hat sich alles geändert. Es ändert sich mit den Leuten, mit der Generation. Up to date zu bleiben, ist sowieso eine Voraussetzung, ohne die es nicht funktionieren wird.

LAOLA1: Wann war das erste Mal, dass dir der Gedanke gekommen ist: „Ich möchte Trainer werden"?

Standfest: Relativ spät. Ich habe während meiner Karriere in einem Bundesliga-Kurs die A-Lizenz gemacht. Eigentlich hat es sich erst mit Ende dieses Kurses so entwickelt, dass ich das unbedingt machen wollte. Es hat also ungefähr dreieinhalb Jahre gedauert. Am Anfang bin ich mit dem Ziel hingegangen: Ich mach’s einmal, damit ich eine Ausbildung habe, aber nicht mit dem klaren Ziel, dass ich Trainer werde. Aber es hat mich extrem interessiert, ich habe mich damit beschäftigt und es hat mich in meinen letzten aktiven Jahren zu einem besseren Spieler gemacht. Ich habe das Ganze dann ein bisschen anders gesehen, was mich erstens besser gemacht hat und zweitens mit ein Grund war, warum ich überhaupt so lange spielen konnte.

"Es hat mir zwar irrsinnig weh getan, weil ich mit meinen Jungs bei den Amateuren extrem gut ausgekommen bin, aber Heiko Vogel hat einige Jahre mit Pep Guardiola zusammengearbeitet. Diese Chance wollte ich nicht liegen lassen."

LAOLA1: Du hast deine aktive Karriere beendet, um Trainer der Amateure des SK Sturm Graz zu werden. Wie herausfordernd ist es, wenn zwischen diesen beiden Karriereabschnitten praktisch keine Pause besteht?

Standfest: In meinen letzten Karriere-Jahren habe ich mich nicht mehr rein als Spieler gesehen. Allein vom Alter her habe ich schon eher zum Trainerteam gehört. Wenn ich mich privat mit jemandem unterhalten habe, war es eher jemand vom Betreuerteam. Das ist auch ganz normal. Der Übergang war fließend und sehr einfach für mich. Als sich die Frage stellte, ob ich noch ein Jahr dranhänge oder nicht, hatte ich ein Gespräch mit Günter Kreissl, der sich vorstellen konnte, dass ich die Amateure übernehme. So eine Chance wollte ich nicht liegenlassen. Deswegen habe ich mich auch ganz klar dafür entschieden. Das war auch ein sehr guter Weg.

LAOLA1: Trotzdem kommt der Moment, an dem du erstmals die Ansprache in der Kabine haltest. Ein paar Wochen zuvor hast du sie noch als Spieler empfangen.

Standfest: Ganz klar, das ist etwas anderes. Für mich war es trotzdem kein so dramatischer Wechsel. Ab meinen späten GAK-Zeiten war ich in jeder meiner Mannschaften Führungsspieler. Ich bin überall in der ersten Reihe gestanden. Da hat es überall etwas zu sagen gegeben. Gerade bei einer Amateur-Mannschaft sind die Burschen im Alter von 17 bis 20, die sind willig, wollen unbedingt. Das war wirklich ein perfekter Einstieg, weil sie mir vom ersten Tag an gefolgt sind. Dass wir auch erfolgreich waren, hat die Sache natürlich viel leichter gemacht. Ich habe damals eine sehr gute Mannschaft von Markus Schopp übernommen und hatte das Glück, dass vier, fünf Spieler bereits ihr zweites Jahr in der Regionalliga hatten. Die waren bereits ein bisschen gestandener. Dazu haben wir gute Junge gekriegt. Es war ab dem ersten Vorbereitungsspiel ein Selbstläufer. Die sind marschiert, haben getroffen, wir haben viele Tore geschossen. Es war ein unglaubliches halbes Jahr!

Wertvolle Inputs von Heiko Vogel beim SK Sturm
Foto: © GEPA

LAOLA1: Nach dem halben Jahr bist du Co-Trainer beim Bundesliga-Team des SK Sturm geworden. Welchen Vorteil hast du gesehen? Sich bei einem Kollegen etwas abschauen zu können?

Standfest: Heiko Vogel und ich haben das eine oder andere Gespräch geführt, bevor ich mich entschieden habe. Was er mir angeboten hat, war für mich ein Riesen-Vorteil gegenüber dem, dass ich selbst Cheftrainer geblieben wäre. Es hat mir zwar irrsinnig weh getan, weil ich mit meinen Jungs bei den Amateuren extrem gut ausgekommen bin, aber Heiko hat einige Jahre mit Pep Guardiola zusammengearbeitet. Diese Chance wollte ich nicht liegen lassen. Es hat mich auch extrem weitergebracht.

LAOLA1: Als junger Trainer muss man jeden Input nehmen, den man nur bekommen kann.

 

Standfest: Natürlich! Man muss alles aufsaugen. Die Zeit ist auch bei meiner Generation schon längst vorbei, dass die Spieler glauben, sie können aufhören und sind dann gute Trainer. Das funktioniert nicht. Man muss vom ersten Tag an aufsaugen und lernen. Dieser Weg ist noch lange nicht vorbei und wird bis zum Schluss dauern. So gehe ich an die Sache heran. Heiko hat viele Übungen und Ansichten von Guardiola mitgenommen. Diese Möglichkeit war für mich Gold wert.

"Mein Ziel ist es ganz klar, irgendwann zeitnah in die Bundesliga zu kommen. Der große Traum wäre natürlich, irgendwann im Ausland zu arbeiten und mir diesen Wunsch zu erfüllen, den ich als Spieler nicht mitgenommen habe."

LAOLA1: Wo soll dich deine Trainer-Karriere hinführen? Logisch wäre die Bundesliga. Oder soll es diesmal auch darüber hinaus gehen? In deiner Spieler-Karriere hast du dir vielleicht die eine oder andere Auslands-Chance entgehen lassen.

Standfest: Genau so soll es ausschauen. Immer step by step. Es geht jetzt eigentlich schon wahnsinnig schnell, dass ich bereits Trainer in der 2. Liga sein darf. Die vier Monate zwischen der Beurlaubung bei der Admira und dem Start in Amstetten waren ein Horror für mich. Ich habe mich vielleicht zwei Wochen rausgenommen, dann habe ich zu Hause bereits an den Wänden zu kratzen begonnen. Ich bin also nicht müde und kraftlos. Der SKU Amstetten ist jetzt einmal der nächste Schritt. Den möchte ich gut machen. Schauen wir einmal, wie lange es dauert – ich bin keiner, der gleich beim nächsten Angebot irgendwo hin rennt. Trotzdem soll es Schritt für Schritt weitergehen. Mein Ziel ist es ganz klar, irgendwann zeitnah in die Bundesliga zu kommen. Der große Traum wäre natürlich, irgendwann im Ausland zu arbeiten und mir diesen Wunsch zu erfüllen, den ich als Spieler nicht mitgenommen habe.

LAOLA1: Tut dir das Leid? Ich nehme an, das eine oder andere Angebot wird es gegeben haben.

Standfest: Nein, ich kann mit ruhigem Gewissen schlafen. Ab dem Zeitpunkt, als meine erste Tochter auf die Welt gekommen ist, war mir klar, dass meine Karriere jetzt nicht mehr so wichtig ist – wobei ich ja trotzdem eine unglaubliche Karriere hatte. Ob ich jetzt ein, zwei oder drei Jahre im Ausland gewesen wäre und ein bisschen mehr verdient hätte, hat für mich nicht gezählt. Wenn ich jetzt zurückschaue und sehe, wie und wo meine Kinder aufgewachsen sind, welchen Kontakt sie zur Familie und zu ihrem Umfeld haben, dann weiß ich, dass ich es richtig gemacht habe.

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