Der Abstieg nach nur einem Jahr Bundesliga hat den FC Wacker Innsbruck hart getroffen.
Emotional, was viele tränenreiche Bilder beim letzten Spiel belegen, aber auch wirtschaftlich. Das ohnehin kleine Budget schrumpfte noch einmal empfindlich, daher folgte eine drastische Maßnahme.
Alle Mitarbeiter wurden bekanntlich mit 30. Juni 2019 gekündigt, aktuell läuft noch die Kündigungsfrist. Auch bei Sport-Vorstand Ali Hörtnagl. Doch der Tiroler zeigt sich davon unbeeindruckt und arbeitet hinter den Kulissen weiter am neuen Weg der Innsbrucker.
Im exklusiven Interview mit LAOLA1 erklärt er die neue Positionierung, spricht über die Gerüchte um das Treffen mit Ex-Austria-Trainer Robert Ibertsberger und welche Vereine Interesse an Top-Talent Matthäus Taferner hatten.
LAOLA1: Wie lange geht eigentlich Ihre Kündigungsfrist hier beim FC Wacker Innsbruck?
Ali Hörtnagl: Guter Einstieg (lacht). Ich bin genauso lange da, wie die anderen aus dem Führungsteam. Wir haben jetzt das Commitment, dass wir hier auf jeden Fall in den nächsten Monaten richtig vorantreiben. Es ist ja kein Geheimnis, dass wir den Verein entschuldet haben - auf ehrliche Art und Weise. Das war für die Gesamtsituation sehr wichtig, weil alles, was jetzt dazukommt, ist für den Neustart, für die Neuausrichtung und Neupositionierung - die Plattform für junge Spieler. Und im Hintergrund versuchen wir wieder, Sponsoren für diesen Weg zu gewinnen und eine breite Unterstützung zu aktivieren. Damit wir wieder eine faire Chance in dieser Saison haben. Die nächsten Monate werden wir auf jeden Fall Vollgas geben, was das Jahr 2019/20 betrifft einerseits. Und andererseits weiß ich schon, dass das mit kritischen Augen betrachtet wird, aber es ist einfach wichtig, dass Wacker Innsbruck eine Ausbildungsstätte hat und dieses Thema treiben wir im Hintergrund auch voran. Wir haben dafür auch schon Gespräche mit Investoren gehabt, die grundsätzlich Interesse zeigen. Im Hintergrund wollen wir also das große Visionsbild Ausbildungsstätte, wie sie ja eigentlich schon fertig geplant ist, realisieren können.
LAOLA1: Ich möchte dennoch auf diese Kündigungen zurückkommen, weil es das dominierende Thema der letzten Wochen war. Wenn die fehlende Million im Budget nicht aufgetrieben wird, sind dann wirklich alle Mitarbeiter weg oder werden nur Teile wieder angestellt?
Hörtnagl: Es ist relativ einfach. Es war wichtig so zu handeln, damit der Handlungsspielraum da ist. Es gibt die Möglichkeit, herunterzufahren und mit weniger Mitarbeitern weiterzuführen, vielleicht mit Teilzeit. Das wäre der erste Schritt. Der zweite Schritt wäre, nachzudenken, was man im sportlichen Bereich noch machen kann. Fakt ist, das Ziel ist, und das haben wir auch so ausgelegt, dass auch die Saison 2019/20 wieder mit einer Null abgeschlossen wird. Es ist niemand mehr bereit, beim FC Wacker Innsbruck in die Vorleistung zu gehen. Und deswegen diese Vorsichtsmaßnahmen, die sicher sinnvoll sind.
LAOLA1: Haben Sie jemals so eine junge Kampfmannschaft zusammengestellt?
Hörtnagl: Eine junge Mannschaft haben wir schon letztes Jahr gehabt, das Zweier-Team. Davon haben wir den Stamm halten können und mit den einen oder anderen "Routinier" verstärkt. Eine sehr junge Mannschaft, aber das ist eine klare Positionierung, dass wir jungen Spielern weiterhin die Plattform geben. Man hat auch gesehen, was da rausgekommen ist. Wir werden den Weg weitergehen und diesem Weg haben wir uns verschrieben. Das heißt, junge, talentierte Spieler können die Plattform 2. Liga nützen, auch die zweite Mannschaft hat ein richtig junges Team in der dritten Leistungsstufe. Wieder sind die beiden sehr eng verzahnt, wie wir das schon eine Etage höher gehabt haben. Das sind dann ca. 40 junge Spieler zwischen 16 und 23 Jahren und die können die Plattform nützen. Wir bieten die Schnittstelle an, um vom Nachwuchs-Fußball in den Profi-Fußball zu kommen. Wenn die Spieler sich gut entwickeln, wird es Anfragen geben und dann werden diese Spieler den nächsten Schritt machen.
LAOLA1: Was ist in der Meisterschaft mit dieser jungen Truppe möglich?
Hörtnagl: Unser Ziel ist einfach, klar in der Liga zu bleiben und dass wir erfrischenden Fußball zeigen. So wie das die Mannschaft teilweise richtig zelebriert hat. Wir wollen auf dieser Ebene eine Befreiung vom Druck, aufsteigen zu müssen. Mit Esprit, Spaß und Freude wollen wir diese Plattform nützen. Mit den Fans haben wir auch schon ein Gespräch gehabt, die unterstützen diesen Weg. Die haben sich auch überlegt, welche Maßnahmen sie setzen können, damit sie den Verein und die junge Mannschaft noch mehr unterstützen können. Von daher ist die Ausrichtung völlig klar, so werden wir in die Saison starten.
LAOLA1: Wäre im Budget Platz für zumindest einen routinierten Spieler? Immerhin ist der erfahrenste Spieler im Kader aktuell Alexander Gründler, und der ist erst 25 Jahre alt.
Hörtnagl: Wir versuchen, eventuell Stefan Meusburger zu behalten, der sicherlich für diese Liga richtig spannend wäre. Meusburger, Lukas Hupfauf, Lukas Wedl und Gründler wären dann die vier, die Erfahrung haben. Sie sind zwar jung, aber bringen trotzdem Erfahrung mit. Die würden das dann tragen. Wir wollen aber nicht irgendwie einen 30-jährigen Routinier reinholen, das machen wir nicht. Im Prinzip ist es auch so, dass alle Spieler von der letztjährigen Bundesliga-Mannschaft, die wegwollten, einen Verein gefunden haben. Wir haben auch für mehrere Spieler noch kleinere Ablösen bekommen. Wir haben das auch gebraucht für die Entschuldung des Vereins.
LAOLA1: Thomas Grumser ist Trainer geblieben, trotz des Abstiegs. Er war aber wohl trotzdem der logische Kandidat?
Hörtnagl: Es war auch so die Ausrichtung, dass es weitergeht, auch wenn es runtergeht. Wir haben natürlich schon noch einmal sauber analysiert, wie es zu dem Abstieg gekommen ist. Es ist auch wichtig, dass man so einen Prozess sauber abschließt, um dann die Energie zu haben für etwas Neues. Das ist eben diese Ausrichtung.
LAOLA1: Hat es trotzdem ein Treffen mit Robert Ibertsberger gegeben?
Hörtnagl: Ich muss nicht auf alle Fragen Antworten geben. Thomas Grumser ist Trainer und in dem Bereich wird sehr viel spekuliert.
LAOLA1: Ein weiteres großes Thema war der Transfer-Streit um Florian Rieder. Warum musste es überhaupt soweit kommen?
Hörtnagl: So einen Transfer könnte man normalerweise sehr reibungslos und schnell abwickeln. Im Prinzip braucht man nur einen Transfer-Vertrag, diesen aufsetzen und dann unterschreiben. Da war ursprünglich von Seiten der WSG ein anderer Weg vorgesehen, wir haben uns dann geeinigt, dass wir es so machen, wie es sich gehört und dann ist es sehr schnell über die Bühne gegangen.
"Wir haben klar gesagt, wir fangen nicht einfach an, Mannschaften abzumelden. Dann ist es der Beginn, das Unternehmen runterzufahren. Dann können wir gleich noch mehr abmelden und die Damen abmelden usw."
LAOLA1: Ex-Spieler Thomas Pichlmann hat in der "TT" geschrieben, dass er es als den falschen Weg empfindet, dass man bei der vollen Anzahl an Teams bleibt, trotz des kleineren Budgets. Er empfiehlt, dass man sich mehr auf die Spitze konzentrieren sollte.
Hörtnagl: Ungefragte Ratschläge sind auch Schläge. Für uns ist das total wichtig, dass wir gesagt haben, den Weg so weiterzuführen. Für uns sind drei Herren-Mannschaften total gut und wichtig. Wir haben schon gesehen, dass wir viele junge Spieler aus dem Jahrgang 2001 und 2002 nach oben geschoben haben. Die Kosten sind mehr wie überschaubar. Auch wenn das keine Herren-Mannschaft ist, ist es eine Jugend-Mannschaft und da ist kein allzu großer Unterschied. Wir haben klar gesagt, wir fangen nicht einfach an, Mannschaften abzumelden. Dann ist es der Beginn, das Unternehmen runterzufahren. Dann können wir gleich noch mehr abmelden und die Damen abmelden usw. Das wollen wir nicht. Wir wollen das weiterführen, weil es sinnvoll ist aus unserer Sicht. Sonst bauen wir etwas ab, was dann wieder Jahre braucht, um aufgebaut zu werden.
LAOLA1: WSG Wattens bzw. WSG Tirol ist die neue Nummer eins in Tirol. Besteht die Gefahr, dass in Zukunft mehr Talente die WSG dem FC Wacker vorziehen?
Hörtnagl: Wattens hat einen Nachwuchs, wir haben einen Nachwuchs. Wir wissen, dass wir im Nachwuchs einfach gut sind und eine wichtige Schnittstelle zur Akademie sind. Die meisten Spieler gehen vom Wacker zur Akademie. Das wird auch zukünftig so sein. Ich hoffe, dass auch unsere Positionierung klar ist. Weil für einen jungen Spieler ist eines das Wichtigste: Wie komme ich am schnellsten und besten vom Nachwuchs in den Profi-Fußball. Und das bieten wir. Diese Ausrichtung haben wir jetzt vorgelebt. Und wenn sie diese Chance nützen, können sie überall hinwechseln.
LAOLA1: Mätthaus Taferner war einer der wenigen Lichtblicke der letzten Saison. Viele haben den Schritt zu Dynamo Dresden kritisch betrachtet und sich gefragt, warum sich nicht mehr österreichische Top-Klubs um ihn bemüht haben.
Hörtnagl: Es war ein großes Interesse in Österreich da und es gab großes Interesse auch in Deutschland. Es hat noch einen deutschen Zweitligisten gegeben, der richtig mitgegangen ist. Da waren sicher drei, vier Vereine dabei, die richtig Interesse gezeigt haben. Dynamo Dresden hat das Rennen gemacht, die haben geschafft, Spieler, Vater und Betreuer zu überzeugen, dass der Weg nach Dresden der richtige sein sollte.
LAOLA1: Sie haben selbst jahrelang in Deutschland gearbeitet und sind dementsprechend ein Experte. Halten Sie es für den richtigen Schritt?
Hörtnagl: Das habe ich nicht zu beurteilen. Ich kann ihm nur gratulieren, er hat mit 16 in der Regionalliga gespielt hat, mit 17 in der 2. Liga gespielt hat und war dann gerade einmal 18, als er in der Bundesliga gespielt hat. Das ist der ideale Weg für einen jungen Spieler. Dass ein Traditionsverein in Deutschland, Dynamo Dresden, bei denen jedes Heimspiel 30.000 Zuseher kommen, so einen Spieler rausholt und auch bereit ist, eine satte Ablöse zu zahlen - das ist der Weg, den wir weitergehen wollen. Ich traue dem Matthäus sehr viel zu, dass er es auch auf dieser Stufe schafft. Ob es gleich geht oder noch eine gewisse Zeit braucht - der Junge ist erst 18 Jahre. Das finde ich einfach stark. Er würde den Schritt nicht machen, wenn er nicht innerlich voll überzeugt wäre und sich sagt, er setzt sich dort durch. Und wenn man sieht, wie er bei uns gespielt hat - er war derjenige der in der Drucksituation am druckfreisten Fußball gespielt hat. Deswegen traue ich dem Spieler sehr viel zu.