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Nach Abstieg: Admira geht zurück zu den Wurzeln

Neo-Coach Pätzold im Interview über Einstand, Umbruch, Nachwuchs und Dreijahresplan:

26,2 Jahre - so alt war jene Startelf, die Andreas Herzog im letzten Bundesliga-Spiel der Admira beim LASK aufgeboten hat.

Seit dem verhängnisvollen 20. Mai hat sich in der Südstadt viel getan. Der Abstieg in die Admiral 2. Liga hat bei den Verantwortlichen für ein Umdenken gesorgt. ÖFB-Rekordspieler Herzog sitzt nicht mehr auf der Trainerbank, auch auf dem Spielersektor wurde ein radikaler Umbruch vollzogen.

Nicht weniger als 16 Spieler haben den Klub verlassen, 19 Kicker fanden dagegen ihren Weg nach Maria Enzersdorf. Der Altersschnitt wurde drastisch gesenkt, beim Cup-Auftakt in Purgstall war die erste Elf durchschnittlich schon 22,6 Jahre jung.

Noch viel wichtiger: Mit dem 42-jährigen Deutschen Roberto Pätzold wurde ein Mann gefunden, der sich in seiner Heimat einen Namen als Nachwuchstrainer gemacht hat, dessen erste Profi-Station jedoch völlig in die Hose ging.

Trotzdem sieht sich der neue Coach als "perfect match" mit der Admira, die in den letzten Jahren von ihrem Weg abgekommen ist, nun aber zurück zu den Wurzeln gehen will.

Was das genau bedeutet, erläutert Roberto Pätzold im LAOLA1-Interview ebenso wie den Dreijahresplan, für welchen sich der Verein entschieden hat. Der Deutsche spricht außerdem über die erste Kontaktaufnahme, den Umbruch im Verein, und warum der direkte Wiederaufstieg kein Ziel ist.

LAOLA1: Herr Pätzold, Sie sind seit einem Monat Trainer der Admira. Wie kam es zur ersten Kontaktaufnahme zwischen Ihnen und dem Verein?

Roberto Pätzold: Wie es üblicherweise so ist: Man bekommt erst einmal mit, dass eine Stelle frei wird. Dann erkundigt man sich, nach welchem Profil gesucht wird. Das hat ganz gut gepasst. 2021 hatte ich bereits Kontakt mit Flyeralarm, weil ich damals mit Würzburg Gespräche führte. Das hat die Kontaktaufnahme natürlich erleichtert. Dann haben wir uns getroffen, ausgetauscht und sind ziemlich schnell auf einen Nenner gekommen.

LAOLA1: Wie haben Sie sich im Verein, in ihrem neuen Umfeld bereits eingelebt?

"Die Admira hat sich nach dem Absteig nochmal deutlich dazu bekannt, 'back to the roots' zu gehen, wieder auf eigene Spieler, auf den eigenen Nachwuchs zu setzen."

Neo-Trainer Roberto Pätzold

Pätzold: Sehr gut, weil es mir jeder im Verein sehr leicht macht. Ich bin sehr gut aufgenommen worden. Es herrscht eine positive Atmosphäre, wovon ich selbst sehr überrascht war. Ich dachte, dass der Abstieg ein Faktor sein kann, an dem auch ich arbeiten muss. Aber ich habe einen Verein vorgefunden, der die letzte Saison sehr kritisch aufgearbeitet hat und äußerst positiv in die Zukunft schaut. Die Vergangenheit ist abgehakt, die Lehren gezogen und jetzt bin ich Teil dieses Aufbruchs.

LAOLA1: Die Admira ist in Österreich als Ausbildungsklub bekannt, die 2. Liga ebenso. Sie waren jahrelang Nachwuchscoach in Deutschland beim FC Ingolstadt – nennt man das ein „perfect match“?

Pätzold: Ja, ich glaube schon. Es war für beide Seiten der größte gemeinsame Nenner. Die Admira hat sich nach dem Abstieg nochmal deutlich dazu bekannt, „back to the roots“ zu gehen, wieder auf eigene Spieler, auf den eigenen Nachwuchs zu setzen. Ich habe in der Vergangenheit bei meinen Stationen Spieler ausgebildet, sie zu Bestleistungen trainiert. Ich glaube, das war für die Admira ein Grund, sich für mich zu entscheiden.

LAOLA1: Sie sind nicht nur Teil eines Aufbruchs, sondern auch eines Umbruchs. Nach dem Abstieg hat sich bei der Admira viel verändert. Es wurden sowohl erfahrenere Spieler geholt, als auch junge Kicker hochgezogen. Wie zufrieden sind Sie mit der Transferphase?

Pätzold: Wir haben eine sehr gute Basis, um eine erfolgreiche Saison spielen zu können. Wir haben eine gute Mischung aus Spielern, die in den letzten Jahren schon bei der Admira waren – da können wir uns glücklich schätzen, dass Spieler, deren Verträge auch ausgelaufen sind, verlängert wurden und jene die Verträge hatten, hier geblieben sind. Auch, dass Spieler aus der eigenen Akademie nachgerückt sind, die hungrig und ehrgeizig sind und Spieler von anderen Vereinen gekommen sind, die zum einen die Liga schon kennen, die charakterlich und von ihrer Mentalität sehr gut zur Admira passen und uns auch verstärken. Dieses Gesamtkonstrukt wird uns, und so haben wir es im Verein auch formuliert, in den nächsten drei Jahren wieder in die Bundesliga zurückführen.

LAOLA1: Wie wichtig sind Urgesteine wie Thomas Ebner und Stephan Zwierschitz sowohl für den Verein, als auch für Sie?

Pätzold: Sehr wichtig! Zum einen ist ihre Leistungsfähigkeit unbestritten. Die haben sie über viele Jahre in der höchsten Spielklasse unter Beweis stellen können. Zum anderen sind sie mega professionell, was gerade in der Mannschaft, die aus vielen jungen Spielern besteht, eine große Wirkung hat. Sie gehen vorne weg, was die Arbeit im Training anbelangt, bringen den Ehrgeiz und diese Bereitschaft mit, sich zu quälen und auch in diesem Alter weiterzuentwickeln – da kann sich kein junger Spieler dahinter verstecken. Da gehen speziell die Beiden vorne weg. Es ist immer sehr viel nachhaltiger, wenn junge Spieler das bei einem Spieler sehen, der schon eine derartige Karriere hinter sich hat, als wenn ich als Trainer jedes Mal den Finger hebe und sage: Bereitet euch vernünftig vor und nach, geht früh ins Bett, esst vernünftig. Das hat eine viel größere Wirkung, wenn ein Stephan Zwierschitz, der jahrelang in der Bundesliga auf Top-Level gespielt hat, das macht. Der gibt im Kraftraum und auf dem Platz Gas, obwohl er es „nicht mehr müsste“. Der hat das einfach brutal in sich. Die Spieler eifern ihm nach und sehen, dass diese Bausteine womöglich dazu geführt haben, dass er so eine Karriere hinter sich gebracht hat.

Die Nachwuchstalente Jakob Schöller (li.) und David Puczka (re.)
Foto: © GEPA

LAOLA1: In der Vorbereitung haben viele junge Spieler eine Chance bekommen. Mir sind u.a. Jakob Schöller, Fabian Feiner, Nikita Marlovics, Nadir Ajanovic, oder David Puczka aufgefallen, die besonders viel Einsatzzeit erhalten haben, aber alle erst 16 oder 17 Jahre alt sind. Sind sie schon reif für die Profis?

Pätzold: Das wird man sehen. Sie haben in den Testspielen richtig gute Momente gehabt, mussten aber wie viele der anderen jungen Spieler auch in der einen oder anderen Situation Lehrgeld bezahlen. Es ist einfach wertvoll, dass sie diese Spiele machen können. Sie behaupten sich im Training. Wir erwarten auch, dass sie sich in puncto Intensität und Zweikampfführung versuchen zu behaupten. Das ist ein Garant dafür, dass sie sich weiterentwickeln. Inwieweit das dann tatsächlich dazu führt, dass sie sich in der Liga behaupten können, das muss man individuell sehen. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg, dem einen oder anderen jungen Spieler in dieser Saison das Vertrauen zu geben.

LAOLA1: Das Ziel muss auch sein, junge Spieler wieder in den Verein zu integrieren. Vor allem in der Defensive wird es wichtig sein, die scheint etwas dünner besetzt zu sein. Würden Sie mir da zustimmen?

Pätzold: Das kommt darauf an, wie Sie Defensive definieren und welche Positionen Sie da mit einschließen. Ich teile das Spiel gerne in Phasen auf, und wenn wir eine defensive Phase haben, dann spreche ich nicht nur von der Viererkette, dem Torhüter oder den beiden zentralen Mittelfeldspielern, sondern im Idealfall immer von allen elf Spielern. Aber grundsätzlich haben wir alle Positionen doppelt besetzt, haben viele Spieler, die auf vielen unterschiedlichen Positionen spielen können. Daher glaube ich, dass wir sehr variabel, sehr flexibel sind. Nichtsdestotrotz halten wir Augen und Ohren offen, um uns womöglich noch verstärken zu können. Wenn nicht in der Spitze, dann auf jeden Fall mit Blick darauf, dass in einer langen Saison auch einiges passieren kann und wir dann gerne möglichst gleichwertig reagieren wollen.

LAOLA1: Das hört sich danach an, als wollen Sie den Saisonstart erst einmal abwarten, beobachten, wie sich die Mannschaft eingespielt hat und dann gegebenenfalls reagieren.

Pätzold: Genau. Das Transferfenster ist noch lange offen. Wir haben viel auf dem Transfermarkt gemacht, auch mit voller Überzeugung. Deswegen geben wir den Spielern auch das Vertrauen, aber wir halten uns natürlich offen, auf Dinge zu reagieren, die sich dann vielleicht auch erst unter Wettkampfbedingungen herauskristallisieren.

LAOLA1: Mit Patrick Schmidt kam ein Admira-Eigengewächs zurück. Als er vor drei Jahren nach England gewechselt ist, kassierte die Admira über eine Million Euro. Was darf man sich von ihm nun erwarten?

Pätzold: Dass der „Pippo“ ein klasse Fußballer ist, das muss er niemanden mehr beweisen – möchte er aber natürlich. Der Junge hat trotzdem eine kleine Tortur hinter sich. Mit dem Wechsel, der mit enormen Erwartungen verbunden war, mit Leihgeschäften, bei denen er auch nicht immer glücklich geworden ist. Er sprüht voller Spielfreude, ist glücklich, wieder zurück zu sein. In einem Umfeld, in dem er sich sehr wohl fühlt. Ich glaube, dass wir uns von „Pippo“ sehr viel Gutes erwarten können und auch sehen werden.

(Artikel wird unter dem VIDEO fortgesetzt)

VIDEO: So sieht der Dreijahresplan der Admira aus

LAOLA1: Er geht also mit der Einstellung hinein, es allen zeigen zu wollen?

Pätzold: Das ist ein Vollblutfußballer, der eine riesen Spielfreude und sehr positive Ausstrahlung hat. Er hat sehr viel Energie, die er auch auf die Mannschaft überträgt. Er ist auch ehrgeizig genug um zu sagen, ich will meinen Beitrag dazu leisten, dass die Admira wieder dahin kommt, wo sie hingehört.

LAOLA1: Wo gehört die Admira denn hin? Als Absteiger trägt man generell den Ruf mit sich, direkt wieder aufsteigen zu wollen bzw. zu müssen.

Pätzold: Dieser Ruf wird durch die Öffentlichkeit an die Absteiger herangetragen. Wir haben tatsächlich vorhin auch nochmal nachgeschaut, dass es zuletzt dem FC Linz vor 26 Jahren gelungen ist, als Absteiger sofort wieder aufzusteigen. Der Verein hat sich bewusst nach dem Umbruch für einen Dreijahresplan entschieden und gesagt, wir stellen eine Mannschaft mit Potenzial zusammen, die in den nächsten drei Jahren den Bundesliga-Aufstieg realisieren soll. Deswegen werden wir den Druck der Öffentlichkeit und der Konkurrenten zwar wahrnehmen, aber wir haben unsere eigenen Ziele, unseren eigenen Zeitplan. Wir wollen die bestmögliche Saison spielen und werden uns nicht dagegen wehren, wenn wir in der ersten Saison aufsteigen. Aber uns ist auch klar, dass nach so einem Umbruch, der im gesamten Verein stattgefunden hat und einfach enorm war, es Phasen geben wird, die nicht nach Wunsch laufen und die Zeit nehmen wir uns als Verein, um die Entwicklung vorantreiben. Wir wollen in der Spitzengruppe dabei sein und uns eine gute Ausgangslage erarbeiten, die in den entscheidenden Phasen, die jede Saison hat, das Pendel in unsere Richtung schwingen lässt.

LAOLA1: Aber Sie werden nicht den Kopf in den Sand stecken, wenn einmal eine Negativserie auf ihre Mannschaft zukommen wird?

Pätzold: Nein, das ist grundsätzlich der falsche Ansatz. Wir werden sehr zielgerichtet daran arbeiten, die Mannschaft weiterzuentwicklen, auch über diese drei Jahre zu verstärken. Wir haben uns bewusst für junge Spieler, für Spieler aus der eigenen Akademie entschieden, mit Spielern weiterzuarbeiten, die eine lange Historie im Verein haben oder Spieler zurückzuholen, die diesen Verein einfach leben. Das sollen die Attribute und die Mentalität sein, mit denen wir in den nächsten drei Jahren in die Bundesliga aufsteigen wollen.

LAOLA1: Sie wollen in der Spitzengruppe mitspielen, das muss auch der Anspruch des Vereins sein. Hat man ein konkretes Saisonziel ausgerufen? Oder geht es im ersten Jahr eher um die Entwicklung der Spieler?

Pätzold: Wir wollen oben mitspielen. Wir werden keine Zahlen nennen, denn es macht wenig Sinn zu sagen, wir wollen Zweiter werden, weil der Erste dann in greifbarer Nähe ist. Wir werden intern sicher Etappenziele definieren, an denen wir arbeiten wollen. Aber im Fokus steht erst einmal, in der Liga anzukommen, konkurrenzfähig und dominant zu sein, unser Spiel auf den Platz zu bringen und fleißig Punkte zu sammeln, um in Schlagdistanz zu sein, wenn es in die entscheidende Phase geht.


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