"Spätzünder", nennt sich Rene Aufhauser mit einem Grinsen.
Nach mehr als einem halben Jahrzehnt als Co-Trainer ist der 45-Jährige in diesem Sommer erstmals in die Rolle des Cheftrainers geschlüpft. Der Steirer coacht den FC Liefering, im Vorjahr Vizemeister in der Admiral 2. Liga.
Zum Saisonstart hat Aufhauser in Kapfenberg eine Startelf mit dem Durchschnittsalter von 18,09 Jahren aufs Feld geschickt. Und gewonnen. Am Freitag steht mit Absteiger SKN St. Pölten ein echter Prüfstein auf dem Programm. LAOLA1 zeigt das Spiel ab 18:30 Uhr im kostenlosen LIVE-Stream >>>
Im LAOLA1-Interview spricht der frühere ÖFB-Teamspieler über seinen Führungsstil, seine Ambitionen als Trainer, den Grund, warum er so lange in der 2. Reihe geblieben ist, und er nimmt einige der größten Talente des FC Red Bull Salzburg genauer unter die Lupe.
LAOLA1: Warum hat es nach deinem Karriereende sieben Jahre gedauert, bis du Cheftrainer geworden bist?
Rene Aufhauser: Spätzünder! (grinst) Ich durfte direkt im Anschluss an mein Karriereende in die Co-Trainerrolle beim FC Liefering schlüpfen, war eineinhalb Jahre dort. Dann ging es schnell zu den Profis. Ich hatte sehr viel Demut vor dem Job. Ich habe nach meiner relativ erfolgreichen Spielerkarriere sehr schnell erkannt, dass man als Trainer eine andere Rolle einnehmen muss, dass man gewisse Dinge lernen muss. Seit gefühlt zweieinhalb, drei Jahren hat es schon gekribbelt, Cheftrainer zu werden. Aber damals hat sich Red Bull Salzburg zum ersten Mal für die Gruppenphase der Champions League qualifiziert und ich wollte das mitnehmen. Ich bin der Champions League mein ganzes Leben nachgelaufen. Es war gut, diese Erfahrung zu sammeln.
"Beim FC Liefering braucht es keinen Peitschenknaller auf der Linie"
LAOLA1: Peter Zeidler, Thomas Letsch, Oscar Garcia, Marco Rose, Jesse Marsch – du hast unter all diesen Trainern als Assistent gearbeitet. Was hast du von ihnen mitgenommen?
Aufhauser: Man nimmt von jedem Trainer verschiedene Facetten mit. Verschiedene Menschen sprechen verschiedene Typen an. Zeidler war immer voller Tatendrang. Letsch hat Souveränität ausgestrahlt, war nie laut und hat immer auf einer Ebene mit den Spielern kommuniziert. Bei Garcia waren sofort Respekt und Akzeptanz seitens der Spieler zu spüren, er hat keine großen und lauten Ansprachen gebraucht. Rose hat den Fußball total gemocht, die Mannschaft in jeder Spielphase weiterentwickelt. Und Marsch war ein Motivator, ist mit seiner Energie vorangegangen und hat Spieler aus der Komfortzone geholt. Diese Dinge haben mich geprägt. Und ich bringe meine eigene Note ein.
LAOLA1: Bist du eher der laute Typ?
Aufhauser: Ich will mit den Spielern auf einer Ebene kommunizieren. Ich bin nicht der Typ, der von oben herab auf die Spieler einwirken und extrem laut sein will. Ich muss keine Über-Autoritätsperson sein. Das wollte ich schon als Spieler nicht. Beim FC Liefering braucht es keinen Peitschenknaller auf der Linie. Man muss ruhig und sachlich argumentieren. Es geht darum, die Spieler zu unterstützen.
VIDEO: Aufhauser über seinen Führungsstil
(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)
LAOLA1: Warst du im Sommer enttäuscht, als sich der FC Red Bull Salzburg für Matthias Jaissle als Cheftrainer entschieden hat?
Aufhauser: Klar, ich wollte natürlich Cheftrainer bei Red Bull Salzburg werden. Ich habe es aber sportlich gesehen. Der Verein hat sich für Jaissle entschieden und ich habe es für mich selbst als wichtig erachtet, voranzukommen und den nächsten Schritt zu machen. Sechs Jahre als Co-Trainer sind wirklich lange. Ich wollte den nächsten Step, wollte mich selber testen. Ich bin mit meiner Aufgabe als Cheftrainer beim FC Liefering hochzufrieden.
LAOLA1: Warum hast du dich entschieden, den ersten Schritt als Cheftrainer auch wieder in der Fußball-Welt von Red Bull zu gehen?
Aufhauser: Ich habe in Fußball-Österreich schon viel gesehen, teilweise auch international. In Gesprächen mit vielen Kollegen bekommt man gesagt, welche außergewöhnlichen Möglichkeiten wir in Salzburg haben. Red Bull Salzburg, der FC Liefering, die Akademie – das ist ein Modell, das sich etabliert hat und eine gute Durchlässigkeit vorweist. Es wird einem Trainer wirklich alles geboten, technisch und infrastrukturell. Trotzdem hat man bei all dem Geld das Gefühl, dass die Menschen für die Sache brennen.
LAOLA1: Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Als Liefering-Trainer wird man danach entweder Salzburg-Chefcoach, landet in der deutschen oder österreichischen Bundesliga. Die Aussichten sind gut.
Aufhauser: Wenn du dich hier als Trainer etablierst, dir ein gewisses Profil erarbeiten kannst, dann wirst du – ähnlich wie die Spieler – auch als Trainer interessant. Das ist mit ein Grund für meinen Weg.
LAOLA1: Was hältst du von folgender These: Der Job bei Liefering ist der schwierigste Trainerjob in Österreich, weil du aus jungen, unerfahrenen Spielern, die eigentlich möglichst schnell wieder weg wollen aus der Mannschaft, ein Team formen musst.
Aufhauser: Vielleicht hört sich das im ersten Moment als Nachteil an, ich sehe es aber als großen Vorteil. Das ist keine Belastung für mich, sondern zeigt wie hungrig und motiviert die Spieler sind. Das spüre ich in jedem Training an jedem Tag. Die Jungs haben bisher schon sehr viel investiert, gehen teilweise noch zur Schule, haben also eine Doppelbelastung. Ich kenne das schon von meinen vorigen Stationen im Verein, weiß, was das für die Jungs bedeutet. Ich glaube, der Job ist nicht der gefährlichste, sondern der beste und der meistgewollteste.
"Meister? Ich habe schon ein paar Spieler gehört, die genau das gesagt haben, was du gerade gesagt hast. Ich finde das super."
LAOLA1: Ich habe nicht gefährlich, sondern schwierig gesagt.
Aufhauser: Schwierig!? Nein, das glaube ich nicht und empfinde es auch nicht so. Wenn du dich in unserer Philosophie findest, es der Mannschaft vorleben kannst und einen Staff hinter dir hast, der in die gleiche Kerbe schlägt, wird es über die Monate hinweg eine positive Entwicklung geben.
LAOLA1: Der FC Liefering ist 2019/20 Dritter geworden, 2020/21 Zweiter. Ich will den Druck nicht erhöhen, aber…
Aufhauser: (Lacht) Danke! Man sollte in der Phase noch nicht von einem Tabellenplatz als Ziel sprechen. Ich habe schon ein paar Spieler gehört, die genau das gesagt haben, was du gerade gesagt hast. Ich finde das super. Aber ich glaube, nach dem großen Umbruch müssen die Spieler erst ankommen und reifen. Wir werden sehen, was die nächsten Monate bringen. Aber ich persönlich hätte nichts dagegen. (schmunzelt)
LAOLA1: Du hast die Kaderveränderungen bereits angedeutet.
Aufhauser: Es war doch ein großer Umbruch. Wir haben uns als Team schon gut gefunden. Sehr viele Spieler sind von der U18 hochgekommen. Es gibt fünf Kooperationsspieler, die bei Red Bull Salzburg mittrainieren und oben hoffentlich schon die ersten Spielminuten sammeln werden, wahrscheinlich aber auch bei uns zum Einsatz kommen werden. Das sind Benjamin Sesko, Maurits Kjaergaard, Bryan Okoh, Daouda Guindo und Mamady Diambou.
LAOLA1: Lass uns noch über ein paar Spieler im Detail sprechen. Forson Amankwah ist extrem schnell in Salzburg angekommen, war im Frühjahr schon richtig stark. Was traust du ihm zu?
Aufhauser: Ein sehr spielstarker, dynamischer Spieler, stark am Ball, durchaus torgefährlich. Aufgrund seines Spielstils hat er das Potenzial in weiterer Folge zu Red Bull Salzburg zu kommen.
LAOLA1: Wie erlebst du Federico Crescenti?
Aufhauser: Er ist einer von vielen U18-Spielern, die raufgekommen sind und unglaubliche Qualität haben. Ich bin gespannt, wie er sich im Männerfußball zeigen kann, wenn ihm dann plötzlich 30-jährige Innenverteidiger gegenüberstehen. Er hat eine unglaublich hohe Fußball-Intelligenz, ist brutal schnell. Physisch hat er noch Aufholbedarf.
LAOLA1: Über Dijon Kameri hört man Großartiges.
Aufhauser: Das kann ich nach den ersten Wochen bestätigen. Er ist mit dem Ball per Du, ein Vollblutspieler. Er zeigt sich gut zwischen den Linien, hat ein gutes Gefühl für den Raum. Er kann ein offensiver Spielmacher sein. Bei diesen Spielern ist oft die Gefahr, dass sie sich zu sehr auf ihre Qualitäten mit dem Ball verlassen. In unserer Philosophie ist es genauso wichtig, dass er intensiv gegen den Ball spielen kann, sich aufreiben kann. Er macht mir bisher sehr viel Freude.
LAOLA1: Die Salzburger Akademie hat in den vergangenen Jahren sehr viele linke Innenverteidiger produziert, die großes Potenzial haben.
Aufhauser: Ich habe nach zwei Tagen zu meinem Staff gesagt: "Wir haben ja brutal viele Linksfüßer!" Das ist außergewöhnlich. In der Innenverteidigung geht es darum, konsequent zu werden, seinen Mann stehen zu können, mit dem Ball in unseren Prinzipien Akzente zu setzen, hoch zu verteidigen, schnell genug zu sein, … Das ist ein hohes Anforderungsprofil.
LAOLA1: Wenn es nicht der FC Liefering wird, wer wird dann Meister?
Aufhauser: St. Pölten schätze ich sehr stark ein. Ich glaube, die wollen mit aller Macht rauf. Innsbruck wird auch alles daran setzen, aufzusteigen. Ich denke, der GAK kann eine größere Rolle spielen als im letzten Jahr. Und die Liga ist immer wieder für Überraschungen gut.