"Der Abstieg ist ein freier Fall, da muss man sich erstmal sammeln", sagt Klub-Boss Helmut Schwarzl. Im Sommer musste der SKN St. Pölten in die Admiral 2. Liga runter. Der Tiefpunkt turbulenter Jahre, in denen die "Wölfe" regelmäßig für Negativschlagzeilen sorgten.
"Wir sind nie wirklich in der Bundesliga angekommen, es war ein stetiger Kampf. Wir haben uns überlegt: Können wir so weitermachen oder sind wir in einer Sackgasse? Uns war schnell klar, dass wir massiv etwas ändern müssen", rekapituliert Schwarzl.
Im Sommer wurde mit dem Trainer-Duo Stephan Helm und Emanuel Pogatetz eine neue Spielphilosophie in die Landeshauptstadt geholt. Ende der Herbstsaison wurde die Trennung von Langzeit-Generalmanager Andreas Blumauer verkündet. Mit Jahresbeginn haben Jan Schlaudraff (Sport) und Matthias Gebauer (Wirtschaft) ihre Geschäftsführerposten angetreten. Totalumbau abgeschlossen.
"Wir wollen..."
Jetzt soll es in St. Pölten aufwärts gehen. Nicht nur sportlich, sondern ganz allgemein. Schwarzls Wunschliste ist umfangreich: "Wir wollen eine bundesligataugliche Mannschaft. Wir wollen einen attraktiven Fußball sehen. Wir wollen eine Plattform für junge Talente bieten, die uns die Möglichkeit geben, Transfererlöse zu erzielen. Wir wollen uns wirtschaftlich konsolidieren. Wir wollen wieder interessant für unsere Sponsoren werden."
Und das seien nur die "kurzfristigen Maßnahmen". Denn ein halbes Jahr nach dem Abstieg träumt der SKN schon wieder von viel mehr. "Wir wollen in der Bundesliga langfristig eine echte Größe werden", sagt Neo-Geschäftsführer Gebauer.
Der 30-jährige Tiroler hat ein Jus-Studium abgeschlossen, war schon CEO mehrerer Unternehmen und zuletzt U15-Trainer des SKN. Schwarzl berichtet: "Wir haben einen Menschen gesehen, der als junger, dynamischer Manager mit guter Ausbildung vor uns steht. Er ist ein Machertyp, mit einem guten unternehmerischen Sinn." Kommunikation und Empathie seien Gebauers Stärken.
Dieser will sich zunächst drei Säulen widmen:
Interne Abläufe – "Wir wollen da Strukturen schaffen, wie ich mir das vorstelle, es passiert oft mal, dass sich eine gewisse Betriebsblindheit einschleicht", sagt er. Die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen solle "mit Leben" gefüllt werden. Denn: "Die Damenmannschaft ist eine Riesengröße in Europa. Unsere Basketballer sind auch ganz vorne dabei. In unserem Special Needs Team wird hervorragende Arbeit geleistet."
Strategische Partner und Sponsoren – "Eine gewisse Unzufriedenheit ist da, es hat in den letzten Monaten und Jahren ein paar Versäumnisse gegeben. Mir ist wichtig, da wieder Vertrauen zu schaffen. Wir müssen die Kommunikation verbessern", hat Gebauer erkannt. Das "unglaubliche Potenzial in St. Pölten" solle ausgeschöpft werden.
Die Fans – "Das ist mir ein großes Anliegen, ohne unsere Fans ist der Fußball nicht mehr relevant. Wir wollen wieder viel mehr die Nähe zu St. Pölten und zu Niederösterreich suchen. Wir waren in den letzten Jahren nicht mehr präsent in der Stadt, haben dadurch die Nähe verloren", sagt Gebauer.
Sein Büro teilt sich der Tiroler mit einem Deutschen. Jan Schlaudraff ist neuer GF Sport der Niederösterreicher. Der 38-Jährige, der unter anderem beim FC Bayern und in Gladbach gekickt hat, war zuletzt Sportdirektor bei Hannover 96.
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Schwarzl begründet die Entscheidung für ihn so: "Bei all dem, was negativ war, war das Gelingen der Kooperation mit dem VfL Wolfsburg ein historisch wichtiges Ereignis für den Verein. Die Kooperation gilt es mit Leben zu füllen. Eine Person im Sport, die einen direkten Draht nach Wolfsburg hat, ist ein Riesenvorteil. Es war uns wichtig, einen Fachmann zu haben, der auf eigene Erfahrung zurückblicken kann. Er ist ein aufrechter Charakter, der menschlich sehr gut in unser Team passt."
Doch der Deutsche versucht sofort, sich vom VfL Wolfsburg zu emanzipieren: "Es ist wichtig, zu betonen, dass wir unsere Entscheidungen unabhängig von Wolfsburg treffen. Trotzdem wollen wir versuchen, die Kooperation mit mehr Leben zu erfüllen, als wir es in den letzten Monaten getan haben."
Es sei im Winter nicht geplant, weitere Leihspieler aus Wolfsburg zu holen, versichert er glaubhaft.
Schlaudraffs Säulen:
Transferzeit – Der Kader soll verstärkt werden. Gesucht wird ein Mann für die Mittelfeldzentrale, ein Mittelstürmer, der auch am Flügel spielen kann, und ein Linksfuß für die Innenverteidigung. "Aber wir werden keine wilden Sachen machen, es muss sportlich und wirtschaftlich passen", versichert er.
Durchgängige Philosophie – Was nun folgt, klingt sehr stark nach RB Salzburg. "Wir wollen in den Verein eine gewisse Philosophie reinbringen. Wir wollen aktiv spielen, hohes Pressing, die Intensität hoch halten. Das wollen wir im ganzen Verein etablieren. Wir wollen dieses Konzept unabhängig von den Personen im Verein verankern. Wir wollen gewisse Leitlinien setzen, an die sich alle halten", so Schlaudraff.
Zusammenarbeit mit der Akademie – Das Thema kocht in St. Pölten immer wieder mal auf. "Fakt ist, dass uns die Akademie nicht gehört und wir im Moment nicht in der Lage sind, sie uns leisten zu können", stellt der Deutsche klar. Es werde aber an der Kommunikation mit der vom Landesverband betriebenen Talenteschmiede gearbeitet.
Der SKN St. Pölten sei "ein Ausbildungsverein", hält der neue Sportchef fest. Beispiele dafür, dass auch Ausbildungsvereine in der Bundesliga reüssieren können – oder sogar Serienmeister werden – gibt es zur Genüge.
Wann es für die "Wölfe" wieder nach oben geht, darauf will sich niemand der neuen Führungsriege festnageln lassen. Gebauer sagt: "Eine fixe Deadline festzusetzen, wann der Aufstieg unbedingt sein muss, wollen wir nicht machen. Wir wollen den Verein auf den Tag X vorbereiten. Wir wollen in der Bundesliga langfristig eine echte Größe werden."
Der Weg dorthin ist weit. Schlaudraff und Gebauer nehmen ihn hochmotiviert in Angriff. Gebauer kündigt an: "Wir werden in den nächsten Monaten beweisen, dass es eine gute Entscheidung war, uns einzusetzen. Wir werden beweisen, dass es einen Turnaround, einen frischen Wind gibt."