Direkter Wiederaufstieg. Diese zwei Worte gehen leicht über die Lippen. Zumindest dann, wenn man mit der Umsetzung nichts zu tun hat.
"Klar, von außen wird immer vom Wiederaufstieg gesprochen, aber wenn man in die Historie schaut, ist der direkte Wiederaufstieg den wenigsten gelungen", weiß Stephan Helm. Er bildet mit Emanuel Pogatetz das neue Trainerduo des SKN St. Pölten.
Der Kader der Niederösterreicher ringt der Konkurrenz großen Respekt ab. Praktisch jeder Trainer der Admiral 2. Liga nennt als Meister-Favorit zuerst die "Wölfe".
Ein Blick in die Geschichte zeigt allerdings, dass es zuletzt ein Ding der Unmöglichkeit war, nach dem Abstieg sofort wieder aufzusteigen. In den vergangenen 25 Jahren ist das keinem Klub gelungen. Obwohl mit Ried, Wacker Innsbruck und Mattersburg durchaus Vereine (mehrmals) mit diesem Anspruch ins Rennen gegangen sind.
"Die Gründe dafür sind ein Unterschätzen der Liga, falsche Erwartungshaltungen, falsche Herangehensweisen", findet Helm. Für ihn sei es "zu früh, ein Saisonziel zu definieren". Als Begründung führt er den großen Umbruch an.
Der große Umbruch
Alle Zu- und Abgänge aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Eine andere Aufzählung gibt aber ein gutes Gefühl für die Größe des Umbruchs. Michael Steinwender, Daniel Drescher, Lukas Tursch, Daniel Schütz, George Davies, Christoph Halper und Marcel Tanzmayr sind von den 30 in der Vorsaison eingesetzt Spielern noch da. Der Rest ist weg.
Doch was gekommen ist, ist den Namen nach über Zweitliga-Niveau. Deni Alar (Rapid), Bernd Gschweidl (Ried), Thomas Salamon (Suduva) und Christian Ramsebner (LASK) haben insgesamt über 700 Bundesliga-Spiele in den Beinen. Julian Tomka (Lafnitz), Michael Lang und Franz Stolz (Kapfenberg) zählten zuletzt in der 2. Liga zu den besten Spielern auf ihren Positionen.
Und ein Sechser wird auch noch kommen. Doch damit nicht genug. Der neue Kooperationspartner VfL Wolfsburg hat mit dem deutschen Keeper Lino Kasten und den Flügelspielern Ulysses Llanez (USA) sowie Yun-sang Hong (Südkorea) drei vielversprechende Talente zur Verfügung gestellt.
Wolfsburger Talente
"Deni Alar ist ein richtiger Glücksfall für uns"
Helm taugt das Trio. "Kasten ist ein verhältnismäßig junger Tormann, der in seiner Entwicklung schon sehr weit ist. Er ist sehr laut auf dem Platz, trifft gute Entscheidungen. Hong passt perfekt zu unserer Spielidee, hat eine hohe Agilität, fühlt sich im Zwischenlinienraum sehr wohl, hat aber auch einen richtig guten Tiefgang. Wir werden viel Freude mit ihm haben. Und Llanez hat schon im US-Nationalteam gespielt, hatte aber bei Heerenveen ein schweres Halbjahr. Wenn er fit ist, ist er ein Spieler für besondere Momente."
Weitaus bekannter ist freilich Alar. Der Stürmer will die unglückliche Zeit beim SK Rapid hinter sich lassen. "Er ist richtiger Glücksfall für uns. Wir sind sehr froh, dass wir ihn von dem Projekt St. Pölten überzeugen konnten. Wir haben hohe Erwartungen an ihn. Er hat oft bewiesen, dass er weiß, wie man die wichtigen Tore schießt. Und er ist als Persönlichkeit wichtig", sagt Coach Helm.
Ramsebner wiederum sei "auf und neben dem Platz ein Leader". Wie zwei Spieler dieses Kalibers von einem Schritt in die 2. Liga überzeugt werden konnten?
"Das Gesamtpaket war interessant für sie. Wir konnten ihnen sehr klar aufzeigen, wie wir planen, den Verein neu aufzustellen. Ein wesentlicher Faktor war, dass wir ihnen vermitteln konnten, dass wir einen ganz klaren Plan haben und sie dabei eine wichtige Rolle einnehmen können", sagt Helm.
Das Duo auf der Bank
Mindestens genauso spannend wie das Personal auf dem Platz ist jenes auf der Trainerbank. Im vorigen Sommer haben Helm und Pogatetz beim LASK angeheuert, als Assistenten von Dominik Thalhammer. Die Trennung im Sommer ist – zumindest im Fall Pogatetz – nicht friktionsfrei über die Bühne gegangen.
Helm kommentiert den gemeinsamen Wechsel zum SKN diplomatisch: "Es war eine Riesengelegenheit, bei einem Verein wie dem SKN St. Pölten in die Cheftrainerposition zu kommen. Es war eine Entscheidung für den nächsten Schritt."
VIDEO: Stephan Helm über seinen Werdegang
(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)
Pogatetz ist im heimischen Fußball hinlänglich bekannt. Anders verhält es sich beim 38-jährigen Helm, der bisher im Hintergrund gearbeitet hat.
Der Burgenländer gibt einen kurzen Überblick über seine bisherige Laufbahn: "Ich bin bei Thorsten Fink als Videoanalyst bei der Austria eingestiegen. Ich habe dann bis Saisonende noch unter Thomas Letsch gearbeitet. Dann bin ich mit Fink zu den Grasshoppers gegangen und in unterschiedlichsten Funktionen zwei Jahre in Zürich gewesen. Dann hat sich die Gelegenheit beim LASK ergeben, wo ich für die Offensive zuständig war."
Gleichberechtigt auf der Bank
Während der einjährigen Zusammenarbeit beim LASK hätten die beiden "sehr schnell festgestellt, dass wir den Fußball sehr ähnlich sehen", sie würden sich "durch unsere Erfahrungen sehr gut ergänzen", findet Helm.
"Unsere Stärke ist, dass wir einsehen, wenn dem anderen eine Sache sehr wichtig ist, dann gibt der andere nach"
Er führt aus: "Er hat als Spieler unglaubliche Erfahrungen gemacht. Er ist sehr klar darin, wie er sich gewisse Prozesse vorstellt. Gleichzeitig sagt er über mich, dass ich im strategischen Denken sehr gut bin."
Weil Pogatetz noch nicht über die notwendige UEFA-A-Lizenz verfügt, ist Helm am Papier Cheftrainer. In der Praxis sehen sich die beiden aber als gleichgestellt. Das funktioniert laut Helm: "Auch, wenn wir mal diskutieren, ist es nicht schwierig, einen gemeinsamen Konsens zu finden. Wir teilen uns die Agenden auf. Wenn wir uns nicht einig sind, stimmen wir die Vor- und Nachteile ab und treffen dann gemeinsam Entscheidungen. Unsere Stärke ist, dass wir einsehen, wenn dem anderen eine Sache sehr wichtig ist, dann gibt der andere nach."
Wofür St. Pölten unter ihrer Ägide stehen soll? "Wir wollen leidenschaftlichen Fußball zeigen. Es soll in jedem Spiel sichtbar sein, dass die Mannschaft nach vorne verteidigt, dass wir aggressiv auftreten, dass wir mutig spielen. Das klingt alles sehr pauschal, aber so lässt es sich am besten zusammenfassen. Und dann gibt es viele kleine Nuancen, die Teil unseres Spiels sein sollen. Es wird aber Zeit brauchen, bis wir all das umsetzen können", sagt Helm.
Wenn es mit dem sofortigen Wiederaufstieg klappt, ist bei den Niederösterreichern gewiss keiner böse. Helm definiert die Aufgabe aber anders: "Unsere Hauptaufgabe liegt darin, die Basis für längerfristigen Erfolg zu legen. Der Verein hat riesiges Potenzial."