Es war ein Knalleffekt im Kampf um den Aufstieg in die Admiral Bundesliga. Sportdirektor Tino Wawra wechselt im Sommer vom FC Blau-Weiß Linz zum aktuellen Konkurrenten SKN St. Pölten. Alle Infos >>>
Es ist eine kuriose Situation für den 43-Jährigen. "Viele 'wünschen' mir da, dass Blau-Weiß Meister wird und ich mit St. Pölten nächste Saison in der 2. Liga bin. Aber genau so ist es ja angedacht! Ich will auch in dieser Saison mit Blau-Weiß Meister werden. Und nächstes Jahr dann mit St. Pölten", sagt er im LAOLA1-Interview.
Der Oberösterreicher spricht über seine Beweggründe für den Wechsel, die Reaktionen der Fans und eine mögliche Beurlaubung.
LAOLA1: Wie war Ihr gestriger Tag?
Tino Wawra: Mein Handy hat viel gebimmelt (grinst). Jene, die sich weniger sachlich mit dem Fußball beschäftigen, haben sehr emotional reagiert und verstehen das nicht. Das muss man aushalten, damit kann ich leben. Ich verstehe, dass es gewisse Leute nicht verstehen. Die, die aus dem Fußball kommen und Einblicke haben, können meine Entscheidung zu 100 Prozent nachvollziehen. Aus dem Fußball-Business habe ich sehr viele positive Nachrichten bekommen. Noch etwas will ich festhalten: Es war der Wunsch von Blau-Weiß, dass wir es jetzt bekanntgeben, nicht meiner oder der des SKN St. Pölten.
LAOLA1: Was erwarten Sie von und rund um das Heimspiel gegen Amstetten am Sonntag?
Wawra: Sie werden mich sicher bis aufs Letzte schimpfen. Ich hoffe nur, alle sind so gescheit, dass das nicht auf die Mannschaft übertragen wird. Es ist wichtig, dass die Mannschaft keinen Schaden davonträgt. Ich habe gestern mit der Mannschaft gesprochen, die Spieler respektieren meine Entscheidung. Sie können sich bis zu meinem letzten Arbeitstag auf meine volle Loyalität verlassen. Ich will mich mit dem Meistertitel verabschieden!
LAOLA1: Wird Ihr Wechsel einen Effekt auf den Aufstiegskampf haben?
Wawra: Nein! Wir sind ja in keiner Transferzeit. Was ich aber wahrscheinlich nicht mehr machen kann bzw. aus Blau-Weiß-Sicht nicht mehr machen sollte, ist, den Kader für die kommende Saison zu planen. Aber ich helfe gerne mit und gebe meine Meinung ab. Aber ich wüsste nicht, wie ich den Titelkampf beeinflussen sollte. Es gibt keine Geheimnisse zwischen den beiden Klubs. Die Trainer – Helm, Pogatetz und Scheiblehner – haben ja sogar gemeinsam beim LASK gearbeitet.
"Es gibt Leute, die glauben, sie können sofort in der Bundesliga als Sportdirektor anfangen, also quasi gleich mit der Matura. Ich sehe das nicht so."
LAOLA1: Regionale Medien spekulieren über eine mögliche Beurlaubung, sind sich nicht sicher, ob Sie noch tragbar sind. Ist das ein Thema?
Wawra: Ich weiß es nicht. Aus Vereinssicht würde ich es nicht schlau finden. Die Vermutung liegt nahe, dass ich ab dem Zeitpunkt, an dem ich freigestellt werde, vielleicht schon für meinen neuen Arbeitgeber arbeite. Solange ich hier involviert bin, ganz normal meiner Arbeit nachgehe, kann sich der Verein zu 100 Prozent auf meine Loyalität verlassen. Ich glaube, durch eine Beurlaubung würde eher Unruhe reinkommen.
LAOLA1: Können Sie Ihre Entscheidungsfindung in den vergangenen Wochen skizzieren?
Wawra: Jan Schlaudraff ist schon vor einiger Zeit an mich herangetreten, anfangs habe ich aber eher abgeblockt. Doch er hat nicht lockergelassen, sich sehr um mich bemüht. Er hat mir die Visionen und Möglichkeiten aufgezeigt. Die Kooperation mit dem VfL Wolfsburg war ein extrem entscheidender Punkt. Ich bin längst noch kein fertiger Sportdirektor, ich muss und kann noch viel lernen. Es gibt Leute, die glauben, sie können sofort in der Bundesliga als Sportdirektor anfangen, also quasi gleich mit der Matura. Ich sehe das nicht so. Mit Wolfsburg im Hintergrund ist in St. Pölten die geballte Kompetenz da. Bei Blau-Weiß gab es den Geschäftsführer und mich – von wem soll ich da im sportlichen Bereich noch lernen? Außerdem wollte ich mal etwas anderes sehen, raus aus diesem Schneckenhaus. Und noch etwas.
LAOLA1: Was denn?
Wawra: Ich lese zwar keine Fan-Kommentare, bekomme aber natürlich immer wieder welche zugeschickt. Viele „wünschen“ mir da, dass Blau-Weiß Meister wird und ich mit St. Pölten nächste Saison in der 2. Liga bin. Aber genau so ist es ja angedacht! Ich will auch in dieser Saison mit Blau-Weiß Meister werden. Und nächstes Jahr dann mit St. Pölten.
LAOLA1: Hat es in Ihren Überlegungen eine Rolle gespielt, dass Sie sich – sollte Blau-Weiß aufsteigen – um den Lohn Ihrer Arbeit bringen?
Wawra: Eigentlich nicht. Ich sehe es eher so, dass ich durch meine Arbeit für andere Vereine interessant geworden bin. Das ist der Lohn für meine persönliche Arbeit. Ich habe in diesen vier Jahren im Verein viel bewirkt, da kann ich mir nichts vorwerfen. Es gibt nichts Schöneres, als hier etwas Gutes zu hinterlassen. Was ich aber schon schade finde, ist die Sache mit dem neuen Stadion. Es war keine leichte Entscheidung für mich.
LAOLA1: Fally Mayulu ist im Sommer weg, Matthias Seidl wird gehen, Sie wechseln. Von außen hat man das Gefühl, dass Blau-Weiß kurz vor dem möglichen Aufstieg zerfällt.
Wawra: Das ist nur die halbe Wahrheit. Mayulu und Seidl geben jeden Tag Gas, da schont sich keiner. Bei mir ist es genauso. Jeder macht zwar beruflich seinen nächsten Schritt, aber trotzdem wollen wir das hier erfolgreich abschließen. Wenn man in die Kabine reingeht und beim Training zusieht, ist da keine Spur von Zerfall!
LAOLA1: Wer führt die Gespräche mit Trainer Gerald Scheiblehner wegen einer Vertragsverlängerung?
Wawra: Christoph Peschek.