David Wimleitner kann mehr als zufrieden sein. Sein Klub Blau-Weiß Linz ist die positive Überraschung der HPYBET 2. Liga.
Aus einem Abstiegskandidaten ist ein Spitzenteam geworden. Doch das ist kein Zufall, wie der 43-Jährige im Gespräch mit LAOLA1 verrät.
Die Linzer wissen um ihre Rolle als "Underdog-Verein" und nutzen dieses Image, um ehrgeizige Ziele zu verfolgen.
Denn auch wenn diese Saison, trotz guter Ausgangslage, nicht um die Bundesliga-Lizenz angesucht wurde, der Weg von Blau-Weiß soll über kurz oder lang in die höchste Spielklasse führen.
LAOLA1: Blau-Weiß Linz war die Überraschungsmannschaft im Herbst. Hat man den Erfolgslauf intern schon realisiert oder war der erwartet worden?
Wimleitner: Nein, intern war das nicht so vorauszusehen. Wir wussten, dass wir nach der schlechten letzten Saison, in der wir uns mehr erwartet hätten, umstrukturieren werden.
LAOLA1: Wie hat das die Zielsetzung für diese Saison beeinflusst?
Wimleitner: Offiziell haben wir die obere Tabellenhälfte, intern das erste Tabellendrittel als Ziel ausgegeben. Auch, weil wir alle unsere Wunschspieler bekommen haben, was ja nicht immer selbstverständlich ist. Dass es dann so super funktioniert, damit haben wir aber auch nicht gerechnet.
LAOLA1: Trotz des Erfolgs wurde nicht um die Lizenz angesucht. Merkt man diesen Verzicht in der täglichen Arbeit?
Wimleitner: Nein, eigentlich gar nicht. Das wurde ja in den Medien befürchtet, dass die Spieler nun nicht mehr Vollgas geben würden. Was aber passierte, war, dass wir bis auf das letzte Spiel fast alles gewonnen haben. Es spielt ja jeder für seine Karriere und, um sich ins Rampenlicht zu spielen. Ich glaube sogar, dass es ein bisschen in die andere Richtung geht.
LAOLA1: In welche andere Richtung?
Wimeitner: Der Druck ist ein wenig abgefallen. Dieser selbstauferlegte Druck, dass du vorne dabei bist und jetzt immer gewinnen musst, um auch weiterhin dabei zu bleiben.
LAOLA1: Es war also auch nicht zu erwarten, dass im Winter viele Spieler das Weite suchen?
Wimleitner: Nein, da war Stefan Haudum jetzt eine Ausnahme. Ich wusste schon lange, dass er Gespräche mit dem LASK führt und gerne Richtung Bundesliga wechseln möchte. Aufgrund dessen war es uns wichtig, dass der Transfer noch im Winter über die Bühne geht, weil wenn es unter der Frühjahrsrunde herausgekommen wäre, dann hätte der Spieler kein schönes Leben mehr gehabt. Da hätten wir ihn nicht mehr spielen lassen brauchen.
"Ich glaube, dass frische Kräfte bei allen Vereinen am Werk sind, die nicht sofort immer in den anderen nur Konkurrenten und die Bösen sehen."
LAOLA1: Der Transfer wäre also spätestens im Sommer passiert, aber so war es für alle Beteiligten das Beste?
Wimleitner: Genau. Wir bekommen Geld, der LASK braucht einen Spieler um Erdogan nachzubesetzen und der Spieler selber hat nicht das Risiko, dass es irgendwann während des Frühjahrs herauskommt.
LAOLA1: Also auch wenn bei den Fans natürlich Rivalität zum LASK herrscht, auf Funktionärsebene funktioniert es soweit?
Wimleitner: : Es funktioniert sehr gut. Natürlich gibt es immer wieder Punkte, wo wir sachliche Diskussionen haben, aber eigentlich haben wir ein sehr gutes Auskommen miteinander. Es geht ja auch darum, den Fußball in Linz weiter zu entwickeln.
LAOLA1: Überhaupt boomt der Fußball in Oberösterreich aktuell sehr, woher kommt das?
Wimleitner: Ich glaube, dass frische Kräfte bei allen Vereinen am Werk sind, die nicht sofort immer in den anderen nur Konkurrenten und die Bösen sehen, sondern, dass man wirklich erkennt, dass man das Produkt Fußball in Oberösterreich gut und professionell platzieren muss.
LAOLA1: Gibt es auch für alle Vereine genug Sponsoren?
Wimleitner: Speziell der Wirtschaftsraum Oberösterreich ist sehr gut aufgestellt, es ist viel Potenzial vorhanden. Andererseits glaube ich aber auch, dass noch sehr viel brachliegt, weil der Fußball in Oberösterreich in den letzten Jahrzehnten doch seine Skandale gehabt hat.
LAOLA1: Woher kommt es, dass Blau-Weiß oft als Vorzeigeklub wahrgenommen wird?
Wimleitner: Weil wir, so wie wir derzeit aufgestellt sind, eine klare Linie und ein klares Ziel verfolgen. Wir wissen, dass wir ein kleiner Klub sind und auch, dass wir unsere Fehler gemacht haben. Wir lassen uns von diesen Dingen aber nicht beunruhigen. Mit unserer Agenda 2027 haben wir ein langfristiges Projekt im Kopf und wollen die Schritte in einem Tempo gehen, in dem wir sie auch meistern können.
LAOLA1: Einer dieser Schritte beinhaltet, dass nächstes Jahr um die Lizenz angesucht wird.
Wimleitner: Wir werden es zumindest versuchen. Grundsätzlich haben wir uns im Vorstand das Ziel gesetzt, dass wir alle Hausaufgaben, die es in Richtung große Lizenz braucht, in den nächsten Monaten versuchen zu bewerkstelligen.
LAOLA1: Was ist die größte Baustelle, die Blau-Weiß in Angriff nehmen muss?
Wimleitner: Die Erste wäre die Einbringung des Vereins in eine GmbH. Da war es so, dass wir damals bei unserer Neuaufstellung knapp 95.000 Euro Altlasten mitbekommen haben. Das haben wir nicht weggebracht, auch, weil dieses Jahr sehr viel an Fernsehgeldern weggefallen ist. Das ist jetzt das große Ziel, dass wir das so schnell wie möglich schaffen.
LAOLA1: Wie soll das gelingen? Die Fernsehgelder werden ja nicht mehr.
Wimleitner: Die werden nicht mehr werden, aber wir haben eine sehr gute Finanzabteilung, die sehr, sehr gut arbeitet, dass wir auch die Bilanz hinbekommen. Und natürlich arbeitet unsere Marketingabteilung auf Hochtouren, um neue Sponsoren an Land zu ziehen.
LAOLA1: Eine letzte Frage zur Lizenz: Wurde man vom sportlichen Erfolg überrascht und hat es deshalb verabsäumt die Voraussetzungen zu erfüllen?
Wimleitner: Ich glaube, das war nicht wirklich ein Punkt auf unserer Agenda. Da wussten wir, dass wir ein, zwei Jahre in dieser Liga brauchen, damit wir wissen, wo die Reise finanziell hingeht. Von der Grundplanung hat uns der sportliche Erfolg ein wenig überholt. Wenn wir jetzt heuer um den zehnten oder achten Platz gespielt hätten, würden wir jetzt nicht über das Lizenzthema diskutieren.
"Wir haben keinen reichen Onkel aus Amerika oder Fuschl am See, wir müssen erst einmal die Strukturen schaffen und uns jeden Cent hart erarbeiten."
LAOLA1: Ihr könnt jetzt bereits für die neue Saison planen. Gibt es schon Gespräche?
Wimleitner: Der Plan ist, dass ich im Februar erste Richtlinien vom Budget bekomme. Ich werde nicht das Fell aufteilen, bevor ich den Bären erlegt habe. Sobald ich planen kann, wird es Gespräche mit dem Trainer über eine Verlängerung geben. Wir haben viele Spieler, die auch nächste Saison noch Vertrag haben – speziell im Defensivbereich. Ansonsten warten wir die Entwicklung der einzelnen Spieler ab und schauen, wo wir Veränderungen vornehmen müssen.
LAOLA1: Um die Bundesliga-Lizenz zu bekommen, braucht es einen Trainer mit Pro-Lizenz - Thomas Sageder hat diese nicht. Wie will man dieses Problem lösen?
Wimleitner: Es startet rechtzeitig ein neuer Pro-Lizenz-Trainerkurs. Hier kommt Thomas dann höchstwahrscheinlich rein. Daher wäre dieses Problem gelöst bzw. eigentlich keines mehr.
LAOLA1: Für große Begeisterung hat Alan gesorgt. Er ist ja nur ausgeliehen, wie wird es bei ihm weitergehen?
Wimleitner: Wir haben eine Kaufoption, auch wenn die Summe für uns sehr hoch ist, da brauchen wir nicht reden. Wir müssen aber auch seine Entwicklung sehen, in der ersten Hälfte der Herbstsaison war er richtig gut, hat da auch fast seine gesamten Tore und Assists gemacht, dann hat er leider etwas abgebaut. Jetzt versuchen wir mit einer Top-Vorbereitung, dass wir ihn noch einmal richtig pushen. Ich muss aber auch ganz klar sagen, dass er definitiv wieder dort anknüpfen muss, wo er im ersten Viertel der Saison war.
LAOLA1: Was steht auf der zuvor angesprochenen Agenda 2027?
Wimleitner: Wir haben immer gesagt, dass es das Ziel ist, erstklassig zu sein. Wir wussten aber auch, dass der Verein, so wie er aufgestellt war, ein guter Amateurklub war. Uns war klar, dass wir uns erst einmal in dieser zweiten Liga etablieren müssen. Wir haben keinen reichen Onkel aus Amerika oder Fuschl am See, wir müssen erst einmal die Strukturen schaffen und uns jeden Cent hart erarbeiten. Und dann gibt es auf der Agenda natürlich noch Punkte wie den Nachwuchs, da wir keine Akademie haben, müssen wir attraktiv für unsere jungen Talente bleiben.
LAOLA1: Klingt nach Sicherheit vor Risiko.
Wimleitner: Wir haben es selber miterlebt, als wir 2011 aufgestiegen sind, als einfach viel nicht gepasst hat. Das erste Jahr geht es mit Euphorie, aber dann im zweiten ist man schnell wieder weg. Sowas haut dich wieder weiter zurück. Das wollen wir einfach nicht mehr, weil du dann erst wieder vier, fünf Jahre anrennen musst.
LAOLA1: Der Schritt von der 16er-Liga in die Bundesliga ist aber definitiv größer, oder?
Wimleitner: Der ist größer geworden und er wird von Jahr zu Jahr noch weiter anwachsen. Das wird eine Aufgabe der Bundesliga sein, diese Lücke ein wenig schließen. So wie es momentan ausschaut, glaube ich, dass es jährlich schlimmer wird.
LAOLA1: Klingt nach Kritik an der Liga-Reform.
Wimleitner: Ich bin ein großer Fan dieser Liga. Sie ist wesentlich interessanter, du hast schönere Spiele, nicht alles auf Kampf wie in der 10er-Liga. Du hast mehr Zeit, kannst junge Spieler entwickeln und es wird offensiver Fußball gespielt. Ein Schlüssel wird aber sein, dass man auch die Klubs der zweiten Liga mit Geldern ausstattet, damit der Sprung nicht zu groß wird.
LAOLA1: Das gilt auch für die Absteiger aus der Bundesliga.
Wimleitner: Völlig klar, wenn du absteigst, dann bist du, blöd gesagt, ausgelutscht. Dann macht es den Cut und du hast zusätzliche Kosten, die du wieder losbringen musst.
LAOLA1: Vor allem wenn man plötzlich nur noch auf die Zweitvertretungen der Top-Klubs trifft.
Wimleitner: Das ist für mich so ein zweischneidiges Schwert. Ich finde es für die Entwicklung der Liga ganz gut, insofern, weil diese jungen Spieler, wenn sie den Sprung nach ganz oben nicht schaffen, potentielle Spieler für die Zweitliga-Klubs sind. Aber natürlich dürfen es nicht zu viele Amateurteams von Bundesligisten sein. Daher muss man sich ansehen, wie viele Vereine eigenständige „de facto“ Amateurteams wie Liefering oder den Juniors stellen. Auch wenn diese zwei Vereine sehr gute Arbeit leisten, sollte man hier darauf achten, dass die Liga trotz Beschränkung, aufgrund dieser Vorgehensweise, nicht irgendwann zu viele Amateurteams hat.
"Heute rennt jedes Kind mit einem Trikot eines großen Klubs herum, ist Real oder Barcelona-Fan. Ich bin damals mit einem Fjortoft- oder Krankl-Leiberl, ich war als Kind Rapidler, herumgelaufen. Das hat man halt heutzutage leider nicht mehr."
LAOLA1: Der Zuschauerschnitt von Blau-Weiß liegt bei 1.226, zufrieden?
Wimleitner: Absolut nicht, das ist etwas, was uns extrem beschäftigt, weil einfach jahrelang nichts passiert ist beim Verein. Sich jetzt darauf zu verlassen, dass die ganzen „alten Blau-Weißen“, die jetzt über 50 sind, lieber auf der Couch sitzen, „DAZN“ und „Sky“ schauen, wieder zurückkommen, das kann sich nicht ausgehen. Deshalb werken wir daran, die Jugend wieder zurückzuholen ins Stadion. Für Kinder ist unser großes Stadion, trotz der Laufbahn, schon beeindruckend. Wir haben Kooperationen mit Vereinen und Schulen, im Schnitt haben wir etwa 100 bis 200 Kinder, die wir pro Spiel einladen.
LAOLA1: Mittlerweile kämpft man nicht mehr gegen die Lokalrivalen, sondern gegen Weltklubs, die man bequem zuhause schauen kann.
Wimleitner: Das ist die Problematik. Heute rennt jedes Kind mit einem Trikot eines großen Klubs herum, ist Real oder Barcelona-Fan. Ich bin damals mit einem Fjortoft- oder Krankl-Leiberl, ich war als Kind Rapidler, herumgelaufen. Das hat man halt heutzutage leider nicht mehr.
LAOLA1: Trotzdem sind die Blau-Weiß-Fans für ihre Treue bekannt. Was macht die Faszination Blau-Weiß aus?
Wimleitner: Ich glaube einfach, dass wir dieser Underdog-Verein sind. Blau-Weiß kommt weniger im Mainstream, dafür doch recht gut in den Jugend- und Subkulturen vor - das macht uns einfach ein bisschen aus. Wir sind einfach anders, auch im Vorstand. Wir gehen auf die Leute zu, wir sind für jeden greifbar. Bei uns gibt es nicht die klassischen Hierarchien, das ist alles auf einer Ebene.
LAOLA1: Kann man unter den speziellen Umständen noch ein Frühjahrs-Ziel ausgeben?
Wimleitner: Meister (lacht).
LAOLA1: Vor der SV Ried sein?
Wimleitner: Das wäre es gut, weil Ried dann nächstes Jahr noch in der Liga wäre und wir wieder Derbys hätten. Das soll nicht heißen, dass ich Ried nicht gönnen würde, dass sie aufsteigen. Aber wenn ich auf uns schaue, wäre es aus finanzieller Sicht sicher schön, wieder gegen Ried zu spielen. Unser sportliches Ziel bleibt, dass wir im ersten Drittel bleiben und, dass wir an den begeisternden Fußball, den wir im Herbst gespielt haben, anknüpfen. Die Art und Weise, wie wir gespielt haben, sollten wir wieder umsetzen, das ist das oberste Ziel. Dann schauen wir was rauskommt.