Es gibt einfachere Aufgaben als jene, die Alexander Kiene in Lustenau angetreten hat.
Der Deutsche hat im Sommer den SC Austria übernommen und muss dort ohne den Mann auskommen, der für seine beiden Vorgänger Gernot Plassnegger und Roman Mählich die offensive Lebensversicherung war. Und das ist fast noch eine Untertreibung.
50 Tore hat Ronivaldo in den vergangenen beiden Saisonen in der 2. Liga erzielt. Zwei Mal wurde er Torschützenkönig. Inklusive seiner 13 Assists war er in zwei Jahren an 56 Prozent aller Liga-Tore der Vorarlberger direkt beteiligt.
Jetzt spielt der Brasilianer in Innsbruck beim FC Wacker. „Es ist immer schade, wenn sich ein verdienter Spieler verändert, aber das ist der Profi-Fußball, das gehört dazu“, sagt Kiene dazu.
Kein Mittelstürmer im Kader
Der 42-Jährige ist bemüht, das Positive zu sehen: „Es ist für die anderen Spieler und die Neuzugänge auch eine Chance, in einer neuen Mannschaft, in einer neuen Hierarchie Dinge auf den Weg zu bringen, sich selber in den Fokus zu rücken.“
Der Neo-Coach hätte alles Recht, sich zu beschweren. Doch das tut er nicht. Ersatz für Ronivaldo? Keiner da. Doch damit nicht genug, sind mit Lukas Katnik, Patrik Eler und Andy Reyes drei weitere Stürmer weggegangen. Da, wo es in den Kaderanalysen um echte Angreifer für die vorderste Front geht, klafft ein riesengroßes Loch.
„Die ersten Wochen haben gezeigt, dass uns vorne Durchschlagskraft fehlt. Wir kreieren immer wieder Chancen, vorne im letzten Drittel, in der Box fehlt uns aber der Typ, der die Dinger auch verwertet. Wir müssen und werden uns im Angriff verstärken“, stellt Kiene klar.
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Er sei überzeugt, dass bis zum Start zumindest ein neuer Stürmer kommen werde. Geplant sind aber zwei Verstärkungen. Adriano Bertaccini, 20-jähriger Belgier vom KRC Genk, trainiert aktuell auf Probe mit und soll einen recht guten Eindruck hinterlassen haben. Der ehemalige Nachwuchs-Teamspieler war in seiner Heimat zuletzt an den Drittligisten KMSK Deinze verliehen.
Auch andere Angreifer befinden sich im Visier der Vorarlberger, Angebote wurden schon abgegeben, jetzt muss nur noch eine Zusage folgen. Doch der Umstand, dass der Transfermarkt in einigen Ländern erst so richtig anläuft und das Transferfenster erst Mitte Oktober geschlossen wird, erschwert die Aufgabe.
Drei Leihspieler von Clermont Foot
Ein neuer Offensivspieler ist jedenfalls schon gekommen: Blankson Anoff. Der 19-jährige Ghanaer ist ebenso wie der richtig starke belgische Mittelfeldspieler Brandon Baiye (19) und der französische Innenverteidiger Till Cissokho (20) leihweise von Clermont Foot gekommen.
Der französische Zweitligist ist ebenso wie Vendsyssel FF aus der zweithöchsten dänischen Spielklasse Teil der Club-Allianz von Core Sports Capital, zu der eben auch die Lustenauer gehören.
Kiene erklärt: „Alle drei bringen das Potenzial mit, um uns weiterzuhelfen. Das sind wirklich sehr talentierte Spieler. Man muss ihnen aber die Zeit geben, um sich in einem neuen Land, einer neuen Umgebung, einer neuen Mannschaft zu integrieren. Sie hatten zuletzt in Clermont wenig Spielpraxis, müssen sich also erst den Rhythmus erarbeiten.“
Ein Erfahrener, ein Heimkehrer
Weitaus ehr Erfahrung hat Matthias Maak. Der 28-jährige Abwehrrecke ist vom SCR Altach gekommen. Seine Aufgabe wird es sein, die Mannschaft zu führen.
„Er hat in der Vergangenheit schon gezeigt, dass er ein klasse Innenverteidiger ist und ein Führungsspieler sein kann. Wir haben uns ganz bewusst für ein erfahrenes Profil in der Innenverteidigung entschieden. Wir haben gerade im Defensivbereich sehr viele junge Spieler. Wir brauchen wen, der diese jungen Spieler führt. Man braucht in einer Mannschaft Führungsspieler, erfahrene Stützen“, sagt sein Neo-Coach.
Zurück in seiner Heimat Vorarlberg ist der 23-jährige Fabian Gmeiner, der zuletzt zehn Jahre lang in Deutschland und den Niederlanden gelebt hat. Der Linksverteidiger galt im Nachwuchs des VfB Stuttgart als großes Talent, hat den Sprung in den Profi-Fußball aber nur schwer geschafft – Nijmegen, HSV II und die Sportfreunde Lotte waren seine nächsten Stationen.
Kiene meint: „Er ist von seinem Typ her einer, der den Ehrgeiz mitbringt, um sich hier durchzusetzen, sich in Österreich wieder auf den Radar zu bringen. Nach den ersten Wochen bin ich sehr, sehr zuversichtlich, dass er für uns ein wichtiger Bestandteil sein kann.“
Die Defensive, die in der Vorsaison oft wenig sattelfest gewirkt hat, wurde nominell also verstärkt. Nun muss die Offensive noch aus dem langen Schatten Ronivaldos treten.