Klarerweise hätte man sich beim SK Sturm Graz II erhofft, dass man im "kleinen" Grazer Derby von mehr eigenen Anhängern unterstützt werde, sagt Thomas Hösele.
"Aber das große Cup-Derby steht bevor, daher ist es auch irgendwo nachvollziehbar", findet der Trainer der zweiten Mannschaft der "Blackies".
Am 19. Oktober wird Fußball-Graz fraglos Kopf stehen, wenn die beiden ersten Mannschaften der Stadtrivalen erstmals seit 15 Jahren aufeinandertreffen.
Das 1:1 im Duell in der Admiral 2. Liga diente vor 3.509 Zusehern quasi als Vorspiel - den Großteil des Publikums konnte der GAK mobilisieren.
Die wenigen Fans des SK Sturm, die den Weg nach Liebenau angetreten sind, durften indes verfolgen, wie ihr Nachwuchs den GAK an den Rand einer Niederlage gebracht hat.
"Wir waren nicht nur auf Augenhöhe. Ich habe eigentlich klare Vorteile für uns gesehen", unterstreicht Hösele.
Lang nimmt Verantwortung auf sich
Der Knackpunkt aus schwarz-weißer Sicht war schnell ausgemacht. In Minute 49 scheiterte Christoph Lang mit einem Elfmeter an GAK-Goalie Jakob Meierhofer.
"Das war die entscheidende Szene. Ich nehme die Verantwortung auf mich. Wenn ich ihn treffe, treffe ich. Wenn nicht, bin ich böse. Aber so etwas passiert", sagt der 20-Jährige, der in dieser Saison schon einen Bundesliga-Treffer zu Buche stehen hat.
Klar habe er sich geärgert: "Aber innerhalb einer Sekunde habe ich schon wieder an die nächste Situation gedacht."
Hösele meint: "Der vergebene Elfmeter schmerzt natürlich, denn zu diesem Zeitpunkt hätte uns ein 2:1 richtig gut getan. Ich denke, dann hätten wir die Partie auch gewonnen."
Dieser Druck im Training nicht simulierbar
Der Offensivspieler darf jedenfalls weiter zu Strafstößen antreten, wenn es nach Hösele geht: "Wenn er das Selbstvertrauen hat, darf er klarerweise wieder zum Punkt gehen. Es haben schon andere Spieler Elfmeter verschossen."
Nachhilfe in Sachen Elfmeter im Training werde es für Lang jedenfalls nicht geben:
"Das ist grundsätzlich eine rein mentale Geschichte, eine Drucksituation. Klarerweise kann man durch unzählige Wiederholungen die Quote möglicherweise erhöhen. Aber keiner kann im Training den Druck erzeugen, den man im Spiel hat."
Auch Paul Komposch macht seinem Mitspieler keinen Vorwurf: "Manchmal trifft man, manchmal verschießt man, das gehört im Fußball dazu. Wir hatten trotzdem genug Chancen, ein Tor zu machen, haben es aber nicht gemacht."
Genial einstudiert? Eben nicht!
So blieb der Kopfball-Treffer des Innenverteidigers das einzige Tor von Sturm II an diesem Nachmittag - und das kurz vor der Pause und unmittelbar nach dem 0:1 zum perfekten Zeitpunkt. In der Aufstiegs-Saison in der Regionalliga Mitte steuerte der 21-Jährige fünf Tore bei, dies war sein erstes in der Admiral 2. Liga.
"Natürlich ist es schön, wenn man ein Tor schießt, so macht man sich noch mehr bemerkbar."
"Ein Tor gegen den GAK ist immer super, wenn du Sturm-Spieler bist", grinst Komposch, "aber für uns war mehr drin. Wir waren über weite Teile des Spiels die bessere Mannschaft. So glücklich bin ich über den Punkt nicht, also kann ich mich auch über das Tor nicht so freuen."
Auffällig war, dass Komposch kurz nach seinem Kopfball-Treffer nach einem Eckball noch aus einer quasi identen Situation heraus die Kopfball-Chance auf den zweiten Treffer hatte (die beiden Szenen im Highlight-Video), diesmal den Ball jedoch nicht platzieren konnte.
Genial einstudiert, oder? "Es war beide Male eben nicht einstudiert", lacht Komposch, "ich habe zuerst sogar gedacht, dass sie kurz spielen. Aber dann ging er auf die zweite und zu mir durch. Es ist beide Male gut aufgegangen, aber schade, dass der zweite nicht reingegangen ist."
Komposch will sich für Profis aufdrängen
In der zweiten Mannschaft eines Bundesliga-Teams geht es natürlich nicht nur, aber auch darum, solche persönliche Ausrufezeichen zu setzen, um die eigene Situation im Hinblick auf die Profis zu verbessern.
In der Saison 2020/21 kam Komposch zu zwei Bundesliga-Kurzeinsätzen bei den Profis. Seither stand er in der Liga nur mehr ein Mal im Spieltagsaufgebot.
"Natürlich ist es schön, wenn man ein Tor schießt, so macht man sich noch mehr bemerkbar. Aber ich versuche auch ohne Tor jedes Spiel mein Bestes zu geben. Denn ich bin ja Verteidiger und versuche in erster Linie, Tore zu verhindern. Schöner wäre es gewesen, wir hätten zu Null gespielt und das Tor hätte jemand anders gemacht", erklärt der Youngster.
Gerade in Sachen Innenverteidiger herrscht beim SK Sturm aktuell kein Mangel. "Ich versuche mich in jedem Training aufzudrängen und mich vor allem in den Spielen der zweiten Mannschaft zu beweisen. Im Endeffekt ist es die Entscheidung des Trainers, wen er aufstellt. Ich nehme es so an, wie es kommt", so Komposch.
Das Feeling im Aufwärmprogramm
Wenn der Abwehrspieler im zweiten schwarz-weißen Kräftemessen mit dem GAK in diesem Oktober in zweieinhalb Wochen auflaufen würde, wäre es so gesehen eine Überraschung.
Komposch geht davon aus, dass Sturm im Cup gewinnt: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir da als Sieger vom Platz gehen werden."
Eine Spur mehr Hoffnung auf einen Einsatz im großen Derby darf Lang haben. Das Feeling im Aufwärmprogramm macht jedenfalls trotz verschossenen Elfers Lust auf mehr:
"Als ich klein war, haben wir in der U10 oder U11 öfter gegeneinander gespielt. Es war schon geil. Noch geiler wäre es, wenn mehr Fans von uns da gewesen wären. Aber es war auch so eine coole Erfahrung."
Lang: "Graz ist Schwarz-Weiß!"
Hösele glaubt nicht, dass das Cup-Derby, das in Graz derzeit vieles in den Schatten stellt, diesem "kleinen" Derby geschadet hat:
"Ich weiß nicht, wie es gewesen wäre, wenn 5.000 Sturm-Anhänger mehr im Stadion gewesen wären. Die Jungs haben es auch so über weite Strecken richtig, richtig gut gemacht. Uns haben einfach die Zielstrebigkeit und die Entschlossenheit im letzten Drittel gefehlt."
Das sollen die Profis am 19. Oktober besser machen und somit auch den Sieg einfahren.
Lang: "Da wird's anders ausschauen, und ich hoffe, ich werde dabei sein. Ich würde mal sagen: Graz ist Schwarz-Weiß!"