Der enttäuschende dritte Platz führte im Herbst zu viel Unzufriedenheit und in der Folge zu einer kompletten Neuaufstellung in der sportlichen Leitung der SV Ried.
Trainer Thomas Weißenböck und Manager Fränky Schiemer traten zurück, Gerald Baumgartner kommt als Nachfolger und wird Coach und Manager in Personalunion.
Im Gespräch mit LAOLA1 zieht der ehemalige Austria- und Mattersburg-Trainer ein erstes Fazit über seinen Start im Innviertel und wirft einen Blick voraus auf den Frühjahrsstart gegen Vorwärts Steyr (24.2, 10:30 Uhr, LIVE-Stream und LIVE-Ticker).
Eines wird schnell klar, mit dem Druck aus dem Umfeld hat der 54-Jährige kein Problem.
"Ich habe bei allen meinen Vereinen großen Einfluss auf die Transferpolitik nehmen können, das ist für mich nichts Neues. Es ist vermutlich schon auch so, dass der Verein das aus wirtschaftlichen Gründen zusammengelegt hat."
LAOLA1: Herr Baumgartner, die Vorbereitung ist vorbei. Wie ist Ihr erster Eindruck von der Mannschaft und dem Umfeld in Ried?
Baumgartner: Das Umfeld ist sehr gut, wir haben wirklich sehr gute Trainingsbedingungen und können das alles sehr gut gebrauchen, was wir hier zur Verfügung haben. Auch der erste Eindruck der Mannschaft ist sehr gut, alle geben hundertprozentig Gas und sind mit Eifer bei der Sache. Wir haben große Ziele, deshalb darf ich mir als Trainer auch erwarten, dass die Jungs Gas geben. Jetzt müssen wir schauen, dass es so bleibt, wie es ist, und nicht abreißt.
LAOLA1: Ried ist ein heißes Pflaster. Hat es sie unter diesen Umständen noch mehr gereizt, den Klub wieder zum Erfolg zu führen?
Baumgartner: Ried ist ein gestandener Bundesliga-Klub, sie haben jahrzehntelang eine gute Rolle in der Bundesliga gespielt. Die Fans sind hervorragend, deshalb wird es hoffentlich ein heißes Pflaster für die Auswärtsmannschaften. Ich hoffe, dass wir alle gemeinsam die Energie von der Mannschaft auf die Ränge übertragen, dass die Fans von unserem Spiel, unserem Auftreten begeistert sind und wir viele Spiele gewinnen.
LAOLA1: Sie haben es angesprochen, Ried ist für viele immer noch ein Bundesliga-Verein. Ist diese Favoritenrolle einfach zu groß?
Baumgartner: Wir sind vom Namen her sicherlich der Top-Klub, aber nur der Name alleine hilft dir nichts. Jeder Gegner wird sich besonders gegen uns reinhauen, wird versuchen, uns Punkte wegzunehmen und deswegen muss unsere Motivation sehr hoch sein.
LAOLA1: Sie vereinen zwei Posten, die zuvor in Ried getrennt waren. In welchem Bereich hat es mehr Einarbeitungszeit gebraucht?
Baumgartner: Ich habe bei allen meinen Vereinen großen Einfluss auf die Transferpolitik nehmen können, das ist für mich nichts Neues. Es ist vermutlich schon auch so, dass der Verein das aus wirtschaftlichen Gründen zusammengelegt hat. In der Liga, in der wir spielen, ist es so auch noch zu machen. Sollte das anders werden, müsste man sich noch einmal zusammensetzen. Wir haben eine Kaderzusammenstellung, die gut ist, wollten aber in der Offensive neue Qualität hinzunehmen. Das haben wir geschafft. Wir konnten Patrik Eler holen und haben mit Marco Grüll einen sehr talentierten Salzburger Spieler geholt, der jetzt auch schon in der Vorbereitung sehr gute Spiele gemacht hat. Wir haben natürlich auch einige Spieler weggegeben, beispielsweise Flavio, damit er Spielpraxis sammeln kann. Außerdem brauchten wir, damit wir neue Ausländer holen können, auch einige Plätze.
LAOLA1: Die Offensive war im Herbst das große Rieder Problem, nur 20 Tore gelangen. Reichen da Neuzugänge oder ist das eine Frage der Spielphilosophie?
Baumgartner: Die Neuzugänge haben definitiv Qualität, die müssen sie aber erst am Matchtag beweisen, jede Woche aufs Neue. Trotzdem haben wir ein wenig den Spielstil verändert, obwohl wir die Basic-Aufgaben beibehalten haben. Wir haben zwei Systeme einstudiert, bei denen wir denken, dass die Mannschaft sich sicher fühlt und wir gute Ergebnisse erzielen können. Beim letzten Spiel haben wir sogar noch eine dritte Variante probiert, um zu schauen, ob wir das auch können. Das haben die Jungs eigentlich gut gemacht. Somit haben wir zwei, drei Möglichkeiten, um im Spiel, wenn es nicht so laufen sollte, reagieren zu können. Aber das Wichtigste ist immer, wie wir in ein Spiel reingehen, wie hoch die Motivation des einzelnen Spielers ist. Das versuchen wir im Vorfeld so zu steuern, dass es am Wochenende dann passt.
LAOLA1: Mit Patrick Eler hat man einen Spieler geholt, der eine schwierige Zeit hinter sich hat, aber schon bewiesen hat, dass er Tore schießen kann. Wie wollen Sie ihn wieder in die Spur bekommen?
Baumgartner: Er ist zu einem sehr guten Verein gewechselt, wo er selber gemerkt hat, dass es sehr gute Mannschaften in der zweiten Liga Frankreichs gibt. Auch bei seiner Leihe zu Wacker Innsbruck hat er wenig Spielzeit bekommen. Natürlich hoffen wir, dass er vom Start weg funktioniert und viele Tore schießt, aber es ist auch ein Prozess, bei dem man geduldig sein muss und abwarten muss, wie sich das entwickelt. Er hat eine unglaublich gute Schusstechnik, vom Charakter und der Art und Weise, wie er Fußball spielt, passt er sehr gut zu uns und auch sehr gut ins Konzept. Wir wollen ihm von Beginn an das Vertrauen geben, dass er bei uns eine wichtige Rolle spielen kann, dann muss er es am Platz beweisen. Das Beste für alle wäre, wenn er viele Tore schießt.
LAOLA1: Sie haben jetzt mit Eler, Pecirep und Grüll drei torgefährliche Spieler. Wie planen Sie? Ried ist ja oft mit tiefstehenden Gegnern konfrontiert, die fußballerisch schwächer sind.
Baumgartner: Die Qualität wird sich auf dem Platz zeigen. Ich bin mir sicher, dass die Liga im Frühjahr sehr ausgeglichen sein wird. Es wird nicht nur Wattens und Ried geben, es wird auch andere Mannschaften geben, die noch eine Rolle spielen können. Die Ergebnisse von allen Zweitligisten in der Vorbereitung waren sehr gut. Wer mich kennt, der weiß, dass ich gerne mit drei Spielern vorne spiele, die sehr offensiv ausgerichtet sind. Das ist auch unser Hauptsystem, das wir spielen werden. Ob wir dann hinten mit Dreier- oder Viererkette spielen, da ist vielleicht auch der Spielstand entscheidend und ob wir ein Heimspiel haben.
LAOLA1: Nach dem Herbst wurde in Ried eigentlich alles schlecht geredet. Es war aber gar nicht alles schlecht, man hat nur zehn Gegentore bekommen.
Baumgartner: Das Gute an einer neuen Position ist, dass ich unvoreingenommen herangehen kann. Ich habe es auch immer so gehalten, dass ich mich davon nicht beeinflussen lasse, auch wenn es schwierig ist. Sechs Punkte können auf der einen Seite viel sein, wenn man aber gegen Wattens gewinnt, sind es plötzlich nur noch drei Punkte Rückstand. Es kommt auf die Sichtweise an. Schwierige Aufgaben gibt es für jeden Klub in der Liga. Egal ob man aufsteigen will, gegen den Abstieg kämpft oder im Mittelfeld eine bessere Position erreichen möchte. Es war nicht alles schlecht im Herbst, die SV Ried hat 28 Punkte gemacht, so wenig ist das nicht. Man muss halt anerkennen, dass es zwei Mannschaften gibt, die es noch besser gemacht haben. Wattens hat eine überragende Herbstrunde gespielt, da kann man den Jungs nur gratulieren. Wir starten jetzt aus der Jägersituation. Dass das nicht einfach ist, wissen wir, aber wir werden alles dafür tun, damit wir am Ende des Tages vielleicht doch ganz vorne sein können.
"Ich denke, die Mannschaft ist bereit, dass wir die große Challenge angehen. Es hilft nichts, wenn man immer nur an den Aufstieg, oder das Spiel in Wattens denkt. Jetzt haben wir Vorwärts Steyr vor der Haustüre, das wird ein sehr schwieriges Spiel werden."
LAOLA1: Apropos Jägersituation, die Frühjahrsrunde startet mit dem Derby gegen Steyr. Worauf wird es ankommen?
Baumgartner: Ich glaube schon, dass in einem Derby immer alles passieren kann. Ich bin ein Trainer, der auf seine Mannschaft schaut, wir müssen unsere Hausaufgaben machen. Auf alle Fälle müssen wir die Favoritenrolle annehmen, den Druck aushalten und müssen versuchen, eine gute Leistung zu bringen. Wenn es geht und wir am Anfang siegreich sind, dann müssen wir das nötige Selbstvertrauen aufbauen. Das wird ein hartes Stück Arbeit sein. Ich denke, die Mannschaft ist bereit, dass wir die große Challenge angehen. Es hilft nichts, wenn man immer nur an den Aufstieg oder das Spiel in Wattens denkt. Jetzt haben wir Vorwärts Steyr vor der Haustüre, das wird ein sehr schwieriges Spiel werden. Ich erwarte mir einen Gegner, der befreit aufspielen kann und der auch gelernt hat, sich weiterzuentwickeln – das haben sie im Herbst auch gemacht. Sie haben zwei bundesligaerfahrene Spieler geholt. Vorwärts Steyr hat definitiv an Qualität dazugewonnen und das macht es uns natürlich nicht leichter.
LAOLA1: Trotzdem schwebt über allem schon das Spiel eine Woche später in Wattens…
Baumgartner: Ich hoffe nicht, wir können nicht an das zweite Spiel denken, wenn das erste noch vor der Tür steht. Es liegt an mir als Trainer und meinem Trainerteam, dass wir den Fokus in den Köpfen der Spieler beim ersten Spiel haben. Für einen Athleten ist es das Wichtigste, am Matchtag zu versuchen, den Fokus nur bei der aktuellen Herausforderung zu haben. Natürlich, für euch, die Medien, ist das Spiel gegen Wattens das Highlight. Da müssen wir uns aber noch gedulden, das wird erst nach dem Steyr-Spiel angegangen.
LAOLA1: Sie sind schon lange im Geschäft, waren schon in teils ausweglosen Situationen. Wie schafft man es, den Spielern immer den richtigen Fokus mitzugeben.
Baumgartner: Ich habe schon ein paar Wiener Derbys mit sehr viel Druck bestreiten müssen, vor fast 30.000 Zuschauern im Happel-Stadion, das sind schon Erfahrungen, die dir helfen cool zu bleiben. Wie es innen ausschaut in einer Person, ist dann doch wieder etwas anderes. Nach außen hin versucht man ruhig zu bleiben, die Jungs vorzubereiten. Ich denke nicht, dass unsere Spieler vor der Partie gegen Vorwärts Steyr an etwas anderes denken sollten, als das Spiel selber. Wattens ist von 15 Spielen nur eines, es wird auch nicht alles zusammenfallen, wenn wir dort nicht punkten sollten. Aber es wäre natürlich sehr wichtig, dort nicht zu verlieren. Dann werden wir sehen, wie wir in die Liga starten. Wenn wir gut reinkommen, ist noch alles drinnen. Ich hoffe natürlich, dass wir alles sehr spannend halten können.
LAOLA1: Wie sieht es in der Person Gerald Baumgartner in solch einer Drucksituation aus?
Baumgartner: Jetzt noch ruhig. Wenn du keine echten Wettbewerbsspiele hast, dann kannst du auch relativ entspannt an die Sache herangehen. Wir haben eine sehr gute Vorbereitung gemacht, haben viele Tore geschossen. Dann denke ich, dass ich das untypisch österreichisch angehe. Ich denke nicht, dass eine gute Vorbereitung ein schlechtes Omen für die Meisterschaft ist. Ich denke, dass man sehr wohl an einer guten Vorbereitung ablesen kann, wie die Stimmung und die Form der Mannschaft ist. Das ist im Moment gut, jetzt müssen wir halt die Nerven behalten und das, was wir in dieser kurzen Zeit aufgebaut haben, auch in gute Meisterschaftsergebnisse umwandeln.