Fünf Jahre. Mehr hat die Vienna nicht gebraucht, um aus einem Scherbenhaufen eine Skulptur zu formen.
Als Österreichs ältester Fußballklub vor der Insolvenz stand, stieg UNIQA als Hauptsponsor und dessen Finanz- und Risikovorstand Kurt Svoboda als Vizepräsident ein. Seither steht Kontinuität am Tagesprogramm, besorgte Blicke machten Zuversicht und Aufbruchstimmung Platz. Es glückte - bis auf den Corona-bedingten Abbruch 2019/20 - der Durchmarsch in die Admiral 2. Liga.
Am 27. Mai folgte ausgerechnet nach dem Derby of Love die langersehnte Aufstiegsparty mit über 7.000 Fans. Nur vier Tage später wurde Svoboda vom "Vize" zum Präsidenten befördert. Zum Jahresende ist die Döblinger Brust sogar noch größer. Die Finanzen sind rosig, der Vienna-Campus auf Schiene und so nebenbei ist man bester Zweitliga-Aufsteiger seit acht Jahren.
In einem ausführlichen Gespräch mit LAOLA1 erläutert Svoboda das blau-gelbe Erfolgsrezept, welches spätestens 2026 im Bundesliga-Aufstieg münden soll.
LAOLA1: Wie hat sich in den letzten fünf Jahren verändert?
Svoboda: Es hat sich alles verändert. Die Vienna ist 2017 vom Insolvenzverein zu einem wirtschaftlich stabilen, aufstrebenden Verein mit Veränderung in der Struktur, der sportlichen Ausrichtung und Zusammensetzung geworden. Die Aufmerksamkeit ist noch größer geworden. Wir müssen neue Kunden, Fans und Medien betreuen. Es ist für uns alle ein Lernprozess.
LAOLA1: Was ist die neue Strategie?
Svoboda: Wir wollen die Vienna zurück in die Bundesliga führen – abgesichert! Ich werde nicht müde zu betonen, dass dies auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis passiert. Es ist wie beim Hausbau. Ich kann das schönste Haus bauen, aber wenn das Fundament nicht passt, dann ist das schönste Haus irgendwann ein Risiko. Solange ich bei der Vienna bin, werde ich das nicht zulassen.
LAOLA1: Die Vienna ist nach vielen Jahren im Unterhaus wieder eine attraktive Marke. Wie ist dieser Turnaround gelungen?
Svoboda: Der erste Schritt war mit der wirtschaftlichen Gesundung ein wahrer Kraftakt. Als zweiten Punkt haben wir organisatorische und personelle Konsequenzen vollzogen und entsprechend angepasst. Neue Strukturen und Abläufe im Verein zu schaffen war der dritte Punkt, schließlich mussten wir nach acht Jahren im Amateurbereich mit vielen freiwilligen Helfern die Brücke zum Vollprofi-Tun bauen. Der vierte Punkt ist die sportliche Entwicklung. Die Vienna war bis zum Aufstieg in die 2. Liga ein ergebnisorientierter Verein. Es zählte die Meisterschaft, da war weniger die Spielweise wichtig. Jetzt müssen wir vom ergebnisorientierten Spiel zum strukturellen Spiel, welches die Vienna nachhaltig in die Bundesliga führen soll.
Roland Schmid habe ich nach seiner Rapid-Zeit für die Vienna gewinnen können.
LAOLA1: Für die Bundesliga müsste wohl auch in die Infrastruktur investiert werden.
Svoboda: Die letzte große Revitalisierung war in den 70er-Jahren. Die Hohe Warte ist bereits jetzt ein Schmuckstück, dieses Naturerlebnis ist etwas ganz Besonderes. Wenn wir Richtung Bundesliga schielen, darf das nicht verloren gehen. Dennoch müssen wir uns klar sein, dass eine Rasenheizung fehlt und die Flutlichtanlage nicht Bundesliga-tauglich ist. Zudem fehlen überdachte Zuschauerplätze - gerade für den Gästesektor. Diese Punkte werden wir vorsichtig und gut planen. Es muss nachhaltig und leistbar sein. Ich bin kein großer Anhänger dessen, dass man in Zeiten wie diesen ein Beton-Oval baut. Der Charakter der Naturarena darf nicht zerstört werden. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werden wir es dementsprechend präsentieren und vorbereiten.
LAOLA1: Wie ist der Austausch mit Unternehmer Roland Schmid, der Rapid- und ÖFB-Präsident werden wollte und nun seit 2020 bei der Vienna als Vize-Präsident fungiert?
Svoboda: Roland Schmid habe ich nach seiner Rapid-Zeit für die Vienna gewinnen können. Mir war völlig bewusst, dass er jemand ist, der den Fußball leidenschaftlich lebt. Durch seine Rolle als Verwaltungsbeiratsvorsitzender gestaltet er die Vienna aktiv mit. Seine Fokussierung liegt im Nachwuchs und dem Vienna-Campus. Zusätzlich ist einer unserer Säulen die Digitalisierung, wo Schmid mit RS Digital federführend ist. So jemanden wie ihn bei der Vienna zu haben ist ganz wichtig. Das Netzwerk, seine Erfahrung, Leidenschaft und Emotion sind eine Win-Win-Situation.
LAOLA1: Klingt fast so, als ob Sie glücklich wären, dass Roland Schmid nicht Rapid-Präsident geworden ist.
Svoboda: So gesehen ja (schmunzelt).
LAOLA1: Mit Schmid ist auch das Stichwort Nachwuchs gefallen. Wie lautet der Status quo beim Vienna-Campus in der Spielmanngasse?
Wir wollen ein Ausbildungsverein sein. Diese Möglichkeit wollen wir nutzen, Jugendliche zu gewinnen, die bei der Vienna großwerden und dann den nächsten Schritt gehen - entweder in Österreich oder international.
Svoboda: Die erste Phase ist abgeschlossen, die neuen Plätze sind entsprechend umgesetzt. Jetzt sind wir in der Endstufe, was das gesamte Genehmigungsverfahren betrifft. Phase zwei würde ich in Gleichklang stellen mit der Entwicklung des Stadions. Phase drei ist etwas Längerfristiges, wenn man Richtung Bundesliga geht und an Akademie denkt. Das ist eher ein Zukunftsprojekt. Damit verbunden haben wir jetzt eine attraktive Nachwuchsspielstätte. Drei große Plätze, Kunstrasen, Hauptrasen, Flutlicht und ein entsprechendes Umfeld. Wir haben über 400 Nachwuchskinder, Amateurmannschaften und das Training der Herren- und Frauen-Mannschaft.
LAOLA1: Peilt die Vienna eine Akademie-Lizenz an?
Svoboda: Wir wollen ein Ausbildungsverein sein. Diese Möglichkeit wollen wir nutzen, Jugendliche zu gewinnen, die bei der Vienna groß werden und dann den nächsten Schritt gehen - entweder in Österreich oder international. Dafür brauchst du ein Instrument und das kann eine Akademie sein. Ich stehe dem positiv gegenüber.
LAOLA1: Bei Ihrem Amtsantritt meinten Sie, die Vienna als dritte Kraft in Wien etablieren zu wollen. Als bester Aufsteiger seit acht Jahren ist das die Vienna sogar, wie groß ist die Zufriedenheit?
Svoboda: Ich bin fast zu zufrieden. Als Vienna-Präsident bist du in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite willst du immer gewinnen, aber gleichzeitig geht es noch nicht. In einem Beitrag von euch (Zwarakonferenz, Anm.) hat die Vienna ein "Gut" bekommen, dem würde ich mich anschließen. Wir haben Erfolge, nicht nur auf Basis der Ergebnisse. Mit Kerim Abazovic und Marco Sulzner haben wir zwei österreichische Nationalspieler in der U19 und U21. Mit Itamar Noy einen israelischen U21-Teamspieler. Der Weg geht Richtung nachhaltige Verjüngung, was zurzeit super funktioniert.
LAOLA1: Und bei den Frauen?
Svoboda: Da darf man auch nicht unzufrieden sein. Es gab eine große Veränderung in der Mannschaft. Neuer Trainer mit neuen Ideen, damit verbunden viele unglückliche Niederlagen. Das Ziel bleibt unverändert: St. Pölten kurzfristig zu fordern und langfristig eine Nummer eins Rolle zu spielen.
LAOLA1: Mit Markus Katzer (Sportdirektor), Jiri Lenko und Andreas Ivanschitz (beide im Nachwuchs) sowie Trainer Alexander Zellhofer stellt die Vienna ein vergleichsweise junges Team.
Svoboda: Alle sind wichtig für den Verein, gelten als Identifikationsfigur und entwickeln sich stetig weiter. Ein Alex Zellhofer ist heute ein anderer Trainer, als er es vor zwei Jahren war. Ein Markus Katzer, den ich als Sportdirektor nominiert habe, hat heute ganz andere Arbeitsweisen, als er das zu Beginn seiner Karriere hatte. Ein Top-Profi ist nicht automatisch ein Top-Manager.
LAOLA1: Ihre Amtszeit als Präsident endet 2025, wie sieht der Wunschgedanke bis dahin aus?
Svoboda: Mein Ziel ist es, dass wir wirtschaftlich genauso stabil dastehen wie jetzt. Wir wollen es bis dahin geschafft haben, uns in der 2. Liga zu etablieren und immer im vorderen Drittel dabei zu sein. Und wir wollen es bis 2025 auch geschafft haben, den Weg Richtung Bundesliga einzuschlagen. Aber nicht als Paternoster: Ich möchte mit der Vienna in die Bundesliga, um dort zu bleiben.