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Steyr und der komplizierte Fall Michael Martin

Vorwärts stellt einen Schlüsselspieler frei. Warum? Daran scheiden sich die Geister.

Steyr und der komplizierte Fall Michael Martin Foto: © GEPA

Am 14. Oktober gab Vorwärts Steyr die Verpflichtung von Michael Martin bekannt. Der Deutsche überzeugte bei einem Probetraining. Seither war er nicht mehr aus der Mannschaft wegzudenken.

Einen Tag nach seiner Unterschrift stand der Offensivspieler gegen den FAC in der Startelf und spielte durch.

Als Stammspieler freigestellt

Das sollte sich bis Ende April nicht mehr ändern, der Neuzugang wurde sofort Leistungsträger und Schlüsselspieler im Steyrer Team. Erst wegen einer Gelbsperre verpasste Martin in der 25. Runde erstmals Minuten in der Admiral 2. Liga.

Jetzt ist die Zeit des 21-Jährigen beim SKV zu Ende. Er wurde freigestellt. Beim 1:0-Heimsieg gegen den FAC am Freitag durfte er schon nicht mehr mitwirken.

„Ich war am Freitag noch im Stadion, habe die Mannschaft unterstützt und mich danach von ihr verabschiedet. Ich packe jetzt meine Sachen und fahre zu meiner Familie nach Deutschland“, sagt der Kicker.

Warum das so ist, ist kompliziert. Es gibt mehrere Versionen davon, was in den vergangenen Tagen vorgefallen ist. Klar ist nur: Michael Martin wird nicht mehr für Steyr spielen.

Steyr peilte Vertragsverlängerung an

Dabei wollte der Klub den im Sommer auslaufenden Vertrag des Deutschen verlängern. „Wir wollten mit ihm weiterarbeiten“, sagt Sportchef Jürgen Tröscher.

Vor drei Wochen sei praktisch Einigung erzielt worden, nur noch ein paar Details seien zu klären gewesen. Verhandelt wurde mit „TDL Sports Management“, der Agentur von Ex-Kicker Thiago De Lima Silva, die in Österreich einige Brasilianer (u.a. Ronivaldo, Lucas Galvao und Wallace) vertritt.

Berater Thiago und Spieler Martin hätten signalisiert, dass der neue Vertrag unterschrieben werden würde. Angesetzt war die Unterschrift am 19. April 2022. Ein Datum, das eine gewisse Brisanz birgt, aber dazu später mehr. Thiago sei an diesem Tag „aufgrund eines Notfalls“ verhindert gewesen, so Tröscher. Die Verlängerung ging nicht über die Bühne.

Ein Berater-Wechsel

Doch hier hakt es. War Thiago zu diesem Zeitpunkt überhaupt der Manager des Spielers? Nein, sagt Martin. Er habe Ende März den Berater gewechselt, Sebastian Schulze von der „Soccernation Group“ vertritt ihn seit rund einem Monat.

„Tröscher wusste das noch nicht, Thiago aber schon, ich habe ihm Ende März/Anfang April Bescheid gegeben“, sagt der Kicker. Thiago wiederum habe es dann Steyr-Coach Daniel Madlener, dessen Manager der Brasilianer ist, mitgeteilt. Steyr dementiert allerdings vehement, dass Thiago Madleners Berater sei, der Trainer habe gar keinen Berater.

Schulze, Martins neuer Manager, sagt: „Thiago wusste definitiv, dass ich der neue Berater von Michael Martin bin. Er bekommt von transfermarkt.at durch den Beraterwechsel automatisch eine Nachricht. Dort war ich seit Ende März als Martins Berater gelistet.“

Warum es der Kicker dem Verein nicht mitgeteilt habe? „Vielleicht hätte ich das früher ansprechen können. Aber es gab zu diesem Zeitpunkt ja noch keine Gespräche. Ich bin davon ausgegangen, dass sie sowieso die Option ziehen“, sagt der Mittelfeldspieler.

Eine wackelige Option

Im Oktober unterzeichnete Martin nämlich ein Arbeitspapier bis Saisonende mit vereinsseitiger Option auf Verlängerung um ein weiteres Jahr. Bis sechs Wochen vor Vertragsende am 31. Mai muss sie gezogen werden. Das ist bzw. war der 19. April. Jener Tag, an dem Martin laut Tröscher seinen neuen Vertrag unterschreiben hätte sollen.

Eigentlich habe man nie vorgehabt, die Option zu ziehen, weil eben sowieso ein neuer Vertrag unterschrieben hätte werden sollen, sagt der Sportchef. Weil das aber am 19. April nicht geschah, sei die Option dann doch gezogen worden, „weil wir das Heft des Handelns in der Hand behalten wollten“.

Martin sei am 19. April nach dem Training aber den ganzen Tag nicht mehr erreichbar gewesen. Deswegen wurde mittels eingeschriebenen Briefs das Ziehen der Option mitgeteilt. Der Poststempel zeigt: Am 19. April, um 16:41 Uhr, war das der Fall. Am 20. April wurde der Brief zugestellt.

Zu spät? Ja, sagt Schulze. "Steyr hat einfach verschlafen, die Option rechtzeitig zu ziehen", so der Manager.

Egal, meint Tröscher inzwischen. „Es ist uns zu teuer und zu aufwändig, das auszujudizieren“, erklärt Steyrs Sportchef.

Ob die gezogene Option überhaupt gehalten hätte, steht auf einem anderen Blatt Papier. Nachdem Martin erst ab Oktober unter Vertrag stand, wäre die Optionszeit länger gewesen als die Vertragslaufzeit davor. Solche Optionen wurden bereits erfolgreich angefochten. In diesem Fall aber letztlich irrelevant, weil Steyr nicht auf die Option pocht.

"Eine heiße Kartoffel"

Am 20. April, also dem Tag danach, wurde Martin jedenfalls ein Zweijahresvertrag vorgelegt. Auch da habe der Kicker auf Nachfrage noch Thiago als seinen Berater genannt, sagt Tröscher. Der Spieler sagt wiederum: „Das stimmt nicht. Als wir die Gespräche geführt haben, habe ich ihnen gesagt, dass ich einen neuen Berater habe.“

Martin weiter: „Kurz vor der Unterschrift kam der Trainer zu mir und hat mir gesagt, wenn ich endgültig den Berater wechsle, lässt er mich nicht mehr spielen, der lässt mich links liegen wie eine heiße Kartoffel. Ich habe deswegen keine Zukunft beim Verein mehr gesehen und deswegen nicht unterschrieben.“

Tröscher bestätigt diese Aussage zum Teil. Coach Madlener habe dem Kicker gegenüber eine ähnliche Aussage getroffen, allerdings im Zusammenhang mit der Illoyalität dem Klub gegenüber.

Es ist aus

Letztendlich wurde am Donnerstag im Büro des Klubs noch einmal im größeren Rahmen mit Martin gesprochen, Präsidium, sportlicher Leiter und Trainerteam waren dabei. Martin wurde ein Ultimatum gestellt, den Vertrag zu unterschreiben, andernfalls würde er freigestellt. Der Kicker entschied sich für Zweiteres.

Steyr wäre bereit gewesen, den Spieler weiterhin mit der zweiten Mannschaft trainieren zu lassen, seine Verpflichtungen also zu erfüllen. Martin will das nicht.

„Wer uns anlügt, den will ich nicht haben. Uns ist extrem wichtig, dass wir korrekte Leute bei uns haben“, sagt Tröscher. Erst dann habe ihm Martin mitgeteilt, dass Schulze sein Berater sei, meint der SKV-Manager.

Martin indes sagt: „Ich habe alles regelkonform gemacht.“

Wie die letzten Tage konkret verlaufen sind, darin scheiden sich die Geister. Die Zusammenarbeit ist jedenfalls beendet. Martin ist im Sommer ablösefrei zu haben.

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