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Ist Salzburgs Kaderplanung zu riskant?

Die "Bullen" gehen die herausfordernde Saison 2024/25 mit kaum Verstärkungen und einer noch jüngeren Truppe an. Ist das Risiko zu hoch?

Ist Salzburgs Kaderplanung zu riskant? Foto: © GEPA

Der FC Red Bull Salzburg steht vor seiner vielleicht wichtigsten Saison der jüngeren Vergangenheit.

Auf nationaler Ebene haben die "Bullen" eine titellose Saison gutzumachen, in zwei Wochen geht es in der lange Zeit verfluchten Champions-League-Qualifikation um die sechste "Königsklassen"-Teilnahme in Folge und am Ende der Saison steht mit der FIFA Klub-WM ein enorm prestigeträchtiges Turnier am Programm.

Wer dachte, die Mozartstädter würden angesichts dieser enormen Herausforderungen und der völlig verpatzten Vorsaison in diesem Transfersommer ordentlich aufrüsten, hat geirrt. 

Nach aktuellem Stand wird die kommende Spielzeit großteils mit Spielern, die in der Vorsaison bereits im Kader standen, angegriffen werden. Speziell die allerjüngsten Salzburger Kicker dürften dabei vom Trainerwechsel auf Pep Lijnders profitiert haben:

Jene Startelf, mit der am Freitag beim Saisonauftakt gegen den FC Dornbirn im ÖFB-Cup (ab 18 Uhr im LIVE-Ticker>>>) gerechnet wird, wird im Durchschnitt unter 21 Jahre jung sein und damit die jüngste in der Salzburger Klubgeschichte überhaupt sein.

So könnte Salzburg am Freitag gegen Dornbirn spielen: Krumrey (20); Dedic (21), Baidoo (20), Blank (19), Terzic (24); Capaldo (25), Diambou (21), Kjaergaard (21); Daghim (18), Konate (20), Nene (21)

Nun stellt sich freilich die Frage: Geht Salzburg mit einer solchen Kaderplanung ein zu großes Risiko ein?

LAOLA1 versucht eine Antwort darauf zu finden, indem jeder Mozartstädter Mannschaftsteil genau analysiert wird:

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Tor

Risikofaktor: Gering

 

Der erst 20-jährige Krumrey könnte zu Saisonbeginn das Tor hüten
Foto: © GEPA

Auf der Torhüterposition sind die Salzburger mit Abstand am erfahrensten aufgestellt.

Mit Neuzugang und Neo-Kapitän Janis Blaswich und Alexander Schlager stehen die einzigen beiden Ü25-Kicker im Kader auf dieser Position parat. Zumindest Schlager wird den Saisonstart jedoch verletzt verpassen. Blaswich stieg zuletzt wieder ins Mannschaftstraining ein, befindet sich bereits nahe am nötigen Fitnessniveau und dürfte wohl spätestens zum Bundesliga-Auftakt zwischen den Pfosten stehen - vielleicht ja auch schon im Cup.

Bis dahin könnte die Salzburger Nummer eins Jonas Krumrey heißen. Der 20-jährige Deutsche durchlief die Red-Bull-Akademie und machte in der Sommervorbereitung einen guten Eindruck. Die Nummer zwei wird zunächst wohl von Salko Hamzic eingenommen. Der erst 17-Jährige gilt als große ÖFB-Hoffnung und war auch im Sommer-Trainingslager mit dabei.

Grundsätzlich muss man sich auf dieser Position keine Sorgen machen. Mit Blaswich haben die "Bullen" einen erfahrenen Torhüter verpflichtet, der seine Klasse bereits in der Champions League unter Beweis gestellt hat und sich mittelfristig mit Schlager um das Einserleiberl matchen wird. Als Übergangslösung steht mit Krumrey eine große Torhüter-Aktie bereit, die früher oder später auch den Anspruch stellen wird, die Nummer eins der "Bullen" zu werden.

Verteidigung

Risikofaktor: Sehr hoch

In der aktuellen Zusammensetzung wäre das personelle Risiko in der Salzburger Defensive als gering zu bewerten. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Mozartstädter Abwehr noch einige Abgänge verkraften muss, was einige Fragezeichen aufwerfen wird.

Sollten Strahinja Pavlovic und Oumar Solet erwartungsgemäß den Verein verlassen, bilden nach momentanem Stand ein 19- und ein 20-Jähriger mit wenig bis kaum Profierfahrung die Innenverteidigung: Hendry Blank und Samson Baidoo. Die beiden gelten als äußerst talentiert und konnten in der Vorbereitung als Duo überzeugen, haben aber noch viel zu lernen.

Dahinter stehen mit Bryan Okoh und Kamil Piatkowski zwei ebenfalls recht junge Innenverteidiger in der Rangordnung, die beide allerdings – aus verschiedenen Gründen – noch nicht so richtig in Salzburg funktioniert haben. Lukas Wallner wird den Verein wohl noch verlassen.

Salzburgs künftiges Innenverteidiger-Duo: Baidoo und Blank
Foto: © GEPA

Es erscheint als wahrscheinlich, dass die Salzburger in der Innenverteidigung nochmal transfertechnisch nachbessern werden, sobald Pavlovics und Solets Verkäufe unter Dach und Fach gebracht sind. Für die wichtigen Champions-League-Quali-Spiele gegen Twente wird dieser Transfer aber zu spät kommen.

Auch Amar Dedic liebäugelte zuletzt offen mit einem Transfer. Er würde ein Riesenloch rechtshinten reißen, welches wohl nicht intern aufgefangen werden könnte. Ignace Van der Brempt überzeugte zwar bei seiner Leihe nach Hamburg, bei seinen Einsätzen im "Bullen"-Dress konnte er seiner hohen Ablöse noch nicht gerecht werden. Dahinter gibt es noch Leandro Morgalla, der viel Potenzial verspricht, nach einer zuletzt langen Fußballpause wegen einer Herzmuskelentzündung aber noch Zeit brauchen wird.

Kommen wir abschließend zur Linksverteidiger-Position. Diese wird erstmals seit 15 Jahren nicht von Andreas Ulmer besetzt, sondern Aleksa Terzic und Daouda Guindo werden sich darum duellieren. Ersterer konnte während seiner ersten Saison in der Mozartstadt nicht überzeugen, ließ in der Vorbereitung aber erahnen, dass er gut ins neue 4-3-3-System passen könnte, Letzterer konnte in der Vorsaison immer wieder sein Talent unter Beweis stellen, wies aber teils erhebliche Mängel in der Rückwärtsbewegung auf. Auch der erst 17-Jährige John Mellberg wurde in der Vorbereitung auf dieser Position eingesetzt und hinterließ einen guten Eindruck.

Mittelfeld

Risikofaktor: Sehr gering

Das Mittelfeld bereitet die geringsten Sorgen im aktuellen Salzburger Kader – und das würde sich auch nicht ändern, wenn Luka Sucic wie erwartet den Verein verlässt.

Speziell auf den beiden Achterpositionen, die im neuen 4-3-3 eine wichtige Rolle einnehmen werden, hat Lijnders viele Optionen. Mit Sicherheit gesetzt sein wird Oscar Gloukh, der bereits in der Vorsaison einer der konstantesten Salzburger war. Allerdings steht der Israeli momentan für einige Wochen nicht zur Verfügung, weil er für das Olympische Fußballturnier abgestellt wurde. Bei entsprechendem Turnierverlauf könnte er die Quali-Spiel gegen Twente verpassen.

Zu Saisonbeginn dürften also Nicolas Capaldo und Maurits Kjaergaard auf der Acht agieren. Beide kehrten zuletzt nach Verletzungen zurück und passen aufgrund ihrer Laufstärke ideal in die Vorstellungen von Lijnders, der wieder auf deutlich intensiveres Pressing als seine unmittelbaren Vorgänger setzen wird. Auch Mads Bidstrup verfügt über ein ähnliches Spielerprofil, spielte in der Vorbereitung aber eine untergeordnete Rolle.

Kjaergaard dürfte entgegen einer früheren Ankündigung in Salzburg bleiben und könnte eine Schlüsselrolle einnehmen
Foto: © GEPA

Für Capaldo, Kjaergaard und Co. geht es in den ersten Wochen der Saison darum, sich dem neuen Trainer aufzudrängen. Auf der Acht ist mit Takumu Kawamura nämlich auch der absolute Wunschspieler von Lijnders eingeplant. Der Japaner ist einer von nur zwei Sommerneuzugängen, wird die ersten paar Monate seiner Salzburg-Zeit aber mit einem Innenbandriss verletzt verpassen.

Knapp werden könnte es ob dieser Konkurrenz für Eigengewächs Dijon Kameri. Gut möglich, dass der talentierte 20-Jährige wie bereits im Frühjahr erneut verliehen wird. Auch die Lieferinger Oliver Lukic und Soumaila Diabate, die in der Vorbereitung zu einigen Einsatzminuten kamen, dürften vorerst keinen Platz im Kader finden. Selbiges gilt mit Abstrichen auch für Moussa Yeo, der allerdings auch am Flügel agieren kann und sich deshalb größere Hoffnungen auf Einsatzzeit machen darf.

Auf der Sechs hat sich Mamady Diambou mittlerweile als unumstrittene Nummer eins herauskristallisiert. Der Malier knüpfte bereits im Frühjahr Rekordzugang Lucas Gourna-Douath seinen Stammplatz ab und wird diesen nach einer starken Vorbereitung so schnell auch nicht mehr hergeben.

Angriff

Risikofaktor: Hoch

Auch im Sturm gehen die Salzburger Verantwortlichen in dieser Konstellation ein gewisses Risiko ein.

Der Salzburger Angriff ist extrem jung, extrem unerfahren - aber auch extrem torhungrig. Speziell Karim Konate ließ es in der Vorbereitung ordentlich krachen. Bringt der amtierende Torschützenkönig endlich etwas mehr Konstanz in sein Spiel, wird er kaum aufzuhalten sein. Zudem spricht für den Ivorer, dass er sowohl am Flügel als auch auf der Neun aufgeboten werden kann.

Daghim könnte in dieser Saison seinen Durchbruch feiern
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Der größte Gewinner der Vorbereitung heißt aber Adam Daghim. Der erst 18-jährige Däne wurde bereits im Frühjahr hochgezogen, kam bisher aber erst auf einen Bundesliga-Einsatz. Das wird sich nun ändern. Der pfeilschnelle Linksfuß passt perfekt in das Profil eines Flügelspielers, wie ihn sich Lijnders vorstellt. Als Rechtsaußen glänzte Daghim in der Vorbereitung mit Toren, Dribblings und unermüdlicher Laufarbeit - er wird in dieser Spielzeit von sich reden machen, wird mit Sicherheit aber auch Aufs und Abs in seinen Leistungen dabei haben.

Auch der zweitgrößte Gewinner der Vorbereitung ist ein Flügelspieler und hört auf den Namen Dorgeles Nene. Der Malier wurde in der Salzburger Raute nie so richtig glücklich, kann seine Qualitäten am linken Flügel nun aber perfekt ausspielen. Zudem präsentierte er sich in den Testspielen enorm torgefährlich. Aber auch Nene hatte in der Vergangenheit mit seiner Konstanz zu kämpfen.

Ein weiterer Profiteur der Systemumstellung heißt Amankwah Forson, dessen Qualitäten ebenfalls deutlich besser am Flügel als im Mittelfeld zum Vorschein kommen. Außer dem Ghanaer gibt es mit dem bereits erwähnten Yeo und Liefering-Shootingstar Gaoussou Diakite noch zwei weitere Optionen für die Flügelpositionen.

Keine Option ist indes Fernando. Der Brasilianer, der eigentlich gelernter Stürmer ist, aufgrund seines Spielerprofils wohl aber ebenfalls gut auf den Flügel passen würde, ist wieder einmal verletzt und wird, wenn überhaupt, erst in ein paar Monaten wieder zur Verfügung stehen. 

Im Sturmzentrum verfügen die Mozartstädter noch über zwei Spieler eines gänzlich anderen Spielertyps: Petar Ratkov und Roko Simic. Beide gelten eher als klassische Stoßstürmer und könnten es deshalb unter Lijnders schwer haben. Der Niederländer setzt nämlich auf Speed an vorderster Front. Simic dürfte dem Vernehmen nach ein Jahr vor Vertragsende sowieso mit einem Abgang liebäugeln.

Fazit:

Salzburgs Kaderplanung darf durchaus als riskant bezeichnet werden – was nicht zwingend negativ sein muss.

Seit die Mozartstädter so konsequent darauf setzen, mit so jungen wie talentierten Spielern erfolgreich zu sein, ist ein gewisses Risiko des Misserfolgs immer mit einkalkuliert. Speziell international fielen die "Bullen" dadurch das eine oder andere Mal auf die eigene Nase, in der Vorsaison ist es auch national schiefgegangen.

Dies ist für die Klubverantwortlichen aber kein Grund, vom eigenen Weg abzuweichen – im Gegenteil, er wurde durch die Verpflichtung von Lijnders noch konsequenter eingeschlagen.

Der Niederländer gab als einen der Hauptgründe für seine Zusage an Salzburg die Red-Bull-Akademie an. Er möchte bewusst mit einem kleineren Kampfmannschafts-Kader arbeiten, um - sollten Stammspieler ausfallen - jungen Lieferingern die Chance zu geben, sich zu beweisen.

Wenn noch ein Spieler verpflichtet werden würde, dann nur, wenn er sofort eine Verstärkung darstellt, betonte Lijnders zuletzt gegenüber der "Krone". Ein solcher Spieler wäre Giannis Konstantelias gewesen. Die Mozartstädter feilschten lange Zeit um den griechischen Youngster, konnten und wollten den astronomischen Ablöseforderungen von PAOK schlussendlich aber nicht zustimmen.

Bisher zahlte sich ein solches Risiko, wie es die Mozartstädter mit der momentanen Kaderplanung durchaus eingehen, für die Salzburger langfristig immer aus. Kurzfristig, genauer gesagt zum schwierigen Saisonstart mit den Champions-League-Spielen vor der Brust, könnten sie damit aber auch teures Lehrgeld bezahlen.


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