Der Umbruch ist vollzogen!
Der SK Rapid macht sich in der kommenden Saison auf zu neuen Ufern. Im letzten Jahr hatte es wieder einmal nur zum Vizemeistertitel gereicht, auch der Bonus durch das Überwintern in der Europa League war schnell verspielt.
In einer Nacht- und Nebelaktion wurde Trainer Zoran Barisic vor die Tür gesetzt - nicht gerade auf die feine englische Art. Denn im Hintergrund soll das Engagement von Neo-Coach Mike Büskens bereits ausgehandelt gewesen sein, dieser soll bereits Einblick in die Transferaktivitäten gehabt haben.
Ob sich das nun positiv auf die kommende Saison auswirkt, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass die Hütteldorfer mit dem Deutschen einen neuen Angriff wagen - national auf RB Salzburg, international zumindest wieder auf die Gruppenphase der Europa League.
"Wichtig ist, dass man alles reinschmeißt. Damit man sich, egal wie das Spiel ausgeht, nicht den Vorwurf gefallen lassen muss, nicht alles investiert zu haben", fordert der langjährige "Schalker Maloche" auf und abseits des Platzes.
Sportdirektor Andreas Müller gibt die Richtung vor: "Der Anspruch von Rapid ist es, in die Saison zu starten, um Meister zu werden. Wir müssen die Energien bündeln, dafür braucht es auch ganz klare Disziplin, das erwarte ich. Wenn es nicht reicht, ist es nur wichtig, dass wir alles gegeben haben. Es kann immer sein, dass einer besser ist, das kommt vor."
Also will man Meister werden. Reicht es jedoch nicht, wäre es auch okay - nicht ganz schlüssig. Büskens muss aber liefern, damit sein Einjahresvertrag verlängert wird. Wenn nicht, ist auch Sportdirektor Andreas Müller, der seinen ehemaligen Wegbegleiter installierte, unter Druck.
Zudem darf sich Rapid endlich wieder zuhause fühlen. Mit der Fertigstellung des Allianz-Stadions starten die Grün-Weißen in eine neue Ära. Die Euphorie und die Mehreinnahmen durch steigende Abo-, Mitglieder- und Businesskunden-Zahlen sollen den Weg in eine erfolgreiche Zukunft ebnen.
Doch ist der Kader nach den Abgängen einiger Leistungsträger stark genug dafür? Wer hat bei Büskens einen Stein im Brett? Und was können die Neuen?
LAOLA1 bietet traditionell eine ausführliche Bundesliga-Vorschau zu jedem Verein und versucht, diese Fragen zu klären:
Zugänge | Abgänge | |
---|---|---|
Ivan Mocinic (HNK Rijeka) | Florian Kainz (Werder Bremen) | |
Arnor Ingvi Traustason (Norrköping) | Thanos Petsos (Werder Bremen) | |
Christoph Schösswendter (Admira) | Stefan Stangl (RB Salzburg) | |
Philipp Malicsek (Admira) | Deni Alar (Sturm Graz) | |
Joelinton (TSG 1899 Hoffenheim) | Philipp Huspek (Sturm Graz) | |
Maximilian Entrup (FAC) | Philipp Prosenik (leihweise zum WAC) | |
Michael Schimpelsberger (Wacker Innsbruck) |
Es war eine heftige Transferphase für den SK Rapid! Abgänge, Enttäuschungen, lange Suche und schlussendlich zwei Rekordtransfers.
Aber alles von Anfang an. Als Erster bekannte sich Thanos Petsos bereits im Winter, den Verein im Sommer verlassen zu wollen. Daran war nichts mehr zu rütteln, der Deutsch-Grieche wird künftig für Werder Bremen auflaufen. Bei einem anderen wiederum hatte man doch die Hoffnung, dass dieser als absoluter Leistungsträger die Mannschaft in die kommende Saison im neuen Allianz-Stadion führt: Florian Kainz. Schlussendlich waren aber alle Bemühungen vergebens, auch der Steirer schloss sich Werder Bremen an.
Ein herber Verlust, war der Außenbahnspieler nicht nur einer der besten Torschützen der vergangenen Saison, sondern auch der Assistkönig der Liga. Aber wieder einmal schafften es die Hütteldorfer nicht, ihre Ankündigungen, Spieler unbedingt halten zu wollen, in die Tat umzusetzen. Als wäre das nicht genug, verabschiedete sich dann auch noch Stefan Stangl - ausgerechnet zu Ligakonkurrent RB Salzburg. Auch hier zog man schlussendlich den Kürzeren, die so dominante linke Seite war plötzlich ausgelöscht.
Alles in allem ein großer Aderlass, den es erst einmal zu kompensieren gilt. Weniger wiegen da die Abgänge von Deni Alar, Philipp Huspek (beide Sturm), Philipp Prosenik (leihweise zum WAC) und Michael Schimpelsberger, die zuletzt wenig bis kaum mehr eine Rolle spielten.
"Wir haben zwar auch Leistungsträger verloren, mit Petsos, Stangl und Kainz, der wahnsinnig viel Ergebnis geliefert hat, aber wir haben auch gute Jungs dazugeholt", hofft Büskens auf eine erfolgreiche Saison. Guter Rat war teuer, und trotzdem hat es Rapid geschafft, die negativen Transferschlagzeilen ins Positive umzukehren.
Denn die Transfers von Ivan Mocinic (HNK Rijeka) und Arnor Ingvi Traustason (Norrköping) werden als bisher teuerste in die Vereinsgeschichte eingehen (Was man noch nicht von Mocinic/Traustason wusste). Dafür überzog man erstmals nach langem wieder den Transferrahmen, natürlich abgesegnet vom Präsidium dank der Mehreinnahmen durch das neue Stadion. Trotzdem müssen die beiden Neuen erst beweisen, ob sie das Geld auch wert sind und vor allem die Abgänge von Kainz und Petsos abfangen können.
Skepsis herrschte bei Joelintons Verpflichtung, der Stürmer konnte aber trotz Kritik bisher überraschen. Da sich Matej Jelic verletzte, wird aber noch ein Stürmer zur Mannschaft stoßen. Maximilian Entrup (18/FAC) wird erst langsam herangeführt. Defensiv konnte mit Christoph Schößwendter ein erfahrener Bundesliga-Profi von der Admira verpflichtet werden, welcher der Abwehr Stabiliät verleihen soll. U19-Teamspieler Philipp Malicsek ist ein Versprechen für die Zukunft. Dazu drängen Youngster wie Tamas Szanto, einer der Gewinner der Vorbereitung, oder Albin Gashi nach.
Der Kader ist gut, wird aber einige Zeit brauchen, um sich zu finden und sich an die Anforderungen von Neo-Trainer Mike Büskens zu gewöhnen. Dieser will möglichst flexibel agieren, das Hauptsystem wird aber ein 4-2-3-1 mit hochstehenden Außenverteidigern und Offenisivspielern, die zur Mitte ziehen, bleiben. Alternativ sei jedoch ein 4-4-2 nicht ausgeschlossen.
LAOLA1 hat die Wunschelf und Kaderbewertung des SK Rapid Wien:
TOR:
Rapid hat wieder mehr Auswahl auf dem Tormannsektor. Jan Novota ist nach seiner langwierigen Schulterverletzung und dem EM-Ausflug mit der Slowakei wieder zurück und wird wohl als Nummer eins in die Saison gehen. Auch wenn ihm Richard Strebinger im Nacken sitzt und weiter Ambitionen anmeldet. Dahinter gibt es eine Rochade. Der talentierte ÖFB-U19-Teamspieler Paul Gartler rückt nach, Tobias Knoflach wurde ein Wechsel nahgelegt. Aktuell absolviert er ein Probetraining beim niederländischen Zweitligisten Emmen.
LAOLA1-Bewertung: Rapid hat zwei gute, aber nicht sehr gute Torhüter. Sowohl Novota als auch Strebinger sind für starke Leistungen gut, leisten sich aber zwischendrin immer auch wieder einmal Patzer. Deshalb ist auch die Frage nach der Nummer eins sehr knapp. Paul Gartler hat sicher das Zeug, in Zukunft einmal aufzuzeigen.
Die LAOLA1-Dreierkette über den SK Rapid Wien:
ABWEHR:
Während man zentral ein Überangebot hat, wird es außen knapp. Mit Christoph Schößwendter wurde einer der besten Verteidiger der Liga geholt, der sich auf Anhieb einen Stammplatz erkämpfte. An seiner Seite hat Christopher Dibon die besten Chancen, aber auch Maximilian Hofmann wird oft gelobt. Eher düster sieht es für Mario Sonnleitner aus, der nach Jahren als Stammspieler wohl etwas ins zweite Glied rutschen wird. Dazu gibt es mit Maximilian Wöber einen talentierten Backup. Auf rechts steht Mario Pavelic in der Pole-Position, Stephan Auer ist sowohl rechts als auch links einsetzbar. Links kehrt Thomas Schrammel nach Verletzungspause zurück und erbt die Position von Stefan Stangl. Auf einen weiteren Außenverteidiger wurde verzichtet, man will einen möglichen Engpass möglicherweise mit Wöber abfangen.
LAOLA1-Bewertung: Die Abwehr der Hütteldorfer ist stark besetzt. Schößwendter verleiht der Hintermannschaft mehr Qualität beim Herausspielen und beim Kopfballspiel. Trotzdem ist noch nicht vorstellbar, wie man fünf Innenverteidiger mit Bundesliga-Niveau zufriedenstellen will. Auf den Seiten braucht es nur einen Ausfall geben, um ins Schwimmen zu geraten. Da wäre ein weiterer Backup kein Fehler gewesen.
MITTELFELD:
Weiterhin das Prunkstück des Rekordmeisters, auch ohne Petsos und Kainz! Mit dem Engagement von Ivan Mocinic ist die Verpflichtung eines umsichtigen Sechsers gelungen, der seine Position anders interpretiert und durchaus auch als Achter zum Tragen kommen kann. Davon wird abhängen, ob Stefan Schwab als offensiverer oder Srdjan Grahovac als defensiverer Part neben ihm zum Einsatz kommt. Überhaupt gibt es mit Stefan Nutz und Tamas Szanto weitere Alternativen. Hinter der Spitze wird weiterhin Kapitän Steffen Hofmann die Mannschaft führen, sobald er sich von seinem Meniskuseinriss erholt hat. Bis dahin kann dort Louis Schaub einspringen, der aber prinzipiell rechts eingeplant ist (Positive Signale für Schaub-Verlängerung). Sind alle fit, werden sich Philipp Schobesberger und Thomas Murg mit ihm um einen Platz matchen. Diese zwei sind aber universell im Mittelfeld einsetzbar, Murg vor allem auch zentral. Links ruhen die Hoffnungen auf dem isländischen Neuzugang Arnor Ingvi Traustason. Philipp Malicsek ist nach seiner Rückkehr von der U19-EM ebenfalls eine Alternative in der Zentrale, auch der noch verletzte Andreas Kuen und Albin Gashi hoffen auf Einsatzchancen.
LAOLA1-Bewertung: Rapid hat im Mittelfeld viele Optionen, aber natürlich wiegen die Abgänge von Petsos und Kainz schwer. Hervorzustreichen ist, dass einige bereit für den nächsten Schritt sind, ein funktionierendes Gefüge und einiges an Qualität vorhanden ist. Mocinic und Traustason müssen hingegen erst beweisen, welche Rolle sie wirklich spielen können. Und wie jedes Jahr stellt sich die Frage, wer sich für die Nachfolge des mittlerweile 35-jährigen Steffen Hofmann für die Zukunft aufdrängt.
ANGRIFF:
Die Zeiten der großen Stürmer müssen bei Rapid erst wieder erreicht werden. Einer, der das Zeug dazu hat, ist die Hoffenheim-Leihgabe Joelinton. Der Brasilianer zeigt nach fast einem Jahr ohne Spielpraxis gute Anlagen, beweist seinen Torriecher und könnte zur Überraschung werden. Erst kürzlich verriet Sportdirektor Andreas Müller, dass man doch eine Kaufoption auf den Stürmer hat. Der vermeintliche Einser-Stürmer Matej Jelic fällt mit einem Muskelbündelriss vorerst länger aus und muss dann beweisen, dass er es besser kann als in seiner Premierensaison. Deshalb wird Sportdirektor Müller noch einmal aktiv werden, ein weiterer Stürmer soll die Optionen an vorderster Front erhöhen. Als verlässlicher Joker hat sich Tomas Esteban Correa Miranda, kurz Tomi, bewiesen, der fast immer, wenn er von Anfang an gespielt hat, getroffen hat und der Mannschaft mit seiner Erfahrung helfen kann. Schnuppern darf der Neuzugang vom FAC, Maximilian Entrup, der in diesen Tagen 19 Jahre alt wird.
LAOLA1-Bewertung: Einen verlässlichen Stürmer, der pro Saison mehr als zehn Tore macht, sucht Rapid seit Robert Beric vergeblich. Ein Jelic-Ersatz wird noch kommen, doch auch dieser wird eher ein junger Angreifer sein, der sich erst entwicklen muss und keiner, der Rapid von Anfang an herausreißt. Ansonsten muss man auf den Durchbruch von Joelinton oder Jelic warten, um auch vorne die Qualität und die Effizienz zu haben, die man vergangene Saison schmerzhaft vermisste.
TRAINER:
Was kann Mike Büskens? Diese Frage stellt sich seit der Verpflichtung des Deutschen. Sein Vorgänger Zoran Barisic hat über Jahre hinweg Spieler entwickelt und ein Team trotz mehrerer Rückschläge aufgebaut, nun der Cut. Mit Büskens folgt ein Neuanfang - neue Spieler zusätzlich zu den etablierten, neue Flexibilität, andere Mentalität. Mehr Autorität statt Kumpel-Typ, auch eine Variante B oder C, wenn es nicht so läuft. So der Plan. Ob es dann mit der Umsetzung klappt, bleibt abzuwarten. Seine Schalke-Zeit als Aktiver ist ihm nicht zu nehmen, seine Trainerstationen bei den Königsblauen, in Düsseldorf und bei Greuther Fürth krönt der Aufstieg mit Letzteren. Österreich könnte aber durchaus ein gutes Pflaster sein, um seiner Trainerkarriere einen Schub zu geben.
LAOLA1-Bewertung: Es ist schwer abzuschätzen, wie sich Büskens schlägt. Es hat den Anschein, als wäre der Schock im Team über das Barisic-Aus längst verdaut, der Deutsche erreicht die Spieler, hat seine Vorstellungen teilweise schon umgesetzt und ist mit Leidenschaft und großem Einsatz dahinter. Der Trainerwechsel könnte auch gut tun, dass sich der eine oder andere Kandidat nicht mehr zu sicher fühlt und wieder Vollgas geben muss. Büskens kann mit seiner Autorität, seinen Erfahrungen und einem Trainerteam, das schon seit längerem den Verein kennt, durchaus funktionieren. Eine Garantie gibt es aber natürlich nicht.
MANAGER-SCHNÄPPCHEN
Wer keine Unmengen für gestandene Stammspieler übrig hat, sollte sich "Joker" Tomas Correa Esteban Miranda, kurz Tomi, gönnen. Durch die Verletzung von Matej Jelic wird er oftmals seine Chance bekommen. Dass er es kann, stellte er mit vier Pflichtspieltreffern bei nur 686 Spielminuten in der Vorsaison unter Beweis. Auch gegen Chelsea traf der Spanier. Tomi weiß, wo das Tor steht. Das sollte euch 9,20 Mio. wert sein.
SO TIPPT DIE LAOLA1-REDAKTION:
Altmann | Prantl | Wechtl | Karper | Kastler | Terler | Nemetz | Faber | |
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1. | Salzburg | Salzburg | Salzburg | Salzburg | Salzburg | Salzburg | SK Rapid | Salzburg |
2. | SK Rapid | SK Rapid | SK Rapid | SK Rapid | SK Rapid | SK Rapid | Salzburg | SK Rapid |
3. | Austria | Austria | Austria | Austria | Austria | Austria | Admira | Austria |
4. | Sturm Graz | Sturm Graz | Sturm Graz | Sturm Graz | Sturm Graz | WAC | Austria | WAC |
5. | WAC | Altach | Admira | Admira | Admira | Admira | WAC | Admira |
6. | SV Ried | WAC | WAC | St. Pölten | WAC | Sturm Graz | Sturm Graz | Altach |
7. | Admira | Admira | Altach | WAC | SV Ried | St. Pölten | Altach | Sturm Graz |
8. | St. Pölten | SV Ried | St. Pölten | Altach | Altach | Altach | St. Pölten | SV Ried |
9. | Altach | St. Pölten | SV Ried | SV Ried | St. Pölten | SV Ried | SV Ried | St. Pölten |
10. | Mattersburg | Mattersburg | Mattersburg | Mattersburg | Mattersburg | Mattersburg | Mattersburg | Mattersburg |
FAZIT
Alles ist möglich, so lautet die Devise des SK Rapid in dieser Saison. "Wir wollen unbequem sein", meint Trainer Mike Büskens, der sich und seiner Mannschaft nie den Vorwurf machen will, nicht alles gegeben zu haben. Der Meistertitel wird bei den Grün-Weißen jährlich ins Spiel gebracht. Einerseits gibt es Angriffs-Parolen in Richtung Salzburg, andererseits schwächt man diese selbst wieder ab. Entscheidend wird sein, wie schnell sich das doch auf einigen Positionen umstrukturierte Team und der neue Trainer finden, wie schnell die Planungen umgesetzt werden können und wie man die Schwäche gegen die vermeintlich kleineren Gegner endlich ablegen kann. Die Euphorie-Welle wird die Hütteldorfer im neuen Allianz-Stadion mit Sicherheit tragen. Die Frage ist nur wielange. Bleibt der Erfolg aus, kann auch das schnell ins Gegenteil umschlagen. Prinzipiell haben die Wiener die Qualität oben mitzuspielen. Trotz der Abgänge sind noch immer viele talentierte Spieler da, mit den Neuzugängen wurden erstmals neue Maßstäbe gesetzt und finanziell traut man sich bei Transfers mehr zu. Geht das schlussendlich aber nicht auf, wird man sich Gedanken machen müssen. So wie anfangs erwähnt bei Müller und Büskens, für die es ein Schicksalsjahr wird. Rapid wird Salzburg fordern und ärgern können, für den ganz großen Coup wird es aber voraussichtlich wieder nicht reichen. Das liegt gar nicht einmal so sehr an den Grün-Weißen selbst, sondern viel mehr an der Unantastbarkeit Salzburgs. Aber wie gesagt: Alles ist möglich.
Alexander Karper