Im Juni gab der SCR Altach die Entscheidung bekannt, dass Joachim Standfest neuer Cheftrainer wird.
Zuvor werkte der 43-Jährige dort bereits rund drei Monate als "Co" von Klaus Schmidt. Den nahm Adi Hütter aber mit nach Monaco, wodurch sich für Standfest die Möglichkeit ergab, erstmals als hauptverantwortlicher Coach in der Bundesliga zu arbeiten.
Seine allererste Station als solcher war es im Profibereich aber nicht. In der Saison 202/21 betreute er Zweitligist SKU Amstetten. In der schwierigen Corona-Zeit führte er die Mostviertler in einem engen Rennen im Tabellenkeller auf Rang zwölf.
Die Umstände haben sich seither glücklicherweise geändert und so auch Joachim Standfest.
Jede Menge Skepsis
Im Sommer trauten ihm viele nicht zu, in Altach zu reüssieren. Die Rheindörfler vermieden in der Vorsaison nur knapp den Abstieg, was vor allem "Rettungs-Experte" Schmidt zugeschrieben wurde.
"Ich würde sagen, es war in allen Belangen anständig, aber es hätte aufgrund der Leistungen auch ein wenig mehr herausschauen können. Die letzten Wochen haben wir nicht mehr das mitgenommen, was drin gewesen wäre."
Außerdem installierten die Vorarlberger Roland Kirchler als Sportdirektor, der zuvor ein ganzes Jahrzehnt nicht in der Bundesliga gearbeitet hatte. Als Co-Trainer holte sich Standfest zudem Roman Wallner an seine Seite, was auch nicht überall unkritisch betrachtet wurde.
Es kam aber anders, Altach legte einen starken Saisonstart hin und stand nach neun Runden auf Platz sieben. Gegen Ende der Herbstsaison ging ein wenig die Luft aus und man rutschte auf Rang zehn zurück.
"Ich würde sagen, es war in allen Belangen anständig, aber es hätte aufgrund der Leistungen auch ein wenig mehr herausschauen können. Die letzten Wochen haben wir nicht mehr das mitgenommen, was drin gewesen wäre", fasst Standfest zusammen.
Wie Standfest Altach stabilisierte
Unter Standfest wirkt Altach deutlich sattelfester als ein Jahr zuvor und hat nach der Hinrunde 16 Punkte gesammelt - und damit nur einen weniger, als in der Vorsaison nach dem gesamten Grunddurchgang.
"Wir haben ganz klare Richtlinien aufgestellt und ein System durchgezogen, wo jeder relativ schnell gewusst hat, was er zu tun hat", erklärt der 43-Jährige, warum es trotz Umbruch im Sommer besser gelaufen ist, als von vielen erwartet.
Trotz ausbleibender Ergebnisse in den letzten Herbst-Partien, sei es die richtige Entscheidung gewesen, so zu agieren. "Für uns war es im Sommer alternativlos, dass wir so an die Sache herangehen", meint Standfest. Doch woran lag es, dass man nach starkem Saisonstart nicht mehr nachlegen konnte?
"Es sind mehrere Dinge zusammengekommen. In erster Linie haben wir (durch Verletzungen, Anm.) wichtige Spieler verloren, wie Gustavo Santos und Constantin Reiner", begründet Standfest. Außerdem hätten sich die anderen Teams auf seines eingestellt. Die eine, festgelegte Spielidee habe zunächst gut funktioniert, "genau das ist uns aber in den letzten Wochen auch ein wenig auf den Kopf gefallen", so der Coach.
Altacher "Erfolgs-Shopping"
Dass man dennoch so solide dasteht, hat auch mit den Neuzugängen zu tun, von denen der allergrößte Teil voll eingeschlagen hat. Akteure wie Dejan Stojanovic, Lukas Fadinger, Leonardo Lukacevic und Paul Koller entwickelten sich umgehend zu Leistungsträgern.
"Als wir im Sommer zusammengekommen sind, hatten wir eine klare Idee, was wir machen wollen", schildert Standfest. "Es war nicht einfach, im Sommer eine Mannschaft aufzubauen", so der Coach. Man habe nach Spielern gesucht, die vor allem hinsichtlich ihrer Persönlichkeit ins Konstrukt passen. "Wir haben uns extrem bemüht und viele davon haben wir dann auch bekommen. Es ist keine so große Überraschung, dass es so funktioniert hat", resümiert der Steirer.
Dabei sei auch langfristig gedacht worden. Spieler, die geholt werden, sollen über mehrere Jahre den Kern des Teams bilden. Man wolle einen Stamm finden, der ermöglicht, "dass man im nächsten und übernächsten Sommer so agieren kann, dass man nach zwei oder drei Spielern sucht, die einen wirklich besser machen", gibt Standfest Einblick in die Altacher Philosophie.
Wo es noch hapert
Das große Manko der Vorarlberger ist vorwiegend in der Offensive zu suchen. Wie Sportdirektor Roland Kirchler bereits im Dezember erklärte, habe man dort Handlungsbedarf. Auch Standfest sieht das ähnlich: "Wenn wir vier oder fünf Punkte mehr hätten, könnte auch niemand etwas sagen. Da haben wir uns auch ein bisschen selbst um die Punkte gebracht, weil wir zu wenige Tore gemacht haben."
"Er ist 20 Jahre, kommt in eine ganz andere Kultur. Das hat nicht nur mit dem Fußball zu tun. Er hat im November zum ersten Mal Schnee gesehen."
Deshalb schaute man sich nach Verstärkungen um und fragte bei Ex-Klagenfurt-Torjäger Markus Pink an, der zog aber die lukrativere Option in Sandhausen vor. So geht die Suche vorerst weiter. "Jetzt haben wir andere Lösungen im Auge und werden schauen, ob das funktioniert, wir sind natürlich begrenzt in unseren Möglichkeiten", so Standfest.
Klar ist: Der neue Mann soll wieder genauso ein Volltreffer sein, wie die meisten Sommer-Transfers. Standfest bestätigt, dass es bereits einen Kandidaten gibt. Als solcher wird bereits seit einiger Zeit Bregenz-Akteur Lukas Brückler gehandelt.
Kaiba und der erste Schnee
Eine weitere Option, die sich bereits auf der Altacher Gehaltsliste befindet, ist der im Vorjahr aus dem Kamerun verpflichtete Djawal Kaiba. Dieser sei aber eher ab Sommer ein Thema.
"Er hat sich mittlerweile akklimatisiert", erklärt Standfest. Ein wenig Zeit wird er aber noch benötigen, denn "er ist 20 Jahre, kommt in eine ganz andere Kultur. Das hat nicht nur mit dem Fußball zu tun. Er hat im November zum ersten Mal Schnee gesehen", so Standfest.
Kaiba habe "sicher alle Fähigkeiten, um bei uns Bundesliga zu spielen". Man sei gerade "am Schauen, ob er bei uns bleibt oder es eine Lösung in der 2. Liga gibt", bringt Standfest eine Leihe ins Spiel. "Ich bin überzeugt, wenn er Spiele auf höherem Niveau bekommt, wird er im Sommer eine echte Alternative für uns", meint der 43-Jährige.
Was das Frühjahr bringen soll - und was nicht
Ob mit oder ohne den Kameruner: Altach will im Frühjahr seine Entwicklung vorantreiben. Man wolle, "was das Spielerische und die Leistungen betrifft" einen Schritt nach vorne machen. In der Rückrunde wolle man flexibler werden, weniger ausrechenbar, betont Standfest.
"Ried hat es vorige Saison knapp nicht ins obere Playoff geschafft und war dann im Abstiegskampf mittendrin, statt nur dabei. Da dürfen wir uns nicht blenden lassen."
"Wenn wir noch den einen oder anderen Platz nach oben klettern können, wäre das natürlich super. Wir wissen aber natürlich auch, wo wir herkommen und dass es mit der Punkteteilung schnell gehen kann, dass wir wieder unten dabei sind", weiß er auch aus eigener Erfahrung.
"Das ist auch wahrscheinlicher, als dass wir oben mitspielen. Ried hat es vorige Saison knapp nicht ins obere Playoff geschafft und war dann im Abstiegskampf mittendrin, statt nur dabei. Da dürfen wir uns nicht blenden lassen", stellt der 34-fache Teamspieler klar.
Altach soll Plattform für Youngsters werden
Die Basis, um den Klassenerhalt (und vielleicht noch mehr) zu erreichen, wurde im Herbst jedenfalls gelegt. Nach und nach solle sich nun der bereits angesprochene Mannschaftskern herauskristallisieren. "Damit wir auch junge Spieler dazunehmen und sie sich in diesem Umfeld entwickeln können. Wir wollen erreichen, dass dann wirklich ein Stamm da ist, der diese jungen Spieler auch einmal auffängt, wenn es nicht gut läuft", schildert Standfest den Plan.
So soll im heimischen Kick auch die Altacher Positionierung, schon jetzt und vor allem in Zukunft, aussehen. Die Rheindörfler wollen (wieder) eine Plattform für junge Spieler werden. Dazu bedarf es einem Umfeld, in dem sie sich in Ruhe entwickeln können. Im beschaulichen Altach sind die Voraussetzungen dafür gegeben.
Mit Standfest ist ein Trainer am Werk, der fachlich, aber auch als Persönlichkeit viel dazu beitragen kann. Im Gespräch wird deutlich, wie wichtig ihm die Komponente Menschlichkeit ist.
Rosen für Wallner
Eine wesentliche Rolle spielt in dieser Hinsicht sein Co-Trainer Roman Wallner. Dem streut Standfest Rosen: "Ich kann nur das Beste über ihn sagen. Der Zugang, den er zu den Spielern hat und wie sie ihm vertrauen, wie er ein Spiel sieht und dann die Informationen an mich weitergibt - das ist einfach großartig."
Mit Standfest, Wallner und Kirchler hat man in Altach jede Menge Erfahrung auf Bundesliga-Niveau zur Verfügung. Das vergangene halbe Jahr haben sie bewiesen, dass sie auch das nötige Know-How mitbringen. Damit haben sie viele ihrer Kritiker überrascht - und nichts weniger, wird auch das Ziel im Frühjahr sein.