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Patrick Wimmer: Ein Aufstieg mit links

Das Austria-Talent und sein müheloser Aufstieg in der großen Fußball-Welt.

Patrick Wimmer: Ein Aufstieg mit links Foto: © GEPA

Raimund Harreither war schon ziemlich aufgeregt, als er rund um Weihnachten 2018 einer kleinen Runde von Journalisten von einem ganz jungen Burschen erzählte, der schon bald vom SV Gaflenz zur Austria wechseln werde.

Die anderen Anwesenden konnten die Begeisterung in diesem Ausmaß nicht teilen. Ein Teenager, der aus der niederösterreichischen Landesliga zu den Young Violets in die 2. Liga wechselt, in der Regel nicht mehr als eine Randnotiz. Das kann schon funktionieren, nach Eingewöhnungszeit und so weiter, muss es aber freilich nicht.

Dieser Patrick Wimmer war dann in diesem Winter im Trainingslager der Jungveilchen aber der auffälligste Spieler – und das als Gastspieler. Und im Sommer darauf war er dann tatsächlich ein Austrianer.

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(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

Was folgte, ist ein Aufstieg sondergleichen. Im Juni 2019 hatte er noch in der vierten Liga gespielt, im August 2019 konnte er sich schon als Stammspieler bei den violetten Amateuren in der 2. Liga bezeichnen, im Dezember 2019 feierte er sein Bundesliga-Debüt, im September 2020 stand er erstmals im ÖFB-Nationalteam auf Abruf.

„Zu langsam ist es nicht gegangen“, lacht der 19-Jährige, „ich könnte mich nicht erinnern, wann meine Geduld zum letzten Mal auf die Probe gestellt wurde. In den letzten zwei Jahren hat sich viel getan – der Wechsel zur Austria und auch mein Abschluss in der HTL.“

Harreithers helfendes Händchen

Foto: © GEPA

Harreither, Vizepräsident der Violetten, war das helfende Händchen, das den Start erleichtert hat. Der Unternehmer ist seit Jahren Gönner des SV Gaflenz und hat auch noch den Ausbildungszweig „Fußball und Wirtschaft“ an der HTL in Waidhofen/Ybbs initiiert, den Wimmer besuchte.

„Er spielt eine sehr große Rolle in meiner Karriere. Alles mit der Austria ist über ihn gelaufen. Über ihn ist der Kontakt entstanden, ich habe dann ein Probetraining absolviert und so ist dann der Wechsel zustande gekommen“, sagt der Niederösterreicher über Harreither.

Und irgendwie war der Mann auch mitverantwortlich dafür, dass der Wechsel zum FAK erst im Sommer 2019 über die Bühne ging. „Für meine Familie und mich – und auch für Raimund Harreither – war es extrem wichtig, dass ich die HTL abschließe und so ein zweites Standbein habe, um abgesichert zu sein, sollte etwas passieren“, sagt Wimmer, der ausgebildete Mechatroniker.

Es soll aber nicht der Eindruck erweckt werden, der Weg aus der HTL in Waidhofen oder dem Team des SV Gaflenz in den Profi-Fußball sei dank Harreither vorgezeichnet.

Die Schule war wichtiger

Wimmer erklärt: „Die große Fußball-Welt ist von dort ziemlich weit weg. Amstetten ist der nächste größere Fußball-Klub, aber auch dort arbeiten noch viele Spieler nebenbei, das ist auch kein richtiger Profi-Verein. Dann kommt St. Pölten, das schon wieder eine Stunde weit weg ist. In der Sportschule hatten wir fast jeden Tag Training, dort wird man schon ein bisschen an das Profileben herangeführt, aber man ist dort schon noch um einiges weit weg.“

Und der Blondschopf ist sowieso nicht der Typ Träumer, war er auch nie: „Die Schule war das Wichtigere, aber nebenher ist das fußballerische Niveau schon gut. Manche träumen schon vom Profi-Fußball, aber ich hätte nie geglaubt, dass ich nach dem Schulabschluss gleich zur Austria komme.“

"Der schwierigste Schritt für mich war von der Schule in Waidhofen zu Gaflenz. Dort habe ich zwar zunächst nur in der Reserve gespielt, aber das war dann Männer-Fußball – das war mein größter Sprung!"

Wimmer hat es jedenfalls mit erstaunlicher Geschwindigkeit geschafft, sich an das Leben im Profi-Fußball zu adaptieren. Der Youngster vermittelt im Gespräch den Eindruck, das sei alles gar keine große Sache gewesen.

„Der schwierigste Schritt für mich war von der Schule in Waidhofen zu Gaflenz. Dort habe ich zwar zunächst nur in der Reserve gespielt, aber das war dann Männer-Fußball – das war mein größter Sprung. Von Gaflenz zu den Violets war es vom Körperlichen her ziemlich gleich, nur das Spielerische war der Unterschied. In der Bundesliga ist das Tempo dann noch einmal ganz anders – da musst du im Kopf schneller schalten. Aber am Schwierigsten war der Schritt vom Nachwuchs- in den Erwachsenen-Fußball“, sagt er.

Der gebürtige Tullner ist der nächste ÖFB-Kicker, der keine fußballerische Eliteschmiede von innen gesehen hat, all die bestens ausgebildeten Akademie-Absolventen aber binnen weniger Monate überholt. Thomas Goiginger, Sasa Kalajdzic, Marco Grüll und Ercan Kara sind die prominentesten Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit.

Wimmer: „In der Technik merkt man ein bisschen einen Unterschied, da hatten die Spieler aus der Akademie einfach früher mehr Training. Körperlich aber war es für mich der richtige Schritt, keine Akademie gemacht zu haben. Ich denke, es war kein Nachteil, in keiner Akademie gewesen zu sein.“

Sein Trainer Peter Stöger sieht es genauso: „Ich finde, es war ein super Weg, weil er sich in vielen Bereichen durchsetzen musste.“ Und das, was der Allrounder, nicht so gut macht, ist gar nicht so augenscheinlich, wie Stöger verrät: „Viele Dinge, wo er vielleicht nicht optimal steht, fallen gar nicht auf, weil er das mit seinem Willen und seinem Tempo ausgleichen kann.“

Wenn der Zufall Regie führt...

Foto: © GEPA

Und manchmal führt in einer Karriere dann auch der Zufall Regie. Der Aufstieg von den Young Violets zu den violetten Profis im Dezember 2019 war nämlich durchaus kurios und mit einer Nichtberücksichtigung im U19-Nationalteam verbunden.

Wimmer lacht: „Ich war im U19-Team schon Startelf-Spieler, aber der Lehrgang war nicht so wichtig, weil nur ein Testspiel war, deswegen wollte Rupert Marko neue Spieler ausprobieren. Deswegen bin ich in Wien geblieben. Und so hat sich ergeben, dass ich ohne Training im Testspiel gegen Traiskirchen am Kunstrasen eine Halbzeit für die Kampfmannschaft aufgelaufen bin. Ab dem nächsten Tag habe ich mit den Profis mittrainiert.“

Keine Woche später gab das Talent sein Bundesliga-Debüt. Auswärts gegen den SK Rapid. Viel mehr Feuertaufe geht nicht. „Ich glaube, die 26.000 Zuseher im Derby waren eine größere Zahl als die, vor denen ich bis dahin insgesamt in meiner ganzen Karriere gespielt habe“, grinst der 19-Jährige. Eine Woche später stand er daheim gegen den WAC schon in Christian Ilzers Startelf.

Interessenten und das ÖFB-Team

Inzwischen ist der „Bauernbua“, wie er sich selbst bezeichnet, nicht mehr aus der erweiterten Startelf der Violetten wegzudenken. Die Austria hatte es dann auch entsprechend eilig, die Option auf eine Vertragsverlängerung bis Sommer 2022 zu ziehen. Denn die Interessenten stehen schon Schlange – der LASK, Klubs aus England, Deutschland und Belgien sollen den Youngster am Zettel haben.

Der Kicker winkt ab: „Ich weiß, dass ein paar Vereine Interesse haben, aber es gibt noch nichts Konkretes. Ich habe keinen Plan erstellt, ich lasse das alles auf mich zukommen.“

"Nach sieben Minuten hat er dann mal den Franco erwähnt und ich denke mir nur so: ‚Welcher Franco?‘"

Wer die bisherige Laufbahn des pfeilschnellen Außenbahnspielers im Rückspiegel betrachtet, dem wird rasch bewusst, dass es sehr schnell gehen kann. „Ich glaube, dass er eine große Karriere vor sich hat“, sagt Stöger.

Das sieht auch Franco Foda so. Der ÖFB-Teamchef setzte den Austrianer im September 2020 erstmals auf die Abrufliste für das A-Nationalteam. Angesichts des Umstandes, dass der Deutsche nicht der größte Jugendförderer in der Geschichte der Fußballtrainer ist, darf das schon als deutliches Zeichen gewertet werden.

Wimmer muss lachen, wenn er an die Situation damals zurückdenkt: „Ich habe es durch den Athletiktrainer der ÖFB-U19, Dritan Baholli, erfahren. Er hat mich angerufen und mir gratuliert. Er hat minutenlang mit mir gesprochen und ich habe mich überhaupt nichts ausgekannt. Nach sieben Minuten hat er dann mal den Franco erwähnt und ich denke mir nur so: ‚Welcher Franco?‘ Erst am Schluss habe ich verstanden, worum es überhaupt ging. Am nächsten Tag ist dann die Mail gekommen, dass ich auf Abruf stehe. Das war schon geil!“

Nachsatz: „Es ist ein schönes Zeichen, aber ich mache mir da keinen Druck. Jetzt muss ich mich reinarbeiten, damit ich wirklich mal dabei sein darf und mich dann dort beweisen.“

Da ist sie wieder, diese natürliche Unbekümmertheit und Bodenständigkeit, die dem Talent hilft, seinen raketenhaften Aufstieg offenbar mit links zu nehmen. Raimund Harreither mag aufgeregt sein, Patrick Wimmer ist es nach außen hin eigentlich nie.

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