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Die Trainer-Opfer der Liga-Reform

Kurzschlusspanik bei Trainern? Die letzten Jahre zeigen: Es geht um Existenzen!

Die Trainer-Opfer der Liga-Reform Foto: © GEPA

In der Bundesliga liegen die Nerven blank.

Nicht erst seit heuer, sondern bereits die vierte Saison in Folge. Denn was auf den ersten Blick mehr Spannung im Meister- und Abstiegsrennen generieren soll, wird zumindest für die sechs Teams in der Qualifikationsgruppe Jahr für Jahr zum Drahtseilakt.

Schuld daran ist die 2018/19 eingeführte Bundesliga-Reform. Plötzlich sind erspielte Punkte aus dem Grunddurchgang nichts mehr wert, da durch die Punkteteilung alles eng zusammenrückt. Gerade eben verpasste man haarscharf die Top 6, kurz darauf ist man mittendrin im Abstiegskampf - nachzufragen bei der SV Ried.

Diese geriet nun in Panik, setzte mit Robert Ibertsberger den Trainer vor die Tür und warf alle Langzeitpläne über Bord, da plötzlich die Bundesliga-Existenz in Gefahr ist. Gerade für die meist kleineren Vereine, die sich Jahr für Jahr nach der Decke strecken, steht die mittelfristige Entwicklung über allem, wird aber durch den neuen Modus so gut wie unmöglich.

Illustre Runde und heftige Kritik am Liga-Modus

Deshalb übte auch der Schweizer Ludovic Magnin in Diensten des SCR Altach heftige Kritik am verursachten "Hire and Fire"-Prinzip: "Wir müssen akzeptieren, wie es ist. Wenn sich die Leute, die das entscheiden, am Morgen noch in den Spiegel schauen können, mit der Entlassung von Trainern leben können, dann ist es gut für sie. Aber wir müssen ehrlich zu den Leuten und den Fans sein und sagen: Der Modus ist ein Witz!"

Das zeigt eine illustre Runde an Trainern, die zu Opfern der Liga-Reform wurde - Ibertsberger ist somit in guter Gesellschaft, und selbst einer der Hauptakteure bei einem Blick auf den Trainerfriedhof der jüngsten Vergangenheit.

LAOLA1 blickt auf die Trainerwechsel in der heißen Phase seit der Liga-Reform (Berücksichtigt wurden Rochaden in den Playoffs bzw. im Frühjahr oder vor Frühjahrs-Start unmittelbar vor der Punkteteilung):

Saison Trainer out Trainer in Verein Trainerwechsel nach Runde:
2021/22 Robert Ibertsberger Christian Heinle Ried 27
2021/22 Kurt Russ Klaus Schmidt Hartberg 22
2021/22 Damir Canadi Ludovic Magnin Altach 18
2021/22 Christian Heinle Robert Ibertsberger Ried 18

In der Quali-Gruppe herrscht die Angst vor

Insgesamt wurden inklusive der Saison 2018/19 18 Trainerwechsel ab dem 18. Spieltag durchgeführt - Interimslösungen inbegriffen.

Nur vier Mal davon handelte es sich um Teams, die in der Meistergruppe vertreten waren, wie die Austria 2018/19 (Letsch/Ibertsberger), der WAC (Sahli/Feldhofer), Sturm Graz (El Maestro/Hösele) 2019/20 und der WAC (Feldhofer/Stary) 2020/21.

Wobei beim letzten Beispiel atmosphärische Störungen dafür verantwortlich waren, dass der heutige Rapid-Trainer Feldhofer keine Zukunft mehr im Lavanttal hatte. Auch sonst können die Teams im oberen Playoff relativ relaxt an die Sache herangehen, haben sich jeglicher Abstiegssorgen entledigt und es geht viel mehr darum, gesteckte Saisonziele wie das Erreichen eines Europacup-Platzes zu schaffen.

Anders jedoch im unteren Playoff, wo jeder Klub ein "Survival-Pack" braucht, um sich in der Liga zu halten und oftmals bis zum letzten Spieltag zittern muss. 14 Trainerwechsel wurden in der Qualifikationsgruppe in den letzten vier Jahren vollzogen, die meisten in der Saison 2020/21, als Corona-bedingt noch mehr Ungewissheit herrschte.

Saison Trainer out Trainer in Verein nach Runde:
2020/21 Georg Zellhofer Gerald Baumgartner St.Pölten 28
2020/21 Damir Buric Klaus Schmidt Admira 27
2020/21 Robert Ibertsberger Georg Zellhofer St.Pölten 23
2020/21 Miron Muslic Andreas Heraf Ried 22
2020/21 Ferdinand Feldhofer Roman Stary WAC 19
2020/21 Alex Pastoor Damir Canadi Altach 18

Ibertsberger jedes Jahr involviert

Unglaublich, aber wahr: Robert Ibertsberger ist der Experte bezüglich Trainerwechsel rund um die Playoffs. In jeder der bisher vier Saisonen seit Einführung der Meister- und Quali-Gruppe war der 45-Jährige entweder Nutznießer einer Entlassung oder selbst Opfer.

Machte er vor wenigen Tagen bei der SV Ried Platz für Christian Heinle, wurde er im Vorjahr beim SKN St. Pölten nach 23 Runden gegangen - Georg Zellhofer übernahm interimistisch. 2019/20 war es Ibertsberger selber, der nach dem Aus von Alexander Schmidt beim SKN ins Amt gehievt wurde.

Und in der Premierensaison profitierte er ebenfalls, damals vom Aus von Thomas Letsch bei der Wiener Austria. Lange hielt sich der Salzburger zuletzt selten. Sowohl bei Ried als auch als Interimstrainer bei der Austria durfte er 11 Spiele ran, in St. Pölten war es immerhin ein Jahr mit 35 Spielen Output. Davor war er schon einmal für neun Spiele Interimstrainer beim WAC.

Auch immer wieder als Feuerwehrmann gefragt: Klaus Schmidt! Aktuell hofft der 54-jährige Steirer seit zwei Wochen beim TSV Hartberg das Ruder herumzureißen, in der Vorsaison rettete er die Admira, ein Jahr davor musste er an gleicher Stelle wiederum für Zvonimir Soldo Platz machen.

Saison Trainer out Trainer in Verein nach Runde:
2019/20 Nestor El Maestro Thomas Hösele Sturm Graz 27
2019/20 Alexander Schmidt Robert Ibertsberger St. Pölten 22
2019/20 Klaus Schmidt Zvonimir Soldo Admira 20
2019/20 Mohamed Sahli Ferdinand Feldhofer WAC 18

Immer wieder die üblichen Verdächtigen

Es ist auch keine große Überraschung, dass einige Bundesliga-Vertreter früher in Handlungsnot geraten als andere, populistische Entscheidungen treffen oder ganz einfach nur ein Zeichen im Abstiegskampf setzen wollen.

Oft fehlt in Krisen-Situationen aber auch der nötige Weitblick. Der SCR Altach hat seit Jahren erfolgreich das Abstiegsgespenst aus dem Ländle fern gehalten. Dafür wechselten die Vorarlberger aber auch vier Mal - in allen bis auf einen Liga-Endspurt - den Übungsleiter.

Wie der aktuellste Fall widerspiegelt, ist auch Ried ein gebranntes Kind und hat im Abstiegskampf schon einiges durchgemacht. Nach dem Wechsel von Miron Muslic auf Andreas Heraf muss den Innviertlern aber erst einmal jemand den Tausch von Christian Heinle auf Ibertsberger und nur wenige Wochen später von Ibertsberger auf Heinle nachmachen.

Auch der nach dem Abstieg in die 2. Liga aktuell mit Lizenzproblemen kämpfende SKN St. Pölten war schon drei Mal an einem Trainertausch in höchster Not beteiligt. Von Alexander Schmidt auf Ibertsberger, von Ibertsberger auf Interimscoach Zellhofer und von diesem auf Baumgartner.

Saison Trainer out Trainer in Verein nach Runde:
2018/19 Wolfgang Luisser Alex Pastoor Altach 22
2018/19 Thomas Letsch Robert Ibertsberger Austria 21
2018/19 Werner Grabherr Wolfgang Luisser Altach 20
2018/19 Karl Daxbacher Thomas Grumser Wacker 20

Entlassungsgefahr in der Quali-Gruppe allgegenwärtig

Wer kann sich bei diesen Beispielen schon noch sicher sein? Fakt ist, dass die Liga-Reform die Klubs mehr denn je unter Druck setzt. Vor allem in der Quali-Gruppe kann sich kein Coach in seinem Trainerstuhl sicher fühlen.

Dabei ist auch in der heurigen Saison nichts auszuschließen, schließlich stehen noch fünf richtungsweisende Runden an, in denen es ans Eingemachte geht. Alle sechs Klubs befinden sich innerhalb von fünf Punkten.

Die Admira hat als aktueller Spitzenreiter die besten Karten (19 Punkte), auch der LASK, Ried und WSG Tirol (je 18 Punkte) haben in den letzten Runden gesehen, wie schnell es gehen kann. So schnell, dass der bisherige Quali-Gruppen-Leader Ried nach dem Absturz auf Rang drei Ibertsberger überraschend vor die Tür setzte.

Mit etwas Respektabstand folgen Altach (15) und Hartberg (14), wo mit Ludovic Magnin und Klaus Schmidt bereits zwei neue Trainer einspringen mussten, um den Worst Case Abstieg zu verhindern. Die Bundesliga spielt verrückt, die Kritik nimmt zu - und Ibertsberger war sicher nicht das letzte Trainer-Opfer der Liga-Reform.

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