Die Wiener Austria durchlebt nach wie vor turbulente Zeiten.
Nach einem Herbst voller sportlicher Auf und Abs sorgte vor allem der Trainerwechsel für ordentlich Zündstoff am Verteilerkreis. Auch die anhaltenden finanziellen Probleme sind allgegenwärtig.
Neo-Sportvorstand Jürgen Werner drückt dem Klub nach und nach seinen Stempel auf. Was aber bleiben soll, ist der Fokus der Violetten auf den eigenen
Nachwuchs.
LAOLA1 sprach mit Austria-Akademieleiter Manuel Takacs und AKA-U18-Trainer Joachim Standfest über den Status quo im Nachwuchsbereich der Veilchen, die Übermacht Salzburgs und Gebiete, auf denen am Laaerberg dringend Aufholbedarf herrscht.
Frischer Wind dank Werner-Mann Takacs
Während man bei den Profis seit Jahresbeginn und der Ankunft von Neo-Coach Michael Wimmer darum bemüht ist, den von Werner präferierten Spielstil zu etablieren, wurde im Akademie-Bereich bereits im Sommer 2022 die Grundvoraussetzung für die Spielidee des Investors geschaffen.
Seitdem leitet nämlich Manuel Takacs die Nachwuchsschmiede der Wiener Austria. Der 37-jährige Burgenländer trat die Nachfolge von Florian Mader an, der aus privaten Grunden nach nur einem Jahr nach Tirol zurückkehrte.
Mit Takacs sicherten sich die Violetten die Dienste einen echten Fachmanns des österreichischen Spitzen-Jugendfußballs. Der 37-Jährige verdiente sich im LAZ Eisenstadt seine ersten Sporen, ehe er 2016 in der AKA Burgenland landete, die er ab Sommer 2019 auch leitete.
Im Jänner 2021 folgte Takacs schon einmal dem Ruf Jürgen Werners, als er in die LASK Akademie OÖ wechselte, wo er rasch zum sportlichen Leiter und ab November 2021 parallel auch zum Chefcoach der Juniors OÖ in der Admiral 2. Liga aufstieg. Im Sommer 2022 holte ihn Werner dann zum FAK.
Sieben Monate nach Beginn seiner Tätigkeit in Wien-Favoriten zieht der Oberwaltersdorfer, der genau wie Austria-U18-Coach Joachim Standfest aktuell am UEFA Pro-Lizenz-Kurs teilnimmt, ein erstes Resümee. Seine vielschichtige Aufgabe verlangt dem einst in der Burgenlandliga und beim TSV Hartberg selbst aktiven Kicker so einiges ab, wie er im LAOLA1-Interview verrät. "Es ist eine sehr vielfältige, extrem zeitintensive Aufgabe. Einerseits führt man die Organisation, andererseits gilt es Inhalte vorzugeben, Trainings zu beobachten, Trainer zu führen, ihnen Tipps geben. Es ist das Eltern-Management, das als Akademieleiter sehr zeitaufwendig und sehr, sehr intensiv ist. Der Austausch mit der Führungsetage ist gefragt, mit der ersten und zweiten Mannschaft."
Durchwachsener Herbst kein Anlass zur Sorge
Nach der ersten Halbsaison unter Takacs lässt sich hinsichtlich der Resultate ein durchwachsenes Fazit ziehen.
Für Furore sorgte nur die U18 von Coach Joachim Standfest. Sie triumphierte beim prestigeträchtigen Hallenturnier in Göttingen und ist in der ÖFB-Jugendliga Zweiter hinter Spitzenreiter RB Salzburg.
Die violette U16 ist als Elfter der 13er-Liga im Tabellenkeller, die U15 mit Platz acht im Mittelfeld zu finden. Alle Zwischenstände der ÖFB-Jugendligen>>>
Grund zur Sorge besteht laut Takacs aber nicht. "Wie erfolgreich man ist, hängt im Jugendfußball nicht unbedingt mit Resultaten zusammen. In der U15 und der U16 kann man sich an bessere Ergebnisse herantasten. Ich bin von der Spielerqualität sehr, sehr überzeugt. Gerade mit den Jahrgängen 2004. 2005, 2006, diesem Übergang zu den Young Violets, bin ich sehr zufrieden. Wir haben sehr, sehr viele junge gute Spieler, die wir da oben reinbringen können."
"Aufgabe hier definitiv schwieriger als jene in Salzburg"
"Wenn wir für die U15-Akademie einen Kader zusammenstellen, müssen wir bei der Austria schon in diesem Alter sehr viel richtig machen."
Das Maß aller Dinge in den ÖFB-Jugendligen kommt währenddessen wenig überraschend aus Salzburg, gegen die Dominanz der "Bullen" ist auch im Jugendbereich kein Kraut gewachsen. Die Jugendauswahlen von Red Bull Salzburg stehen in sämtlichen ÖFB-Jugendligen, ungeachtet der Altersklasse, an der Spitze.
Besagter Umstand ringt Akademieleiter Takacs in erster Linie Respekt und Bewunderung ab: "Man muss Red Bull Salzburg einmal gratulieren. Wie sie arbeiten, welche Möglichkeiten sie haben. Wie sie beispielweise mit Trainern einen Plan verfolgen, wie sie Trainer in der Akademie aufbauen und dann bis oben durchschieben. Ich sehe einen ganz klaren Plan."
Dass in Salzburg andere Verhältnisse herrschen, ist Takacs dennoch wichtig zu betonen: "Man darf die finanziellen Möglichkeiten nicht miteinander vergleichen. Sie verfolgen einen klaren Plan, haben die Möglichkeit mit dem Internat, mit der Infrastruktur in Salzburg, mit 14 Jahren die besten Österreicher zu bekommen, mit 16 Jahren Spieler europaweit zu transferieren und mit 18 Jahren weltweit. Die Möglichkeiten, die man in Salzburg hat, unterscheiden sie von jeder anderen Akademie in Österreich."
Salzburg befinde sich im Nachwuchsbereich in völlig anderen Sphären. Takacs veranschaulicht diesen Standpunkt mit einem Beispiel: "Wenn wir für die U15-Akademie einen Kader zusammenstellen, müssen wir bei der Austria schon in diesem Alter sehr viel richtig machen. Weil wir nicht die Möglichkeit haben, mit 16 europaweit Spieler zu holen und mit 18 weltweit. Das ist alles natürlich eine finanzielle Frage. Diese Möglichkeiten haben wir nicht, deshalb interpretiere ich meine Aufgabe hier definitiv schwieriger als jene eines sportlichen Leiters in Salzburg."
Infrastruktur als große Baustelle
Während Takacs und Co. die Veilchen zwar im Großen und Ganzen gut aufgestellt sehen, treibt den Herrschaften besonders ein Thema die Sorgenfalten auf die Stirn: die Infrastruktur im Akademiebereich. Sowohl Akademieleiter Takacs, als auch U18-Trainer Standfest orten dringenden Handlungsbedarf.
"Wir haben die letzten Jahre sehr von unserer Infrastruktur gelebt. Wir sind mittlerweile aber von anderen Akademien überholt worden. Ich glaube, dass wir im guten Mittelfeld sind. Aber es hat sicher Akademien gegeben, die uns gerade in dem Bereich in den letzten Jahren überholt haben", so Standfest.
Insbesondere das Platzproblem stelle ein Hindernis für die Nachwuchsarbeit der Veilchen dar. "Es ist ja nicht nur die Akademie, sondern auch der Nachwuchs, teilweise auch die Young Violets und die Damen-Mannschaft, die zu uns aufs Gelände kommen. Das ist dann doch sehr eng."
"Da appelliere ich wirklich an unsere Führungsetage, an alle, die mit der Austria in Verbindung stehen, und an alle Gönner, dass man die Zeit erkennt, in der man in die Infrastruktur investiert und Plätze dazubaut."
Manuel Takacs schlägt hinsichtlich der Infrastruktur-Thematik in dieselbe Kerbe, und wirft dabei sogar einen Blick in die eigene Vergangenheit: "Ich war selbst Akademie-Spieler bei der Austria in Hollabrunn. Das war das Red Bull von damals. Als man dann nach Wien zurückgekehrt ist, hat man die Akademie gebaut. Die ist aber mittlerweile doch wieder zehn Jahre alt. Man muss gewisse Dinge einfach schon wieder adaptieren."
"Red Bull von damals" nur noch Mittelmaß
Einst galt die Austria als das Maß aller Dinge im österreichischen Nachwuchsfußball. Im Oktober 2000 wurde, mit finanzkräftiger Unterstützung des damaligen Betriebsführers Magna, die „"Frank Stronach Fußball Nachwuchs Akademie" im niederösterreichischen Hollabrunn im Norden Wiens gegründet.
Es sollte der Beginn einer Ära sein. Die drei violetten Akademie-Teams machten sich in den folgenden Jahren einen Namen als beste des Landes. Im Jahre 2004 gelang es den Veilchen als bis dahin einzigem Klub, die Meisterschaft in allen Altersklassen zu gewinnen.
Nach Beendigung der Zusammenarbeit mit Magna 2009 wurde mit Förderungen durch die Wiener Stadtregierung die Errichtung einer neuen Nachwuchsakademie am Laaer Berg umgesetzt. Nur einen Steinwurf vom Franz-Horr-Stadion entfernt, wurden auf der einstigen Sportstätte des ESV Südost drei Spielfelder, unter anderem ein Hallen-, ein Kunstrasenplatz und die darüber hinaus notwendige Infrastruktur mit Kabinen und weiteren Räumlichkeiten eröffnet.
Viel hat sich seitdem nicht mehr getan. Der einst so fortschrittlichen Austria gelang es in den letzten Jahren nicht, mit dem Zeitgeist zu gehen und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Immer wieder war im Gespräch, das angrenzende Areal zu erwerben, umgesetzt wurde dieses Vorhaben aber nie.
Takacs: Appell an Führungsriege und Gönner
U18-Trainer Standfest trifft ein nüchternes Urteil: "Wenn ich nach St. Pölten oder Mattersburg schaue, dann haben die uns von der Platzanzahl, Platzgröße und den Internatsplätzen überholt. Wir haben unsere Akademie aber vor 10, 15 Jahren gebaut, dort ist es vor fünf Jahren passiert. Dass wir dann nicht auf dem Standard sind, ist eine logische Folge."
Akademieleiter Takacs wendet sich deshalb sogar mit einem direkten Appell an Unterstützer und Sympathisanten der Wiener Austria. "Da appelliere ich wirklich an unsere Führungsetage, an alle, die mit der Austria in Verbindung stehen, und an alle Gönner, dass man die Zeit erkennt, in der man in die Infrastruktur investiert und Plätze dazubaut. Auch die Errichtung eines Fußball-Internats soll einmal mehr zum Gegenstand einer Debatte werden. Das Thema Internat ist ein großes bei uns im Verein."
"Es ist in der Geschichte der Austria verankert, dass der Nachwuchs eine große Rolle spielt."
Luft nach oben sieht Takacs auch beim Thema Scouting: "Wir haben im Scouting-Prozess einiges umgestellt."
Den Teufel an die Wand malen wollen Takacs und Co. allerdings nicht. Der finanziell angespannten Situation ist sich Takacs bewusst, der Weiterentwicklung im infrastrukturellen Bereich misst der Akademieleiter dennoch sehr große Bedeutung bei.
Eine Weiterentwicklung traut er der violetten Nachwuchsschmiede trotz aller Widrigkeiten zu.
"Das sind sicher die Themen, wo wir Aufholbedarf haben. Ich bin guter Dinge, es gibt sehr viele Leute bei der Austria, die die Dinge erkennen. Natürlich spielt das finanzielle Thema eine große Rolle bei uns. Aber ich bin zuversichtlich, wenn man dranbleibt und den Leuten klarmacht, welchen Stellenwert die Akademie und der Nachwuchs der Austria haben. Es ist in der Geschichte der Austria verankert, dass der Nachwuchs eine große Rolle spielt. Ich glaube, dann können wir trotz all der Schwierigkeiten, die wir haben, einiges bewegen."