Jürgen Werner ist zurück. Jetzt auch offiziell. Am vergangenen Mittwoch ist die Funktionssperre abgelaufen, mit der er damals noch als Vizepräsident des LASK belegt wurde.
"Ich hatte das Gefühl, dass die Sperre weit überzogen war. Aber das ist abgehakt", sagt er.
Inzwischen ist der 60-Jährige nämlich Investor bei der Wiener Austria. "Nach der Aktion in Linz waren mein Selbstvertrauen und mein Ego angezählt, jetzt habe ich wieder eine Freude. Es war schön, wie ich hier aufgenommen wurde", erklärt der Oberösterreicher.
Weitere 9,9 Prozent gekauft
Mitte Jänner hat die Austria Wien AG 40 Prozent ihrer Anteile verkauft. Im Sommer wurden weitere 9,9 Prozent an die Investorengruppe rund um Werner veräußert.
"Wir stehen jetzt bei 49,9 Prozent", bestätigt er. Die Bundesliga habe bei der Lizenzierung die Call-Option über 2,5 Millionen Euro für die weiteren 9,9 Prozent nicht anerkannt, weil "das nur einseitig war, die Austria das in der Not nicht abrufen" könne, so Werner.
Kein Sportvorstand, weiterhin Berater
Den Plan, Werner als Sportvorstand zu installieren, hat die Liga durchkreuzt. Bei einem Finanzvorstand (Gerhard Krisch) und einem Sportvorstand (Werner) wäre der Investoreneinfluss laut Liga zu groß gewesen.
Werner: "Es gab Gegenwind von der Bundesliga. Ich habe schon einmal den Fehler gemacht, mich zu weit rausgelehnt zu haben, das werde ich nicht mehr tun."
"Ich bleibe Berater der Investment-Gruppe. Ich werde keine offizielle Funktion bei Austria Wien in den nächsten Monaten annehmen", sagt Werner. Das war bisher auch schon der Fall. "Wenn ich eine Visitenkarte gehabt hätte, hätten sie mich schon wieder gehabt", so sein launiger Kommentar.
Der ehemalige Spielervermittler gibt sich als Teamplayer. Sportdirektor Manuel Ortlechner und er würden im Fußball "ziemlich gleich ticken". "Ich will mit dem Vorurteil aufräumen, dass ich nach meinen Gutdünken entscheide und einkaufe. Wir haben jede Entscheidung abgestimmt. Das ist keine One-Man-Show. Aber natürlich hoffe ich, dass meine Meinung Gewicht hat", sagt er.
Und auch sonst hat Werner zu einigen Themen eine klare Meinung:
Der Transfer-Sommer und der Vorwurf, die Austria habe sich zu sehr beim LASK bedient:
"Warum holt sich Ilzer Sarkaria und Demaku? Warum holt sich Nagelsmann Upamecano und Sabitzer, will jetzt noch Laimer? Die Antwort ist einfach: Sie wissen, was sie können und ob sie charakterlich in ihre Mannschaft passen. Deswegen haben wir uns für die LASK-Spieler entschieden. Außerdem haben sie genau in unser Anforderungsprofil gepasst."
"Wir mussten im Sommer übrigens unsere Spielergehälter im Gesamten nicht erhöhen. Ich will auch mit der Mär aufräumen, dass ich irgendwelche Rechte an Spielern besitze. Das ist nicht mehr möglich. Es gibt keinen Privaten, der Transferrechte besitzt. Solche Unterstellungen ärgern mich, da wird etwas konstruiert, das nicht da ist."
Die Abneigung gegenüber Investoren:
"Es sehen nicht alle so klass‘, vor allem von der Konkurrenz, dass da Investoren eingestiegen sind. Das ist ein bisschen eine österreichische Krankheit: Wir suchen immer das Haar in der Suppe. In den letzten acht bis zehn Jahren haben die Leute, die am Ruder waren, mit fremdem Geld Schulden gemacht, den Klub in eine Schieflage gebracht, die man jetzt ausbessern muss."
"Ich habe mein eigenes Geld investiert, werde jeden Euro drei Mal umdrehen, bevor wir ihn im Sinne der Austria ausgeben. Alles andere wäre stumpfsinnig. Ich verstehe diese Urangst vor Investoren nicht. 'Make Austria great again', hätte Trump gesagt."
Die finanzielle Lage der Austria:
"Wir haben in den letzten zwölf Monaten rund 12,5 Millionen Euro in den Klub gepumpt und eine Gruppenphase erreicht, was natürlich hilft. Dieses Jahr ist sehr gut durchfinanziert, wir haben sogar mit einem kleinen Gewinn gerechnet. Wir haben den Patient Austria Wien aus dem Koma erweckt, sind aber immer noch auf der Intensivstation, es wird noch eine Zeit dauern, bis wir auf die Betten-Station kommen."
Seine Ziele mit der Austria:
"Wir wollen wieder eine Austria-DNA schaffen, die sich von Profis über Violets und Akademie bis zur Frauen-Mannschaft durchsetzt. Manuel Ortlechner hat es so ausgedrückt: 'Wir trainieren in der Ersten Abfahrt, bei den Violets Riesentorlauf und in der Akademie Slalom.' Wir müssen am Ende des Tages alle eine Disziplin machen. Und ich habe noch den naiven Grundgedanken, dass am Ende des Tages alle 'Grüß Gott', 'Auf Wiederschauen', 'Bitte' und 'Danke' sagen können. Es geht nicht nur um ein Spielsystem, sondern darum, wie wir überhaupt auftreten. Wir wollen eine Kultur reinbringen."
"Wir wollen die Austria in den nächsten Jahren dauerhaft in den Top 5 platzieren, da würden wir immer um die europäischen Plätze spielen. Und wir wollen nicht gezwungen sein, Spieler zu verkaufen. Wenn ich eine Bäckerei bin, drei Lehrlinge habe und immer den Besten verkaufe, wird meine Bäckerei nicht besser werden. Ich muss ihn dann als Meister verkaufen, wenn ich richtig viel Geld kriege. Wir müssen die Gnade haben, es durchzuhalten, sie erst dann zu verkaufen, wenn sie am Höhepunkt sind."
Die geringe Solidarität in der Bundesliga:
"Ich vermisse in der Bundesliga eine gewisse Solidarität. Ich habe in den USA bei den Lakers die Vermarktungsmaschine der NBA kennengelernt. Dort ist das Image der Liga das Wichtigste. Alle haben mitgeholfen, dass die Liga ein Trend ist, den man nicht umgehen kann. Wir haben auch eine tolle Liga, sind die Nummer acht in der Fünfjahres-Wertung. Wir stellen unser Licht unter den Scheffel. Wir haben noch jede Menge Potenzial – bei der Verteilung des Fernsehgeldes, der gemeinsamen Vermarktung, der Solidarität unter den Klubs."
Der Punkteabzug:
"Ich glaube, der Punkteabzug ist ein überzogenes Urteil. Bei Blau-Weiß Linz wurde der Punkteabzug in einer ähnlichen Situation wieder zurückgezogen. Natürlich haben wir einen Fehler gemacht, das gehört auch bestraft. Aber ich glaube, ein Punkteabzug ist bei etwas, wo man sich keinen Vorteil verschafft hat, das falsche Mittel."