Es war ein emotionaler Nachmittag - für den Verein SK Rapid, die grün-weiße Anhängerschaft und vor allem einen: Andy Marek.
Denn zum 599. Mal griff der Klubservice-Leiter und Stadionsprecher zum Mikro und begrüßte die zahlreich erschienenen Zuschauer im Allianz-Stadion obligatorisch mit den Worten: "Herzlich Willkommen beim SK Rapid. Wo sind die Rapid-Fans?"
So wie immer - nur mit einem entscheidenden Unterschied. Es war dies das letzte Mal, dass der dem Waldviertel eng verbundene, aber gebürtige Wiener die Stadionmoderation übernahm. Dann ist Schluss, endgültig.
Aus gesundheitlichen Gründen, denn sonst hätte "The Voice" seinen Job wohl nicht freiwillig aufgegeben und mit Sicherheit auch noch den 1000er voll gemacht.
Doch es kam aus bekannten Gründen anders, und der Abschied wurde ihm nicht leicht gemacht. Denn das Heimspiel gegen WSG Tirol wurde zur großen Abschiedsfeier, die bereits nach den ersten Begrüßungsworten mit "Andy Marek"-Sprechchören eingeläutet und mit den Worten "Wenn das so weitergeht, dann wird es ganz schwer" beantwortet wurden. Danach folgten ein Klassentreffen der Legenden, eine Mega-Choreo, eine einstündige Aftershow-Party im Stadion und ein Sieg zum Ausklang.
Legenden-Treffen - von Ladi Maier bis Veli Kavlak
Schon im Vorfeld der Partie war schnell klar, dass sich einige Stars - die teilweise schon länger nicht mehr dem Lockruf Rapids gefolgt waren - nicht zufällig im Stadion einfanden.
Abgesehen von den ohnehin im Verein befindlichen Stars vergangener Tage wie Steffen Hofmann, Didi Kühbauer oder Zoran Barisic, den Legenden-Klub-Mitgliedern und dem ohnehin auf dem Platz als Gegner befindlichen Stefan Maierhofer waren ehemalige Rapid-Größen en masse zum Wiedersehen geladen.
Dabei tummelten sich im Stadion Ex-Leistungsträger wie Ladislav Maier, Veli Kavlak, der in München in der Reha weiterhin am Comeback arbeitet, Andreas Dober, Andreas Ivanschitz, Ümit Korkmaz, der mit der Vienna um den Aufstieg in die Regionalliga kämpft, Tanju Kayhan, Jürgen Patocka, Marek Kincl, Peter Hlinka, Markus Katzer, dem jetzigen WAC-Trainer Ferdinand Feldhofer, Jan Novota, Rene Wagner, Raimund Hedl, Florian Sturm bis hin zu Ex-Meistertrainer Josef Hickersberger und den Ex-Sportdirektoren Alfred Hörtnagl und dem extra aus Deutschland angereisten Helmut Schulte. Darüber hinaus wurde sogar Toni Polster in Rapids Heimstätte gesichtet - auch eher eine Seltenheit.
Alles kein Zufall, sondern viel mehr in langer Voraussicht geplant, um dem langjährigen Stadionsprecher einen gebührenden Abschied zu bereiten und ihn mit ehemaligen Weggefährten zu überraschen.
Im Großen und Ganzen wurde bei Rapid an glorreiche Zeiten erinnert, denen man jetzt schon lange hinterhertrauert. Die letzten Meister-Mannschaften von 2008 und 2005 waren zahlreich vertreten, seitdem herrscht beim SCR Dürre - aber auch damit hatte Marek umzugehen gelernt und versucht, das Beste daraus zu machen. Schließlich musste er beim letzten Meistertitel noch Haare lassen - mitten auf dem Podium wurde ihm der Kopf rasiert.
Nach dem Schlusspfiff sollte die große Überraschung dann Wirkung zeigen. Schon zwischendurch kämpfte Marek immer wieder mit Tränen. Spätestens dann brachen alle Dämme.
Mega-Choreo und Danksagungen der Fans
Schon bei den Eingangs-Worten musste das Rapid-Ehrenmitglied mächtig schlucken, nach der Trauerminute für die verstorberene SCR-Ikone Alfred Körner folgte dann Mareks Geschenk vom Block West.
Mit einer Mega-Choreo ließ man jenen Mann hochleben, der dem Verein in den vergangenen 28 Jahren so viel untergeordnet hatte und immer die Kommunikation und Förderung der eigenen Fans forcierte.
Erst zierte sein Abbild den Block West mit der Unterschrift: "Für deinen unermüdlichen Einsatz für Rapid und den Block West!", dann wechselte die Szenerie in ein in Gold gehaltenes "Danke Andy!".
Immer wieder wurde der Name des langjährigen Mitarbeiters lauthals gegröllt, wohlwissend, dass das Ende seiner Tätigkeit bei den Hütteldorfern unmittelbar bevorstand.
Mikro-Übergabe an Marek junior
Bereits am Freitag wurden die Weichen für die Zukunft offiziell gestellt, das Klubservice, das Marek selbst über viele Jahre aufgebaut hat, auf mehrere Schultern verteilt.
Denn das Pensum, dass Marek durch seine Hingabe über fast 28 Jahre abgespult hat, hätte einer alleine wohl nicht mehr schultern können.
Wenig überraschend bleibt das Mikrofon in Familien-Händen: Sohn Lukas bekam beim symbolischen Schlussakt jenes Arbeitsutensil überreicht, mit dem sein Vater am öftesten seit seinem ersten Spiel am 24. Juli 1992 zu sehen war.
Einstündige Aftershow-Party im Stadion
Nach dem Schlusspfiff stand eine große Party an. Vor dem Spiel sollte die Konzentration nicht ganz vom eigentlich Highlight, dem Bundesliga-Spiel abschweifen.
Danach kam Marek nicht um eine Ansprache herum und dankte in seinen eigenen Worten den zahlreich im Stadion verweilenden Fans. Schon nach dem Abpfiff nahmen ihn die Spieler in den Kreis und bejubelten ihn.
Danach standen alle Spalier für jenen Mann, der den Verein nicht ganz freiwillig verlässt, sondern der Gesundheit den Vortritt lässt. Die ehemaligen Präsidenten waren ebenso auf dem Feld wie die Legenden, Video-Botschaften von Andreas Herzog bis Louis Schaub rundeten den Abend ab, auch "Time to say Goodbye" aus den Boxen des Weststadions durfte nicht fehlen. Sogar mit einem Bengalen in der Hand marschierte er vor den Fan-Block, was Steffen Hofmann schon einmal Ärger einbrachte.
Während diesmal Gratulanten von allen Seiten herbeieilten, ihn Spieler, Mitarbeiter und Weggefährten in die Arme schlossen, war der 57-Jährige nicht immer unumstritten.
Für Fan-Umgang auch kritisiert, aber bei Rapid Vieles möglich gemacht
Aus vollem Herzen vertrat er seinen Herzensklub SK Rapid, polarisierte, ging keiner Diskussion aus dem Weg, schraubte den Zuschauerschnitt aufgrund diverser Aktionen gehörig in die Höhe und verteidigte immer wieder die grün-weißen Anhänger - auch in den schwierigsten Krisen wie etwa nach dem Platzsturm 2011 oder Ausschreitungen wie in Saloniki.
Die Kritik, möglicherweise zu wenig gegen die immer wieder aufkeimenden Fan-Probleme getan zu haben, lässt er noch heute an sich abprallen. Im Hintergrund seien genügend Maßnahmen gesetzt worden, um der auch mit der immer größeren Anzahl an Fans größer werdenden Probleme Herr zu werden.
Trotz allem haben die Wiener Marek viel zu verdanken. Nicht nur fantechnisch, sondern auch aufgrund geschaffener Strukturen im Verein, neuer Projekte und der Installierung des Klubservices wurde Rapid erst das, was es zum aktuellen Zeitpunkt ist.
Marek wird aber mit Sicherheit nicht von der Bildfläche verschwinden, sondern viel mehr das tun, was er aufgrund seiner hundertprozentigen Hingabe für den Klub seit 1992 nie wirklich konnte: Ein Heimspiel des SK Rapid als Fan genießen.