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Die Austria wirft ihre Identität über Bord

Mit dem Aus von Manfred Schmid zeigt Jürgen Werner sehr deutlich, welchen Weg er mit den Veilchen gehen will. Ein Kommentar:

Die Austria wirft ihre Identität über Bord Foto: © GEPA

Die Wiener Austria hat einen langen, weiten Weg vor sich. Dass sie gewillt ist, ihn zu gehen, daran besteht spätestens seit diesem Montag kein Zweifel mehr. Manfred Schmid ist nicht mehr Trainer des Klubs. Alle Infos >>>

Der Klub will sich neu erfinden. Ungeachtet dessen, was die Fans, die vermeintlich das Rückgrat des Vereins bilden, davon halten.

Seit Klub-Ikone Herbert Prohaska 2000 den Machtkampf um die Gunst von Frank Stronach gegen Friedl Koncilia verloren hat, hat sich der Anhang der Wiener Austria nicht mehr derart geschlossen und vehement für einen amtierenden Trainer ausgesprochen.

Den Klub-Bossen war das anscheinend egal. Oder zumindest nicht wichtig genug. Dabei erntete man noch vor einigen Wochen ungläubige Blicke, wenn man auf die sehr ungewisse Zukunft Schmids hinwies.

Warum tut die Austria das?

Warum sollte die Austria denn bitte nicht an jenem Mann festhalten, der den Klub in einer der schwersten Krisen seiner Geschichte anstandslos als Coach übernahm und ad hoc auf den dritten Platz und somit in eine Europacup-Gruppenphase führte?

Weil er im Cup gegen den Sport-Club ausgerutscht ist? Weil seine international unerfahrene Truppe in der Conference League Lehrgeld bezahlte? Weil er – wegen des Punkteabzugs – in der Bundesliga unter dem Strich überwinterte?

Dass im Herbst sportlich nicht alles rund lief, steht außer Diskussion. Dass sich dieser Umstand weitestgehend mit Dingen außerhalb der Macht des Trainers begründen lässt, allerdings auch. Schmid kann weder Marko Raguz oder andere Spieler vorzeitig heilen, noch James Holland fünf Jahre jünger machen.

Was Schmid zum Verhängnis wurde

Was er tun hätte können, aber nicht getan hat, wurde ihm letztlich zum Verhängnis: Er hat nicht jenen Fußball spielen lassen, den Investor Jürgen Werner gerne gesehen hätte.

Schmid hat als Trainer nach seiner eigenen Überzeugung gehandelt. Und er ist sich selbst treu geblieben. Der spielphilosophische Richtungsstreit innerhalb des Vereins hat sich in den vergangenen Monaten mehr und mehr zugespitzt.

Werner will hoch anpressen, im Idealfall mit einer Dreierkette in der Defensive. So wie es beim LASK lange Zeit sehr gut funktioniert hat. Schmid hat den Kader dafür als ungeeignet erachtet, auf stur geschaltet, sich immer weniger kompromissbereit gezeigt. Jetzt ist er weg.

Wofür steht die Austria?

Die Austria wird nun einen Trainer finden, der bereit dazu ist, den Beweis anzutreten, dass diese Mannschaft sehr wohl hoch und aggressiv anpressen kann. Gut möglich, dass er Ronald Brunmayr oder Robert Klauß heißt. Sehr wahrscheinlich, dass er Jürgen Werner oder der beim FAK nicht minder mächtigen Spieleragentur "ROOF" eng verbunden ist.

Wer auch immer es sein mag, er wird keinen leichten Start bei der Anhängerschaft haben. Von Tag eins wird er der Trainer sein, wegen dem Manfred Schmid gehen musste. Das ist dessen Nachfolger gegenüber unfair, fraglos, aber nur eine logische Reaktion.

Und die Identität des Klubs? Über Bord geworfen. Gefühlt beschreitet die Austria jenen Weg, den schon Dutzende Vereine vor ihr beschritten haben: den Pressing-Fußball, den Rangnick einst als Salzburger Sportchef in Österreich eingeführt hat, bestmöglich auch zu übernehmen.

Dass der Verein seit vielen Jahrzehnten für etwas völlig anderes steht, geschenkt.


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