Plötzlich ging alles ganz schnell. Das neue Jahr ist noch keine zwei Wochen alt, da kann beim SK Rapid bereits der erste Shootingstar 2023 ausgemacht werden.
Für Nicolas Bajlicz geht es dieser Tage steil nach oben. Vor einem Jahr saß der Youngster noch unglücklich in Köln, nun hat er den Sprung zu den Hütteldorfer Profis praktisch geschafft. Und dazwischen ist richtig viel passiert.
Der Reihe nach. Dass der inzwischen 18-Jährige die Anlagen mitbringt, um es als Fußballer weit zu bringen, ist nichts Neues. Dass er seine ersten Schritte im Erwachsenenfußball im grün-weißen Trikot macht, war indes lange Zeit nicht abzusehen, eigentlich sogar fast auszuschließen.
Aufstieg im Austria-Nachwuchs
Als Kind schloss sich der Mittelfeldspieler nämlich dem Nachwuchs der Wiener Austria an, schaffte dort gemeinsam mit seinen Alterskollegen Ziad El Sheiwi und Enis Safin auch den Sprung in die Akademie. Die Verantwortlichen der Violetten hielten große Stücke auf den jungen Mann, forderten und förderten ihn entsprechend.
"Ich kenne ihn schon lange, er war immer schon einer der Topspieler seines Jahrgangs, speziell auf seiner Position", sagt Nino Rauch, Scoutingkoordinator Nachwuchs des SK Rapid. Kurzum, Bajliczs Talent war unverkennbar und schon damals über die Grenzen Wien-Favoritens hinaus bekannt.
Im Jänner 2019 setzte Bajlicz das erste Ausrufezeichen. Der Veilchen-Nachwuchs setzte sich beim U17-Turnier im deutschen Montabur durch, namhafte Konkurrenz wie RB Leipzig, Gladbach und der 1. FC Köln hatten das Nachsehen. Spieler des Turniers: Nicolas Bajlicz. Der Austrianer war damals erst 14 Jahre alt!
Mit 15 Jahren in der U18, dann nach Köln
Ein Jahr später glänzte Bajlicz beim Hallenturnier in Göttingen. Und auch am Feld verdiente er sich früh seine ersten Sporen.
Der damalige U18-Trainer Cem Sekerlioglu setzte den 15-jährigen Bajlicz im Testspiel gegen die Kampfmannschaft von Regionalligist Neusiedl ein. Ins kalte Wasser geworfen schwamm das Talent sofort, lieferte eine überragende Leistung ab.
"Im Gesamtpaket stärker als einst ein Sascha Horvath oder Dominik Prokop. Einer der Besten in den 19 Jahren, in denen ich den Job mache", sagte Sekerlioglu damals in der "Krone" über ihn. Der Weg nach oben bei den Violetten war vorbestimmt, doch es sollte anders kommen.
"Er ist in Köln in ein Loch gefallen."
Denn im Spätsommer 2020 lockte der 1. FC Köln den Nachwuchsteamspieler in die Domstadt. Läppische 40.000 Euro Ausbildungsentschädigung kassierte die Austria. Doch der Schritt ins Ausland kam zu früh, der Wiener in Deutschland nie so richtig an.
Rapids Rauch berichtet: "Er ist in Köln in ein Loch gefallen. Das Problem war nicht zuletzt Corona. In Deutschland waren sie lange praktisch 'weggesperrt', konnten nicht trainieren. Das ist für einen Spieler aus dem Ausland dann umso schwieriger. Er hat sich dort nie so richtig wohlgefühlt."
Lediglich sechs Meisterschaftsspiele absolvierte der Jung-Legionär in eineinhalb Jahren für die "Geißböcke" – je drei in der U17 und U19. Schon bald reifte in ihm der Wunsch nach einer Rückkehr in heimische Gefilde.
Austria nutzte zweite Chance nicht
Im Sommer 2021 soll sein Management zum ersten Mal bei der Wiener Austria angeklopft haben, im Winter 2021/22 ein zweites Mal. Die sportliche Führung der Violetten lehnte aber ab. Die Darstellungen der Gründe dafür gehen auseinander.
Einerseits wird überliefert, dass die Forderungen überzogen gewesen sein sollen. Die meisten halten diese Darstellung für unrealistisch, sehen falschen Stolz damals handelnder Personen bei den Violetten als wesentlich wahrscheinlicher.
Andere Klubs aus Österreich waren da aufgeschlossener. Der SK Rapid bekam an einem Freitag im Jänner 2022 über Einträge in Kölner Fanforen Wind davon, dass Bajlicz eine Rückkehr in die Heimat anstrebe. Spät, aber nicht zu spät.
Rapid schnappte ihn Sturm weg
Denn am Montag darauf war bereits die Vertragsunterschrift beim SK Sturm angesetzt. Sportchef Andreas Schicker hatte ein attraktives Paket geschnürt, der SK Rapid reagierte blitzschnell, um Bajlicz doch noch zu überzeugen. Erfolgreich.
"Die hohe Durchlässigkeit bei uns im Verein war ein sehr gutes Argument bei seiner Verpflichtung, die Rückkehr nach Wien ein weiteres", sagt Rauch.
Der nunmehr 18-Jährige unterschrieb schließlich bis Sommer 2024 in Hütteldorf und zog wieder bei seiner Familie ein.
Die liebe Familie mit dem legendären Gürtel-Lokal
Eine Familie, der der Fußball im Blut liegt. Papa Werner schaffte es mit Oberwart einst in die zweithöchste Spielklasse, arbeitet derzeit im Schulqualitätsmanagement der Bildungsdirektion Wien.
In fußballerischer Hinsicht erfolgreicher war dessen Bruder Othmar. Er absolvierte 88 Bundesliga-Spiele, wurde mit dem FC Wacker Innsbruck 1974/75 österreichischer Meister, kickte auch für VOEST Linz und den SC Eisenstadt. In Eisenstadt war er Teil einer der jüngsten Bundesliga-Startelfs aller Zeiten. Hier Nachlesen >>>
Der Onkel des Rapidlers ist in der Hauptstadt aber vor allem aus einem anderen Grund bekannt: Ihm gehört seit über drei Jahrzehnten das legendäre Gürtel-Lokal "Chelsea". Von Soundgarden über die Toten Hosen bis Gossip spielten dort auf ihrem Weg nach oben viele bekannte Bands ihre ersten Wien-Konzerte.
Es dauert...
Nicolas Bajlicz jedenfalls benötigte einige Zeit, um in Wien wieder in die Spur zu finden. "Als er zu uns gekommen ist, war er körperlich in einem schlechten Zustand. Wir haben ihn behutsam wieder aufgebaut", sagt Rauch.
Erst im August lief er erstmals in einem Testspiel für die U18 des SK Rapid auf, aber Anfang Oktober war er bei Rapid II in der Admiral 2. Liga in jeder Partie im Einsatz, hatte als Achter einen Stammplatz im Team von Stefan Kulovits.
Rauch freut sich: "Er hat den Sprung in den Erwachsenen-Fußball geschafft, hat sich gut adaptiert. Aber natürlich hat er nicht zuletzt wegen seines Alters physisch noch Potenzial."
...und geht dann ganz schnell
Im neuen Jahr der nächste Schritt: Beim internationalen Kunstrasen-Hallenturnier in Sindelfingen eroberte Bajlicz mit der Rapid-U19 den Titel, mit Siegen gegen Augsburg, Köln, Benfica, Leipzig, Manchester United und Galatasaray. Alle Infos >>>
Bajlicz glänzte, wurde Torschützenkönig und Spieler des Turniers.
Wenige Tage nach der Rückkehr setzte Zoran Barisic das Talent beim 6:0-Testspielsieg der Profis gegen Donaufeld in der ersten Hälfte ein. Bei drei der vier Tore in Durchgang eins lieferte der Youngster die Vorlage.
Niemand hat Zweifel daran, dass der 18-Jährige im Frühjahr fixer Bestandteil des Profi-Kaders sein wird. Rauch schwärmt: "Er ist technisch sehr stark, hat ein ausgezeichnetes Passspiel, eine tolle Übersicht, ist handlungsschnell und findet Lösungen auf engstem Raum."
Ja, das ging richtig schnell…
VIDEO: Sein 1. Tor im Erwachsenen-Fußball