Auf die Frage, ob die Verteidigung des Meistertitels das erklärte Ziel für das Frühjahr sei, hat Sturm-Sportdirektor Michael Parensen eine klare Antwort: "Nein".
Im Gespräch mit LAOLA1 bei der Auftakt-Pressekonferenz der Bundesliga zur anstehenden Frühjahrssaison wirkt der Deutsche locker, zuversichtlich und genießt die Sonne über den Wolken Wiens.
"Sind dabei, uns gerade zu finden"
Zu viel ist in den letzten Wochen und Monaten passiert, als dass der die eingangs gestellte Frage mit etwas anderem als einem klaren "Nein" beantworten könnte. Neben dem Erfolgsduo Andreas Schicker und Christian Ilzer verließen auch die Leistungsträger Mika Biereth und Jusuf Gazibegovic den Klub. "Wir haben wichtige Spieler verloren und sind dabei, uns gerade zu finden", will Parensen eine Verteidigung der Meisterschale nicht als Ziel ausrufen.
Abgesehen vom Umbruch im Winter gehe es in der Liga auch "sehr, sehr eng" zu. "Die Spiele sind auf Messers Schneide und wir haben die Punkteteilung nach dem Grunddurchgang. Insofern sehe ich uns da überhaupt noch nicht in der Situation, dass wir über solche Ziele sprechen können", so der Deutsche.
Darum Mayulu
Er sei überzeugt, dass Sturm "eine hohe Qualität im Kader" habe. Aufgrund des Umbruchs darf man sich von den "Blackies" aber tatsächlich keine Wunderdinge erwarten. Mit Fally Mayulu hat man einen Spieler als Biereth-Ersatz geholt, der als solcher funktionieren kann. Außer ein gutes halbes Jahr bei Rapid hat der Franzose aber auf Erstliga-Niveau noch nicht wirklich etwas auf seiner Visitenkarte stehen.
"Wir wollen offensiv spielen, hoch pressen und Präsenz in der Box haben. Da haben wir ihn als den Spieler ausgemacht, der uns da am ehesten weiterhelfen kann"
Was jedenfalls für ihn spricht, sei laut Parensen, dass "er die Liga kennt und keine lange Eingewöhnungszeit braucht". Er passe auch ganz klar "in unser Profil, das wir benötigen. Wir wollen offensiv spielen, hoch pressen und Präsenz in der Box haben. Da haben wir ihn als den Spieler ausgemacht, der uns da am ehesten weiterhelfen kann."
Während man Bierteh schon ersetzt hat, ist dies bei Gazibegovic noch nicht der Fall. Das wird sich aber bald ändern. "Ich gehe davon aus, dass wir noch einen Neuzugang präsentieren können", hält Parensen fest.
"Müssen uns entwickeln"
Momentan steht dennoch eine gewisse Findungsphase im Vordergrund, wie der Sportdirektor unterstreicht. "Ich glaube, dass wir uns entwickeln können und entwickeln müssen", fordert Parensen. Man habe eine hohe Qualität im Kader und wenn man diese Entwicklung zeige, würden sich auch die Erfolge einstellen, so der Deutsche - ohne konkret darauf einzugehen, was man vereinsintern als Erfolg werten würde.
"Das ist der Lohn der Arbeit und das ist ja auch schöner, mit Ansprüchen zu arbeiten, als wenn es niemanden interessiert und man vor sich hinwurschtelt"
Klar ist: Die Ansprüche in Graz sind spätestens seit dem Double in die Höhe geschnellt. Die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit ist mit jener von davor nicht mehr zu vergleichen. Das zu moderieren sei "mit Sicherheit nicht einfach", betont Parensen. Dass Ansprüche da sind, werte er aber als positives Zeichen. "Das ist der Lohn der Arbeit und das ist ja auch schöner, mit Ansprüchen zu arbeiten, als wenn es niemanden interessiert und man vor sich hinwurschtelt", kann er der Situation viel abgewinnen.
Warum man realistisch bleiben muss
Die Arbeit muss aber nun unter seine Führung konsequent fortgesetzt werden. Das wiederum ist natürlich Parensens Anspruch. Eine Erfolgsgarantie kann und will er aber freilich keine abgeben und hält fest, dass auch wieder andere Zeiten kommen könnten.
Denn nichtsdestotrotz solle man "immer wieder schauen, dass wir auch realistisch bleiben". Es sei bei Sturm in den letzten Jahren "unheimlich viel gut gelaufen. Aber dass es nicht endlos so weitergehen kann, dieser Realität muss man auch ins Auge blicken".
Am Ende liege es "an uns, mit unserer Arbeit zu überzeugen, dann müssen wir uns gar nicht so viele Gedanken darüber machen, wie wir etwas moderieren".

Zu moderieren gilt es auch abseits des Sportlichen. Denn während die "Blackies" in den letzten Jahren sportlich immer größere Fortschritte machen konnten, hinkt das leidige Infrastruktur-Thema hinterher. Das spürt auch Parensen.
Ein Stadion als "Wettbewerbsnachteil"
In der täglichen Arbeit wirke sich das nicht aus. "Aber es ist natürlich ein großer Wettbewerbsnachteil, wenn du ein Stadion hast, wo du wenig aus-vermarkten kannst. Wo du vielleicht auch ein anderes Stadion haben könntest, wo mehr Zuschauer kommen", ist auch er nicht glücklich mit dem Status Quo.
Umso wichtiger wird es sein, weiterhin eines jener Teams zu sein, die im österreichischen Fußball den Ton angeben. Denn bleiben die Erfolge künftig einmal für längere Zeit aus, könnte das auch die Stadion-Debatte schnell zum Erliegen bringen.