In einer Sportler-Karriere stehen oftmals Entscheidungen an.
Jene, sich 2009 für den SK Rapid entschieden zu haben, bereut Mario Pavelic bis heute nicht. Eine andere stand ihm erst kürzlich ins Haus.
Der bosnische Verband trat an den 22-jährigen Außenverteidiger, dessen Eltern aus Sarajevo stammen, heran, um ihn als Alternative für das Nationalteam in Betracht zu ziehen.
Doch daraus wurde nichts. Allerdings nicht, wie fälschlicherweise kolportiert wurde, weil es der bis zur U19 für ÖFB-Nachwuchsteams auflaufende Defensivspieler ausschloss.
„Das stimmt so nicht“
„Das stimmt so nicht, wie es geschrieben wurde“, klärt Pavelic beim Treffen mit LAOLA1 auf. „Ich habe es nicht abgelehnt.“
Der Grund war ein ganz anderer. Hätte er sich für Bosnien deklariert, hätte er sich von der Doppel-Staatsbürgerschaft verabschieden müssen.
„Ich habe ihnen dann mitgeteilt, dass ich die österreichische Staatsbürgerschaft nicht hergeben will und es deshalb nicht möglich ist, für Bosnien zu spielen.“
Das Interesse war durchaus da, auch Einsätze wären realistisch gewesen. Im Endeffekt freut sich aber Rapid, nicht einen weiteren Ausländer-Platz opfern zu müssen.
Doch Pavelic betont: „Das ist auf jeden Fall auch für Rapid besser. Aber es war trotzdem meine Entscheidung.“
Temperament dank bosnischer Wurzeln
Bei den Hütteldorfern ist der rechte Außenverteidiger längst zum Stammspieler aufgestiegen, daran hätte er bei seinen Anfängen bei Neusiedl/See nicht in seinen kühnsten Träumen gedacht.
Im Burgenland aufgewachsen, fehlte die geographische Verbundenheit zum Heimatland seiner Eltern, trotzdem wurden die Wurzeln innerhalb der Familie stets hochgehalten.
„Ich bin regelmäßig mit meinen Eltern im Sommer und Winter nach Bosnien gefahren, da ich dort sehr viele Bekannte habe. Ich rede mit ihnen und meiner Schwester fast nur bosnisch. Als ich mit 15 Jahren nach Wien gekommen bin, habe ich auch mehr Kontakt zu Bosniern gefunden, mein bester Freund ist auch einer.“
Was er an sich selbst als typisch bosnisch bezeichnen würde? „Vielleicht das Temperament! Ich bin ein lustiger Mensch, der keine Probleme hat neue Menschen kennenzulernen. Ich tanze auch sehr gerne, zu Hause vor dem Laptop“, lacht Pavelic.
„Mein Vater hat bei Geburtstagen seine Moves ausgepackt“
So ganz geheim ist das tänzerische Talent des offensivorientierten Abwehrspielers dann doch nicht, schließlich machten bereits Videos die Runde.
Den Hang, oftmals eine heiße Sohle auf das Parkett zu legen, will der Burgenländer gar nicht abstreiten. Woher diese Leidenschaft kommt, weiß er aber nicht genau.
„Ich will nicht sagen, dass mein Vater ein professioneller Tänzer war, aber er hat bei Geburtstagen schon ein paar Moves ausgepackt. Vielleicht habe ich mir da was abgeschaut. Ich habe es dann ein bisschen professioneller gemacht und es mir auf Youtube angeschaut. Ich habe mich eher auf Hip Hop, Dancehall, Reaggeeton spezialisiert. Das taugt mir. Ich habe auch viele Freunde, die in Tanz-Crews sind, und mir richtig viel gezeigt haben.“
Trainer Zoran Barisic beschrieb Pavelic aufgrund seiner guten Technik einmal als einen „der mit dem Ball tanzt“. Doch dieser Tanz scheint dem Langzeit-Rapidler längst nicht mehr zu reichen.
Sonniges Gemüt, aber kein „Bruder Leichtfuß“
Interpreten wie Chris Brown, Drake oder Kid Ink treffen seinen Geschmack, doch Anspruch auf den Posten von Mario Sonnleitner als Kabinen-DJ erhebt er trotzdem nicht.
„Er macht das richtig gut. Es mag ja nicht jeder in der Mannschaft R’n‘B und Hip Hop. Viele mögen House, Pop oder Rock. Er findet die richtige Balance und mixt das richtig gut.“
Sonst ist Pavelic immer für ein Späßchen zu haben. Eine Eigenschaft, die in Drucksituationen durchaus entlastend wirken kann. Als „Bruder Leichtfuß“ will er aber nicht gelten.
„Man muss schon wissen, was man ernst nimmt und was nicht. Ich bin aber auch im täglichen Leben eher der lockerere Typ.“
„Diese Zeit war schon sehr anstrengend“
Zuletzt gab es bei Rapid durchaus Situationen, die nicht so leicht zu verkraften waren und erst mental verarbeitet werden mussten. Etwa Rückschläge im Titelrennen sowie das Aus im ÖFB-Cup und der Europa League, die durchaus Spuren hinterlassen haben.
„Ich persönlich hatte bis jetzt noch nie so viele Spiele. Es war auch sehr anstrengend, aber wir haben uns alle an diesen Rhythmus gewöhnt. Sicher war die ganze Zeit schön, in der Europa League zu spielen. Ich denke, wir haben auch Großes für den Verein geleistet.“
Für ihn bleibt nämlich nicht das vernichtende Aus gegen „eine klar bessere Mannschaft“ wie Valencia in Erinnerung, sondern vielmehr die davor gezeigten Leistungen, die zum Gruppensieg führten. Auch das Cup-Aus gegen die Admira ist längst abgehakt.
Denn das Hauptaugenmerk gilt bis zum Saisonende nur mehr der Meisterschaft, in der man zuletzt mit einem 1:1 gegen RB Salzburg einen größeren Schritt nach vorne verpasste und weiterhin vier Punkte hinter dem Titelverteidiger liegt.
Rapid hat den Anspruch: „Wir wollen ganz oben stehen“
Was passieren muss, dass Rapid noch Meister wird? „Am besten wir gewinnen alle Spiele“, scherzt Pavelic, fügt aber hinzu: „Für jeden Spieler auf der ganzen Welt ist es ein Ziel, irgendwann einmal Meister zu werden. Das ist auch Rapids Anspruch, ganz oben zu stehen.“
Das war zuletzt nicht mehr so klar. Denn die Mentalität der Grün-Weißen hatte sich in den letzten Jahren gewandelt. Große Töne wie „Wir sind Rapid und wer seid ihr“ wurden schon lange nicht mehr gespuckt, auch offen vom Meistertitel zu reden, stand nicht mehr an der Tagesordnung.
Der Außenverteidiger, immerhin seit sieben Jahren beim Verein, versucht diese Entwicklung zu begründen: „Wenn man das mit früher vergleicht, waren damals nicht so viele junge Akteure Stammspieler. Das kann, muss aber kein Grund sein. Aber es stimmt schon. Rapid hat einfach den Anspruch, und es ist ja auch so: Wir wollen ganz oben stehen!“
Eine Ansage, die sonst wohl nur intern zu vernehmen ist. Der Meistertitel wäre für Pavelic nicht nur die absolute Krönung, sondern ein weiterer Anlassfall, um eine heiße Sohle aufs Parkett zu legen.
Alexander Karper