"Es spielt keine Rolle, wie alt man ist. Das darf nicht passieren, wenn man Profi-Fußballer ist."
Der kometenhafte Aufstieg von Niklas Hedl zur Nummer 1 von Rapid wurde kürzlich erstmals ein wenig gebremst. Seine Rote Karte wegen Tätlichkeit beim 2:2 gegen Austria Klagenfurt fällt aber in die Kategorie Blackout und entspricht nicht dem Naturell des zurückhaltenden 21-Jährigen.
"Im Nachhinein gesehen war es ein großer Fehler von mir. Eine dumme Aktion!", blickt Hedl im Gespräch mit LAOLA1 auf die vermeidbare Aktion zurück. "Ich fange den Ball ab, will das Spiel schnell machen. Der Klagenfurt-Spieler stellt sich mir aktiv in den Weg, ich wollte mich losreißen. Da sind mir die Sicherungen durchgebrannt. Das darf nicht passieren."
"Das ist die größte Strafe!"
Der Fauxpas tut ihm noch heute leid, vor allem für die Mannschaft. Vielleicht war es jugendlicher Leichtsinn, vielleicht auch nur das oft zitierte Lehrgeld, das der Youngster zahlen musste. "Ich glaube, einem 30-jährigen, routinierten Spieler wird das nicht passieren. Gibt es auch, aber eher selten. Aber natürlich lernt man daraus", weiß Hedl.
Zudem hat sich der ÖFB-U21-Torhüter selbst keinen Gefallen getan, da er gerade in überragender Form war und die Gegner mit seinen Paraden teilweise zur Verzweiflung trieb. Ausgerechnet für die Top-Duelle gegen die Austria und Salzburg fasste der Keeper eine Sperre aus.
"Natürlich schmerzt das extrem, aber das habe ich mir selber zuzuschreiben, dass ich da nicht mitwirken darf", gesteht Hedl, bei dem so richtig die Lust entfacht wurde, Rapid Woche für Woche als Nummer 1 auf den Platz zu führen. Nicht spielen zu dürfen, noch dazu im Derby, "ist die größte Strafe! Aber im Nachhinein kann ich daraus lernen und weiter geht's."
Die zuletzt verletzte Nummer 1 der Herbstsaison, Paul Gartler, feierte dadurch sein Comeback und ließ sich nichts zu Schulden kommen. Sorgen im Kampf um den Platz zwischen den Pfosten macht sich Hedl deshalb aber keine.
Der "extrem überraschende" Durchbruch und Nervosität
Denn trotz Konkurrenzsituation hat er seinem Kollegen beim 1:1 im Derby die Daumen gedrückt und wird dies auch am Sonntag tun. "Pauli und ich haben ein sehr gutes Verhältnis, generell im ganzen Tormannteam auch mit Bernhard Unger. Ich freue mich, wenn er ein gutes Spiel macht und ich glaube auch, dass er sich freut, wenn ich ein gutes Spiel mache. Wir stellen das Ziel der Mannschaft in den Vordergrund."
Das spricht für den Sohn des jahrelangen Rapid-Torhüters Raimund Hedl, der durch die Verletzung von Gartler überhaupt erst die Chance bekam, obwohl ihm schon lange eine große Zukunft prophezeit wurde. "Natürlich will ich spielen, und Pauli auch. Aber im Endeffekt werden wir an unseren Leistungen gemessen und der Trainer stellt auf. Das entscheide nicht ich und nicht Pauli."
Nach elf Einsätzen bei den Profis Ansprüche zu stellen, liegt Hedl ohnehin fern. Der gesunde Optimismus und der unbändige Ehrgeiz beflügeln ihn jedoch dabei, sich wieder schnellstmöglich ins Rampenlicht zu spielen.
Zu dankbar ist er dafür, was ihm schon im jungen Alter widerfahren ist. Plötzlich Nummer 1 bei Rapid zu sein, das war schon eine neue Erfahrung, dieser rasante Durchbruch nicht zu planen. Weshalb er noch heute zugibt: "Ich war schon extrem überrascht, als ich gehört habe, dass ich spiele. Da war ich schon sehr nervös. Aber mit der Zeit bin ich immer besser reingekommen."
"Hätte ich mir nicht erträumen lassen"
Zwar durfte der ambitionierte Torwart schon länger mit den Profis mittrainieren und kannte das Umfeld bei der Kampfmannschaft schon bestens. Trotzdem war sein Debüt nicht unbedingt überfällig, er selbst machte sich noch keinen großen Druck.
"Am Anfang der Saison hätte ich es mir nicht erträumen lassen. Aber ich habe dann gesehen, dass ich mit den anderen mithalten kann und war umso glücklicher, dass es geklappt hat mit meinem ersten Einsatz"
"Am Anfang der Saison hätte ich es mir nicht erträumen lassen. Aber ich habe dann gesehen, dass ich mit den anderen mithalten kann und war umso glücklicher, dass es geklappt hat mit meinem ersten Einsatz", teilt Hedl dieses überwältigende Gefühl.
Ausgerechnet gegen Sturm Graz wurde der 1,88-Meter-Mann ins kalte Wasser geworfen - und schwamm erfolgreich. Gegen denselben Gegner debütierte achteinhalb Jahre davor etwa Hedls derzeitiger Kapitän Maximilian Hofmann - und flog nach nur zwei Minuten mit Rot vom Platz. Der Torhüter war hingegen von der ersten Minute an voll da und konnte den Moment nützen.
"Ich war selbst überrascht, dass es dann so gut geklappt hat. Aber ich nehme es gerne so, wie es ist zur Zeit", präsentiert sich Hedl bodenständig. Die Antwort, wem er zuerst von seiner Beförderung ins Tor der Profis erzählt hat, überrascht dann doch kaum: Der Papa war's.
Besser als der Papa: "Wenn er das sagt, stimme ich zu"
Jener Papa, der es selbst über den Nachwuchs zu den Profis schaffte, wo er von 1994 bis 2001 und von 2005 bis 2011 zum Torhüter-Team gehörte, auch wenn er nur phasenweise die Nummer 1 war und insgesamt 116 Pflichtspiele für die Grün-Weißen bestritt. Von 2011 bis 2016 war er dann auch noch als Rapids Torwart-Trainer aktiv.
Die Familie ist Niklas Hedl "sehr wichtig. Eigentlich geht es nie um Fußball, vielleicht ein, zwei Minuten am Tag, aber Fußball ist sicher nicht der Hauptfokus. Daheim geht es um andere Dinge." Tipps nimmt er aber gerne an, sofern er die noch braucht.
Denn sein Vater meinte vor Kurzem, dass Niklas auf jeden Fall besser sei als er damals. Noch einmal darauf angesprochen, grinst der Sohnemann über beide Ohren. "Der Fußball entwickelt sich generell immer. Und wenn er das sagt, dann stimme ich ihm zu."
Die Fußballer-Gene liegen in der Familie. Denn auch die beiden Brüder schnüren sich die Fußballschuhe bei Rapid. Der Jüngste in der U13 - ebenfalls als Torhüter. Nur Tobias Hedl brach als Stürmer bei Rapid II aus der Goalie-Tradition aus. Wobei auch Niklas als Stürmer begann, jedoch nach einem U9-Turnier im Tor seine Berufung fand.
Andere Klubs oder Ausland? "Für uns war Rapid immer Nummer 1"
Es gibt jedoch auch eine zweite Familie in Hedls Leben, die Rapid-Familie. So kann er diese nach 15 Jahren im Verein durchaus bezeichnen. 2007 begann der Jungspund im Alter von 6 Jahren seine Laufbahn bei den Hütteldorfern und ist diesen bis heute treu geblieben.
"Die Rapid-Familie ist mir extrem wichtig! Ich kenne gar kein Leben ohne Rapid. Seitdem ich denken kann, bin ich beim Verein. Das ist auch gut so", stellt der SCR-Hoffnungsträger klar. Besonders gefördert wurde er vom heutigen Torwart-Trainer Jürgen Macho und vor allem Klemens Windbacher - dieser begleitete ihn schon, seit er zehn Jahre alt war.
"Er war auch in der Akademie mein Tormanntrainer, hat mich dann zu Rapid II begleitet. Zu ihm habe ich noch immer Kontakt, er ist bei Rapid II Trainer und ich sehe ihn noch öfter. Er hat meine ganze Entwicklung beobachtet und begleitet." In den letzten Jahren hat er sich Torwart-spezifisch extrem weiterentwickelt, in den letzten Wochen ist er vor allem als Persönlichkeit gereift.
"Mein Traum war es immer, für Rapid zu spielen, den lebe ich gerade. Für mich ist das Ausland kein Thema zur Zeit."
Als er geboren wurde, spielte sein Papa Raimund gerade für den LASK, danach in Mattersburg, aber das Herz war immer grün-weiß. "Für uns war Rapid immer die Nummer 1." Daran soll sich auch nichts ändern. Während sich andere Akteure in seinem Alter vom Auslands-Wunsch den Kopf verdrehen lassen, gibt sich Hedl in dieser Hinsicht zumindest nach außen hin relaxt.
Die Verbundenheit zu Rapid ist derzeit noch größer als der Drang, die Welt zu erkunden. "Mein Traum war es immer, für Rapid zu spielen, den lebe ich gerade. Für mich ist das Ausland kein Thema zur Zeit."
Dass es nach nur wenigen Einsätzen schnell gehen kann, zeigen andere Beispiele. Richtig konkrete Anfragen soll es für Hedl laut eigenen Aussagen noch nicht gegeben haben, auch nicht im Nachwuchs von nationaler oder internationaler Konkurrenz.
Ter Stegen als Vorbild, ÖFB-Einsätze als Ehre
Wobei der Youngster die Top-5-Ligen schon sehr aufmerksam verfolgt, jedoch keinen Favoriten hat und in jeder dieser Ligen super Tormänner ausmacht. Das zeigt auch ein Blick auf die Vorbilder, die Hedl in seiner Art zu spielen inspirieren.
"Für mich ist das Marc-Andre ter Stegen. Was das Torwart-Spiel angeht, hat der eine richtig gute Technik. Da schaue ich mir auch gerne was ab. Ansonsten Manuel Neuer und Gianluigi Buffon – die Klassiker", lacht Hedl.
Mit Neuer und Buffon nennt er langjährige Nummer-1-Torhüter Deutschlands und Italiens. Der Rapid-Keeper darf sich derzeit in der ÖFB-U21-Auswahl beweisen. "Das macht mich sehr stolz, dass ich Österreich repräsentieren darf. Ich bin glücklich darüber."
Und wer weiß, mit dem neuen ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick könnte es in Zukunft durchaus mal der Anspruch sein, als Rapids Nummer 1 auch im A-Team eine gute Rolle zu spielen. "Natürlich ist das für jeden jungen Fußballer in Österreich das Ziel, irgendwann einmal für die österreichische Nationalmannschaft aufzulaufen. Aber bist dahin ist es noch ein langer, harter Weg."
Erst einmal will Hedl viele Spiele für Rapid machen und sich gut präsentieren. Das hat bisher ganz gut geklappt, das nötige Lehrgeld hat er mit dem Ausschluss nun auch schon bezahlt. Nun gilt es, daraus zu lernen.