Wer sich auf den SK Rapid einlässt, lässt sich auch auf den harten Kern der Rapid-Fans ein.
Aber nicht nur, denn derjenige ist dann für einen Klub mit rund einer Million Sympathisanten in Österreich und einigen darüber hinaus tätig. Auch die zur Präsidiums-Wahl am 26. November im Zuge der Hauptversammlung zugelassene Liste rund um Alexander Wrabetz muss sich mit diesem Thema auseinandersetzen.
Immer wieder wird der große Einfluss der Fan-Szene auf Entscheidungen der grün-weißen Führungsriege diskutiert und kritisiert. Noch-Präsident Martin Bruckner ging sogar soweit zu behaupten, dass Rapid im dritten Jahrtausend ankommen müsse und der Mitgliederverein, so wie er im Moment aufgestellt ist, nicht führbar sei.
Zu viele Einflüsterer, zu viele Einflüsse, zu viele Gremien. Sein möglicher Nachfolger Wrabetz schlägt angesprochen auf die problematische Fan-Politik leise Töne an und stellt vorwiegend das Positive in den Vordergrund. "So etwas wie die Rapid-Fans gibt es im positiven Sinn weltweit nicht", schwärmt der Ex-ORF-Generaldirektor.
Zurufe von Fans? "Das muss man aushalten"
In seinen bisherigen Arbeitsbereichen habe er viel mit schwierigen Fanstrukturen zu tun gehabt, war auch international relativ oft im Zuge von Rechteverhandlungen bei Sportereignissen dabei und weiß auch, welche Strahlkraft Rapid - unter anderem aufgrund der Kulisse und der heißblütigen Fans - hat.
"Das ist was ganz Großartiges! Diese Fan-Kulisse trägt positiv zum Fußball bei. Das steht für mich im Vordergrund", weicht Wrabetz der eigentlichen Frage generell scheinbar sehr gerne aus. Dass der Support in Wien-Hütteldorf überdurchschnittlich ausfällt, ist dabei keine wirklich neue Erkenntnis.
Viel spannender ist hingegen, wie Wrabetz den großen Einfluss von Fangruppen mit roten Linien unterbinden kann oder überhaupt will. "Weil es immer heißt, die Fans entscheiden so viel: Die Fans wählen uns bei der Mitgliederversammlung, haben ganz klare Mitwirkungsrechte, können uns abwählen oder in drei Jahren ein anderes Präsidium wählen. Das finde ich auch ganz normal", meint der 62-jährige Wiener.
"Alles andere - dass man Zurufe bekommt, unterstützender, kritischer oder auch ablehnender Art - muss man aushalten, wenn man sich für so eine Position bewirbt. Ich weiß, das ist schwer, besonders wenn der Erfolg nicht da ist."
"Wenn Fans was fordern, kann man sagen, dass man es nicht macht"
Interessanter wird es da schon, als Wrabetz betont, dass auf Forderungen seitens der Fans ja nicht eingegangen werden müsse. In der Vergangenheit führten Vorgehen wie diese oftmals zu vorzeitigen Abschieden aus Wien-Hütteldorf.
"Auch wenn die aktive Fanszene etwas Bestimmtes fordert, kann man ja sagen, dass man es macht oder auch nicht. Wir haben auch keine Vorgespräche geführt, ob wir die Unterstützung bekommen - auch bewusst", betont Wrabetz, dass es keinen Kontakt mit Ultras und Co. gegeben haben soll. Aufgrund der guten Kontakte von Listen-"Gründer" Steffen Hofmann, Stefan Singer oder Stefan Kjaer zu den einflussreichsten Fanclubs wäre dies jedoch durchaus überraschend, wenn nicht vorgefühlt worden wäre.
Erst nach langem Hin und Her gibt Wrabetz zu, dass es diverse Fan-Themen rund um Rapid gibt, aber "aus der Entwicklung betrachtet, hat sich in der Fanszene vieles verändert. Bestimmte Sprechchöre, die früher auch bei Rapid zu hören waren, habe ich im letzten Derby aus dem Austria-Sektor gehört."
"Daher ist da schon einiges gelungen und ich bin mir sicher, wenn wir mit unserem Engagement und unserer Expertise da reingehen, ist das ein Entwicklungsprozess, den man positiv aufgreifen muss. Ich sehe das nicht als unser vordringliches Ziel", spielt der angehende Klub-Boss die Thematik herunter.
Der Anspruch Rapids sei es, zusätzliche Mitglieder in Österreich zu gewinnen, wobei das Image eine große Rolle spiele, "aber der Versuch wird sein, das mit und im Dialog mit der Fanszene zu machen, und nicht als Oberlehrer".
Angekündigte rote Linie für Fans oder doch nur Leitbild?
Andere Worte schlug unter der Woche in einem NÖN-Interview bereits Michael Hatz an, der künftig zusammen mit Hofmann und Michael Tojner für die sportliche Expertise im Präsidium zuständig sein soll.
"Wir werden im Präsidium einen klaren Wertekatalog aufstellen. Da werden Grenzen gesetzt und rote Linien gezogen", wolle man sich in Zukunft scheinbar nicht mehr alles gefallen lassen. Hatz war in dem Interview zudem der Meinung, "dass da in der Vergangenheit nicht alles optimal lief", auch wenn er die Fans nicht durch die Bank schlechreden möchte.
Platzstürme, Sturm in die Logen, Zugang im ganzen Stadion, Anfeindungen von Personen, unpassende Transparente sind nur einige Schlagwörter. Beim offiziellen Pressetermin gibt sich Hatz bedeckter. Demnach dürfte es möglicherweise doch keine festgeschriebenen roten Linien für Fans geben.
"Ich denke, das sind ja grundlegende Dinge, die für jeden Bürger in Österreich gelten sollten", spielt Hatz auf diverse Vergehen an. "Das ist auch im Leitbild festgeschrieben, das ist bindend für alle Rapid-Mitglieder und -Fans. Wir werden auch darauf schauen, dass dieses Leitbild eingehalten und umgesetzt wird."
Wrabetz legt Amt "in der Mitte" von Krammer und Bruckner an
Dazu passend beantwortet Wrabetz auch die Frage, wie er sein Amt anlegen würde. Michael Krammer war sehr präsent, suchte das Rampenlicht und nahm zu jedem Thema Stellung. Ganz anders als sein Nachfolger Martin Bruckner, der trotz großer Krise und Brandherde sehr zurückhaltend war und die Bühne anderen Protagonisten überließ.
Wrabetz wolle sein Amt "in der Mitte" anlegen. Beim ORF seien bei Erfolgen die Mitarbeiter und Führungskräfte in den Vordergrund gerückt, bei einem Problem hätte er sich selber gestellt. Diese Devise will er auch weiterhin verfolgen.
"Wenn es notwendig ist, dann werde ich für das Präsidium sprechen, aber nicht jeden Tag", so der einzig verbliebene Kandidat auf den Posten. Bei Rapid wird dies zwangsläufig öfters der Fall sein müssen.
Es bleibt also spannend, wie sich die Führungsriege nach dem 26. November - sollte sie in dieser Form gewählt werden - in jeglicher Hinsicht positioniert. Auch das Fan-Thema wird mit Sicherheit nicht zum letzten Mal im Mittelpunkt stehen.